Begriff und rechtlicher Rahmen der Steuermesszahl
Die Steuermesszahl ist ein zentraler Begriff des deutschen Steuerrechts und spielt insbesondere in der Festsetzung von Realsteuern, wie der Gewerbesteuer und der Grundsteuer, eine bedeutende Rolle. Sie definiert das Verhältnis, in dem der ermittelte Steuermessbetrag zur endgültig festzusetzenden Steuer steht, und ist als Multiplikationsfaktor dafür maßgeblich, wie hoch die Steuerschuld des Steuerpflichtigen ausfällt. Die Steuermesszahl ist gesetzlich geregelt und unterscheidet sich je nach Steuerart sowie den jeweils einschlägigen Rechtsvorschriften.
Relevanz und Funktion der Steuermesszahl
Bedeutung für das Steuermessverfahren
Im deutschen Steuerrecht ist der Steuermessprozess mehrstufig aufgebaut. Zunächst wird im jeweiligen Veranlagungsverfahren anhand der maßgeblichen Bemessungsgrundlage – zum Beispiel dem Einheitswert bei der Grundsteuer oder dem Gewerbeertrag bei der Gewerbesteuer – ein Steuermessbetrag ermittelt. Die Steuermesszahl ist als Prozentsatz oder Promillesatz festgesetzt und wird auf diese Bemessungsgrundlage angewendet, um den Steuermessbetrag zu berechnen. Wie hoch letztlich die zu zahlende Steuer ist, richtet sich anschließend nach Anwendung des jeweiligen Hebesatzes der Gemeinden auf diesen Steuermessbetrag.
Bindungswirkung
Der durch Anwendung der Steuermesszahl ermittelte Steuermessbetrag ist für die hebeberechtigten Gemeinden bindend. Einwendungen gegen die Steuermesszahl oder deren Anwendung sind daher im Rahmen des Festsetzungsverfahrens geltend zu machen, nicht jedoch im anschließenden Hebesatzverfahren.
Gesetzliche Grundlagen der Steuermesszahl
Gewerbesteuergesetz (GewStG)
§ 11 Abs. 2 GewStG
Bei der Gewerbesteuer ist die Steuermesszahl in § 11 Absatz 2 GewStG geregelt. Nach aktueller Rechtslage beträgt die Steuermesszahl grundsätzlich 3,5 Prozent des maßgeblichen Gewerbeertrags. In bestimmten Fällen, etwa bei der Gewerbesteuerbefreiung oder bei Sonderregelungen für steuerbefreite Körperschaften, können hiervon abweichende Regelungen vorgesehen sein.
Grundsteuergesetz (GrStG)
§§ 13 und 15 GrStG
Im Rahmen der Grundsteuer ist die Steuermesszahl in §§ 13, 14 und 15 GrStG unterschiedlich ausgestaltet. Sie variiert insbesondere nach Grundstücksart (bebaute/unbebaute Grundstücke, land- und forstwirtschaftliche Flächen, Einfamilienhäuser etc.) und nach den in den Bundesländern teils unterschiedlichen gesetzlichen Neuregelungen infolge der Grundsteuerreform. Meistens handelt es sich um einen Promillesatz, der auf den Einheitswert oder den Grundsteuerwert angewandt wird.
Sonstige Steuergesetze
Auch in weiteren steuerlichen Regelungen kann die Steuermesszahl eine maßgebliche Rolle spielen, sofern Steuermessbeträge zur Anwendung kommen und das Gesetz einen entsprechenden Vervielfältigungs- oder Prozentsatz vorsieht. Ein klassisches Beispiel sind bestimmte kirchensteuerliche Bestimmungen.
Historische Entwicklung der Steuermesszahl
Die Steuermesszahl wurde im Zuge der Steuerreformen ab den 1930er Jahren eingeführt und mehrfach reformiert. Ziel war es, die Steuerbelastung auf eine transparente, vergleichbare und gerechtere Grundlage zu stellen. Durch zahlreiche Anpassungen, insbesondere bei der Grundsteuer, wurde die Steuermesszahl immer wieder an die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst.
