Begriff und Definition des Steuerpflichtigen
Der Begriff Steuerpflichtiger bezeichnet im deutschen Steuerrecht jede natürliche oder juristische Person, die nach den jeweiligen Steuergesetzen zur Zahlung einer Steuer verpflichtet ist. Steuerpflichtige sind somit Träger von Rechten und Pflichten im Rahmen des Steuerschuldverhältnisses. Die genaue Definition und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen ergeben sich insbesondere aus der Abgabenordnung (AO) sowie aus den einzelnen Steuergesetzen wie dem Einkommensteuergesetz (EStG), dem Körperschaftsteuergesetz (KStG) oder dem Umsatzsteuergesetz (UStG).
Gesetzliche Grundlagen
Die rechtliche Einordnung des Steuerpflichtigen basiert maßgeblich auf den Vorschriften der §§ 33 ff. AO. In § 33 Abs. 1 AO heißt es:
„Steuerpflichtiger ist, wer nach den Steuergesetzen Steuerschuldner oder Steuerentrichtungspflichtiger ist.“
Somit umfasst der Begriff sowohl denjenigen, der die Steuer schuldet, als auch den, der sie für Rechnung eines anderen zu entrichten hat.
Arten der Steuerpflicht
Einkommensteuerliche Steuerpflicht
Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht
Beim Einkommensteuerrecht (§§ 1 ff. EStG) ist zu unterscheiden zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht:
- Unbeschränkte Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 EStG): Wer im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist mit seinem gesamten Welteinkommen steuerpflichtig.
- Beschränkte Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG): Personen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland werden nur mit bestimmten inländischen Einkünften besteuert.
Persönliche und sachliche Steuerpflicht
- Persönliche Steuerpflicht: Es wird bestimmt, wer als Subjekt überhaupt steuerpflichtig ist (z. B. natürliche oder juristische Personen).
- Sachliche Steuerpflicht: Beschreibt, welche Tatbestände und Einkünfte steuerlich relevant sind.
Körperschaftsteuerliche Steuerpflicht
Nach dem Körperschaftsteuergesetz (KStG) sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen steuerpflichtig. Auch hier wird zwischen unbeschränkter (§ 1 Abs. 1 KStG; Sitz oder Geschäftsleitung im Inland) und beschränkter Steuerpflicht (§ 2 Nr. 1 KStG; nur inländische Einkünfte) unterschieden.
Umsatzsteuerliche Steuerpflicht
Im Umsatzsteuergesetz (UStG) wird der Steuerpflichtige als Unternehmer (§ 2 UStG) definiert. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die Steuerpflicht bezieht sich hierbei grundsätzlich auf alle im Inland ausgeführten, steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze.
Sonstige Steuerarten
Je nach Steuerart differiert der steuerpflichtige Personenkreis, etwa bei der Erbschaftsteuer, der Grunderwerbsteuer oder der Gewerbesteuer. Auch hierbei gilt: Die jeweiligen Einzelsteuergesetze regeln die Voraussetzungen und den Umfang der Steuerpflicht.
Rechte und Pflichten des Steuerpflichtigen
Pflichten des Steuerpflichtigen
Steuerpflichtige treffen umfassende Mitwirkungs- und Verhaltenspflichten im Verhältnis zur Finanzbehörde:
- Abgabe von Steuererklärungen: Gemäß § 149 AO sowie den einschlägigen Einzelsteuergesetzen sind Steuerpflichtige verpflichtet, jährlich Steuererklärungen abzugeben, sofern sie nicht von dieser Pflicht befreit sind.
- Mitwirkungspflichten: Nach den §§ 90 ff. AO müssen Steuerpflichtige an der Ermittlung des steuerlichen Sachverhalts aktiv mitwirken. Dazu gehören insbesondere Auskunfts-, Vorlage- und Aufzeichnungspflichten.
- Zahlungspflichten: Die Steuerschuld ist innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen zu entrichten (§ 220 AO).
- Anzeigepflichten: Dazu zählen insbesondere die Anmeldung von steuerpflichtigen Vorgängen wie Unternehmensgründungen, Schenkungen oder An-/Abmeldungen von Arbeitnehmern.
Rechte des Steuerpflichtigen
Steuerpflichtige sind im Rahmen des Steuerschuldverhältnisses auch Träger von Rechten:
- Recht auf rechtliches Gehör: Vor belastenden Maßnahmen sind Steuerpflichtige anzuhören (§ 91 AO).
- Akteneinsichtsrecht: Nach Maßgabe des § 91 Abs. 2 AO besteht ein Recht auf Einsicht in die Akten, die für die Steuerfestsetzung von Bedeutung sind.
- Rechtsbehelfe: Gegen Steuerbescheide steht dem Steuerpflichtigen das Einspruchsrecht zu (§ 347 AO). Im weiteren Verlauf ist auch der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet.
- Datenschutzrechte: Personenbezogene Daten dürfen nur im gesetzlich zugelassenen Umfang verarbeitet werden (§ 30 AO).
