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Steuerhehlerei

Steuerhehlerei: Begriff, Einordnung und Bedeutung

Steuerhehlerei bezeichnet das rechtswidrige Inverkehrbringen, Beschaffen oder Handhaben von Waren, auf denen zuvor durch eine andere Person Verbrauchsteuern oder Zölle verkürzt oder umgangen wurden. Sie knüpft also an eine bereits begangene Steuerverkürzung an und sanktioniert das Weiterverwerten des hierdurch erlangten unrechtmäßigen Vorteils. Ziel ist es, den Markt für unversteuerte oder unverzollte Waren auszutrocknen und die Funktionsfähigkeit des Steuer- und Abgabensystems zu sichern.

Geschütztes Rechtsgut und Regelungszweck

Geschützt wird die Finanzordnung, insbesondere die gleichmäßige Erhebung von Verbrauchsteuern und Zöllen sowie die Integrität des Binnenmarkts. Steuerhehlerei verhindert, dass sich der einmal erlangte Vorteil aus einer Steuerverkürzung fortsetzt und wirtschaftlich verwertet wird. Dadurch wird Wettbewerbsverzerrungen vorgebeugt und dem Fiskus der vorgesehene Abgabenfluss gesichert.

Tatobjekt: Welche Waren sind betroffen?

Verbrauchsteuern und Zölle

Steuerhehlerei setzt sich typischerweise auf Waren fort, die Verbrauchsteuern oder Zöllen unterliegen. Dazu zählen vor allem Tabakwaren, Alkohol und alkoholhaltige Erzeugnisse, Energieerzeugnisse (z. B. Kraftstoffe, Heizöle), Kaffee sowie weitere verbrauchsteuerpflichtige Produkte. Ebenfalls erfasst sind Waren, für die Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben umgangen wurden.

Abgrenzung zu anderen Steuern

Die Vorschriften erfassen die Weitergabe oder Verwertung von Waren im Zusammenhang mit spezifischen Waren- und Grenzabgaben. Steuern auf Einkommen, Gewinne oder Umsätze stehen typischerweise nicht im Mittelpunkt der Steuerhehlerei, da dort keine konkrete Ware als Träger eines hinterzogenen Abgabenbetrags fungiert.

Tathandlungen: Was ist verboten?

Erwerben und sich Verschaffen

Erfasst ist das Kaufen oder Sich-Verschaffen von Waren, die aus einer vorausgehenden Steuerverkürzung stammen. Es genügt, wenn die erlangte tatsächliche Verfügungsgewalt auf eine dauerhafte oder vorübergehende Überlassung gerichtet ist.

Lagern, Befördern, Veräußern, Absatzhilfe

Auch das Lagern oder Befördern sowie das Weiterverkaufen oder die Unterstützung bei der Vermarktung solcher Waren kann Steuerhehlerei darstellen. Damit sind sowohl eigenständige Handelsaktivitäten als auch unterstützende Tätigkeiten erfasst, die die Absatzchancen verbessern oder den Weitertransport ermöglichen.

Bloßes Dabeisein und neutrale Handlungen

Nicht jede bloße Anwesenheit oder sozial übliche Gefälligkeit erfüllt den Tatbestand. Maßgeblich ist, ob die Handlung objektiv auf das Inverkehrbringen, die Nutzung oder die Sicherung des unrechtmäßigen Vorteils gerichtet ist und subjektiv die nötige Kenntnis umfasst.

Subjektive Voraussetzungen: Wissen und Wollen

Vorsatz und Wissenselement

Erforderlich ist Vorsatz in Bezug auf die Herkunft der Ware aus einer Steuerverkürzung. Es genügt, wenn die handelnde Person die Umstände kennt oder sie zumindest billigend in Kauf nimmt. Detailkenntnisse über die genaue Höhe der verkürzten Abgaben sind nicht erforderlich; entscheidend ist die Einsicht, dass auf den Waren Abgaben unrechtmäßig erspart wurden.

Irrtum und gutgläubiger Erwerb

Wer gutgläubig ist und keine Kenntnis von der steuerwidrigen Herkunft hat, erfüllt den Tatbestand regelmäßig nicht. Leichtfertige Unkenntnis genügt für die Strafbarkeit der Steuerhehlerei grundsätzlich nicht, kann jedoch in anderen rechtlichen Zusammenhängen relevant werden.

Verhältnis zu Steuerhinterziehung und anderen Delikten

Vortatprinzip und Ausschluss der Selbsthehlerei

Steuerhehlerei setzt eine vorausgegangene Steuerverkürzung durch eine andere Person voraus. Wer selbst die Steuerverkürzung begeht, ist dafür zu verantworten; dieselbe Person kann hinsichtlich derselben Ware nicht zusätzlich als Hehlerin oder Hehler belangt werden.

Konkurrenzen und Abgrenzungen

In der Praxis überschneiden sich Sachverhalte mit Verstößen gegen Zoll- und Verbrauchsteuerrecht. Maßgeblich ist, ob die Handlung erst an die vorausgegangene Steuerverkürzung anknüpft (Steuerhehlerei) oder ob sie selbst die Steuer verkürzt (Steuerhinterziehung). Je nach Ablauf und Beteiligung kommen auch allgemeine Strafnormen zur Anwendung, etwa bei Urkundenmanipulationen oder täuschenden Angaben im Warenverkehr.

