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Steuerarten


Begriff und Einteilung der Steuerarten

Das deutsche Steuerrecht unterscheidet verschiedene Steuerarten, die sich nach rechtlichen, wirtschaftlichen und verwaltungstechnischen Kriterien differenzieren lassen. Unter Steuerarten versteht man die verschiedenen Ausprägungen und Erscheinungsformen von Steuern, die gemäß § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) als Geldleistungen definiert sind, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft. Die genaue Unterteilung und systematische Einordnung der Steuerarten ist für die rechtswissenschaftliche Praxis, die Verwaltung und die Steuerpflichtigen von zentraler Bedeutung.

Systematik der Steuerarten im deutschen Recht

Die Kategorisierung der Steuerarten im deutschen Steuerrecht erfolgt in der Regel nach den folgenden Kriterien:

1. Ertragshoheitlich-organisatorische Einteilung

  • Bundessteuern: Allein dem Bund zustehende Steuern, wie beispielsweise Energiesteuer, Kfz-Steuer und Versicherungssteuer (§ 106 GG).
  • Landessteuern: Steuern, deren Aufkommen ausschließlich den Bundesländern zufällt, z. B. Grunderwerbsteuer, Erbschaftsteuer und Biersteuer (§ 106 GG).
  • Gemeindesteuern: Steuern, deren Ertrag den Gemeinden zufließt, etwa Grundsteuer und Gewerbesteuer (§ 106 GG).
  • Gemeinschaftlichen Steuern: Steuern, an deren Ertrag Bund und Länder gemeinsam partizipieren, insbesondere Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer (§ 106, 107 GG).

2. Steuergegenstandskraft (Steuerobjektbezogene Einteilung)

  • Personensteuern: Steuern, die an die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen anknüpfen, wie etwa Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer.
  • Sachsteuern: Steuern, die auf bestimmte Sachen oder wirtschaftliche Vorgänge erhoben werden, zum Beispiel Grundsteuer oder Erbschaftsteuer.
  • Verkehrsteuern: Steuern auf bestimmte Rechts- und wirtschaftliche Verkehrsvorgänge, etwa Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer oder Versicherungssteuer.
  • Zölle: Abgaben auf die Ein- oder Ausfuhr von Waren gemäß Zollkodex der Union.

3. Überwälzbarkeit

  • Direkte Steuern: Steuern, bei denen der Steuerschuldner und der wirtschaftlich Belastete identisch sind, z. B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer.
  • Indirekte Steuern: Steuern, bei denen der Steuerschuldner die Steuer wirtschaftlich auf Dritte überwälzt, z. B. Umsatzsteuer, Tabaksteuer und Mineralölsteuer.

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Das Steuerwesen ist im Grundgesetz (GG) in den Artikeln 104a bis 108 geregelt. Insbesondere Art. 105 GG bestimmt die Gesetzgebungskompetenz für die Steuern und unterscheidet zwischen ausschließlicher Gesetzgebung für den Bund, Länder sowie der konkurrierenden Gesetzgebung. Die Aufteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist ebenfalls grundgesetzlich festgelegt und in den Einzelgesetzen (z. B. Finanzverwaltungsgesetz, Finanzausgleichsgesetz) ausgestaltet.

Bedeutung und Funktion der Steuerarten

Steuern dienen vorrangig der Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs (fiskalische Funktion). Darüber hinaus erfüllen sie auch wirtschafts- und sozialpolitische Lenkungsfunktionen (Lenkungsfunktion, Umverteilungsfunktion). Die Zuordnung zu bestimmten Steuerarten hat erhebliche Auswirkungen auf deren Erhebung, Verwaltung und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen.

Überblick der wichtigsten Steuerarten im deutschen Steuerrecht

Einkommensteuer

Die Einkommensteuer ist die bedeutendste Personensteuer, die auf das Einkommen natürlicher Personen erhoben wird (§ 1 EStG). Sie erfasst die Summe der Einkünfte aus den in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten. Bemessungsgrundlage ist das zu versteuernde Einkommen, wobei zahlreiche Sonderregelungen (z. B. Freibeträge, Progression, Splittingtarif) Anwendung finden.