Steuerpflichtiger im internationalen Steuerrecht
Doppelbesteuerung und Ansässigkeit
Im internationalen Steuerrecht spielt der Begriff eine zentrale Rolle bei Fragen zur Doppelbesteuerung und bei der Bestimmung der Ansässigkeit. Bestehen Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen, so wird für jeden Steuerpflichtigen anhand definierter Kriterien (Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Ort der wirtschaftlichen Interessen) festgestellt, welchem Staat das Besteuerungsrecht zukommt.
Auswirkungen auf die Steuerpflicht
Wer als „Steuerinländer“ gilt, unterliegt mit seinem Welteinkommen der Besteuerung im Inland, während „Steuerausländer“ nur für ihre Inlandseinkünfte steuerpflichtig sind. Die Ansässigkeit ist dabei regelmäßig mit entsprechenden Nachweispflichten verbunden.
Abgrenzung zu anderen Begriffen
Steuerschuldner und Steuerentrichtungspflichtiger
Nicht jeder Steuerpflichtige ist zugleich Steuerschuldner. Steuerschuldner ist, wer nach dem Gesetz verpflichtet ist, die Steuer zu zahlen. Hingegen ist ein Steuerentrichtungspflichtiger jemand, der für Rechnung eines anderen die Steuer einbehält und abführt (z. B. Arbeitgeber bei der Lohnsteuer).
Steuerobjekt, Steuergegenstand und Steuerträger
Der Steuerpflichtige als Subjekt der Steuer ist abzugrenzen von Begriffen wie Steuerobjekt (der besteuerte Vorgang oder Gegenstand) und Steuerträger (wer die Steuer wirtschaftlich letztlich trägt).
Zusammenfassung
Der Steuerpflichtige ist eine zentrale Figur des Steuerrechts und bezeichnet jede Person (natürliche oder juristische), denen nach den gesetzlichen Regelungen steuerliche Rechte und Pflichten obliegen. Die genaue Ausgestaltung und Reichweite seiner Steuerpflicht richtet sich nach der jeweiligen Steuergesetzgebung und kann im Einzelfall durch internationale Abkommen modifiziert werden. Rechte und Pflichten des Steuerpflichtigen sind umfassend gesetzlich geregelt und sichern sowohl das ordnungsgemäße Funktionieren des Besteuerungsverfahrens als auch den Schutz der Betroffenen.
Häufig gestellte Fragen
Welche Pflichten hat ein Steuerpflichtiger nach deutschem Steuerrecht?
Ein Steuerpflichtiger ist nach deutschem Steuerrecht verpflichtet, seine steuerlichen Verhältnisse dem Finanzamt gegenüber vollständig und wahrheitsgemäß offen zu legen (Pflicht zur Mitwirkung und zur Offenbarung). Dazu gehört insbesondere, dass er Steuererklärungen fristgerecht und formrichtig einreicht, erforderliche Belege und Unterlagen auf Anforderung vorlegt sowie Änderungen in seinen Verhältnissen (etwa bei Zu- oder Wegzug, Eheschließung, Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit oder Veränderungen bei den Einkünften) zeitnah mitteilt (§ 90 AO – Abgabenordnung). Darüber hinaus besteht die Pflicht, etwaige Vorauszahlungen zu leisten, Steuerbescheide sorgfältig zu prüfen und etwaige Fehler oder Unklarheiten dem Finanzamt mitzuteilen. Steuerpflichtige sind zudem zur Duldung von Prüfungsmaßnahmen verpflichtet, beispielsweise durch Teilnahme an Betriebsprüfungen oder durch Ermöglichung des Zugangs zu Geschäftsräumen und Unterlagen. Verstößt der Steuerpflichtige gegen diese Pflichten, können Verspätungszuschläge, Zwangsgelder oder sogar strafrechtliche Konsequenzen (Steuerhinterziehung, leichtfertige Steuerverkürzung) drohen. Unternehmen trifft zudem oft die Pflicht zur Führung ordnungsgemäßer Bücher und Aufzeichnungen, bei bestimmten Steuerarten (z. B. Umsatzsteuer) auch zur Abgabe von Voranmeldungen.
Inwieweit besteht für Steuerpflichtige eine Aufbewahrungspflicht für steuerrelevante Unterlagen?
Steuerpflichtige Personen und Unternehmen sind nach den §§ 147 AO und 257 HGB verpflichtet, steuerrelevante Unterlagen über einen bestimmten Zeitraum aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beträgt in der Regel zehn Jahre für Bücher, Aufzeichnungen, Jahresabschlüsse, Handels- und Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege. Für empfangene und abgesandte Geschäftsbriefe, andere Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, gilt eine Frist von sechs Jahren. Die Frist beginnt jeweils mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in die Unterlagen vorgenommen worden ist bzw. die Unterlagen entstanden sind. Zweck dieser Regelung ist es, bei Betriebsprüfungen oder Nachfragen seitens der Finanzverwaltung die Nachvollziehbarkeit und ordnungsgemäße Festsetzung der Steuern sicherzustellen. Werden diese Pflichten missachtet, können Versäumniszuschläge verhängt und Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen vorgenommen werden.
