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Steuerschuldner


Begriff und rechtliche Einordnung des Steuerschuldners

Der Steuerschuldner ist eine zentrale Figur im deutschen Steuerrecht und bezeichnet diejenige Person oder Körperschaft, die nach geltendem Steuerrecht verpflichtet ist, eine Steuer an das Finanzamt oder eine andere staatliche Behörde zu entrichten. Die Steuerschuldnerschaft ist gesetzlich geregelt und bestimmt, wer für eine bestimmte Steuerart haftet und zu deren Zahlung herangezogen werden kann. Die steuerrechtliche Zuordnung der Steuerschuld unterscheidet sich je nach Steuerart und wird durch verschiedene Gesetze, insbesondere die Abgabenordnung (AO) sowie die jeweiligen Einzelsteuergesetze, konkretisiert.


Allgemeine Grundlagen zum Steuerschuldner

Gesetzliche Definition und Abgrenzung

Gemäß § 43 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) ist Steuerschuldner, wer durch Gesetz dazu verpflichtet ist, eine Steuer zu entrichten. Diese Verpflichtung entsteht regelmäßig mit der Verwirklichung des steuerlichen Tatbestandes, wie er im jeweiligen Steuergesetz beschrieben ist. Der Steuerschuldner kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein.

Der Begriff ist von ähnlichen Begriffen des Steuerrechts zu unterscheiden:

  • Steuerpflichtiger: Jeder, der nach Steuergesetzen verpflichtet ist, für steuerliche Zwecke Auskünfte zu erteilen oder eine Steuer zu zahlen.
  • Haftungsschuldner: Eine Person, die nicht selbst Steuerschuldner ist, aber für die Steuer eines anderen haftet (vgl. z. B. § 69 AO).

Entstehung der Steuerschuld

Die Steuerschuld entsteht mit dem Eintreten des steuerlichen Tatbestands, zum Beispiel durch den Kauf eines Produkts (Umsatzsteuer), durch Einkommenserzielung (Einkommensteuer) oder durch Erbschaft (Erbschaftsteuer). Das jeweilige Steuergesetz regelt, wann und unter welchen Voraussetzungen die Schuld entsteht und wer konkret Steuerschuldner wird.


Arten von Steuerschuldnerschaften

Unmittelbare und mittelbare Steuerschuldnerschaft

Im deutschen Steuerrecht ist grundsätzlich zwischen unmittelbaren und mittelbaren Steuerschuldnern zu unterscheiden:

  • Unmittelbarer Steuerschuldner: Die Person, bei der der steuerliche Tatbestand verwirklicht wird und die aufgrund dessen zur Zahlung verpflichtet ist.
  • Mittelbarer Steuerschuldner: Fälle, in denen der Gesetzgeber die Steuer zwar technisch von einem anderen einzieht (z. B. beim Steuerabzug an der Quelle), aber die wirtschaftliche Belastung den mittelbaren Steuerschuldner trifft.

Besonderheiten: Steuerabzugsverfahren und Haftung

In speziellen Fällen wird die Steuer nicht direkt beim wirtschaftlich Belasteten, sondern bei einem sogenannten „Abzugsverpflichteten“ erhoben. Typische Beispiele sind:

  • Lohnsteuer: Der Arbeitgeber ist Schuldner der einzubehaltenden Lohnsteuer und führt sie an das Finanzamt ab, der Arbeitnehmer ist wirtschaftlich der Steuerpflichtige.
  • Kapitalertragsteuer: Das Kreditinstitut zieht die Steuer vom Kapitalertrag ab und führt sie ab.

Im Haftungsfall kann eine Person für die Steuerschuld eines anderen herangezogen werden, ohne eigentlicher Steuerschuldner zu sein. Beispiele finden sich in §§ 44 ff. AO sowie § 69 AO hinsichtlich der Verantwortlichkeit von gesetzlichen Vertretern und Geschäftsführern.


Rechte und Pflichten des Steuerschuldners

Steuerliche Pflichten

Der Steuerschuldner ist zur fristgerechten Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet, soweit dies durch Gesetz vorgeschrieben ist. Er muss für eine korrekte Selbstberechnung der Steuer (Selbstveranlagung) und deren rechtzeitige Entrichtung sorgen. Weiterhin können je nach Steuerart Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten bestehen.

Haftung und Sanktionen bei Pflichtverletzung

Verletzt der Steuerschuldner seine Pflichten, so drohen neben Verspätungszuschlägen und Zinsen auch Bußgelder oder Strafverfahren bei Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Für die Einziehung von Steuerschulden steht der Verwaltung ein umfassendes Vollstreckungsrecht zur Verfügung, einschließlich Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Steuerschuldners (vgl. §§ 249 ff. AO).


