Begriff und rechtliche Einordnung des Steuerbevollmächtigten
Definition
Ein Steuerbevollmächtigter ist eine nach deutschem Recht staatlich anerkannte und öffentlich bestellte Person, die berechtigt ist, auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen tätig zu werden. Der Beruf gehört zu den klassischen Steuerberatungsberufen, neben dem Steuerberater und der Steuerberatungsgesellschaft. Die Rechtsgrundlage für die Tätigkeit des Steuerbevollmächtigten bildet insbesondere das Steuerberatungsgesetz (StBerG).
Historischer Hintergrund
Die Position des Steuerbevollmächtigten geht auf die Wiederaufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Ziel war es, Lücken im Bereich der steuerlichen Beratung zu schließen, insbesondere angesichts des damaligen Mangels an qualifizierten Steuerberatern. Im Zuge der weiteren Professionalisierung und Harmonisierung des Berufsrechts im steuerberatenden Bereich wurden die Zugangsregelungen zum Beruf des Steuerbevollmächtigten sukzessive eingeschränkt.
Ab 1972 war eine Neuordnung der Berufsbilder vorgesehen. Mit Inkrafttreten des Steuerberatungsgesetzes von 1972 wurde die Neuzulassung zum Steuerbevollmächtigten eingestellt, sodass seither keine neuen Steuerbevollmächtigten mehr bestellt werden. Bereits zugelassene Steuerbevollmächtigte durften jedoch weiterhin tätig sein.
Rechtliche Grundlagen
Steuerberatungsgesetz (StBerG)
Das Steuerberatungsgesetz regelt das Berufsrecht der steuerberatenden Berufe in Deutschland. Wesentliche Bestimmungen für Steuerbevollmächtigte finden sich in folgenden Vorschriften:
- Zulassungsregelungen: Neue Bestellungen sind nach aktueller Rechtslage nicht mehr möglich (§ 161 StBerG). Bereits bestellte Steuerbevollmächtigte behalten jedoch ihre Rechte und Pflichten.
- Berufsausübung: Steuerbevollmächtigte sind zur eigenständigen Hilfeleistung in Steuersachen berechtigt (§ 3 StBerG).
- Pflichten und Rechte: Es bestehen Vergleichbarkeiten zum Steuerberater hinsichtlich Verschwiegenheitspflicht, Eigenverantwortlichkeit, Fortbildungspflicht und Wahrnehmung eigener Mandate.
Übergangsbestimmungen
Steuerbevollmächtigte gehören zu den sogenannten Altberufsträgern. Die entsprechenden Übergangsvorschriften gewährleisten Bestandsschutz für jene, die vor Inkrafttreten des neuen Steuerberatungsgesetzes die Berufsbezeichnung führen durften (§ 161 StBerG).
Aufgaben und Tätigkeitsbereiche des Steuerbevollmächtigten
Umfang der Berufsausübung
Steuerbevollmächtigte sind befugt, in nahezu allen Fragen rund um das Steuerrecht beratend und vertretend tätig zu sein. Zu den typischen Aufgaben gehören unter anderem:
- Erstellung von Steuererklärungen für Privatpersonen und Unternehmen
- Laufende Buchführung und Erstellung von Jahresabschlüssen
- Vertretung vor Finanzbehörden und Finanzgerichten
- Beratung in steuerrechtlichen Einzelfragen
- Vertretung im Rahmen von Rechtsbehelfen (Einspruchs- und Klageverfahren)
Abgrenzung zu anderen steuerberatenden Berufen
Obwohl die Rechte des Steuerbevollmächtigten nahezu identisch mit denen des Steuerberaters sind, ist die Anzahl der beruflich aktiven Steuerbevollmächtigten seit Jahrzehnten rückläufig, da keine Neuzulassungen mehr erfolgen. Im praktischen Berufsalltag bestehen keine Unterschiede hinsichtlich der Zulassung zur steuerlichen Vertretung.
Bestellung, Fortführung und Erlöschen der Bestellung
Bestellungsverfahren (bis 1972)
Die Bestellung erfolgte nach bestandener Steuerbevollmächtigtenprüfung und dem Nachweis einer mehrjährigen praktischen Tätigkeit im steuerlichen Bereich. Die Bestellung wurde von der zuständigen Steuerberaterkammer ausgesprochen.
Fortbestand der Bestellung
Die Bestellung als Steuerbevollmächtigter bleibt grundsätzlich lebenslang bestehen, es sei denn, sie erlischt durch:
- Tod des Berufsträgers
- Verzicht auf die Bestellung
- Rücknahme oder Widerruf der Bestellung, etwa bei Unzuverlässigkeit oder schweren Berufsverstößen
Nachfolgeregelungen und Berufsbezeichnungen
Wird eine Bestellung aufgehoben oder erlischt diese, darf die Berufsbezeichnung nicht weitergeführt werden. Eine Übertragung des Titels ist ausgeschlossen.
