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Standby


Begriff und allgemeine Definition von Standby

Der Begriff Standby ist ein aus dem Englischen stammender Terminus, der in verschiedenen rechtlichen Kontexten verwendet wird und dabei jeweils unterschiedliche Bedeutungen aufweist. Im rechtlichen Sinne bezieht sich Standby (auch: Stand-by, Stand-by-Status) überwiegend auf einen Bereitschaftszustand, der insbesondere im Arbeitsrecht, im Energierecht, im Bereich von Bürgschaften (z.B. Standby Letter of Credit) sowie im öffentlichen Recht Anwendung findet. Fundament dieses Zustandes ist regelmäßig die Erwartung, im Bedarfsfall kurzfristig und ohne reguläre Aktivitäten eine bestimmte Leistung zu erbringen oder bereit zu halten.

Im Folgenden werden die unterschiedlichen Anwendungsgebiete sowie die rechtlichen Implikationen des Begriffs Standby umfangreich dargestellt.


Standby im Arbeitsrecht

1. Definition und Rechtsgrundlage

Im Arbeitsrecht bezeichnet der Standby-Status in der Regel die sogenannte Bereitschaftsdienstzeit oder Rufbereitschaft. Nach deutschem Arbeitszeitrecht, insbesondere nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), wird hierbei zwischen aktiver Arbeitszeit, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft differenziert.

  • Bereitschaftsdienst: Der Arbeitnehmer hält sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (häufig im Betrieb) auf, um im Bedarfsfall unmittelbar die Arbeit aufnehmen zu können.
  • Rufbereitschaft (Standby): Der Arbeitnehmer hält sich außerhalb seines regulären Arbeitsplatzes auf, muss jedoch jederzeit für einen kurzfristigen Arbeitseinsatz erreichbar sein.

1.1. Arbeitszeitrechtliche Einordnung

  • Zeiten der Rufbereitschaft werden – im Gegensatz zur Anwesenheit während des Bereitschaftsdienstes – grundsätzlich nicht als Arbeitszeit im Sinne des ArbZG bewertet, solange keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird.
  • Im Falle eines Arbeitseinsatzes während des Standby-Status beginnt die Arbeitszeit ab dem Zeitpunkt des Arbeitsantritts.

1.2. Vergütung und Entlohnung

  • Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Standby-Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung (meist geringere oder pauschale Vergütung) und geleisteter Arbeitszeit im Einsatzfall (volle Vergütung).
  • Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen regeln regelmäßig die konkrete Ausgestaltung und Vergütung der Standby-Zeiten.

1.3. Arbeitsschutzrechtliche Vorgaben

  • Die Höchstarbeitszeiten sowie Mindestruhezeiten sind auch im Rahmen von Standby-Diensten zu beachten.
  • Europäische Rechtsprechung (EuGH-Urteile) konkretisiert fortlaufend die Anforderungen an die Ausgestaltung von Standby-Zeiten hinsichtlich der Freizeitgestaltungsmöglichkeiten und Zumutbarkeit für Beschäftigte.

Standby im Energierecht

2. Bedeutung und Rechtsrahmen

Im Energierecht bezeichnet Standby den Zustand von Energieanlagen, die betriebsbereit gehalten werden, um auf Abruf kurzfristig Strom ins Netz einzuspeisen (z.B. Kraftwerksreserve, Netzreserve). Ziel ist die Sicherstellung der Netzstabilität und Versorgungssicherheit.

2.1. Gesetzliche Regelungen

  • Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und die Verordnungen zur Systemsicherheit regeln die Voraussetzungen für Standby-Reserven und die hierfür relevanten Vergütungsmechanismen.
  • Betreiber von Kraftwerken können verpflichtet werden, Anlagen im Standby-Modus zu halten.

2.2. Vergütung und Entschädigung

  • Für das Vorhalten von Standby-Kapazitäten sieht der Gesetzgeber Ausgleichsmechanismen sowie Vergütungen für entgangene Erträge vor.
  • Die Bundesnetzagentur koordiniert und reguliert die Vorgaben für den Einsatz und die Vergütung von Standby-Anlagen.

2.3. Beihilferecht und Wettbewerbsrecht

  • Standby-Regelungen im Energiesektor unterliegen zudem beihilferechtlichen Prüfungen auf europäischer Ebene, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Standby und Standby Letter of Credit im Bank- und Handelsrecht

3. Standby Letter of Credit: Definition und rechtliche Einordnung

Im internationalen Handelsrecht und Bankwesen stellt die Standby Letter of Credit (SBLC) eine Form der unbefristeten, abstrakten Bankbürgschaft dar. Sie dient dazu, dem Begünstigten eine Zahlung im Falle der Nichterfüllung einer vertraglichen Leistung seitens des Schuldners zu sichern.