Körperschaftsteuer

Die Körperschaftsteuer ist die Einkommensteuer für juristische Personen (§ 1 KStG). Bemessungsgrundlage ist das zu versteuernde Einkommen der Kapitalgesellschaften. Sie ergänzt die Einkommensteuer hinsichtlich der Besteuerung von Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit.

Umsatzsteuer

Die Umsatzsteuer ist die wichtigste indirekte Steuer und umfasst sämtliche Lieferungen und sonstige Leistungen eines Unternehmers im Inland gegen Entgelt (§§ 1 ff. UStG). Die Umsatzsteuer ist als Mehrwertsteuer ausgestaltet und wird in der Regel vom Endverbraucher getragen.

Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer ist eine Realsteuer (§ 3 Abs. 2 AO i. V. m. § 1 GewStG), die auf die objektivierte Ertragskraft von Gewerbebetrieben erhoben wird. Sie ist eine bedeutende Einnahmequelle der Gemeinden und unterliegt besonderen Regelungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs.

Grundsteuer

Die Grundsteuer wird auf das Eigentum an Grundstücken erhoben (§ 1 GrStG). Sie stellt eine Realsteuer dar und stellt, abgesehen von der Gewerbesteuer, eine der wichtigsten steuerlichen Einnahmequellen der Gemeinden dar. Die Grundsteuerreform hat grundlegende Änderungen im Bewertungsrecht eingeführt.

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Diese Steuerarten erfassen unentgeltliche Vermögensübertragungen unter Lebenden (Schenkung) oder von Todes wegen (Erbschaft) (§§ 1 ff. ErbStG). Ihr Zweck ist sowohl fiskalischer als auch umverteilender Natur. Die rechtlichen Grundlagen und Freibeträge sind im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz geregelt.

Verkehrsteuern

Verkehrsteuern, wie die Grunderwerbsteuer und die Versicherungssteuer, erfassen bestimmte wirtschaftliche Transaktionen bzw. Rechtserwerbe. Sie knüpfen regelmäßig an Rechts- und Wirtschaftsakte an (vgl. § 1 GrEStG; § 1 VersStG).

Verbrauchsteuern

Verbrauchsteuern werden auf den Verbrauch oder Gebrauch bestimmter Waren erhoben, z. B. Tabaksteuer, Energiesteuer, Alkoholsteuer. Sie sind typischerweise indirekte Steuern und unterliegen spezialgesetzlichen Regelungen.

Steuerarten im Internationalen Steuerrecht

Auch im internationalen Kontext erfolgt eine Unterteilung in Steuerarten. Aufgrund der zunehmenden Globalisierung und der Verflechtung der Märkte spielt die Zuordnung und Abgrenzung nationaler Steuerarten (z. B. Quellensteuer, Kapitalertragsteuer) zu vergleichbaren ausländischen Steuerarten eine bedeutende Rolle, insbesondere für Fragen der Doppelbesteuerung, der Steuerharmonisierung innerhalb der Europäischen Union und bei der Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen.

Verwaltung und Erhebung der Steuerarten

Die Verwaltung und Erhebung von Steuern ist im Steuerverwaltungsgesetz (FVG) geregelt. Das Gesetz unterscheidet zwischen der unmittelbaren Landesfinanzverwaltung, der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit verschiedener Behörden und setzt spezifische Vorschriften für die Erhebung, Festsetzung und Eintreibung der jeweiligen Steuerarten.

Rechtsmittel und Rechtsschutz bei steuerlichen Einteilungen

Die Einordnung bestimmter Abgaben als Steuer bzw. welcher Steuerart sie zuzuordnen sind, kann im Einzelfall bedeutsam für die Anwendung steuerlicher Vorschriften sein. Gegen Verwaltungsakte im Steuerrecht stehen dem Steuerpflichtigen die Rechte auf Einspruch und Klage zum Finanzgericht offen (vgl. §§ 347 ff. AO). Die Abgrenzungskriterien (z. B. Steuer oder Gebühr, direkte oder indirekte Steuer) werden in der Rechtsprechung regelmäßig überprüft und präzisiert.

