Legal Lexikon

Steuer


Begriff und Bedeutung der Steuer

Definition der Steuer

Steuern sind nach deutschem Recht Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs (auch zur Lenkung von wirtschaftlichen oder sozialen Prozessen) erhoben werden (§ 3 Abs. 1 AO – Abgabenordnung). Sie gehören als wichtigste Einnahmequelle des Staates neben Gebühren und Beiträgen zur Kategorie der öffentlichen Abgaben.

Abgrenzung zu anderen Abgaben

Steuern unterscheiden sich von Gebühren und Beiträgen:

  • Gebühren sind Entgelte für konkret-individuelle Leistungen der öffentlichen Hand (z. B. Verwaltungsgebühren).
  • Beiträge werden für die Möglichkeit der Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen oder besonderer Vorteile erhoben (z. B. Straßenbaubeiträge).
  • Steuern sind hingegen voraussetzungslos hinsichtlich des Nutzens: Ihre Entrichtung ist unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Zahlende eine konkrete Gegenleistung oder einen unmittelbaren Vorteil erhält.

Rechtsgrundlagen der Steuererhebung

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Die Kompetenz zur Erhebung von Steuern ergibt sich in Deutschland im Wesentlichen aus dem Grundgesetz (GG). Wesentliche Vorschriften sind:

  • Art. 104a-108 GG: Regelungen zur Verwaltung und Aufteilung des Steueraufkommens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.
  • Art. 105 GG: Steuerhoheit, Zuweisung der Gesetzgebungskompetenzen.
  • Art. 106 GG: Regelt die Verteilung des Steueraufkommens.

Das Legalitätsprinzip (Bestimmtheitsgrundsatz) verpflichtet den Gesetzgeber, Regelungsvorbehalte und Tatbestände sowie die Höhe der Steuer in hinreichender Bestimmtheit festzulegen (Art. 20 Abs. 3 GG).

Einfachgesetzliche Regelungen

Das Steuerrecht ist überwiegend in Bundesgesetzen geregelt. Zentrale Normen sind:

  • Abgabenordnung (AO)
  • Einzelsteuergesetze, etwa das Einkommensteuergesetz (EStG), Umsatzsteuergesetz (UStG), Körperschaftsteuergesetz (KStG) und weitere.

Diese Rechtsgrundlagen regeln sowohl die Erhebung als auch die Verwaltung der Steuern und ordnen das Verfahren einschließlich Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörden.

Arten von Steuern

Unterteilung nach Erhebungsmerkmalen

Steuern lassen sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren:

  • Direkte und indirekte Steuern:

Direkte Steuern: Der Steuerträger und der Steuerzahler sind identisch (z. B. Einkommensteuer).
Indirekte Steuern: Der Steuerzahler kann die Steuer auf Dritte abwälzen (z. B. Umsatzsteuer).

  • Personen- und Sachsteuern:

Personensteuern: Stellt auf die persönliche oder wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ab (z. B. Einkommensteuer).
Sachsteuern: Belastet bestimmte Sachen oder Vorgänge unabhängig von der persönlichen Leistungsfähigkeit (z. B. Kfz-Steuer, Grundsteuer).

  • Gemeinschaftsteuern, Bundes-, Landes- und Gemeindesteuern:

Gemeinschaftsteuern: Steuern, deren Aufkommen Bund und Ländern gemeinsam zusteht (z. B. Einkommensteuer, Umsatzsteuer).
Bundessteuern: Steuern, deren Aufkommen allein dem Bund zusteht (z. B. Versicherungsteuer).
Landessteuern: Steuern, deren Aufkommen nur einem Land zufließt (z. B. Erbschaftsteuer).
Gemeindesteuern: Den Gemeinden zustehende Steuern (z. B. Gewerbesteuer, Grundsteuer).

