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Steuergefährdung

Steuergefährdung: Bedeutung, Einordnung und rechtliche Folgen

Steuergefährdung bezeichnet Handlungen oder Unterlassungen, die die ordnungsgemäße Erhebung von Steuern in Gefahr bringen. Im Unterschied zu einer vollendeten Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung muss bei der Steuergefährdung kein tatsächlicher Steuerausfall eingetreten sein. Ausreichend ist, dass eine konkrete Gefahr geschaffen wird, die die richtige Festsetzung oder Erhebung von Steuern erschwert, verzögert oder vereiteln kann.

Schutzzweck

Geschützt wird die Funktionsfähigkeit der Steuererhebung. Der Staat soll Steuern vollständig und korrekt festsetzen und einziehen können. Steuergefährdendes Verhalten unterläuft diesen Schutz, indem es Kontrollen, Nachvollziehbarkeit und Transparenz der steuerlich relevanten Vorgänge beeinträchtigt.

Kernaussage

Steuergefährdung ist bereits dann gegeben, wenn Handlungen geeignet sind, die Steuererhebung zu beeinträchtigen. Ein nachweisbarer finanzieller Schaden ist dafür nicht erforderlich. Die Rechtsordnung sanktioniert solche Risiken als Ordnungswidrigkeit, um die Integrität des Steuerverfahrens zu sichern.

Rechtliche Einordnung

Deliktstyp

Steuergefährdung ist eine steuerrechtliche Ordnungswidrigkeit. Sie ergänzt die Vorschriften zur Steuerhinterziehung (vorsätzlich) und zur leichtfertigen Steuerverkürzung (grob fahrlässig), indem sie bereits die Gefährdung der Steuererhebung erfasst.

Verschuldensformen

Erfasst werden in der Regel vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Häufig ist zumindest grobe Fahrlässigkeit erforderlich. Maßgeblich ist, ob die handelnde Person die Gefahr erkennen konnte und dennoch gehandelt oder Pflichten missachtet hat.

Typische Tatobjekte

Steuergefährdung betrifft vor allem:

  • Belege, Rechnungen und sonstige Nachweise mit steuerlich relevanten Angaben,
  • gesetzlich vorgeschriebene Aufzeichnungen und Bücher,
  • Waren und Warenbewegungen, insbesondere bei Verbrauchsteuern,
  • Mitwirkung bei steuerlichen Kontrollen und Sicherungsmaßnahmen.

Tatbestandsmerkmale in der Übersicht

Objektiver Tatbestand

  • Unrichtige, unvollständige oder irreführende Belege: etwa das Ausstellen oder Verwenden von Unterlagen mit falschen steuerlich relevanten Angaben, die zur unzutreffenden Steuerfestsetzung führen können.
  • Verstöße gegen Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- oder Dokumentationspflichten: insbesondere wenn dadurch die Nachprüfbarkeit von Geschäftsvorfällen wesentlich erschwert wird.
  • Pflichtverstöße bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren: etwa fehlende Begleitdokumente, unzulässige Warenbewegungen oder Verstöße gegen Kennzeichnungs- und Sicherungspflichten, die Kontrollen vereiteln.
  • Beeinträchtigung behördlicher Kontrollmaßnahmen: etwa Verhalten, das Prüfungen, Nachschauen oder Beschauhandlungen vereitelt oder wesentlich erschwert.

Subjektiver Tatbestand

Vorausgesetzt wird je nach Fall Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Entscheidend ist, ob die Person die Gefährdung erkennt oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen können. Ausreichend ist regelmäßig die Eignung der Handlung, eine Gefahrenlage für die Steuererhebung zu schaffen.

Gefahr statt Erfolg

Ein vollendeter Steuerausfall ist nicht erforderlich. Es genügt, dass ein steuerlich relevanter Vorgang intransparent wird, Kontrollmöglichkeiten beeinträchtigt werden oder eine Grundlage für unzutreffende Festsetzungen geschaffen wird.

Abgrenzung zu anderen Steuerverstößen

  • Steuerhinterziehung: setzt eine vorsätzliche unrichtige oder unvollständige Erklärung oder pflichtwidrige Unterlassung voraus, die zu einer Steuerverkürzung führt. Sie ist strafbar.
  • Leichtfertige Steuerverkürzung: erfasst grob fahrlässige Verkürzungen ohne Vorsatz. Sie ist eine Ordnungswidrigkeit, erfordert aber eine eingetretene Verkürzung.
  • Steuergefährdung: greift vor und sanktioniert bereits die Schaffung einer Gefahrenlage. Eine Verkürzung muss nicht eingetreten sein.
  • Reine Formalverstöße: bloß geringfügige oder rein formale Pflichtverletzungen ohne Gefährdungspotential fallen nicht darunter.

Rechtsfolgen

Bußgeld

Steuergefährdung kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Die Höhe richtet sich nach Schwere und Dauer des Verstoßes, dem Ausmaß der Gefährdung, dem Verhalten der betroffenen Person sowie den wirtschaftlichen Verhältnissen.

Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile

Vermögensvorteile, die durch steuergefährdendes Verhalten erlangt werden, können eingezogen werden. Ziel ist die Neutralisierung unrechtmäßiger Vorteile.

