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Sustainable


Begriff „Sustainable“ im Recht: Definition und umfassende rechtliche Einordnung

Definition und Ursprung des Begriffs „Sustainable“

Der Begriff „Sustainable“ (deutsch: „nachhaltig“) beschreibt im rechtlichen Kontext die Fähigkeit und Verpflichtung von Handlungen, Unternehmen und Produkten, ökologische, soziale und ökonomische Ressourcen für zukünftige Generationen zu erhalten und verantwortungsvoll zu nutzen. Die aktuelle Verwendung des Begriffs ist eng an die Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung („Sustainable Development“) geknüpft, wie sie erstmals 1987 von der Brundtland-Kommission der Vereinten Nationen formuliert wurden: „Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die den Bedürfnissen der Gegenwart entspricht, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“

Im rechtlichen Sprachgebrauch erstreckt sich „Sustainable“ auf alle Bereiche, in denen nachhaltige Entwicklung von Gesetzgebung, Verwaltung und Unternehmen eingefordert oder gefördert wird.


Rechtliche Grundlagen nachhaltigen Handelns

Internationale Rechtsgrundlagen

Das Konzept „Sustainable“ ist aus dem internationalen Recht nicht mehr wegzudenken. Zahlreiche Abkommen und Übereinkommen stützen sich auf das Leitbild nachhaltiger Entwicklung, so unter anderem:

  • Agenda 21 und die Rio-Erklärung (1992): Hier wurde Nachhaltigkeit zum zentralen Leitbegriff internationaler Umwelt- und Wirtschaftspolitik erhoben.
  • UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs, 2015): Im Rahmen der Agenda 2030 wurden 17 globale Ziele definiert, die nachhaltige Entwicklung auf verschiedenen Ebenen verbindlich machen.
  • Pariser Klimaschutzabkommen (2015): Auch das Klimaschutzrecht baut grundlegend auf Konzepten nachhaltiger Ressourcennutzung auf.

Die genannten Übereinkommen sind zwar völkerrechtlich, prägen jedoch die Rechtsordnungen der Einzelstaaten maßgeblich, etwa durch Ratifizierung, direkte Umsetzung oder nachfolgende Gesetzgebung.

Europarechtliche Vorgaben

Im europäischen Sekundärrecht finden sich zentrale Regelungen zum nachhaltigen Handeln:

  • Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV): Hier wird die nachhaltige Entwicklung als Ziel der Union ausdrücklich festgelegt.
  • EU-Taxonomie-Verordnung (verabschiedet 2020): Sie definiert detaillierte Kriterien, nach denen wirtschaftliche Aktivitäten als „ökologisch nachhaltig“ einzustufen sind.
  • CSR-Richtlinie und Offenlegungsverordnungen: Unternehmen werden zur Offenlegung nachhaltigkeitsbezogener Informationen verpflichtet, insbesondere im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD).

Diese Regelungen sind für Mitgliedstaaten verbindlich und müssen in nationales Recht umgesetzt werden.

Nationale Gesetzgebung

Auch auf nationaler Ebene werden Nachhaltigkeitsprinzipien zunehmend kodifiziert:

  • Deutsches Grundgesetz, Artikel 20a: Der Staat schützt auch „in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen“.
  • Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung: Verfolgung der Sustainable Development Goals, jährliche Berichte und Überprüfungen.
  • Spezialgesetze:

– Kreislaufwirtschaftsgesetz
– Bundes-Klimaschutzgesetz
– Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
– Energie- und Umweltgesetze

Diese Rechtsgrundlagen verpflichten Unternehmen und Behörden zu nachhaltigen Lösungen als Teil ihrer Sorgfalts- und Berichtspflichten.


Rechtliche Anforderungen und Folgen nachhaltigen Handelns

Verpflichtende Vorgaben für Unternehmen

Im Wirtschaftsrecht gewinnen nachhaltige Handlungsanforderungen beständig an Bedeutung:

  • Berichtspflichten: Gesellschaften, insbesondere kapitalmarktorientierte, sind nach Handelsgesetzbuch (HGB), CSR-Richtlinie und weiteren Regelungen verpflichtet, Nachhaltigkeitsberichte offenzulegen.
  • Due-Diligence-Pflichten: Mit Inkrafttreten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes werden Unternehmen verpflichtet, Umwelt- und Sozialstandards entlang ihrer Lieferkette zu überwachen und zu schützen.
  • Greenwashing-Verbot: Unternehmen dürfen Nachhaltigkeit nicht unzutreffend darstellen; sonst drohen Wettbewerbsrechtliche Sanktionen (UWG) und Marketingsperren.

