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Steuerlager


Begriff und rechtliche Grundlagen des Steuerlagers

Das Steuerlager ist ein zentraler Begriff im deutschen und europäischen Steuerrecht, insbesondere im Bereich der Verbrauchsteuern. Es handelt sich dabei um einen zugelassenen Betrieb, in dem verbrauchsteuerpflichtige Waren unter Steueraussetzung hergestellt, bearbeitet, verarbeitet, gelagert, empfangen oder versandt werden dürfen. Die Rechtsgrundlage für Steuerlager bildet im Wesentlichen das deutsche Verbrauchsteuergesetz (VerStG) sowie die unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2008/118/EG (Systemrichtlinie über das allgemeine Verbrauchsteuersystem).

Definition des Steuerlagers

Unter einem Steuerlager versteht man eine von der Zoll- oder Steuerverwaltung genehmigte Betriebsstätte, in welcher Waren, die einer Verbrauchsteuer unterliegen, ohne unmittelbare Erhebung der Steuer gelagert oder bearbeitet werden können. Die Erhebung der Verbrauchsteuer wird bis zu einem steuerlichen Freigabezeitpunkt (z. B. der Entnahme, Verbringung oder Verwendung außerhalb des Steuerlagers) ausgesetzt.

Gesetzliche Regelungen in Deutschland

Die Einzelregelungen zu Steuerlagern finden sich in den §§ 6 ff. Verbrauchsteuergesetz (VerStG). Die steuerliche Überwachung sowie die Bedingungen für die Zulassung und den Betrieb von Steuerlagern werden zudem durch verschiedene Einzelverordnungen, wie etwa die Brennereiordnung, die Tabaksteuerverordnung oder die Energiesteuerverordnung, konkretisiert.

Zulassung, Betrieb und Pflichten von Steuerlagern

Voraussetzungen für die Zulassung als Steuerlager

Um ein Steuerlager betreiben zu können, ist eine förmliche Erlaubnis der zuständigen Hauptzollämter erforderlich. Die wichtigsten Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Erlaubnis umfassen:

  • Schriftlicher Antrag des Steuerlagerbetreibers (Erlaubnis nach § 6 VerStG)
  • Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers
  • Nachweis über das Vorhandensein geeigneter Lager- und Betriebseinrichtungen
  • Bestellung einer steuerlich verantwortlichen Person (Regelmäßig der Betriebsinhaber oder ein benannter Vertreter)
  • Leistung von Sicherheiten für die zu erwartenden Steuerbelastungen

Betrieb und Überwachung des Steuerlagers

Das Steuerlager unterliegt der ständigen Kontrolle der Zollbehörden. Der Betrieb muss nach den festgelegten Vorschriften erfolgen, welche insbesondere die buchmäßige Erfassung der Warenflüsse, Inventurverpflichtungen und Steueranmeldungen umfassen. Die Überwachung erfolgt durch regelmäßige Kontrollen, Prüfungen und gegebenenfalls durch den Einbau technischer Überwachungsmaßnahmen. Werden die Regularien nicht eingehalten, kann die Erlaubnis zur Führung des Steuerlagers widerrufen werden.

Buchführungs- und Meldepflichten

Im Steuerlager müssen alle Zu- und Abgänge verbrauchsteuerpflichtiger Waren genau dokumentiert werden. Zutritts-, Entnahme- und Verbringungsvorgänge sind fortlaufend zu erfassen. Besonderer Bedeutung kommt der sogenannten „Buchführung nach § 8 VerStG“ zu, welche zugunsten der Transparenz und steuerlichen Nachvollziehbarkeit elektronisch geführt werden muss.

Sicherheiten und Haftung

Die Zollverwaltung kann zur Absicherung der Steuerschuld Sicherheiten verlangen, welche sich an der durchschnittlichen Steuerschuld des Steuerlagerbetreibers orientieren. Der Betreiber des Steuerlagers haftet grundsätzlich für die Steuer auf alle Waren, die sich im Steuerlager befinden oder befunden haben, bis diese definitiv versteuert oder rechtmäßig steuerfrei verwendet wurden.