Wirkung und Auswirkung der Steuermesszahl auf die Steuerfestsetzung
Verhältnis zur Bemessungsgrundlage
Die Steuermesszahl wirkt unmittelbar auf den Steuerbetrag, indem sie die Verbindung zwischen Bemessungsgrundlage und Steuermessbetrag herstellt. Differenzen bei der Steuermesszahl – beispielsweise durch gesetzliche Änderungen oder Anpassungen im Rahmen der Grundsteuerreform – führen unmittelbar zu einer Erhöhung oder Reduzierung der Steuerlast.
Einfluss durch Landesrecht und Hebesatz
Insbesondere im Rahmen der Grundsteuer konnten die Bundesländer im Zuge der Grundsteuerreform ab 2025 eigene Steuermesszahlen festlegen. Hierdurch besteht eine gewisse Flexibilität, um landesspezifische, strukturelle Unterschiede oder politische Zielvorgaben umzusetzen. Nach Festsetzung des Steuermessbetrags durch die Finanzverwaltung wenden die Gemeinden den von ihnen autonomen Hebesatz an, wodurch die Steuerbemessung letztlich kommunal mitbestimmt wird.
Steuermesszahl im Verwaltungsverfahren und Rechtsschutz
Festsetzung und Bekanntgabe
Die Steuermesszahl wird durch das jeweils zuständige Finanzamt im Zusammenhang mit dem Steuermessbescheid angewandt. Mit Zugang des Bescheids wird die Steuermesszahl für einen bestimmten Zeitraum festgesetzt, solange keine neuen Tatsachen oder Änderungen der Bemessungsgrundlage dem entgegenstehen.
Rechtsbehelfsverfahren
Gegen die Anwendung einer Steuermesszahl können Steuerpflichtige reguläre Rechtsbehelfe, wie den Einspruch, geltend machen, sofern sie Fehler in der Anwendung oder Berechnung rügen. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt letztlich durch die Finanzgerichte, wobei Gegenstand der Prüfung vor allem die zutreffende Bemessung und Anwendung der Steuermesszahl nach gesetzlichen Vorgaben ist.
Sonderfälle und zukünftige Entwicklung
Reformgrundlagen und Gestaltungsspielräume
Mit Einführung der Grundsteuerreform und nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist die Steuermesszahl zukünftig noch stärker Gegenstand rechtlicher Detailregelungen und länderspezifischer Anpassungen. Insbesondere in den Bereichen des Erbbaurechts, bei öffentlichen Trägern oder bei Vorliegen besonderer steuerlicher Begünstigungstatbestände (zum Beispiel bei Denkmalschutzobjekten) können abweichende Steuermesszahlen zum Tragen kommen.
Zusammenfassung und Bedeutung in der Praxis
Die Steuermesszahl ist ein gesetzlich definierter Vervielfältiger, der im deutschen Steuerrecht eine zentrale Rolle bei der Verknüpfung von Bemessungsgrundlage und Steuerhöhe einnimmt. Sie steht sowohl bei der Gewerbesteuer als auch bei der Grundsteuer im Fokus der steuerlichen Belastungssteuerung und ist entscheidend für die gerechte, transparente und flexibel anpassbare Steuererhebung auf kommunaler Ebene. Die gesetzliche Ausgestaltung unterliegt fortwährenden Reformen und Anpassungen an wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Erfordernisse. Steuerpflichtige sollten die Festsetzung sowie die Rechtsgrundlagen der Steuermesszahl im Rahmen des jeweiligen Besteuerungsverfahrens stets im Blick behalten, da diese maßgeblichen Einfluss auf die Höhe der zu entrichtenden Steuer nehmen.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird die Steuermesszahl gesetzlich festgelegt?