Steuerschuldner in den einzelnen Steuerarten

Einkommensteuer

Bei der Einkommensteuer ist der Steuerschuldner grundsätzlich der Steuerpflichtige, dessen Einkommen der Besteuerung unterliegt. Bei Ehegatten können beide gemeinsam als Gesamtschuldner für die gemeinsame Veranlagung haften (§ 44 AO).

Umsatzsteuer

Im Umsatzsteuerrecht ist regelmäßig der Unternehmer, der eine Leistung gegen Entgelt erbringt, Schuldner der Umsatzsteuer (§ 13a UStG). In bestimmten Fällen trifft die Steuerschuldnerschaft jedoch den Leistungsempfänger (Reverse-Charge-Verfahren, § 13b UStG).

Körperschaftsteuer

Bei der Körperschaftsteuer ist die Körperschaft selbst, beispielsweise eine Aktiengesellschaft oder GmbH, Steuerschuldner.

Gewerbesteuer

Gewerbesteuerpflichtig und somit Steuerschuldner ist das gewerbliche Unternehmen, vertreten durch den Betriebsinhaber oder die Gesellschaft (bei Kapitalgesellschaften).


Steuerschuldnerschaft bei internationalen Sachverhalten

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten kann sowohl eine unbeschränkte als auch eine beschränkte Steuerschuldnerschaft gegeben sein. Beispielsweise kann bei Einkünften eines im Ausland ansässigen, aber inländische Einkünfte erzielenden Steuerpflichtigen lediglich für diese Einkünfte eine Steuerschuldnerschaft in Deutschland bestehen.


Unterschiede zu weiteren Akteuren im Steuerrecht

Steuerentrichtungspflichtiger

Ein Steuerentrichtungspflichtiger ist diejenige Person, die zur Zahlung einer Steuer verpflichtet wird, ohne eigentlicher Steuerschuldner zu sein (zum Beispiel beim Steuerabzugsverfahren der Arbeitgeber bei der Lohnsteuer).

Zusammenwirken mit anderen Beteiligten

Neben dem Steuerschuldner treten Dritte wie Haftungsschuldner, Abzugsverpflichtete und gesetzliche Vertreter auf, deren Rechte und Pflichten teilweise überschneiden oder ergänzen.


Bedeutung und Relevanz des Steuerschuldners im Steuerrecht

Der Steuerschuldner bildet die Ausgangsbasis der steuerlichen Forderung und nimmt eine Schlüsselrolle im Besteuerungsverfahren ein. Seine Identifikation und Abgrenzung sind für das gesamte steuerliche Verfahrensrecht, die Festsetzung sowie für die Durchsetzung der Steuer maßgeblich.


Literatur und weiterführende Links

Abgabenordnung (AO)
Umsatzsteuergesetz (UStG)
Einkommensteuergesetz (EStG)
Körperschaftsteuergesetz (KStG)
* Gewerbesteuergesetz (GewStG)


Häufig gestellte Fragen

Wer bestimmt im rechtlichen Kontext, wer der Steuerschuldner ist?

Die Bestimmung des Steuerschuldners erfolgt im rechtlichen Kontext ausschließlich durch das jeweilige Steuerrecht, insbesondere durch die gesetzlichen Vorschriften des Steuerrechts, etwa die Abgabenordnung (AO) sowie die Einzelsteuergesetze wie das Einkommensteuergesetz (EStG), Umsatzsteuergesetz (UStG) oder Körperschaftsteuergesetz (KStG). Nach § 43 AO ist Steuerschuldner grundsätzlich die Person, die durch das Gesetz zur Entrichtung einer Steuer verpflichtet ist. Die jeweiligen Einzelsteuergesetze regeln im Detail, wer nach ihrer jeweiligen Systematik Steuerschuldner ist, wobei es sich um natürliche oder juristische Personen handeln kann. Die Feststellung erfolgt ausschließlich nach objektiven, gesetzlich normierten Tatbestandsmerkmalen, unabhängig von der wirtschaftlichen Lage, der finanziellen Leistungsfähigkeit oder vertraglichen Absprachen zwischen den Parteien.

Kann eine Steuer von mehreren Personen geschuldet werden und wie wird dies rechtlich geregelt?

Es ist möglich, dass eine Steuerschuld mehreren Personen gemeinsam auferlegt wird. Dies regelt das Steuerrecht in den Vorschriften über Gesamtschuldnerschaft (§ 44 AO). In diesen Fällen sind mehrere Personen rechtlich zur Entrichtung derselben Steuer verpflichtet; der Fiskus kann die Steuer von jedem Gesamtschuldner in voller Höhe verlangen. Ein häufiges Beispiel ist die Einkommensteuer bei zusammenveranlagten Ehegatten oder die Umsatzsteuerschuld von Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR). Die interne Ausgleichspflicht zwischen den Schuldnern betrifft hingegen ausschließlich das Zivilrecht und hat keinen Einfluss auf das öffentlich-rechtliche Steuerschuldverhältnis zwischen Steuerschuldner und Finanzamt.