Steuerliche Behandlung von Waren im Steuerlager

Steueraussetzung und Steuerentstehung

Waren, die im Steuerlager unter Steueraussetzung gelagert werden, sind von der sofortigen Entrichtung der jeweiligen Verbrauchsteuer befreit. Die Steuerschuld entsteht erst mit dem Entstehen bestimmter steuerlicher Tatbestände, insbesondere durch

  • Entnahme der Waren zur Verwendung im Inland
  • Verbringung der Waren an Dritte außerhalb des Steuerlagers
  • Verlust oder Untergang der Waren, soweit keine Steuerbefreiung greift

Unionsrechtlicher Bezug (EMCS)

Das Steuerlager ist ebenso von unionsrechtlicher Bedeutung. Im Rahmen des innergemeinschaftlichen Steuerrechts erfolgt die Verwaltung der Steueraussetzung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren über das Computerisierte Beförderungs- und Kontrollsystem (EMCS). Die Beförderung von Waren im Steueraussetzungsverfahren zwischen zwei Steuerlagern in unterschiedlichen Mitgliedstaaten wird über elektronische Verwaltungsdokumente (e-VD) abgewickelt.

Arten von Steuerlagern

Steuerlager existieren in folgenden Formen entsprechend des jeweiligen steuerpflichtigen Produkts:

  • Energieprodukte (Energiesteuerlager) gemäß Energiesteuergesetz
  • Alkohol und alkoholhaltige Waren (Alkoholsteuerlager) gemäß Alkoholsteuergesetz
  • Bier (Biersteuerlager) gemäß Biersteuergesetz
  • Tabakwaren (Tabaksteuerlager) gemäß Tabaksteuergesetz
  • Zwischenprodukte (z. B. aromatisierte Weine) gemäß Zwischenproduktsteuergesetz

Jede Unterart von Steuerlager unterliegt grundsätzlich den gleichen steuerlichen Rahmenbedingungen, weist jedoch branchenspezifische Vorgaben auf.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Ordnungswidrigkeiten und strafrechtliche Sanktionen

Verstöße gegen die Bestimmungen zum Steuerlager (etwa unbefugte Entnahme, mangelhafte Buchführung, Verbringen von Waren außerhalb des Steuerlagers ohne Steueranmeldung) stellen schwerwiegende Ordnungswidrigkeiten oder gar Straftatbestände dar. Dies kann zu erheblichen Bußgeldern, strafrechtlichen Konsequenzen bis hin zu Freiheitsstrafen sowie zum Widerruf der Betriebserlaubnis führen.

Steuerliche Nachforderungen

Wird ein Verstoß festgestellt, sind die auf die betreffenden Waren entfallenden Verbrauchsteuern unmittelbar nachzufordern. Für den Zeitraum des Verstoßes kann zudem eine erhöhte Steuerforderung resultieren, einschließlich eventueller Säumniszuschläge.

Bedeutung und Funktion des Steuerlagers im Steuersystem

Das Steuerlager dient der Aufrechterhaltung der Steuerneutralität während handelsüblicher Warenbewegungen und Produktionsprozesse. Es ermöglicht Unternehmen, den steuerlichen Belastungszeitpunkt flexibel zu steuern, fördert die Wettbewerbsfähigkeit und gewährleistet zugleich eine effektive steuerliche Kontrolle und Überwachung seitens der Finanzverwaltung.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Verbrauchsteuergesetz (VerStG)
  • Richtlinie 2008/118/EG (Systemrichtlinie über das allgemeine Verbrauchsteuersystem)
  • Kommentare und Handbücher zu den einzelnen Verbrauchsteuergesetzen (z. B. Energiesteuergesetz, Tabaksteuergesetz)
  • Zoll- und Verbrauchsteuerverwaltung, www.zoll.de

Dieser Artikel bietet eine umfassende und tiefgehende rechtliche Darstellung des Begriffs Steuerlager und beleuchtet alle wesentlichen rechtlichen Seiten rund um Zulassung, Betrieb, Überwachung, steuerliche Behandlung und die damit verbundenen Pflichten und Sanktionen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist befugt, ein Steuerlager rechtlich zu betreiben?

