Begriff und rechtliche Einordnung des Steuermessbetrags
Der Steuermessbetrag ist ein zentraler Begriff im deutschen Steuerrecht. Er bezeichnet den Betrag, der auf Grundlage des festgestellten Steuergegenstandes und nach Maßgabe der jeweils einschlägigen Steuergesetze durch Anwendung eines gesetzlich festgelegten Steuermesszahl auf den Messbetrag ermittelt wird. In der Regel fungiert der Steuermessbetrag als Basis zur Festsetzung der eigentlichen Steuer durch die zuständigen Kommunen oder Steuerbehörden. Der Begriff kommt insbesondere im Zusammenhang mit Grundsteuer, Gewerbesteuer, Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer zur Anwendung.
Funktion und Anwendungsbereiche
Grundsteuer
Im Rahmen der Grundsteuer dient der Steuermessbetrag als Rechengröße für die Festsetzung der von den Gemeinden erhobenen Grundsteuer (§ 13 Abs. 1 GrStG). Die Finanzverwaltung setzt zunächst den Einheitswert bzw. den Grundsteuerwert fest, auf den gemäß Steuermesszahl (§ 15 GrStG) der Steuermessbetrag ermittelt wird. Die jeweilige Kommune multipliziert den Steuermessbetrag ihrerseits mit dem örtlich festgelegten Hebesatz zur Ermittlung der zu zahlenden Grundsteuer.
Gewerbesteuer
Bei der Gewerbesteuer bildet der nach den Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ermittelte Gewerbeertrag die Bemessungsgrundlage. Die Finanzbehörde setzt auf dieser Grundlage den Gewerbesteuermessbetrag nach Anwendung der tariflichen Steuermesszahl (§ 11 Abs. 2 GewStG) fest. Die Gemeinde erhebt auf den Steuermessbetrag die eigentliche Gewerbesteuer mittels des von ihr bestimmten Hebesatzes.
Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
Auch bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer (§ 13 ErbStG) wird durch das Finanzamt der Steuermessbetrag nach Maßgabe des maßgeblichen Steuersatzes auf den steuerpflichtigen Erwerb berechnet. Bund und Länder regeln diesen Vorgang, wobei die Kommunen an der tatsächlichen Steuerfestsetzung nicht unmittelbar beteiligt sind.
Rechtliche Grundlagen und Verfahren
Gesetzliche Regelungen
Die relevanten Regelungen zum Steuermessbetrag finden sich insbesondere in folgenden Gesetzen:
- Grundsteuergesetz (GrStG)
- Gewerbesteuergesetz (GewStG)
- Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
- Abgabenordnung (AO), insb. §§ 155 ff. AO
Jedes der genannten Steuergesetze definiert die entsprechenden Bemessungsgrundlagen sowie die Steuermesszahlen, die zur Ermittlung des Steuermessbetrags heranzuziehen sind.
Ablauf der Festsetzung
1. Feststellung der Bemessungsgrundlage
Die Finanzverwaltung bestimmt zuerst die steuerliche Bemessungsgrundlage (z. B. Einheitswert, Gewerbeertrag, steuerpflichtiger Erwerb).
2. Anwendung der Steuermesszahl
Anschließend wird auf diesen ermittelten Wert die gesetzlich vorgeschriebene Steuermesszahl, meist in Tausendsteln oder Hundertsteln, angewandt. Das Produkt ergibt den Steuermessbetrag.
3. Festsetzung durch Steuermessbescheid
Der Steuermessbetrag wird in einem eigenen Steuermessbescheid festgesetzt. Dieser Bescheid bildet die Grundlage für die spätere Steuerfestsetzung durch die Kommune (bei Grund- und Gewerbesteuer) oder durch das Finanzamt (bei Erbschaft- und Schenkungsteuer).
4. Steuerbescheid der Kommune oder Finanzamt
Die Kommune oder das Finanzamt erlässt auf Grundlage des Steuermessbescheids den eigentlichen Steuerbescheid.
Rechtsmittel
Gegen die Festsetzung des Steuermessbetrags kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Einspruch eingelegt werden (§ 355 AO). Der Steuermessbescheid entfaltet Bindungswirkung („Bindungswirkung des Steuermessbescheids“, § 184 AO) für die nachfolgende Festsetzung der Steuer, die auf Grundlage dieses Betrags erfolgt.