Steuerarten: Schlussbetrachtung

Die Einteilung und Definition der Steuerarten ist ein zentrales Element des deutschen Steuerrechts, das Auswirkungen auf Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsschutz entfaltet. Sie schafft die Grundlage für die Verteilung der Steuererträge, die Ausgestaltung der jeweiligen Steuergesetze und die Anwendung steuerlicher Pflichten und Rechte. Die Klassifizierung folgt strikt den gesetzlichen Vorgaben und dient der Rechtssicherheit und Transparenz im Steuerwesen. Das Verständnis der verschiedenen Steuerarten ist unerlässlich für die rechtskonforme Erfüllung steuerlicher Pflichten und eine sachgerechte Beurteilung steuerlicher Sachverhalte.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die wichtigsten Steuerarten in Deutschland?

Die rechtlichen Grundlagen für die wichtigsten Steuerarten in Deutschland ergeben sich aus einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen. Die Grundlage bildet stets das Grundgesetz, genauer Artikel 104a ff., welches die Finanzverfassung und den Steuererhebungsanspruch regelt. Darauf aufbauend sind zum Beispiel für die Einkommensteuer das Einkommensteuergesetz (EStG), für die Umsatzsteuer das Umsatzsteuergesetz (UStG), für die Körperschaftsteuer das Körperschaftsteuergesetz (KStG) und für die Gewerbesteuer das Gewerbesteuergesetz (GewStG) maßgeblich. Hinzu treten zahlreiche Durchführungsverordnungen, Verwaltungsvorschriften sowie Rechtsverordnungen, die die Anwendung der Gesetze konkretisieren. Die Ausführung und Erhebung der Steuern liegt in den meisten Fällen bei den Finanzbehörden der Länder, wobei der Bund für bestimmte Steuerarten (z.B. Versicherungsteuer, Kaffeesteuer) eigens zuständig ist. Neben diesen Vorschriften spielen auch das Bundesverfassungsgericht sowie Verwaltungsgerichte eine bedeutende Rolle bei der Auslegung und Fortentwicklung des Steuerrechts.

Inwiefern unterscheiden sich die gesetzlichen Voraussetzungen für direkte und indirekte Steuern?

Direkte und indirekte Steuern sind rechtlich durch ihre Erhebungs- und Zahlungspflichtigen definiert. Direkte Steuern, wie z.B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer oder Grundsteuer, werden unmittelbar beim Steuerschuldner – also bei der Person, die die Leistung erbringt – erhoben. Die rechtlichen Voraussetzungen zur Festsetzung dieser Steuern finden sich detailliert in den jeweiligen Steuergesetzen, die festlegen, wer zur Abgabe verpflichtet ist, wie die Bemessungsgrundlage ermittelt wird und welche Sonderregelungen (z.B. Freibeträge oder Pauschalen) angewandt werden müssen. Bei indirekten Steuern, wie etwa der Umsatzsteuer, wird die Steuer formal durch den Leistenden (z.B. Unternehmer) an das Finanzamt abgeführt, faktisch aber auf den Endverbraucher überwälzt. Rechtliche Besonderheiten ergeben sich insbesondere im Umsatzsteuergesetz und seinen Durchführungsverordnungen, beispielsweise hinsichtlich des Vorsteuerabzugs, der Steuerbefreiungen und der Regelungen zum innergemeinschaftlichen Handel. Die Ermittlung der Steuerschuld und der Besteuerungszeitpunkt sind bei indirekten Steuern oft mit speziellen Nachweispflichten und Meldeerfordernissen verbunden.

Welche Mitwirkungspflichten ergeben sich für Steuerpflichtige aus steuerrechtlicher Sicht?

Das Steuerrecht verpflichtet Steuerpflichtige zu umfassenden Mitwirkungspflichten, die sich insbesondere aus der Abgabenordnung (AO) sowie den jeweiligen Einzelsteuergesetzen ergeben. Dazu zählen die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Abgabe von Steuererklärungen, das Bereithalten, Aufbewahren und Vorlegen relevanter Unterlagen (wie Rechnungen, Buchführungsunterlagen oder Verträge) sowie die Beantwortung von Rückfragen der Finanzbehörden. Bei bestimmten Steuerarten gelten spezielle Regelungen, etwa die Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldung oder besonderer Nachweis- und Meldepflichten im internationalen Steuerrecht. Verletzungen dieser Pflichten können zu Schätzungen, Verspätungszuschlägen, Zwangsgeldern oder gar steuerstrafrechtlichen Konsequenzen führen. Die Mitwirkungspflichten sind das zentrale Element der Steuerfestsetzung nach dem Prinzip der Selbstveranlagung.