Ein Steuerlager darf ausschließlich von einer Person oder einem Unternehmen betrieben werden, das eine Genehmigung der zuständigen Zollbehörde erhalten hat. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind in Deutschland insbesondere im § 6 ff. des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BranntwMonG) sowie in den Einzelgesetzen zur Besteuerung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren wie Alkohol-, Tabak- und Energiesteuergesetz geregelt. Der Antragsteller muss die Zuverlässigkeit, die steuerliche Leistungsfähigkeit und ggf. die ausreichende technische Ausstattung sowie ein nachvollziehbares innerbetriebliches Kontrollsystem nachweisen. Weiterhin müssen die Räumlichkeiten und die Organisation des Lagers so gestaltet sein, dass eine effektive zollseitige Überwachung sowie jederzeitige Prüfung der Warenbestände und Bewegungen ohne unangemessene Schwierigkeiten möglich ist. Im Rahmen der Genehmigung werden meist Auflagen erteilt, die explizit festlegen, unter welchen Bedingungen das Steuerlager betrieben werden darf. Werden die rechtlichen Vorgaben nicht eingehalten, kann die Genehmigung jederzeit widerrufen werden.

Welche rechtlichen Pflichten treffen den Betreiber eines Steuerlagers?

Der Betreiber eines Steuerlagers unterliegt nach deutschen und europäischen Rechtsvorschriften umfangreichen Pflichten. Dazu zählt zunächst die Verpflichtung, exakte Bestands- und Bewegungsaufzeichnungen zu führen, die jederzeit dem Zoll vorgelegt werden müssen. Die Aufzeichnungen müssen insbesondere Angaben zu Art, Menge, Zeitpunkt und Empfänger/Ausgang enthalten und mindestens drei bzw. sechs Jahre aufbewahrt werden (abhängig von der steuerlichen Frist). Weiterhin ist der Betreiber dafür verantwortlich, dass verbrauchsteuerpflichtige Waren nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen bewegt oder aus dem Steuerlager entfernt werden, andernfalls entsteht eine Steuerschuld. Pflichten bestehen zudem hinsichtlich der Sicherung der Waren, der Meldung aller relevanten Veränderungen (z.B. bauliche Veränderungen am Lager, Wechsel bei verantwortlichen Personen), der Anzeige von Unregelmäßigkeiten wie Verlusten sowie der unverzüglichen Meldung von Steuerentstehungstatbeständen. Lückenhafte Aufzeichnungen, verspätete Meldungen oder Verstöße können zu Ordnungswidrigkeiten oder gar strafrechtlicher Verfolgung führen.

Wann entsteht die Verbrauchsteuer im steuerrechtlichen Sinne beim Steuerlager?

Rechtlich entsteht die Verbrauchsteuer beim Steuerlager grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Entnahme der verbrauchsteuerpflichtigen Waren aus dem Steuerlager zum freien Verkehr, also zur Verwendung, zum Verkauf oder zur Entnahme für den Eigenbedarf, sofern keine steuerliche Begünstigung vorliegt. Dies ist im jeweiligen Verbrauchsteuergesetz, z.B. § 21 Alkoholsteuergesetz (AlkStG), geregelt. Werden Waren aus dem Steuerlager entfernt, ohne dass eine steuerrechtliche Erlaubnis vorliegt, oder gehen sie verloren (wenn der Verlust nicht ausreichend entschuldigt werden kann), entsteht die Steuer zum Zeitpunkt dieser Handlung beziehungsweise Feststellung. Ebenso ist beim Verbringen in andere Mitgliedstaaten oder beim Export zu beachten, dass besondere Dokumentations- und Anmeldepflichten bestehen, um eine Steuerbefreiung oder Steueraufschub in Anspruch nehmen zu können. Wird dagegen Waren nur innerhalb des Steuerlagers bewegt, greift der Steueraufschub weiterhin, und die Verbrauchsteuer entsteht nicht.

Welche Rolle spielt die Sicherungsleistung im rechtlichen Kontext eines Steuerlagers?