Pflichten und Berufsrecht des Steuerbevollmächtigten
Verschwiegenheit und Unabhängigkeit
Steuerbevollmächtigte unterliegen der Verschwiegenheitspflicht nach § 203 StGB sowie der berufsrechtlichen Verpflichtung zur Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Auch in Interessenkonfliktfällen gelten strenge Schutznormen.
Fortbildungspflicht
Um die Qualität der Berufsausübung sicherzustellen, besteht die Verpflichtung zu regelmäßiger fachlicher Fortbildung.
Haftung und Versicherung
Wie andere steuerberatende Berufe unterliegt der Steuerbevollmächtigte der zivilrechtlichen Haftung gegenüber seinen Mandanten. Häufig besteht eine Pflicht zur Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung.
Stand und Entwicklung in Deutschland
Statistik und Bedeutung
Die Zahl der steuerbevollmächtigten Berufsträger in Deutschland ist seit Jahrzehnten rückläufig. Nach aktuellen Angaben sind noch einige Hundert Steuerbevollmächtigte aktiv, die vor der gesetzlichen Reform zugelassen wurden.
Perspektive und Zukunft
Neuaufnahmen in den Beruf des Steuerbevollmächtigten erfolgen nicht mehr. Die Berufsgruppe gilt als auslaufendes Modell. Die Aufgabenbereiche werden fortlaufend von Steuerberatern und Steuerberatungsgesellschaften übernommen.
Zusammenfassung
Der Steuerbevollmächtigte ist ein traditionsreicher steuerberatender Beruf, dessen rechtliche Grundlage im Steuerberatungsgesetz geregelt ist. Auch wenn heute keine neuen Steuerbevollmächtigten mehr bestellt werden, kommt den bereits zugelassenen Berufsträgern bis zu deren Ausscheiden ein umfassendes Mandat im Bereich der steuerlichen Vertretung zu. Inhaltlich und rechtlich ist die Tätigkeit eng an das Berufsbild des Steuerberaters angelehnt, insbesondere hinsichtlich der Befugnisse, Pflichten und dem Berufsrecht. Die Berufsbezeichnung ist geschützt und darf nur von den verbleibenden, wirksam bestellten Steuerbevollmächtigten geführt werden. In absehbarer Zeit wird die Berufsgruppe mangels Nachfolger aus dem berufsrechtlichen Kanon der steuerberatenden Berufe verschwinden.
Häufig gestellte Fragen
Welche Tätigkeiten darf ein Steuerbevollmächtigter nach dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) ausüben?
Ein Steuerbevollmächtigter ist berechtigt, im Rahmen der Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) bestimmte Tätigkeiten vorzunehmen, die im Gesetz ausdrücklich geregelt sind. Dazu gehören insbesondere die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen für Dritte, die Vertretung und Unterstützung gegenüber Finanzbehörden und Finanzgerichten sowie die Erstellung von Steuererklärungen und die Durchführung von Buchführungsarbeiten. Die Befugnisse eines Steuerbevollmächtigten sind jedoch hinsichtlich bestimmter Tätigkeiten – insbesondere bei wirtschaftlicher Beratung außerhalb des Steuerrechts – eingeschränkt, was bedeutet, dass sie keine umfassende rechtliche oder wirtschaftliche Beratung außerhalb des Steuerrechts vornehmen dürfen. Im Vergleich zu Steuerberatern sind Steuerbevollmächtigte innerhalb des § 3 StBerG in ihren Kompetenzen weitgehend gleichgestellt, was die Vertretung ihrer Mandanten in Steuerangelegenheiten betrifft.
Welche Voraussetzungen müssen für die Bestellung zum Steuerbevollmächtigten erfüllt werden?
Die Bestellung zum Steuerbevollmächtigten erfolgt auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen durch die zuständige Steuerberaterkammer. Voraussetzung ist das Bestehen einer besonderen Prüfung, die sogenannte Steuerbevollmächtigtenprüfung. Die Prüfung erfordert umfassende Kenntnisse des deutschen Steuerrechts und zugehöriger Nebengesetze. Weiterhin müssen Bewerber ihre persönliche Eignung und Zuverlässigkeit nachweisen, was im Rahmen eines Führungszeugnisses, einer Prüfung der geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse und einer Abfrage von Vorstrafen erfolgt. Eine akademische Ausbildung ist im Gegensatz zu Steuerberatern nicht zwingend erforderlich, allerdings sind langjährige Praxiserfahrung sowie berufsspezifische Kenntnisse unabdingbar. Die Bestellung erfolgt auf Antrag und setzt die Einhaltung der beruflichen Pflichten gemäß StBerG voraus.