Welche Rechte hat ein Steuerpflichtiger im Besteuerungsverfahren?
Steuerpflichtige haben im steuerlichen Verwaltungsverfahren umfassende Rechte, unter anderem das Recht auf rechtliches Gehör (§ 91 AO), das Akteneinsichtsrecht gemäß § 364 AO sowie das Recht, gegen Verwaltungsakte (z. B. Steuerbescheide) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Einspruch einzulegen (§ 355 AO). Außerdem können sie Aufklärung und Beratung durch das Finanzamt verlangen und beantragen, streitige Sachverhalte im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung zu klären. Zudem hat der Steuerpflichtige Anspruch auf Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30 AO), wonach persönliche Daten und Angaben gegenüber Dritten grundsätzlich nicht offenbart werden dürfen. Im Streitfall sind sie berechtigt, den Rechtsweg zu den Finanzgerichten zu beschreiten und sich durch Steuerberater oder Rechtsanwälte vertreten zu lassen.
Wie wird der Wohnsitz eines Steuerpflichtigen im Sinne des Steuerrechts bestimmt und welche Bedeutung hat dies?
Der Wohnsitzbegriff im steuerlichen Sinne ist in § 8 AO geregelt und meint das Innehaben einer Wohnung unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ein (Haupt-)Wohnsitz in Deutschland begründet regelmäßig die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht (§ 1 EStG). Die Bestimmung des Wohnsitzes ist maßgeblich für die Frage, ob das Welteinkommensprinzip zur Anwendung kommt, das heißt, ob sämtliche, auch im Ausland erzielte Einkünfte in Deutschland versteuert werden müssen. Mehrere Wohnsitze führen dazu, dass der Steuerpflichtige in mehreren Staaten unbeschränkt steuerpflichtig sein kann, wodurch Probleme auftreten können, die regelmäßig durch Doppelbesteuerungsabkommen gelöst werden.
Was versteht man unter der Pflicht zur Selbstanzeige und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den Steuerpflichtigen?
Die Pflicht zur Selbstanzeige ist keine originäre Pflicht des Steuerpflichtigen, sondern eine strafbefreiende Möglichkeit, die dem Steuerpflichtigen bei einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) offensteht (§ 371 AO). Sie ermöglicht es diesem unter bestimmten Voraussetzungen, eine bereits begangene Steuerhinterziehung durch eine umfassende und rechtzeitige Offenlegung bisher nicht deklarierter steuerpflichtiger Einkünfte nachträglich zu legalisieren und damit Straffreiheit zu erlangen. Voraussetzung ist, dass die Angaben vollständig und richtig nachgeholt werden, keine Prüfungsanordnung oder Tatentdeckung vorliegt und die hinterzogenen Steuern und Zinsen fristgerecht bezahlt werden. Bei unvollständiger oder verspäteter Selbstanzeige entfällt die Straffreiheit ganz oder teilweise.
Welche Mitwirkungspflichten bestehen für Steuerpflichtige bei einer Betriebsprüfung?
Im Rahmen einer Außenprüfung (§§ 193 ff. AO) bestehen für Steuerpflichtige umfangreiche Mitwirkungspflichten. Sie müssen dem Prüfer Zugang zu Geschäftsräumen, Anlagen, Büchern und sonstigen Unterlagen gewähren und sie auf Verlangen zur Verfügung stellen. Der Steuerpflichtige ist gehalten, auf Verlangen Auskünfte zu erteilen und Fragen des Prüfers zu beantworten, wobei ein Zeugnisverweigerungsrecht nur in engen gesetzlichen Grenzen besteht (§ 393 AO). Werden Mitwirkungspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt, kann das Finanzamt Zwangsgelder verhängen oder Besteuerungsgrundlagen schätzen. Die Kooperationspflicht umfasst auch die Unterstützung bei der Entschlüsselung elektronischer Buchführungssysteme.
Wie erfolgt die Festsetzung und Erhebung von Steuern beim Steuerpflichtigen?
Die Festsetzung von Steuern erfolgt zumeist durch Steuerbescheid, den das Finanzamt auf Grundlage der vom Steuerpflichtigen eingereichten Steuererklärung oder im Schätzungswege erlässt (§§ 155 ff. AO). Nach Zugang des Steuerbescheids ist die darin festgesetzte Steuer innerhalb eines Monats fällig und zu entrichten (§ 220 AO). Im Falle der Nichtzahlung können Säumniszuschläge, Mahngebühren und ggf. Vollstreckungsmaßnahmen drohen. Bestehen Zweifel an der Höhe der festgesetzten Steuer, kann der Steuerpflichtige Einspruch einlegen; die Pflicht zur Zahlung bleibt jedoch grundsätzlich bestehen, es sei denn, es wird Aussetzung der Vollziehung beantragt und gewährt (§ 361 AO).