Welche Rechte und Pflichten hat der Steuerschuldner nach dem Gesetz?

Der Steuerschuldner hat nach dem Steuerrecht sowohl umfassende Pflichten als auch bestimmte Rechte. Die Hauptpflicht ist die ordnungsgemäße und fristgerechte Entrichtung der festgestellten Steuer. Daneben besteht die Pflicht zur Abgabe wahrheitsgemäßer und vollständiger Steuererklärungen, zur Mitwirkung und zur Offenlegung von Sachverhalten, die für die Steuerfestsetzung relevant sein könnten (§ 90 AO). Hinsichtlich seiner Rechte kann der Steuerschuldner rechtliche Mittel gegen Steuerbescheide, wie Einspruch und Klage, ergreifen. Er hat Anspruch auf rechtliches Gehör und Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren. Weiterhin darf er eine ordnungsgemäße Veranlagung und Verwaltung seiner Steuersache durch die Finanzbehörde erwarten.

In welchen Fällen kann die Steuerschuldnerschaft auf eine andere Person übergehen?

Der Übergang der Steuerschuldnerschaft ist gesetzlich nur in bestimmten Konstellationen vorgesehen. Ein solcher Fall ist die sogenannte Haftung nach §§ 69 ff. AO, in denen in den gesetzlich geregelten Fällen Dritte, die nicht originärer Steuerschuldner sind, für die Steuern eines anderen in Anspruch genommen werden können (zum Beispiel der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person, Vermögensverwalter oder Arbeitgeber). Ebenso besteht bei bestimmten Steuern, etwa bei der Kapitalertragsteuer, die Möglichkeit, dass der Schuldner der Einnahmen (z.B. eine Bank bei Zinsen) die Steuer für Rechnung des Gläubigers einbehält und abführt, wobei der rechtliche Steuerschuldner dennoch originär der Gläubiger der Einnahmen bleibt.

Wie unterscheidet sich der Steuerschuldner vom Steuerentrichtungspflichtigen oder vom Haftungsschuldner rechtlich?

Im deutschen Steuerrecht ist zwischen Steuerschuldner, Steuerentrichtungspflichtigem und Haftungsschuldner klar zu unterscheiden. Der Steuerschuldner ist die Person, die nach dem Gesetz die Steuer schuldet. Der Steuerentrichtungspflichtige hingegen kann, nach gesetzlicher Anordnung, verpflichtet sein, die Steuer einzubehalten und abzuführen, obwohl er nicht selbst Steuerschuldner ist – zum Beispiel der Arbeitgeber bei der Lohnsteuer. Der Haftungsschuldner ist eine Person, gegen die das Finanzamt im Einzelfall die Steuerschuld eines anderen geltend machen kann, wenn die Voraussetzungen der Haftung (zum Beispiel gemäß § 69 AO für den gesetzlichen Vertreter) erfüllt sind. Diese Differenzierung ist wesentlich, da unterschiedliche rechtliche Anforderungen und Rechte an die jeweilige Personengruppe geknüpft sind.

Welche Auswirkung hat die Steuerschuldnerschaft auf die steuerliche Außenprüfung?

Im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung (§§ 193 ff. AO) ist allein der Steuerschuldner Adressat aller Maßnahmen der Finanzverwaltung. Die Prüfungsanordnung, Mitwirkungspflichten, Vorlage von Unterlagen und die Tragung der Verfahrensfolgen treffen ausschließlich den Steuerschuldner. Ergibt die Prüfung, dass weitere Personen als Haftungsschuldner in Betracht kommen, wird dies gesondert durch Haftungsbescheide geregelt. Der Steuerschuldner bleibt jedoch stets der zentrale Beteiligte des Prüfungsverfahrens, und die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die zu einer Steuerpflicht führen, werden immer am Steuerschuldner festgemacht.

Gibt es besondere Vorschriften für die Steuerschuldnerschaft juristischer Personen im rechtlichen Kontext?

Die Steuerschuldnerschaft juristischer Personen ist im Steuerrecht explizit geregelt. Juristische Personen, wie etwa Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Aktiengesellschaften (AG), sind eigenständige Subjekte der Besteuerung und werden selbst Steuerschuldner (§ 1 KStG, § 2 UStG). Sie handeln dabei durch ihre Organe, also etwa die Geschäftsführer oder den Vorstand. Im Falle einer Verletzung steuerlicher Pflichten kann die Haftung auf die vertretungsberechtigten Organe übergehen (§ 69 AO), ohne dass dadurch jedoch die originäre Steuerschuldnerschaft der juristischen Person entfällt. Es gelten für juristische Personen daher die gleichen Rechte und Pflichten wie für natürliche Personen, ergänzt um die spezifischen Regelungen zur Vertretung und Haftung.