Wichtigste Steuerarten in Deutschland

  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer
  • Umsatzsteuer
  • Gewerbesteuer
  • Grundsteuer
  • Kfz-Steuer
  • Erbschaft- und Schenkungsteuer

Steuerrechtliche Grundprinzipien

Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung

Gemäß Art. 3 GG sind alle Bürger gleich zu behandeln. Das Steuerrecht nimmt daher eine Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit vor (Leistungsfähigkeitsprinzip).

Gesetzmäßigkeit der Besteuerung

Steuern dürfen nur kraft Gesetzes erhoben werden (Legalitätsprinzip). Die jeweiligen Tatbestandsmerkmale und Bemessungsgrundlagen müssen im Gesetz bestimmt werden.

Vertrauensschutz und Rückwirkungsverbot

Steuergesetze und ihre Anwendung durch die Verwaltung müssen grundsätzlich den Vertrauensschutz beachten. Rückwirkende Steuergesetze sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig.

Steuerschuldverhältnis

Steuerpflicht

Das Steuerschuldverhältnis entsteht durch Verwirklichung des steuerlichen Tatbestandes. Steuerpflichtig ist, wer nach objektiven Anknüpfungspunkten in Deutschland steuerpflichtig wird (z. B. durch Wohnsitz, Gewerbebetrieb, Grundstücksbesitz).

Persönliche und sachliche Steuerpflicht

  • Persönliche Steuerpflicht: Gilt für natürliche und juristische Personen, die einem Steuergesetz unterliegen.
  • Sachliche Steuerpflicht: Bestimmt, welche Einkünfte, Güter oder Vorgänge besteuert werden.

Steuererhebung und Steuerfestsetzung

Der Steueranspruch entsteht, sobald der Tatbestand der Besteuerung erfüllt ist. Die Steuerfestsetzung erfolgt durch Verwaltungsakt (Steuerbescheid). Eine Steuer entsteht nach § 38 AO, sobald ihre tatbestandlichen Voraussetzungen verwirklicht sind, unabhängig von der Festsetzung.

Einhebung und Vollstreckung

Wird eine Steuer nicht fristgerecht entrichtet, kann diese durch die Finanzbehörden vollstreckt werden. Dazu bestehen besondere Verfahrensregeln, etwa im Steuererhebungsverfahren und bei der Vollstreckung (§§ 249-346 AO).

Rechtsmittel und Rechtsschutz

Gegen Steuerbescheide steht dem Steuerpflichtigen der Rechtsweg offen:

  • Einspruchsverfahren: Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids kann Einspruch bei der Finanzbehörde eingelegt werden (§§ 347 ff. AO).
  • Finanzgerichtliches Klageverfahren: Bleibt der Einspruch erfolglos, ist der Weg zu den Finanzgerichten eröffnet (§ 33 FGO).

Internationale Aspekte

Doppelbesteuerungsabkommen und internationale Steuerkoordination

Durch internationale Verflechtungen können Sachverhalte mehreren Steuerhoheiten unterliegen. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) regeln die Zuweisung von Besteuerungsrechten und vermeiden die doppelte steuerliche Belastung.

Europarechtliche Vorgaben

Die Europäische Union beeinflusst das nationale Steuerrecht, insbesondere im Bereich der indirekten Steuern (z. B. Mehrwertsteuersystemrichtlinie). Grundfreiheiten und das Diskriminierungsverbot nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beeinflussen die nationale Steuergesetzgebung.

Steuerstrafrecht und Ordnungswidrigkeiten

Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung

Verstöße gegen steuerliche Pflichten können straf- oder bußgeldrechtliche Folgen haben:

  • Steuerhinterziehung nach § 370 AO: Vorsätzliche unrichtige oder unvollständige Angaben mit dem Ziel der Steuerverkürzung.
  • Leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO): Fahrlässige Verstöße.

Der Tatbestand wird mit Geldstrafen oder Freiheitsentzug geahndet.