Folgen für Unternehmen

Bei Verstößen im Unternehmenskontext können Geldbußen gegen das Unternehmen verhängt werden. Maßgeblich ist insbesondere, ob Leitungspersonen beteiligt waren oder Aufsichtspflichten verletzt wurden.

Weitere Konsequenzen

Unabhängig vom Bußgeld bleiben steuerliche Festsetzungen, Nachforderungen oder Sicherungsmaßnahmen unberührt. In Einzelfällen können sich Auswirkungen in anderen Rechtsbereichen ergeben, etwa im Gewerberecht.

Typische Konstellationen

  • Ausstellen oder Verwenden von Rechnungen oder Belegen mit unrichtigen steuerlich relevanten Angaben.
  • Führen unvollständiger oder manipulationsanfälliger Kassenaufzeichnungen, die die Nachprüfbarkeit wesentlich beeinträchtigen.
  • Nichtbeachtung von Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungspflichten, die die steuerliche Kontrolle erschwert.
  • Bewegung verbrauchsteuerpflichtiger Waren ohne erforderliche Begleit- oder Nachweisdokumente.
  • Verhalten, das angeordnete steuerliche Kontrollhandlungen behindert oder vereitelt.

Verfahren und Durchsetzung

Einleitung und Ermittlungen

Ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Steuergefährdung kann sich aus Prüfungen, Nachschauen, Kontrollmitteilungen, Zollkontrollen oder sonstigen Feststellungen ergeben. Die zuständigen Behörden ermitteln den Sachverhalt, sichern Unterlagen und werten Daten aus.

Anhörung und Bußgeldbescheid

Vor einer Ahndung erfolgt regelmäßig eine Anhörung. Ergibt die Prüfung einen tatbestandsmäßigen Verstoß, kann ein Bußgeldbescheid ergehen. Dagegen stehen Rechtsbehelfe zur Verfügung.

Beweisfragen

Beweise können sich aus Belegen, Buchführungsunterlagen, Kassendaten, Warenbegleitpapieren, Zeugenaussagen und behördlichen Feststellungen ergeben. Maßgeblich ist, ob die festgestellten Umstände die Eignung zur Gefährdung der Steuererhebung erkennen lassen.

Verjährung

Die Verfolgung der Steuergefährdung unterliegt gesetzlichen Fristen. Fristbeginn und -dauer hängen von Art und Verlauf des Verstoßes ab und können durch verfahrensrechtliche Schritte beeinflusst werden.

Besonderheiten im Bereich der Verbrauchsteuern und des grenzüberschreitenden Warenverkehrs

Bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren (etwa Energieerzeugnisse, Alkohol, Tabak) bestehen besondere Dokumentations-, Kennzeichnungs- und Sicherungspflichten. Verstöße können die Nachverfolgung von Warenströmen verhindern und gelten typischerweise als steuergefährdend. Im grenzüberschreitenden Verkehr kommt es auf die Einhaltung der vorgesehenen Begleitdokumente und Kontrollmechanismen an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Steuergefährdung

Was versteht man unter Steuergefährdung?

Steuergefährdung liegt vor, wenn Handlungen oder Unterlassungen die korrekte Festsetzung oder Erhebung von Steuern in Gefahr bringen. Es genügt, dass die Handlung geeignet ist, die Steuererhebung zu beeinträchtigen; ein tatsächlicher Steuerausfall muss nicht eingetreten sein.

Worin liegt der Unterschied zur Steuerhinterziehung?

Steuerhinterziehung setzt eine vorsätzliche falsche oder unvollständige Mitteilung oder pflichtwidrige Unterlassung voraus, die zu einer Steuerverkürzung führt. Steuergefährdung erfasst bereits die Schaffung einer Gefahrenlage und ist als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet.

Welche typischen Verhaltensweisen gelten als steuergefährdend?

Dazu zählen das Ausstellen oder Verwenden unrichtiger Belege, erhebliche Verstöße gegen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, die Beeinträchtigung von Kontrollmaßnahmen sowie Pflichtverletzungen bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren und deren Bewegung.

Welche Sanktionen drohen bei Steuergefährdung?

Vorgesehen sind Geldbußen. Zusätzlich können wirtschaftliche Vorteile eingezogen werden. Unabhängig davon bleiben steuerliche Festsetzungen und Nachforderungen unberührt.

Reicht Fahrlässigkeit für eine Ahndung aus?

Je nach Konstellation genügt fahrlässiges Verhalten, häufig wird grobe Fahrlässigkeit verlangt. Entscheidend ist, ob die Gefahr bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt erkennbar gewesen wäre.

Kann auch ein Unternehmen für Steuergefährdung belangt werden?

Ja. Bei Verstößen im Unternehmensbereich können Geldbußen gegen das Unternehmen verhängt werden, insbesondere wenn Leitungspersonen beteiligt sind oder Überwachungspflichten verletzt wurden.

Welche Rolle spielen Belege und Aufzeichnungen?

Belege und ordnungsgemäße Aufzeichnungen sind zentrale Grundlagen der Steuererhebung. Unrichtige, unvollständige oder fehlende Unterlagen können die Nachprüfbarkeit beeinträchtigen und eine Steuergefährdung begründen.

Ist ein eingetretener Steuerschaden Voraussetzung?

Nein. Für die Steuergefährdung genügt die Eignung der Handlung, die Steuererhebung zu gefährden. Ein konkreter finanzieller Schaden ist nicht erforderlich.