Inwieweit sind Steuerarten innerhalb der deutschen Rechtsordnung voneinander abgegrenzt?

Innerhalb der deutschen Rechtsordnung ist die Abgrenzung der Steuerarten von zentraler Bedeutung und erfolgt insbesondere anhand der inhaltlichen Ausgestaltung und dem jeweiligen Besteuerungstatbestand. Zum einen erfolgt die Einteilung nach der Ertragskompetenz (Steuern des Bundes, der Länder, der Gemeinden), zum anderen nach der Art der Besteuerung (z.B. Besitz-, Verkehrs- oder Verbrauchsteuern). Gesetzlich festgelegt ist auch, welche Tatbestände die jeweilige Steuerpflicht auslösen. So unterliegt der Erwerb von Einkommen der Einkommensteuer, die Ausübung eines Gewerbebetriebs der Gewerbesteuer, der Erwerb von Eigentum am Grundbesitz der Grunderwerbsteuer usw. Überschneidungen werden durch enge Tatbestandsvoraussetzungen, Regelungen zu Steuerbefreiungen und durch das sogenannte Doppelbesteuerungsverbot vermieden, welches die Mehrfachbelastung eines einzigen Lebenssachverhaltes mit gleich mehreren Steuerarten ausschließt, sofern keine gesetzliche Grundlage hierfür besteht.

Welche gesetzlichen Regelungen gelten bei Steuerstreitigkeiten bezüglich einzelner Steuerarten?

Die Behandlung von Steuerstreitigkeiten ist umfassend durch die Abgabenordnung und die Finanzgerichtsordnung (FGO) geregelt. Gegen Steuerbescheide und andere Verwaltungsakte der Finanzbehörden können Betroffene innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Einspruch erheben. Bleibt der Einspruch erfolglos, steht der Rechtsweg zu den Finanzgerichten offen. Die Einzelheiten des Verfahrens richten sich dabei nach der FGO, die unter anderem die Klagearten, die Befugnisse der Gerichte und den Ablauf des gerichtlichen Verfahrens regelt. Besondere Vorschriften gelten bei bestimmten Steuerarten, etwa aufgrund besonderer Erhebungs- oder Festsetzungsfristen. Neben dem allgemeinen Rechtsschutz sind insbesondere für große Steuerarten wie Einkommensteuer oder Umsatzsteuer zahlreiche Musterprozesse und Vorlageverfahren beim Bundesfinanzhof oder dem Europäischen Gerichtshof anhängig, in denen Grundsatzfragen geklärt werden.

Gibt es besondere Verjährungsfristen für die Festsetzung und Erhebung unterschiedlicher Steuerarten?

Für die Festsetzung und Erhebung von Steuern gelten je nach Steuerart und Sachverhalt unterschiedliche Verjährungsfristen, die insbesondere in der Abgabenordnung geregelt sind. Die reguläre Festsetzungsfrist für Steuern beträgt gemäß § 169 AO grundsätzlich vier Jahre. Bei leichtfertiger Steuerverkürzung beträgt sie fünf Jahre, bei Steuerhinterziehung zehn Jahre. Beginn und Ende der Fristen sind exakt gesetzlich normiert, können jedoch durch bestimmte Vorgänge (z.B. Einsprüche, Außenprüfungen) gehemmt oder unterbrochen werden. Die Zahlungsverjährung, also die Frist, nach deren Ablauf Steuerschulden nicht mehr beigetrieben werden können, beträgt gemäß § 228 AO in der Regel fünf Jahre. Für einige Steuerarten (wie Verbrauchsteuern) oder spezifische Sachverhalte gelten abweichende oder ergänzende Regelungen. Die Anwendung dieser Fristen unterliegt einer komplexen juristischen Auslegung und ist häufig Gegenstand von Streitigkeiten.