Bedeutung der Steuern für das Gemeinwesen

Steuern stellen die wichtigste Finanzierungssäule für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben dar. Sie dienen nicht nur der Deckung des staatlichen Haushalts, sondern werden zunehmend auch zur Lenkung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher oder ökologischer Ziele eingesetzt (z. B. CO₂-Steuern).


Literatur und weiterführende Quellen werden in einem Rechtslexikon typischerweise gesondert ausgewiesen und sind hier nicht enthalten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Fristen sind bei der Abgabe der Steuererklärung zu beachten?

Die Fristen für die Abgabe der Steuererklärung unterscheiden sich in Deutschland je nach Pflicht zur Abgabe, Art der Steuer und Beauftragung eines Steuerberaters. Für Arbeitnehmer mit Pflichtveranlagung (z. B. bei Nebeneinkünften über dem Grundfreibetrag) endet die Frist für die Abgabe der Einkommensteuererklärung nach § 149 AO grundsätzlich am 31. Juli des Folgejahres. Wird ein Steuerberater beauftragt, verlängert sich die Frist regelmäßig automatisch bis zum letzten Februartag des übernächsten Jahres, sofern die Finanzverwaltung keine spezielle Vorab-Anforderung stellt. Für Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärungen gelten grundsätzlich dieselben Fristen wie für die Einkommensteuer, wobei hier auch Fristverlängerungen auf Antrag möglich sind. Werden Fristen nicht eingehalten, kann das Finanzamt Verspätungszuschläge gem. § 152 AO erheben, und es kann – insbesondere bei wiederholter Fristversäumnis – auch zu Zwangsgeldern oder Schätzungsbescheiden kommen. Verlängerungsanträge sind grundsätzlich vor Fristablauf schriftlich zu stellen und unterliegen dem Ermessen des Finanzamts.

Welche Angaben müssen in einer Steuererklärung zwingend gemacht werden?

In einer Steuererklärung sind verschiedene Pflichtangaben zu machen, deren Umfang sich nach der jeweiligen Steuerart richtet. Bei der Einkommensteuererklärung gemäß § 25 EStG sind zwingend anzugeben: Name, Anschrift, Steuernummer, Identifikationsnummer, Familienstand, Angaben zu Kindern, sämtliche Einkünfte getrennt nach Einkunftsarten (§ 2 EStG), Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und ggf. anrechenbare Steuerabzugsbeträge wie Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer und Kirchensteuer. Die Angaben sind durch entsprechende Belege, die zwar oft nur auf Nachfrage einzureichen sind, aber fünf Jahre aufzubewahren sind (§ 147 AO), zu untermauern. Falsche, unvollständige oder unterlassene Angaben können den Tatbestand einer Steuerverkürzung (§ 370 AO) erfüllen und zu straf- oder bußgeldrechtlichen Konsequenzen führen.

Welche Sanktionen drohen bei verspäteter oder unterlassener Abgabe der Steuererklärung?

Wer die Steuererklärung verspätet oder gar nicht abgibt, riskiert verschiedene Sanktionen. Gemäß § 152 AO ergeht regelmäßig ein Verspätungszuschlag, der grundsätzlich automatisch festgesetzt wird, wenn die Frist um mehr als 14 Monate überschritten ist. Die Höhe des Zuschlages beträgt mindestens 25 EUR pro angefangenem verspätetem Monat, höchstens aber 0,25 % der festgesetzten Steuer abzüglich etwaiger Vorauszahlungen. Bei fortgesetzter Weigerung kann das Finanzamt gemäß §§ 328, 329 AO Zwangsgelder verhängen, deren Höhe bis zu 25.000 EUR betragen kann. Zudem ist das Finanzamt berechtigt, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen (§ 162 AO), was in der Regel zu finanziellen Nachteilen für den Steuerpflichtigen führt. Wird die Erklärung vorsätzlich nicht abgegeben, liegt der Verdacht einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO vor, was mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann.

