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Stadtumbau


Rechtliche Aspekte des Stadtumbaus

Definition und Abgrenzung des Stadtumbaus

Der Begriff Stadtumbau bezeichnet Maßnahmen zur strukturellen Anpassung, Modernisierung und Erneuerung städtischer Gebiete mit dem Ziel, diese an veränderte wirtschaftliche, demografische und ökologische Rahmenbedingungen anzupassen. Stadtumbauverfahren umfassen sowohl städtebauliche als auch planerische und bauliche Eingriffe und sind rechtlich durch verschiedene Normen des öffentlichen Baurechts und Städtebaurechts geregelt. Ziel ist es, Quartiere und Stadtgebiete nachhaltig zu entwickeln, Leerstände abzubauen, infrastrukturelle Defizite zu beseitigen sowie gesellschaftlicher Segregation und demografischen Veränderungen angemessen zu begegnen.

Gesetzliche Grundlagen des Stadtumbaus

Baugesetzbuch (BauGB)

Zentrale Rechtsgrundlage für den Stadtumbau in Deutschland ist das Baugesetzbuch (BauGB). Relevante Regelungen finden sich insbesondere in:

  • § 171a bis § 171d BauGB:

Diese speziellen Vorschriften regeln die Bereiche „Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen“, darunter insbesondere den Stadtumbau als eigenständige Maßnahme zur Anpassung städtischer Strukturen.

  • § 136 ff. BauGB – Städtebauliche Sanierungsverfahren:

Sanierungsmaßnahmen können als Teil des Stadtumbaus genutzt werden, um städtebauliche Missstände zu beheben.

  • § 165 ff. BauGB – Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen:

Diese können zur Neuordnung und Entwicklung von Stadtquartieren mit grundlegenden städtebaulichen Herausforderungen dienen.

Städtebauförderungsgesetz und Förderprogramme

Neben dem BauGB stellen die Regelungen zur Städtebauförderung auf Bundes- und Landesebene, insbesondere das Programm „Stadtumbau“ (ehemals „Stadtumbau Ost/West“), eine wichtige Grundlage bereit. Die Förderung ist dabei eng an die Vorgaben des BauGB gebunden und setzt die Aufstellung förmlicher Stadtumbaugebiete voraus.

Weitere einschlägige Rechtsnormen

  • Umweltrecht (z. B. Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG, Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG)
  • Denkmalschutzgesetzgebung des Bundes und der Länder
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
  • Kommunalrechtliche Bestimmungen

Verfahren des Stadtumbaus

Festlegung des Stadtumbaugebietes

Gemäß § 171b BauGB können Gemeinden Gebiete, die einer großflächigen Anpassung, Umstrukturierung oder Rückbaumaßnahme bedürfen, förmlich als Stadtumbaugebiet festlegen. Hierfür ist ein Beschluss der kommunalen Vertretung sowie die öffentliche Bekanntmachung erforderlich. Die Abgrenzung ist durch städtebauliche Analysen zu begründen und zu dokumentieren.

Beteiligungsverfahren

Bürgerbeteiligung sowie die Mitwirkung von Eigentümerinnen und Eigentümern, Mieterinnen und Mietern sowie Trägern öffentlicher Belange sind im Stadtumbau ein gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil (§§ 137, 139 BauGB). Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt regelmäßig im Rahmen von Anhörungen, Informationstagen und Werkstätten. Die Ergebnisse sind in die Planung einzubeziehen.

Städtebauliche Verträge und Genehmigungsverfahren

Zur Umsetzung von Stadtumbaumaßnahmen werden häufig städtebauliche Verträge gemäß § 11 BauGB zwischen Gemeinden und Dritten abgeschlossen. Sie regeln die Pflichten zur Durchführung von Maßnahmen, Kostenübernahmen oder Folgemaßnahmen. Bauliche Umgestaltungen unterliegen dem Baugenehmigungsverfahren und ggf. zusätzlicher Genehmigungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften (z. B. denkmalschutzrechtliche Genehmigung).