Nachhaltigkeit in der Produktregulierung

Auch Produktrecht und Verbraucherschutz erfahren eine Stärkung nachhaltiger Kriterien:

  • Ökodesign-Richtlinie und -Verordnungen: Bestimmen Mindeststandards für Energieverbrauch und Umweltverträglichkeit von Produkten.
  • Recycling- und Entsorgungspflichten: Herstellerverantwortung für nachhaltige Produktkreisläufe wird durch Kreislaufwirtschaftsgesetz und Verpackungsgesetz verankert.
  • Kennzeichnungs- und Informationspflichten: Produkte mit nachhaltigen Attributen unterliegen strikten Kennzeichnungsregeln (z.B. Umweltzeichen).

Nachhaltigkeit im Vergaberecht

Das Vergaberechtsregime der EU und der Bundesrepublik Deutschland gestattet und fördert ausdrücklich die Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien bei öffentlichen Ausschreibungen. Auftraggeber können u.a. ökologische und soziale Aspekte als Zuschlagskriterien werten, was im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Vergabeverordnung (VgV) festgelegt ist.


Sustainable und Haftung: Rechtsfolgen und Sanktionen

Zivilrechtliche Haftung

Bei Verstößen gegen Nachhaltigkeitspflichten – etwa in Bezug auf Transparenz oder Umwelteinwirkungen – können Schadensersatzansprüche oder Unterlassungsklagen ausgelöst werden. Dies betrifft insbesondere Verstöße gegen Informations-, Kennzeichnungs- und Sorgfaltspflichten.

Ordnungswidrigkeiten und Strafrecht

Umweltstrafrecht und Ordnungswidrigkeitenregimes regeln Sanktionen bei nicht nachhaltigem Verhalten. Relevante Tatbestände finden sich unter anderem im Strafgesetzbuch (StGB) (z.B. § 324 StGB – Gewässerverunreinigung) sowie in fachgesetzlichen Sanktionsnormen (Umweltrecht, Kreislaufwirtschaftsgesetz, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz).

Verwaltungsrechtliche Folgen

Behörden können bei festgestellten Pflichtverletzungen u.a. Untersagungsverfügungen erlassen, Genehmigungen widerrufen oder Zwangsmittel einsetzen, wenn nachhaltige Standards nicht eingehalten werden.


Rechtsunsicherheit und Herausforderungen bei der Definition von „Sustainable“

Obwohl der Leitbegriff „Sustainable“ rechtlich umfassend implementiert wird, bestehen zahlreiche Auslegungsspielräume bezüglich Umfang, Maßstäben und konkreten Anforderungen. Unternehmen und Institutionen stehen vor Herausforderungen bezüglich Nachweis, Zertifizierung und anerkannter Standards. National und international wird weiter an der Harmonisierung und Präzisierung von Nachhaltigkeitsrecht gearbeitet, um Rechtssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.


Fazit

Der Begriff „Sustainable“ ist im rechtlichen Kontext zu einem zentralen Leitbild geworden, das durch internationale und nationale Rechtsnormen in zahlreichen Bereichen verbindlich wirkt. Die Einhaltung nachhaltiger Anforderungen beeinflusst die Organisation wirtschaftlicher Aktivitäten, die Gestaltung von Produkten, die Strukturierung von Lieferketten und die Informationspflichten von Unternehmen. Verstöße gegen Nachhaltigkeitsvorgaben können zivilrechtliche, verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Angesichts der Dynamik im Nachhaltigkeitsrecht ist eine stetige Beobachtung gesetzlicher Entwicklungen und Rechtsprechung geboten.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Grundlagen sind für nachhaltige Unternehmensführung maßgeblich?

Im rechtlichen Kontext der nachhaltigen Unternehmensführung gelten eine Vielzahl nationaler und internationaler Rechtsvorschriften. Zentral auf europäischer Ebene ist insbesondere die EU-Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852), die ein Klassifikationssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten vorgibt. Ferner regelt die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) die Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten für Unternehmen, die über die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD) hinausgehen. In Deutschland wurden mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) spezifische Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umweltstandards für Unternehmen eingeführt. Darüber hinaus sind auch internationale Abkommen, wie der Pariser Klimaschutzvertrag, maßgeblich und können durch nationales Recht umgesetzt werden. Unternehmen müssen außerdem weitere branchenspezifische Umwelt- und Sozialvorschriften insbesondere im Arbeitsrecht, Umweltrecht und im Handelsrecht beachten.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstoß gegen Nachhaltigkeitsvorschriften?