Bedeutung und Auswirkungen
Der Steuermessbetrag übernimmt die Funktion einer verbindlichen Schnittstelle zwischen Finanzverwaltung und Kommune. Besonders bei der Grund- und Gewerbesteuer ist der Steuermessbetrag für die Höhe der vom Steuerpflichtigen zu zahlenden Steuer unmittelbar maßgebend, da erst mit seiner Festsetzung die Kommune die tatsächliche Steuer erheben kann.
Auswirkungen auf den Steuerpflichtigen
Durch die Festsetzung des Steuermessbetrags wird der Umfang der Steuerpflicht im Wesentlichen vorbestimmt. Die Höhe des Steuermessbetrags ist im Regelfall nicht direkt von der Gemeinde, sondern in erster Linie durch steuerrechtliche Bewertung durch das Finanzamt bestimmt. Der Steuerpflichtige hat daher zwei eigenständige Verwaltungsakte – den Steuermessbescheid (Finanzamt) und später den Steuerbescheid (Kommune/Finanzamt).
Bedeutung im Besteuerungsverfahren
Die Aufteilung des Besteuerungsverfahrens in die Festlegung des Steuermessbetrags und die eigentliche Steuerfestsetzung dient der Aufgabenteilung zwischen Bundes- und Landesfinanzbehörden einerseits sowie den Gemeinden andererseits. Sie erhöht die Transparenz und Nachprüfbarkeit der einzelnen Verfahrensabschnitte.
Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen
Die Festsetzung und Anwendung des Steuermessbetrags ist Gegenstand zahlreicher verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Entscheidungen. Eine maßgebliche Rolle spielen hierbei beispielsweise Streitigkeiten um die Höhe des Einheitswertes, den anzuwendenden Steuermesszahlen oder Verfahrensfehler bei der Festsetzung. Maßgebliche Leitlinien liefern zudem die Verwaltungsanweisungen des Bundesministeriums der Finanzen und der jeweiligen Landesfinanzministerien.
Literatur
- Tipke/Lang, Steuerrecht
- Kirchhof, EStG Kommentar
- Gosch, GewStG Kommentar
Zusammenfassung
Der Steuermessbetrag ist ein essenzielles Element der Besteuerung insbesondere bei Grundsteuer, Gewerbesteuer sowie Erbschaft- und Schenkungsteuer. Seine Ermittlung erfolgt nach den Vorgaben einschlägiger Steuergesetze durch Anwendung von Steuermesszahlen auf steuerliche Bemessungsgrundlagen. Die rechtlichen Vorschriften gewährleisten eine klare Aufgabentrennung zwischen Finanzverwaltung und Gemeinden sowie eine transparente und überprüfbare Steuerbemessung. Der Steuermessbescheid bildet das verbindliche Fundament für die anschließende Steuerfestsetzung durch die Steuererhebungsbehörden.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird der Steuermessbetrag im rechtlichen Kontext festgesetzt?
Die Festsetzung des Steuermessbetrags erfolgt durch die zuständige Finanzbehörde mittels eines Steuermessbescheids. Grundlage hierfür ist insbesondere § 184 der Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit den spezialgesetzlichen Vorschriften, zum Beispiel im Gewerbesteuergesetz (§§ 10 ff. GewStG) oder im Grundsteuergesetz (§§ 13 ff. GrStG). Die Finanzbehörde ermittelt den maßgeblichen Messbetrag auf Basis der steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage, etwa dem Einheitswert des Grundstücks bei der Grundsteuer oder dem Gewerbeertrag bei der Gewerbesteuer. Ein besonderer rechtlicher Aspekt ist, dass der Steuermessbescheid ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 AO ist, dessen Feststellungen für die nachfolgende Steuerfestsetzung verbindlich sind. Eine Änderung oder Korrektur des Steuerbescheids ist daher rechtlich nur möglich, wenn auch der Steuermessbescheid geändert wird.
Inwieweit ist der Steuermessbescheid für andere Behörden verbindlich?