Enteignung und Ausgleich

Sofern Maßnahmen am Privateigentum durchgeführt werden müssen, greifen die Regelungen des BauGB zu Ausgleich, Entschädigung und Enteignung (§§ 85-122 BauGB). Enteignungen sind jedoch nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen zulässig, wenn sie dem Gemeinwohl dienen.

Rückbaupflichten und Rückbaumaßnahmen

Ein wesentlicher Bestandteil des Stadtumbaus ist der bauliche Rückbau nicht mehr benötigter oder überdimensionierter Infrastrukturen, insbesondere im Rahmen des demografischen Wandels. Nach § 179 BauGB kann die Gemeinde Eigentümerinnen und Eigentümer zur Beseitigung baulicher Anlagen verpflichten, wenn dies für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist.

Städtebauförderung und Finanzierung

Fördermittel

Der Stadtumbau wird durch Bund, Länder und teilweise Kommunen mit Finanzhilfen unterstützt, wobei die Vergabe und Verwendung der Mittel gesetzlichen Vorgaben unterliegt. Die Zuwendungsvoraussetzungen und Verwendungsnachweise richten sich nach der Städtebauförderungsrichtlinie des jeweiligen Bundeslandes sowie bundesweiten Programmen.

Finanzierung durch Beitrags- und Ausgleichsmaßnahmen

Teil der Finanzierung können auch Städtebauliche Ausgleichsbeträge sein (§ 154 BauGB), mit denen Eigentümerinnen und Eigentümer entsprechend ihrer Vorteile an den städtischen Sanierungsmaßnahmen beteiligt werden.

Rechtsschutz und Rechtsbehelfe

Aufgrund ihres hoheitlichen Charakters unterliegen Stadtumbaumaßnahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Verfahrensbeteiligte können gegen Beschlüsse, Maßnahmen oder Bescheide im Zusammenhang mit dem Stadtumbau unter gewissen Voraussetzungen Rechtsmittel, insbesondere Widerspruch und Klage, einlegen.

Auswirkungen auf Eigentumsrecht und Mietrecht

Die Festlegung von Stadtumbaugebieten und die Durchführung von Maßnahmen können weitreichende Konsequenzen für Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Mietverhältnisse haben. Hier sind die besonderen Schutzvorschriften im Rahmen der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) und Mieterschutzregelungen (§§ 136 Abs. 4, 144 BauGB) zu beachten, u. a. Im Kündigungsschutz während der Durchführung von Stadtumbaumaßnahmen sowie Entschädigungsansprüche bei Beeinträchtigungen.

Beachtung von Umwelt- und Denkmalschutz

Stadtumbauprojekte unterliegen umfassenden Vorgaben aus dem Umweltrecht. Insbesondere die Pflicht zur Umweltprüfung nach den Vorgaben der EU-Strategischen Umweltprüfung (SUP-Richtlinie) sowie den gesetzlichen Vorgaben des § 2 BauGB (Nachhaltigkeit) sind einzuhalten. Sofern Gebäude oder Flächen unter Denkmalschutz stehen, sind die einschlägigen Schutzvorschriften der Denkmalschutzgesetze zu beachten; ggf. sind denkmalrechtliche Genehmigungen erforderlich.

Besonderheiten in den deutschen Bundesländern

Die Ausgestaltung und Handhabung des Stadtumbaus unterscheiden sich zum Teil erheblich zwischen den Bundesländern, insbesondere hinsichtlich der Ausführung der Förderprogramme, des Maßnahmeverfahrens und der Einbindung sonstiger landesspezifischer Regelungen. Die Gemeinden sind im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung grundsätzlich für die Durchführung verantwortlich, während Länder die Fachaufsicht und Mittelzuweisung steuern.


Dieser Artikel wurde für ein Rechtslexikon erstellt und bietet eine detaillierte, strukturierte Übersicht über sämtliche rechtliche Fragestellungen rund um den Stadtumbau in Deutschland, unter besonderer Berücksichtigung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen, Verfahrensvorschriften und Schutzmechanismen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Stadtumbau gemäß dem Baugesetzbuch (BauGB) erfüllt sein?