Ein Verstoß gegen Nachhaltigkeitsvorschriften kann unterschiedliche juristische Folgen haben. Unternehmen, die gegen Berichts- oder Sorgfaltspflichten, etwa gemäß Lieferkettengesetz oder CSRD, verstoßen, drohen Bußgelder und behördliche Auflagen. Bei schwerwiegenden Verstößen kann es zu strafrechtlicher Verfolgung von Geschäftsführern kommen, insbesondere wenn Umweltvergehen oder Verletzungen menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten nachweisbar sind. Zudem besteht das Risiko von zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen geschädigter Dritter, etwa von Arbeitnehmern in Zulieferbetrieben oder von Umweltschäden betroffener Personen. Compliance-Verstöße können ebenfalls zu einem Reputationsschaden führen, der wiederum haftungsrechtliche Relevanz besitzen kann, etwa gegenüber Aktionären.

Wie beeinflussen Nachhaltigkeitsgesetze die Unternehmensführung und Corporate Governance?

Nachhaltigkeits-orientierte Gesetze erzwingen eine Anpassung der Corporate Governance-Strukturen. Unternehmen müssen interne Prozesse und Kontrollsysteme implementieren, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sicherzustellen. Dazu zählen etwa Risikomanagementsysteme, interne Richtlinien für Lieferketten, die Erstellung und Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten oder die Einrichtung von Compliance-Abteilungen. Die Pflichten des Vorstands und Aufsichtsrats erweitern sich dahingehend, dass sie nicht-finanzielle Risiken, insbesondere aus den Bereichen Umwelt, Sozialem und Unternehmensführung (ESG), aktiv steuern und überwachen müssen. Verletzungen dieser Überwachungspflichten können zu Organhaftung nach § 93 AktG (Sorgfaltspflichten der Geschäftsleitung) führen.

Welche Anforderungen stellt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz an Unternehmen?

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen mit einer bestimmten Mitarbeiterzahl (ab 2024: ab 1.000 Mitarbeitenden) zu umfassenden menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette. Unternehmen müssen Risikoanalysen durchführen, Präventionsmaßnahmen etablieren, Beschwerdemechanismen einrichten sowie über ergriffene Maßnahmen berichten. Die Einhaltung wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert, das auch Sanktionen bei Verstößen verhängen kann. Die Sorgfaltspflichten gelten nicht nur für die eigene Geschäftstätigkeit, sondern auch weitgehend für das unmittelbare und teilweise das mittelbare Zulieferernetz.

Ist Greenwashing rechtlich verboten, und welche Sanktionen drohen?

Greenwashing, also das irreführende Darstellen oder Bewerben von Produkten, Dienstleistungen oder Unternehmen als umweltfreundlicher oder nachhaltiger, als sie tatsächlich sind, ist rechtlich untersagt. Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen finden sich im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), im Markenrecht sowie im Verbraucherschutzrecht. Wettbewerbsverbände, Verbraucherschutzorganisationen und Konkurrenten können irreführende Nachhaltigkeitsaussagen abmahnen und auf Unterlassung, Beseitigung und Schadensersatz klagen. Darüber hinaus können aufsichtsrechtliche Maßnahmen, etwa durch die BaFin bei Emittenten von nachhaltigen Finanzprodukten, sowie Bußgelder verhängt werden.

Welche Pflichten bestehen hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung?

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet große Unternehmen und börsennotierte Gesellschaften in der EU zur umfassenden Offenlegung nichtfinanzieller Informationen, etwa zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten (ESG). Die Berichte müssen nach einheitlichen europäischen Standards (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) erstellt und von externen Prüfern verifiziert werden. Über die Offenlegungspflichten hinaus kann es zudem branchenspezifische Berichtspflichten, wie im Finanzsektor (z.B. SFDR – Sustainable Finance Disclosure Regulation), geben. Das Ziel ist die Schaffung von Transparenz gegenüber Investoren, Behörden und der Öffentlichkeit.

Welche rechtlichen Besonderheiten sind bei nachhaltigen Investitionen zu beachten?

Nachhaltige Investitionen (Sustainable Finance) unterliegen spezifischen rechtlichen Anforderungen, vor allem durch die EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) sowie die Taxonomie-Verordnung. Finanzmarktakteure müssen darlegen, inwieweit Finanzprodukte Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen, welche Kriterien sie anlegen und wie sie potenzielle Nachhaltigkeitsrisiken handhaben. Dies betrifft sowohl die Produktgestaltung als auch die Anlegerinformation und -beratung. Falschangaben oder unzureichende Offenlegung können aufsichtsrechtliche Sanktionen sowie zivilrechtliche Ansprüche nach sich ziehen. Zudem gewinnt die Überwachung klimabezogener Risiken durch Aufsichtsbehörden (BaFin, EZB) an Bedeutung.