Im Rahmen des Betriebs eines Steuerlagers fordert die Zollverwaltung oftmals eine Sicherungsleistung vom Betreiber. Diese Sicherungsleistung dient dazu, die Einhaltung der steuerlichen Verpflichtungen abzusichern und einen möglichen Steuerausfall (insbesondere im Falle von Verlust, Diebstahl oder Insolvenz) abzufedern. Die Höhe der Sicherheitsleistung wird in der Regel individuell auf der Basis der voraussichtlichen steuerlichen Belastung berechnet und kann in Form einer Bankbürgschaft, eines Pfandrechts oder einer Kaution gestellt werden. Die rechtliche Verpflichtung zur Stellung einer solchen Sicherheit ergibt sich u.a. aus § 16 Alkoholsteuergesetz (AlkStG) und vergleichbaren Vorschriften anderer Verbrauchsteuergesetze. Die Sicherungsleistung ist typischerweise vor Inbetriebnahme des Steuerlagers zu erbringen und kann auf Verlangen des Zolls angepasst werden, wenn sich der Umfang der steuerpflichtigen Waren erhöht oder reduziert.

Welche Kontroll- und Überwachungsrechte hat die Zollbehörde?

Die Zollbehörde hat weitreichende Kontroll- und Überwachungsbefugnisse gegenüber Steuerlagerbetreibern. Diese ergeben sich aus den jeweiligen Verbrauchsteuergesetzen sowie aus allgemeinen Verwaltungsvorschriften und europäischen Regelungen. Die Kontrolle umfasst sowohl die regelmäßige als auch die anlassbezogene Überprüfung aller Räume, Warenbestände, Aufzeichnungen und EDV-Systeme. Die Behörde darf zu den dienstüblichen Zeiten und im Verdachtsfall auch unangemeldet eine Betriebsprüfung durchführen. Zudem ist es der Behörde erlaubt, Proben zu entnehmen, Waren zu wiegen, zu messen oder zu zählen und gegebenenfalls Sicherstellungen vorzunehmen. Der Betreiber ist zur Mitwirkung verpflichtet und darf die Kontrolle nicht behindern. Amtsträger sind berechtigt, Einsicht in sämtliche Dokumente zu nehmen, die für die steuerliche Beurteilung relevant sind. Sofern Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, hat die Zollverwaltung das Recht, nachträglich Steuern festzusetzen, Bußgelder zu verhängen oder Strafverfahren einzuleiten.

Welche Rechtsfolgen drohen bei Verstößen gegen die steuerrechtlichen Vorschriften für Steuerlager?

Verstöße gegen die gesetzlichen Regelungen zum Betrieb eines Steuerlagers ziehen unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich, abhängig von Art und Schwere des Verstoßes. Typische Sanktionen umfassen die Nachforderung der geschuldeten Verbrauchsteuer samt Zinsen, die Verhängung von Bußgeldern gemäß § 378 bis § 379 Abgabenordnung (AO) oder gar strafrechtliche Sanktionen nach § 370 AO, insbesondere bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung. Darüber hinaus kann bereits bei „einfacher“ Fahrlässigkeit der Entzug der Betriebserlaubnis oder weiteren Auflagen durch die Zollbehörde drohen. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen geht das Recht zudem davon aus, dass die Zuverlässigkeit fehlt, sodass keine neue Genehmigung erteilt oder bestehende entzogen wird. Betriebsbezogene Nachteile wie der Verlust des Steuerlagerstatus führen in der Praxis oft unmittelbar zur Fälligkeit aller aufgeschobenen Verbrauchsteuern.

Unter welchen Voraussetzungen kann die Genehmigung für ein Steuerlager rechtlich entzogen werden?

Ein Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Steuerlagers ist aus mehreren rechtlichen Gründen möglich. Maßgeblich ist dabei der Verlust der Zuverlässigkeit des Betreibers, wiederholte oder schwerwiegende Pflichtverletzungen, fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder die mangelnde technische/organisatorische Eignung. Die rechtlichen Grundlagen dafür finden sich in den Verbrauchsteuergesetzen sowie der Abgabenordnung, insbesondere § 10 AO, welcher die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten regelt. Ein Entzug kann auch erfolgen, wenn der Zweck des Steuerlagers nicht mehr gegeben ist oder wenn das Lager aufgegeben wird. Der Entzug hat zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt alle im Lager befindlichen verbrauchsteuerpflichtigen Waren sofort steuerpflichtig werden und der Betreiber für deren ordnungsgemäße Versteuerung haftet. Vor einem Entzug ist dem Betreiber in der Regel Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, es sei denn, Gefahr in Verzug liegt.