Rechtlich gesehen stellt der Steuermessbescheid einen sogenannten Grundlagenbescheid dar. Das bedeutet gemäß § 182 AO, dass die Ergebnisse dieses Bescheids für Folgebescheide – etwa den eigentlichen Steuerbescheid der Gemeinde bei der Grundsteuer oder Gewerbesteuer – bindend sind. Die Feststellungen im Steuermessbescheid dürfen von der den Steuerbescheid erlassenden Behörde grundsätzlich nicht mehr eigenständig geprüft oder abgeändert werden. Streitigkeiten über die Höhe des Steuermessbetrages sind daher ausschließlich im Verfahren gegen den Steuermessbescheid und nicht im Verfahren gegen den Folgebescheid zu klären.
Welche rechtlichen Möglichkeiten des Einspruchs gegen einen Steuermessbescheid bestehen?
Ein Steuerpflichtiger oder ein Beteiligter kann gegen den Steuermessbescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Einspruch einlegen (§§ 347 ff. AO). Der Einspruch ist bei der erlassenden Behörde einzureichen, die entweder selbst abhilft oder den Fall zur Entscheidung an die Rechtsbehelfsstelle weiterleitet. Gegen die Entscheidung über den Einspruch kann Klage vor dem Finanzgericht erhoben werden. Maßgeblich ist, dass Einwendungen gegen die Ermittlung oder Höhe des Steuermessbetrags zwingend im Verfahren gegen den Steuermessbescheid und nicht im späteren Steuerbescheid vorgebracht werden müssen, da ansonsten die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids besteht.
Welche Fristen sind bei der Festsetzung und Änderung des Steuermessbetrags zu beachten?
Für die Festsetzung des Steuermessbetrags gilt die allgemeine Festsetzungsverjährung von vier Jahren (§ 169 AO), beginnend mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung beträgt diese Frist zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Wird der Steuermessbescheid ausnahmsweise geändert (beispielsweise bei nachträglicher Kenntnis von Tatsachen im Rahmen des § 173 AO), greifen ebenfalls die Regelungen der Abgabenordnung bezüglich der Verjährung und etwaiger Ablaufhemmungen (§§ 170 ff. AO).
Wer trägt die Beweislast für die Richtigkeit des Steuermessbetrags?
Im Rahmen der Besteuerungsverfahren gilt grundsätzlich die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen (§ 90 AO). Die Feststellungen des Finanzamts im Steuermessbescheid sind zunächst maßgebend, jedoch muss die Behörde Tatsachen, die zu einer Steuerbelastung führen, selbst nachweisen, während der Steuerpflichtige entlastende Tatsachen beweisen muss. Im Streitfall vor Gericht obliegt die Beweislast für steuerbegründende Tatsachen der Finanzbehörde, für steuerentlastende oder mindernde Tatsachen jedoch dem Steuerpflichtigen.
Wie verhält sich der Steuermessbetrag zu Doppelbesteuerungsabkommen oder besonderen Steuerbefreiungen?
Der Steuermessbetrag wird unter Berücksichtigung aller einschlägigen innerstaatlichen und internationalrechtlichen Vorschriften festgesetzt. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder innerstaatliche Steuerbefreiungsvorschriften (z. B. § 9 GewStG für Gewerbefreiheiten) müssen bereits auf der Ebene der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden, bevor der Messbetrag ermittelt wird. Die Frage, ob und in welchem Umfang DBA oder Befreiungen Anwendung finden, ist somit Teil der rechtlichen Prüfung vor Festsetzung des Steuermessbetrags und Gegenstand entsprechender Einspruchs- oder Klageverfahren.
Besteht gesonderte Anfechtbarkeit beim Steuermessbescheid und Steuerbescheid?
Der Steuermessbescheid ist ein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt und unterliegt den allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsrechts und der Abgabenordnung über Anfechtung und Rechtsbehelfe. Gegen den Messbescheid kann – unabhängig vom darauf aufbauenden Steuerbescheid der Gemeinde – Einspruch eingelegt werden. Da der Steuerbescheid regelmäßig auf dem Steuermessbescheid als Grundlagenbescheid beruht, kann der Steuerpflichtige grundsätzlich keine Einwendungen gegen Grundlagen im Folgebescheid vorbringen, sondern muss dies beim Steuermessbescheid tun. Einwendungen gegen die eigentliche Steuerfestsetzung (z. B. Höhe des Hebesatzes) im Folgebescheid sind davon unabhängig möglich.