Begriff und rechtliche Einordnung der Steuerhehlerei
Definition der Steuerhehlerei
Steuerhehlerei beschreibt einen Straftatbestand im deutschen Steuerstrafrecht. Dieser Tatbestand ist in § 374 der Abgabenordnung (AO) geregelt und stellt das Pendant zur klassischen Hehlerei nach § 259 Strafgesetzbuch (StGB) im Bereich steuerrechtlicher Delikte dar. Steuerhehlerei liegt vor, wenn eine Person Waren, die aus einer Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung stammen, ankauft, sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder ihre Absetzung fördert, um sich oder einen anderen zu bereichern.
Gesetzliche Regelung
§ 374 AO – Steuerhehlerei
Der Tatbestand der Steuerhehlerei ist in § 374 AO verankert. Die Norm enthält folgende wesentlichen Merkmale:
- Objekt der Steuerhehlerei: Gegenstände, bezüglich derer Verbrauchsteuern hinterzogen oder verkürzt wurden (typischerweise Zigaretten, Alkohol oder Kraftstoffe ohne Zahlung der Verbrauchsteuer).
- Tathandlungen: Ankauf, Verschaffen, Absetzen oder Förderung des Absatzes.
- Vorsatz: Die Tathandlungen müssen vorsätzlich begangen werden.
- Bereicherungsabsicht: Ziel der Tathandlung muss die Bereicherung des Täters oder eines Dritten sein.
Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen
Steuerhehlerei grenzt sich von folgenden Delikten ab:
- Steuerhinterziehung (§ 370 AO): Primär handelt es sich um die Tat desjenigen, der die Steuer unrechtmäßig verkürzt.
- Hehlerei (§ 259 StGB): Betrifft Gegenstände, die aus Diebstahl oder anderen Vermögensdelikten stammen.
Anders als bei der Hehlerei, steht bei der Steuerhehlerei ausschließlich der Umgang mit Waren im Fokus, für die gesetzliche Verbrauchsteuern nicht oder nicht vollständig entrichtet wurden.
Voraussetzungen der Steuerhehlerei
Tatobjekt: Steuerunredliche Ware
Das Tatobjekt der Steuerhehlerei sind bewegliche Sachen, die aus einem Steuervergehen stammen. Die Ware muss das Ergebnis einer Steuerstraftat sein, etwa weil sie unversteuert eingeführt, befördert oder vertrieben wurde.
Betroffene Warengruppen
Typische Fälle betreffen:
- Tabakwaren (Zigarettenschmuggel)
- Alkoholische Getränke
- Mineralöl und Kraftstoffe
- Kaffee
Die Ware bleibt tainted (d.h. betroffenes Tatobjekt), solange über sie nicht die geschuldete Steuer abgeführt worden ist.
Täterkreis
Täter kann jeder sein, der die Tatbestandsmerkmale erfüllt. Im Gegensatz zum Haupttäter der Steuerhinterziehung kommt bei der Steuerhehlerei auch eine Beteiligung von Dritten in Betracht, beispielsweise Abnehmer oder Händler, die sich der illegalen Ware bedienen.
Tathandlungen
Die Tathandlungen umfassen:
- Ankaufen: Erwerb der Ware zur eigenen Verwendung.
- Sich verschaffen: Eigenständiges Erlangen der Verfügungsmacht.
- Absetzen: Weiterveräußern der Ware an Dritte.
- Absetzenhelfen: Unterstützung beim Verkauf oder Vertrieb an andere.
Subjektiver Tatbestand
Voraussetzung ist mindestens bedingter Vorsatz. Der Täter muss zumindest damit rechnen und billigen, dass die Sachen aus einer Steuerhinterziehung stammen.
Rechtliche Folgen der Steuerhehlerei
Strafmaß
Steuerhehlerei ist ein Vergehen. Das Strafmaß sieht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor (§ 374 Abs. 1 AO). In besonders schweren Fällen (beispielsweise bei bandenmäßiger Begehung, § 374 Abs. 2 AO) kann die Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren betragen.
Versuch
Der Versuch der Steuerhehlerei ist nach § 374 Abs. 3 AO strafbar. Bereits das Anstreben, eine unversteuerte Ware zu erwerben oder zu verkaufen, reicht aus, sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind.
Verjährung
Steuerhehlerei unterliegt der fünfjährigen Verjährungsfrist gemäß § 78 StGB i. V. m. § 376 AO (bei besonders schweren Fällen zehn Jahre). Die Verjährung beginnt mit Abschluss der Hehlereihandlung.
Praxisrelevanz und typische Fallgestaltungen
Beispiele aus der Praxis
Steuerhehlerei spielt insbesondere im Bereich des illegalen Zigarettenhandels, Schwarzalkohols und Mineralölhandels eine Rolle. Ein häufiger Fall ist der Kauf von Zigarettenpackungen aus dem Ausland, auf denen keine deutschen Steuerzeichen angebracht sind.
Abgrenzung zur Strafbarkeit des Besitzes
Als eigenständiger Straftatbestand belegt die Steuerhehlerei auch solche Handlungen mit Strafe, die ansonsten strafrechtlich nicht erfasst wären (z. B. der reine Besitz größerer Mengen illegaler Tabakwaren zum Weiterverkauf).
Steuerhehlerei im Verhältnis zur Steuerhinterziehung
Tatbestandliche Abgrenzung
Während die Steuerhinterziehung auf die Nichtabführung von Steuern abzielt, ist die Steuerhehlerei auf den Umgang mit Waren gerichtet, denen diese Steuerhinterziehung anhaftet. Täter der Steuerhinterziehung und Täter der Steuerhehlerei dürfen personell nicht identisch sein; andernfalls liegt keine Steuerhehlerei, sondern nur Steuerhinterziehung vor.
Kombination mit anderen Delikten
In der Praxis sind häufig Mehrfachstraftaten anzutreffen, etwa in Verbindung mit Steuerordnungswidrigkeiten, Urkundendelikten (beispielsweise Fälschung von Steuerzeichen) und Delikten gegen das Zollrecht.
Gesetzgeberische Ziele und Bedeutung der Vorschrift
Zielsetzung
Der Straftatbestand der Steuerhehlerei dient der Sicherung des Steueraufkommens und der Abschreckung gegen den illegalen Handel mit unversteuerten Waren, insbesondere im Bereich der Verbrauchssteuern.
Bedeutung im Steuerstrafrecht
Steuerhehlerei, als Annexdelikt zur Steuerhinterziehung, stellt ein bedeutendes Instrument zur Bekämpfung des illegalen Warenverkehrs dar und verhindert, dass Steuerstraftaten durch Dritte ausgenutzt und wirtschaftlich verwertet werden können.