Die Steuermesszahl ist im deutschen Steuerrecht grundsätzlich durch Bundesgesetz festgelegt und wird für unterschiedliche Steuerarten teilweise individuell geregelt. Für die wichtigsten Steuerarten, wie die Gewerbesteuer (§ 11 Abs. 2 GewStG), die Grundsteuer (§ 15 Abs. 1 GrStG) und die Erbschaft- und Schenkungsteuer (§ 14 ErbStG), finden sich die jeweils geltenden Steuermesszahlen direkt im Gesetzestext. Änderungen der Steuermesszahl können nur durch ein formelles Gesetz erfolgen, das vom Bundestag beschlossen und im Bundesgesetzblatt verkündet werden muss. Die konkrete Festlegung sowie spätere Anpassungen unterliegen damit den allgemeinen Gesetzgebungsverfahren und sind aus Gründen der Rechtssicherheit sowie der Gleichbehandlung an das Legalitätsprinzip gebunden. Damit sollen Willkürakte ausgeschlossen und die Belastungsgleichheit der Steuerpflichtigen gewährleistet werden. Neben der Festlegung der Steuermesszahl legt das Gesetz häufig auch Ausnahmen und Modifikationen für bestimmte Fallkonstellationen fest, beispielsweise bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, gemeinnützigen Körperschaften oder besonderen Bewertungsmethoden. Eine unmittelbare Anpassung der Steuermesszahl durch Finanzbehörden oder Kommunen ist nicht zulässig.
Welche rechtlichen Vorgaben gelten bei der Anwendung der Steuermesszahl?
Die Anwendung der Steuermesszahl unterliegt strengen rechtlichen Vorgaben, die sich aus den jeweiligen Steuergesetzen ergeben. Die Finanzbehörden sind verpflichtet, bei der Berechnung der Steuermessbeträge die im Gesetz festgelegte Messzahl ohne Ermessensspielraum anzuwenden. Eine Abweichung ist grundsätzlich nur möglich, wenn das Gesetz ausdrücklich Ausnahmen vorsieht, wie etwa Steuervergünstigungen oder -ermäßigungen in speziellen Fällen. Auch Gerichte sind an die gesetzlich fixierte Messzahl gebunden, weshalb eine Anfechtung der Höhe der Steuermesszahl regelmäßig keinen Erfolg hat; hier kann allenfalls die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung überprüft werden. Die Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 GG) spielt dabei eine zentrale Rolle und bedingt, dass alle Steuerpflichtigen nach den gleichen formellen Regeln behandelt werden. Falsche Anwendung oder fehlerhafte Berücksichtigung der Steuermesszahl kann allerdings zum Einspruch gegen den Steuerbescheid führen.
Gibt es rechtliche Möglichkeiten, gegen die Höhe der Steuermesszahl vorzugehen?
Die Steuermesszahl als solche ist ein gesetzlich festgelegter Faktor und kann durch den Steuerpflichtigen nicht individuell angefochten werden. Der Rechtsweg steht vielmehr nur gegenüber der Anwendung, also der konkreten Berechnung im Steuerbescheid, offen. Wurde die Steuermesszahl im Einzelfall falsch angewandt, etwa durch einen Berechnungsfehler oder eine zu Unrecht versagte Steuervergünstigung, ist dies im Einspruchsverfahren gegenüber dem Finanzamt oder in einem anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht überprüfbar. Eine generelle Anfechtung der gesetzlich normierten Steuermesszahl ist hingegen nur im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle oder der Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht möglich, wobei dann die Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Grundgesetz geprüft wird (z.B. Gleichheitsgrundsatz). Ein individuelles Abweichen im Sinne einer Billigkeitsregelung ist mit Blick auf die Steuermesszahl ausgeschlossen.
Wie wird die Steuermesszahl verfassungsrechtlich bewertet?