Strafrahmen und Rechtsfolgen

Strafarten und Strafzumessung

Steuerhehlerei ist eine Straftat und kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Das konkrete Strafmaß richtet sich nach der Schwere des Einzelfalls, dem Umfang der Abgabenverkürzung, der Rolle der Beteiligten und dem Maß des Vorsatzes. Bei gewerbsmäßiger oder organisierter Begehung kommen regelmäßig höhere Strafen in Betracht.

Einziehung und Abschöpfung

Waren, die aus der Tat herrühren, sowie erzielte Erlöse können eingezogen werden. Darüber hinaus ist die Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile möglich, um den unrechtmäßigen Gewinn zu neutralisieren. Transportmittel und Hilfsmittel können betroffen sein, wenn sie zur Tatverwirklichung eingesetzt wurden und die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Verjährung

Die Verfolgung unterliegt der Verjährung. Deren Dauer und Beginn richten sich nach der Schwere der Tat und den jeweiligen Umständen, insbesondere dem Zeitpunkt der Tatvollendung und etwaigen Unterbrechungshandlungen der Strafverfolgungsbehörden.

Besonderheiten in der Praxis

Typische Fallkonstellationen

Häufige Fälle betreffen den Handel mit unversteuerten Tabakwaren, Alkohol oder Energieerzeugnissen. Ebenso relevant sind Konstellationen, in denen Waren unter Umgehung von Einfuhrabgaben in den Wirtschaftskreislauf gelangen. Charakteristisch ist ein Vertriebsnetz, das die Waren beschafft, lagert, transportiert und in den Markt bringt.

Beweisfragen

Entscheidend ist regelmäßig die Feststellung der Vortat, der Herkunft der Ware und der Kenntnis der Beteiligten. Indizien können ungewöhnlich niedrige Preise, fehlende oder unplausible Herkunftsnachweise, manipulierte Kennzeichnungen oder unübliche Vertriebswege sein.

Internationale Bezüge und grenzüberschreitende Sachverhalte

Steuerhehlerei weist häufig Auslandsbezüge auf, etwa bei Einfuhren aus Drittstaaten oder innergemeinschaftlichen Warenverkehren. Relevant sind dann Zuständigkeits- und Anwendungsfragen des nationalen Rechts, der Unionsvorschriften sowie möglicher Rechtshilfe. Maßgeblich ist, ob ein Bezug zum nationalen Abgabenaufkommen besteht und ob die Tathandlungen im Inland oder mit Inlandswirkung erfolgen.

Häufig gestellte Fragen

Was versteht man unter Steuerhehlerei?

Steuerhehlerei ist das strafbare Handeln mit Waren, auf denen zuvor durch eine andere Person Verbrauchsteuern oder Zölle verkürzt wurden. Erfasst sind insbesondere das Beschaffen, Lagern, Befördern, Weiterverkaufen oder Unterstützen des Absatzes solcher Waren.

Welche Waren sind typischerweise betroffen?

Betroffen sind vor allem verbrauchsteuerpflichtige Waren wie Tabak, Alkohol, Kaffee und Energieerzeugnisse sowie Waren, bei denen Einfuhrabgaben umgangen wurden. Maßgeblich ist, dass auf den konkreten Waren Abgaben unrechtmäßig erspart wurden.

Worin liegt der Unterschied zur Steuerhinterziehung?

Steuerhinterziehung verkürzt unmittelbar Steuern. Steuerhehlerei setzt demgegenüber später an: Sie verwertet den Vorteil aus einer bereits begangenen Steuerverkürzung durch eine andere Person, indem die betreffenden Waren in Verkehr gebracht oder gehandhabt werden.

Ist bereits der bloße Besitz unversteuerter Waren strafbar?

Maßgeblich ist nicht der bloße Besitz als solcher, sondern ob Tathandlungen wie Sich-Verschaffen, Lagern, Befördern, Veräußern oder Absatzhilfe vorliegen und ob Kenntnis von der steuerwidrigen Herkunft besteht. Die rechtliche Bewertung hängt vom konkreten Verhalten und den Umständen ab.

Welcher Vorsatz ist erforderlich?

Erforderlich ist Wissen oder zumindest Billigung der Tatsache, dass auf den Waren Abgaben verkürzt wurden. Es genügt, wenn die handelnde Person die Umstände erkennt oder es ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet.

Welche Rechtsfolgen drohen bei Steuerhehlerei?

In Betracht kommen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe. Außerdem können die betroffenen Waren und Erlöse eingezogen werden. Das konkrete Ausmaß richtet sich nach Schwere, Umfang und Tatbeitrag.

Spielt ein grenzüberschreitender Bezug eine Rolle?

Ja. Gerade bei Einfuhren oder Transitvorgängen ist entscheidend, ob nationale Abgaben betroffen sind und Tathandlungen im Inland oder mit Inlandswirkung stattfinden. Internationale Zusammenarbeit kann die Verfolgung unterstützen.