3.1. Rechtscharakter

  • Im Gegensatz zum klassischen Akkreditiv stellt die SBLC keine Zahlungsanweisung für die Erfüllung des Vertrags an sich dar, sondern eine Rückgriffsgarantie für den Fall der Leistungsstörung.
  • Internationale Regelwerke wie die International Standby Practices (ISP98) oder die Uniform Customs and Practice for Documentary Credits (UCP 600) regeln die einzelnen Modalitäten.

3.2. Haftungsfragen

  • Die ausstellende Bank verpflichtet sich bei einer entsprechenden Ziehung („drawdown“) im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen zur Zahlung.
  • Form und Umfang der Sicherheit hängen von den Bedingungen im Grundgeschäft ab.

3.3. Anwendungsbereiche

  • Die SBLC wird häufig bei internationalen Handelsgeschäften, als Sicherung für Miet- oder Leasingverträge oder bei Großprojekten eingesetzt.

Standby im öffentlichen Recht

4. Bereitschaft und Standby bei öffentlichen Aufgaben

Im öffentlichen Recht kommt der Standby-Status insbesondere im Bereich des Katastrophenschutzes, der Feuerwehr sowie anderer Bereitschaftsdienste (etwa im Rettungswesen oder bei Polizei) zur Anwendung.

4.1. Rechtlicher Rahmen

  • Normen auf Bundes- und Länderebene (z. B. Feuerwehrgesetze, Katastrophenschutzgesetze) regeln die Voraussetzungen, Rechte und Pflichten während des Standby-Dienstes.
  • Neben Einsatzkräften können auch technische Einrichtungen im Standby gehalten werden, um im Fall von Großschadensereignissen rasch verfügbar zu sein.

4.2. Datenschutz und Meldepflichten

  • Der Einsatz elektronischer Systeme während des Standby-Einsatzes unterliegt datenschutzrechtlichen Vorgaben, insbesondere im Hinblick auf Erreichbarkeitsdaten und Protokollierungen.

Standby im IT-Recht und Datenschutz

5. Standby-Modus im digitalen Umfeld

Im Bereich der Informationstechnologie beschreibt der Standby-Modus den Betrieb von IT-Systemen im Bereitschaftszustand, in welchem technische Funktionen heruntergefahren, aber betriebsnotwendige Systeme bereitgehalten werden.

5.1. Relevanz für Datenschutz und IT-Sicherheit

  • Die technische Umsetzung und Steuerung des Standby-Modus muss datenschutzrechtliche Anforderungen erfüllen.
  • Angriffe während der Standby-Phase (z. B. durch Fernzugriffe) fallen unter IT-Sicherheitsnormen wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das IT-Sicherheitsgesetz.

Zusammenfassung und Abgrenzung

Der Begriff Standby besitzt im rechtlichen Umfeld eine vielschichtige Relevanz. Die zentrale Gemeinsamkeit aller Anwendungsbereiche ist der Zustand der jederzeitigen Einsatzbereitschaft ohne unmittelbare Aktivität. Die konkrete rechtliche Ausgestaltung sowie die arbeits-, energie-, handels- und öffentlich-rechtlichen Folgen variieren jedoch erheblich je nach Fachgebiet und Kontext.

Die Kenntnis der differenzierten rechtlichen Rahmenbedingungen des Standby-Status ist sowohl für Vertragsgestaltungen als auch im täglichen Umgang mit technischen oder personellen Ressourcen essenziell. Ob im Arbeitsverhältnis, bei rollenbasierten Ressourcenvorhaltungen im Energiesektor oder im Kontext von Zahlungssicherheiten wie der Standby Letter of Credit: Die jeweiligen rechtlichen Anforderungen, Pflichten und Vergütungsregelungen müssen ausdrücklich vertraglich geregelt und den geltenden Rechtsvorschriften angepasst werden.

Häufig gestellte Fragen

Müssen Zeiten des Standbys als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes gewertet werden?

Ob Standby-Zeiten als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) zu betrachten sind, hängt maßgeblich davon ab, wie restriktiv die Anforderungen während des Bereitschaftsdienstes (umgangssprachlich „Standby“) gestaltet sind. Gemäß Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist entscheidend, ob sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten muss und wie stark dadurch seine freie Zeitgestaltung eingeschränkt wird. Muss sich der Arbeitnehmer an einem bestimmten Ort aufhalten und kurzfristig arbeitsbereit sein (klassischer Bereitschaftsdienst), so gilt die gesamte Standby-Zeit als Arbeitszeit. Erfolgt der Standby jedoch „zu Hause“ und muss der Arbeitnehmer lediglich telefonisch erreichbar sein, kommt es auf den Grad der tatsächlichen Einschränkung an. Ist die Reaktionszeit sehr kurz oder wird der Arbeitnehmer häufig tatsächlich eingesetzt, kann auch hier Arbeitszeit vorliegen. Besteht hingegen nur eine geringe Einschränkung, kann Standby als Rufbereitschaft gelten und somit nicht als Arbeitszeit im ArbZG gezählt werden.

Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat bezüglich der Anordnung und Ausgestaltung von Standby-Zeiten?

Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie bei der Einführung und Ausgestaltung von Standby-Diensten. Die Mitbestimmung erstreckt sich insbesondere auf die Verteilung und Lage des Standby-Dienstes, die Häufigkeit der Bereitschaften und die Vergütungsregelungen. Der Arbeitgeber darf Standby-Dienste daher nicht einseitig anordnen, sondern muss die Zustimmung des Betriebsrats einholen, sofern ein solcher existiert. Kommt keine Einigung zustande, kann die Einigungsstelle angerufen werden.

Ist eine besondere Vergütung für Standby-Zeiten gesetzlich vorgeschrieben?

Das Arbeitsrecht sieht keine generelle gesetzliche Vergütungspflicht für Standby-Zeiten vor. Lediglich ist geregelt, dass für tatsächlich geleistete Arbeitszeit, auch während einer Bereitschaft, der Mindestlohn zu zahlen ist. Die Höhe der Vergütung für Bereitschaftszeiten, in denen keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird (wie bei einer Rufbereitschaft), kann einzelvertraglich, durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung geregelt sein. Bei tarifgebundenen Unternehmen finden regelmäßig detaillierte Regelungen Anwendung, die differenzieren zwischen vollwertiger Arbeitszeit und reduzierten Standby-Vergütungssätzen.

Wie wirkt sich Standby-Dienst auf die Einhaltung der Höchstarbeitszeit und Ruhezeiten aus?

Die Höchstarbeitszeiten nach dem Arbeitszeitgesetz (§ 3 ArbZG: maximal 8 Stunden werktäglich, Ausnahmen bis zu 10 Stunden) sowie die Mindestruhezeiten (§ 5 ArbZG: mindestens 11 Stunden nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit) sind unabdingbare Schutzvorschriften. Werden Standby-Zeiten als Arbeitszeit gewertet, werden sie vollumfänglich auf diese Höchstgrenzen angerechnet. Standby im Sinne der Rufbereitschaft, bei der keine oder nur gelegentliche tatsächliche Arbeitsaufnahme erfolgt, wirkt nur insoweit, als dass Arbeitszeit und die Unterbrechung der Ruhezeit jeweils angesetzt werden, sobald der Arbeitnehmer tätig werden muss. Arbeitsrechtlich muss daher sichergestellt werden, dass trotz Standby-Diensten die vorgeschriebenen Ruhezeiten und Höchstarbeitszeiten eingehalten werden.

Welche Pflichten treffen den Arbeitgeber bei der Anordnung von Standby-Diensten?

Arbeitgeber sind verpflichtet, die gesetzlichen Arbeitszeitvorgaben, insbesondere bezüglich maximal zulässiger Arbeitszeit und Mindestpausen sowie die Mindestruhezeiten, einzuhalten. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber den Standby-Dienst so gestalten, dass er den Datenschutz, Persönlichkeitsrecht und das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats berücksichtigt. Bei wechselnden Einsatzplänen sind diese rechtzeitig, im Rahmen der sogenannten „Erforderlichkeit“ anzukündigen (§ 106 GewO). Außerdem besteht Fürsorgepflicht, sodass der Arbeitgeber unverhältnismäßige Belastungen des Arbeitnehmers (z.B. durch überzogene Standby-Einsätze oder unzumutbare Reichweiten/Anfahrtszeiten) zu vermeiden hat.

Kann ein Arbeitnehmer die Verpflichtung zu Standby-Diensten ablehnen?

Die Verpflichtung zur Ableistung von Standby richtet sich grundsätzlich nach dem Arbeitsvertrag sowie ggf. nach einschlägigen Betriebs- oder Tarifvereinbarungen. Liegt eine ausdrückliche Regelung hierzu nicht vor, ist eine einseitige Verpflichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber nur bedingt möglich. Steht jedoch im Arbeitsvertrag oder per Betriebsvereinbarung, dass Standby-Dienste zu erbringen sind, besteht eine Pflicht dazu. Ist dies nicht ausdrücklich geregelt, kommt es auf die Auslegung des Arbeitsverhältnisses sowie auf Gewohnheitsrechte an. Besondere Schutzrechte (z.B. für schwerbehinderte Menschen, Schwangere oder Eltern in Elternzeit) können zu einem Ablehnungsrecht führen.

Welche Besonderheiten gelten für Standby-Dienste im öffentlichen Dienst?

Im öffentlichen Dienst finden häufig spezielle tarifliche Vorschriften (z.B. TVöD, TV-L) Anwendung. Hier sind Standby-Dienste zumeist klar definiert und sowohl organisatorisch als auch vergütungsrechtlich geregelt. Die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen und besonderer Schutzvorschriften (z.B. bezüglich Ruhezeiten und Belastungssteuerung) ist auch hier zwingend einzuhalten. Im öffentlichen Dienst finden sich zudem oftmals Regelungen, die eine Begrenzung der maximal zulässigen Standby-Stunden pro Zeitraum und eine Pauschalvergütung vorsehen, wodurch den Interessen der Beschäftigten besser Rechnung getragen werden soll.