Aus verfassungsrechtlicher Sicht muss die Steuermesszahl dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 GG entsprechen. Die Festlegung der Steuermesszahl darf keine willkürliche Ungleichbehandlung verursachen und muss in einem sachlichen Zusammenhang zum jeweiligen Steuergegenstand stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen bekräftigt, dass Steuergesetze, zu denen auch die Regelungen über die Steuermesszahl gehören, klare und vorhersehbare Kriterien enthalten müssen, um sicherzustellen, dass die Steuerbelastung gleichmäßig und gerecht verteilt wird. Unverhältnismäßige Messzahlen können Anlass für eine verfassungsrechtliche Überprüfung bieten, wobei auch der Gesetzgeber regelmäßig überprüft, ob die Bemessungsgrundlagen sowie die Steuermesszahl mit aktuellem Sozial- und Wirtschaftsgefüge in Einklang stehen. Insbesondere bei starken Wertveränderungen der Bemessungsgrundlage ist eine entsprechende Anpassung erforderlich, um das Übermaßverbot zu wahren.
Können unterschiedliche Steuermesszahlen innerhalb einer Steuerart rechtlich zulässig sein?
Es ist rechtlich zulässig, innerhalb einer Steuerart unterschiedliche Steuermesszahlen vorzusehen, sofern hierfür sachliche Gründe bestehen. Das Gesetz kann – wie bei der Grundsteuer (Unterscheidung nach Grundsteuer A und B) oder der Erbschaftsteuer (verschiedene Steuersätze/Messzahlen je nach Verwandschaftsgrad) – differenzierende Regelungen treffen, um besondere Lebens- oder Wirtschaftsbereiche steuerlich anders zu behandeln. Voraussetzung ist stets, dass die Differenzierung auf einem legitimen Ziel beruht und die Ungleichbehandlung verhältnismäßig ist. Die Rechtsprechung verlangt insoweit einen hinreichenden sachlichen Grund für die Abstufung der Steuermesszahlen, beispielsweise zur Förderung bestimmten Verhaltens, zum Schutz sozialer Gruppen oder zur Abfederung struktureller Nachteile. Im Übrigen unterliegt die Gesetzgebung in diesem Punkt der fortlaufenden Kontrolle durch die Gerichte, insbesondere was die Wahrung der Gleichheit vor dem Gesetz betrifft.
Welche Rolle spielt die Steuermesszahl bei der gerichtlichen Kontrolle von Steuerbescheiden?
Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle von Steuerbescheiden prüfen die Finanzgerichte vor allem, ob die Steuermesszahl korrekt und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben angewendet worden ist. Die Überprüfung erstreckt sich dabei auf die rechnerische Richtigkeit und die zutreffende rechtliche Einordnung der Steuerbasis sowie der anzuwendenden Steuermesszahl. Das Gericht ist jedoch an die gesetzliche Höhe der Steuermesszahl gebunden und kann diese nicht eigenständig abändern. Lediglich im Rahmen einer Normenkontrolle oder einer durch das Bundesverfassungsgericht festgestellten Verfassungswidrigkeit besteht die Option, die Anwendung der jeweiligen Steuermesszahl in Steuerbescheiden auszusetzen oder nachträglich zu korrigieren. Bis zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit ist die Finanzverwaltung verpflichtet, die bestehende Steuermesszahl weiterhin anzuwenden.
Welche Bedeutung hat die Steuermesszahl für die Kommunen?
Bei Steuern, wie insbesondere der Gewerbesteuer und der Grundsteuer, spielt die Steuermesszahl eine zentrale Rolle bei der Festsetzung der kommunalen Steuerlast. Die Messzahl dient als Bemessungsfaktor für den Steuermessbetrag, auf den dann der individuelle Hebesatz der jeweiligen Kommune angewendet wird. Die Kommunen haben keinen Einfluss auf die Höhe der gesetzlichen Steuermesszahl, sondern können lediglich den Hebesatz im vorgegebenen Rahmen festlegen. Dies gewährleistet eine bundesweit einheitliche Ausgangsbasis für die Besteuerung und sorgt für Transparenz sowie Vergleichbarkeit. Die Festlegung der Steuermesszahl durch den Gesetzgeber dient dabei dazu, eine ausgewogene Lastenverteilung zwischen Unternehmern, Privatpersonen und verschiedenen Regionen zu schaffen und die finanzielle Ausstattung der Kommunen auf einer einheitlichen Grundlage zu sichern.