In welchem Umfang besteht eine Aufbewahrungspflicht für steuerrelevante Unterlagen?

Die Aufbewahrungsfristen sind im Steuerrecht insbesondere in § 147 AO geregelt. Für Unterlagen, die der Buchführungspflicht unterliegen (z. B. Handelsbücher, Bilanzen, Buchungsbelege), gilt eine Frist von zehn Jahren, beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung gemacht wurde. Für empfangene und abgesandte Handels- oder Geschäftsbriefe und sonstige Unterlagen reicht eine Aufbewahrung von sechs Jahren aus. Privatpersonen, die keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielen, trifft regelmäßig keine gesetzliche Aufbewahrungspflicht, allerdings wird empfohlen, steuerlich relevante Belege für mindestens vier Jahre aufzubewahren, um sie im Falle einer Nachfrage durch das Finanzamt oder im Einspruchsverfahren vorlegen zu können.

Welche Möglichkeiten bestehen, gegen einen Steuerbescheid Einspruch einzulegen?

Gegen einen Steuerbescheid kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides (vgl. § 355 AO) schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift beim Finanzamt Einspruch eingelegt werden. Der Einspruch muss keine Begründung enthalten, eine Begründung ist jedoch zwecks erfolgreicher Rechtsmittelverfolgung sinnvoll (§ 357 AO). Während des Einspruchsverfahrens prüft das Finanzamt den angefochtenen Bescheid erneut und kann ihn zu Gunsten oder zu Ungunsten des Steuerpflichtigen ändern (§ 367 AO). Bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens ist die Steuer grundsätzlich fällig, eine Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO) kann bei begründeten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Bescheides beantragt werden. Gegen die Entscheidung über den Einspruch steht gegebenenfalls der Klageweg zum Finanzgericht offen.

Welche Rolle spielt die Steueridentifikationsnummer im Besteuerungsverfahren?

Die Steueridentifikationsnummer (IdNr.), eingeführt nach § 139b AO, ist eine lebenslang gültige, bundeseinheitliche Ordnungsnummer zur eindeutigen Identifikation natürlicher Personen im Besteuerungsverfahren. Sie dient zur Zuordnung aller steuerrelevanten Daten, auch solcher, die dem Finanzamt elektronisch von Dritten (etwa Arbeitgebern, Versicherungsträgern oder Banken) übermittelt werden. Die IdNr. ist in sämtlichen Steuererklärungen, Anträgen und Bescheiden anzugeben und erleichtert die Kommunikation mit der Finanzverwaltung, insbesondere bei der Abgabe von elektronischen Steuererklärungen über ELSTER. Sie trägt zur Vermeidung von Mehrfacherfassungen und zur Bekämpfung von Steuerbetrug bei.

Welche Bedeutung haben Steuerklassen im Lohnsteuerabzugsverfahren?

Die Steuerklassen regeln, wie viel Lohnsteuer dem Arbeitnehmer direkt vom Arbeitslohn abgezogen wird. Sie sind im Einkommensteuergesetz geregelt und betreffen lediglich abhängig Beschäftigte, nicht aber Selbstständige oder Gewerbetreibende. Steuerklassen berücksichtigen Familienstand, Kinder und gegebenenfalls Nebenjobs und haben unmittelbaren Einfluss auf die monatliche Höhe der Lohnsteuer. Sie können auf Antrag geändert werden, beispielsweise bei Eheschließung, Scheidung oder dem Wechsel zu Steuerklasse IV mit Faktor (§ 39 EStG). Die Steuerklassenwahl beeinflusst lediglich die Vorauszahlungen im laufenden Jahr; die endgültige Steuerlast ergibt sich im Regelfall erst mit der Einkommensteuerveranlagung. Falsche Steuerklassen können zu Nachzahlungen oder einer Erstattung führen, beeinflussen jedoch nicht die tatsächliche Steuerpflicht.