Welche berufsrechtlichen Pflichten treffen einen Steuerbevollmächtigten?
Steuerbevollmächtigte unterliegen umfangreichen berufsrechtlichen Pflichten, die im Steuerberatungsgesetz und in der Berufsordnung für Steuerberater geregelt sind. Zu diesen Pflichten zählen insbesondere die Unabhängigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Verschwiegenheit sowie die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung. Es besteht die Verpflichtung zur stetigen Fortbildung, damit sie die steuerrechtliche Beratung stets auf aktuellem Wissensstand durchführen können. Zudem sind sie verpflichtet, berufliche Fehlverhalten, Interessenkollisionen und unerlaubte Werbung zu vermeiden. Verstöße gegen die Berufspflichten können berufsrechtlich mit Disziplinarmaßnahmen durch die Steuerberaterkammer geahndet werden, bis hin zum Widerruf der Bestellung.
Inwieweit haftet ein Steuerbevollmächtigter für Fehler in der Beratung?
Ein Steuerbevollmächtigter haftet zivilrechtlich für Schäden, die Mandanten aus schuldhaften oder fahrlässigen Pflichtverletzungen im Rahmen der steuerlichen Beratung entstehen. Die Haftung umfasst die vollständige Kompensation des eingetretenen Schadens, wobei insbesondere Fristversäumnisse, fehlerhafte Steuererklärungen und falsche steuerliche Auskünfte relevant sein können. Zudem ist es nach § 67a StBerG verpflichtend, eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer ausreichenden Deckungssumme abzuschließen, um eventuelle Schadensersatzansprüche abzusichern. Neben der zivilrechtlichen Haftung können bei schwerwiegenden Pflichtverstößen auch berufsrechtliche oder strafrechtliche Konsequenzen drohen.
Welche Unterscheidung besteht zwischen Steuerbevollmächtigten und Steuerberatern?
Obwohl die Tätigkeiten im praktischen Alltag häufig ähnlich erscheinen, gibt es rechtliche Unterschiede zwischen Steuerbevollmächtigten und Steuerberatern. Die wesentlichen Unterschiede liegen in den Zugangsvoraussetzungen und der Qualifikation, da Steuerberater in der Regel ein Hochschulstudium vorweisen müssen, während Steuerbevollmächtigte nach einem langen Praxiszeitraum und dem Ablegen einer speziellen Prüfung zugelassen werden. Berufsrechtlich sind Steuerbevollmächtigte und Steuerberater hinsichtlich der Befugnisse im Bereich der steuerlichen Vertretung und Beratung im Wesentlichen gleichgestellt. Allerdings werden heute keine neuen Steuerbevollmächtigten mehr bestellt, sodass diese Berufsgruppe immer kleiner wird.
Welche Befugnisse hat ein Steuerbevollmächtigter vor Finanzgerichten?
Ein Steuerbevollmächtigter ist gem. § 3 StBerG berechtigt, Mandanten vor den Finanzgerichten zu vertreten; dies gilt sowohl für das außergerichtliche Verfahren der Einspruchsverfahren als auch für das gerichtliche Verfahren vor Finanzgerichten und dem Bundesfinanzhof. Die Vertretungskompetenz betrifft dabei sämtliche Prozesshandlungen, einschließlich der Einlegung von Rechtsmitteln, der Prozessführung und dem Abschluss von Vergleichen. Eine Einschränkung der Vertretungsbefugnis besteht lediglich insoweit, als in anderen Rechtsgebieten (z.B. Sozialrecht, Zivilrecht) eine gesonderte Zulassung erforderlich wäre, welche Steuerbevollmächtigte nicht innehaben.
In welchem Umfang unterliegt ein Steuerbevollmächtigter der Aufsicht und Kontrolle durch die Steuerberaterkammer?
Die Steuerberaterkammern üben die Berufsaufsicht über die Steuerbevollmächtigten aus. Die Überwachung bezieht sich auf die Einhaltung berufsrechtlicher Vorgaben, die ordnungsgemäße Berufsausübung und die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Steuerberatung. Die Kammer ist befugt, im Verdachtsfall Untersuchungen einzuleiten, Disziplinarmaßnahmen zu verhängen und die Einhaltung der Fortbildungspflicht zu überprüfen. Im Falle von erheblichen Pflichtverletzungen kann die Kammer den Widerruf der Bestellung beantragen oder durchsetzen. Steuerbevollmächtigte sind verpflichtet, der Kammer auf Verlangen Auskünfte zu erteilen und Nachweise über die Berufsausübung vorzulegen.