Für den Stadtumbau bildet das Baugesetzbuch (BauGB), insbesondere die §§ 171a bis 171d, die zentrale rechtliche Grundlage. Vor dem Beginn von Stadtumbaumaßnahmen muss die Gemeinde ein förmliches Stadtumbaugebiet durch Beschluss der Gemeindevertretung festlegen (§ 171b Abs. 1 BauGB). Voraussetzung ist, dass im betroffenen Stadtgebiet erhebliche städtebauliche Funktionsverluste vorliegen, wie beispielsweise durch demografischen Wandel, leerstehende Gebäude, Funktionsverlust von Infrastrukturen oder städtebauliche Missstände. Die Festlegung erfordert eine umfassende Bestands- und Problemanalyse sowie eine Begründung, warum städtebauliche Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen unerlässlich sind. Zudem ist eine Beteiligung und Anhörung der Betroffenen sowie der Öffentlichkeit gesetzlich vorgeschrieben (§ 171b Abs. 2 BauGB). Die Planungen müssen den Grundsätzen der Sozialbindung, der Beteiligung und der Transparenz genügen. Weiterhin sind Umweltbelange, Belange des Denkmalschutzes und andere relevante Fachgesetze zu berücksichtigen. Übergeordnet gilt, dass die Gemeinde bei allen Maßnahmen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit sowie die Eigentümerinteressen und deren rechtliches Gehör wahren muss.

Welche Rolle spielen Fördermittel und wie werden diese rechtlich gesichert?

Fördermittel für Stadtumbauprojekte werden vorrangig durch Bund und Länder auf Grundlage spezieller Förderprogramme zur Verfügung gestellt, etwa gemäß der Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung. Die rechtliche Sicherung dieser Mittel erfolgt über öffentlich-rechtliche Förderbescheide, die detaillierte Auflagen und Verwendungsnachweise vorschreiben. Gemeinden müssen für die Bewilligung der Fördermittel den geplanten Mitteleinsatz, den städtebaulichen Handlungsbedarf und die erwarteten Effekte schlüssig nachweisen. Nach Auszahlung unterliegt die Mittelverwendung umfassenden Dokumentations-, Prüfungs- und Berichtspflichten sowie der Rückforderbarkeit bei Zweckentfremdung oder Verstoß gegen die Förderbedingungen. Fördermittel müssen zudem mit dem jeweils geltenden Haushaltsrecht, dem Vergaberecht sowie den Vorschriften zum Beihilferecht (EU-Beihilfekontrolle) vereinbar sein.

Welche rechtlichen Instrumente stehen der Gemeinde beim Stadtumbau zur Verfügung?

Den Gemeinden stehen zahlreiche rechtliche Instrumente für den Stadtumbau zur Verfügung. Dazu zählen insbesondere die städtebaulichen Satzungen – etwa der Erlass einer Stadtumbausatzung gemäß § 171c BauGB, eine Veränderungssperre (§ 14 BauGB) und das Vorkaufsrecht (§§ 24-28 BauGB). Weitere Instrumente sind die Durchführung städtebaulicher Ordnungsmaßnahmen, Grundstückserwerb und Enteignung im öffentlichen Interesse (§§ 85 ff. BauGB), aber auch städtebauliche Verträge mit privaten Dritten (§ 11 BauGB). Die Anpassung von Bebauungsplänen und Flächennutzungsplänen als vorbereitende und verbindliche Bauleitplanung erfolgt im Rahmen der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren unter Mitwirkung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange. So können Maßnahmen planungsrechtlich und eigentumsrechtlich abgesichert sowie Interessenkonflikte ausbalanciert werden.

Wie werden Eigentümer und andere Betroffene rechtlich am Stadtumbau beteiligt?

Die Beteiligung der Betroffenen ist im BauGB verpflichtend vorgesehen. Gemäß §§ 3 und 4 BauGB sind Eigentümer, Anwohner, Unternehmen und weitere Betroffene frühzeitig zu informieren und in die Planung einzubeziehen. Diese Beteiligung umfasst die Möglichkeit zur Stellungnahme, das Recht auf Anhörung in öffentlichen Sitzungen sowie ggf. die Mitsprache bei Umsetzungsfragen. Gemeindevertreter müssen die Anregungen und Bedenken der Betroffenen abwägen und in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen. Zusätzlich kann individuellen Rechtsbehelfen Bedeutung zukommen: Gegen belastende Maßnahmen, wie zum Beispiel gegen eine Stadtumbausatzung oder Enteignungsentscheidungen, stehen den Betroffenen Rechtsmittel wie Widerspruch und Klage zur Verfügung. Die Ausgleichs- und Entschädigungsregelungen nach §§ 39 ff. BauGB sichern etwaige Vermögensnachteile ab.

Welche Bedeutung haben Umwelt- und Denkmalschutz im rechtlichen Stadtumbauverfahren?

Umwelt- und Denkmalschutz stellen verbindliche rechtliche Anforderungen für den Stadtumbau dar. Nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 und 8 BauGB sind bei allen Planungen die Belange des Umweltschutzes einschließlich des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Klimaschutzes sowie des Denkmalschutzes frühzeitig und systematisch zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), artenschutzrechtliche Prüfungen nach Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und denkmalrechtliche Genehmigungen nach Denkmalschutzgesetzen der Länder erforderlich sein können. Diese Vorgaben unterliegen der gerichtlichen Überprüfung und deren Missachtung kann zur Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit städtebaulicher Maßnahmen führen. Entsprechende Auflagen und Nebenbestimmungen in Genehmigungen sichern die Einhaltung dieser Schutzgüter ab.

Inwiefern greift das Vergaberecht bei Maßnahmen im Rahmen des Stadtumbaus?

Sobald eine Kommune Leistungen, Bauaufträge oder Lieferungen zur Durchführung von Stadtumbaumaßnahmen extern vergibt und dabei der Schwellenwert der Vergabeverordnung (VgV) überschritten wird, ist das öffentliche Vergaberecht anzuwenden. Dies betrifft neben der VgV auch die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO), die VOB/A (Bauleistungen) sowie gegebenenfalls die Sektorenverordnung (SektVO). Städte haben die entsprechenden Verfahren, wie etwa die öffentliche oder beschränkte Ausschreibung, rechtssicher anzuwenden, um Transparenz, Gleichbehandlung und Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Verstöße gegen das Vergaberecht können zu Nachprüfungsverfahren und zur Unwirksamkeit der Vergabeverträge führen. Sämtliche Ausschreibungs- und Vergabeunterlagen sowie das Vergabeverfahren sind revisionssicher zu dokumentieren.

Welche Klagerechte bestehen für Betroffene gegen Maßnahmen des Stadtumbaus?

Betroffene – insbesondere Eigentümer oder Anwohner – haben vielfältige Klagerechte gegen Maßnahmen im Rahmen des Stadtumbaus. Je nach Rechtsnatur der Maßnahme kommen Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Feststellungsklagen vor dem Verwaltungsgericht in Betracht. Gegen Satzungen (z. B. Stadtumbausatzung) oder belastende Verwaltungsakte können Betroffene im Wege der Normenkontrolle (§ 47 VwGO) oder Anfechtungsklage vorgehen. Im Falle enteignender oder enteignungsgleicher Eingriffe bestehen besondere Rechtswege zum Enteignungsgericht (§§ 104 ff. BauGB). Klagegegenstände können u.a. Verfahrensfehler, inhaltliche Fehler, Verletzungen des Abwägungsgebotes, Grundrechtsverletzungen oder unzureichende Entschädigungsregelungen betreffen. Die Rechtsmittel und deren Fristen sind streng zu beachten, um Rechtsschutzverluste zu vermeiden. Zudem kann in bestimmten Fällen einstweiliger Rechtsschutz zur vorläufigen Sicherung von Rechten wegen drohender irreversibler Eingriffe beantragt werden.