Stadtkreis

Begriff und Einordnung des Stadtkreises

Ein Stadtkreis ist eine kreisunabhängige Stadt, die kommunale Aufgaben der Gemeindeebene und regelmäßig auch die sonst im Landkreis gebündelten Aufgaben in eigener Zuständigkeit wahrnimmt. In Deutschland wird der Begriff vor allem in Baden-Württemberg als Bezeichnung für die dortigen kreisunabhängigen Städte verwendet. In anderen Bundesländern ist die funktional entsprechende Kategorie als kreisfreie Stadt bekannt.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Stadtkreis und kreisfreie Stadt bezeichnen in Deutschland inhaltlich dasselbe Phänomen: eine Stadt, die keiner Landkreisebene angehört und deren Verwaltung die kreislichen Aufgaben selbst übernimmt. Davon zu unterscheiden sind:

  • Stadtstaaten (Berlin, Hamburg, Bremen) mit eigener Landesverfassung und landesstaatlichen Zuständigkeiten.
  • Große Kreisstadt (insbesondere in Baden-Württemberg und Bayern): eine leistungsfähige Stadt mit erweiterten Kompetenzen, die jedoch Teil eines Landkreises bleibt.
  • Stadtbezirk oder Ortsteil: innerstädtische Verwaltungseinheiten ohne eigene Gebietskörperschaft.
  • Schweiz: Dort bezeichnet Stadtkreis häufig lediglich einen städtischen Verwaltungs- oder Stadtteil (z. B. in Zürich) ohne eigenständige Rechtspersönlichkeit.
  • Österreich: Die funktional vergleichbare Kategorie ist die Stadt mit eigenem Statut (Statutarstadt); der Begriff Stadtkreis ist dort keine aktuelle Rechtskategorie.

Rechtsstellung und Verfassungsrahmen

Der Stadtkreis ist eine kommunale Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung im Rahmen der Landesverfassungen. Er nimmt die Aufgaben der Gemeinde wahr und erfüllt zugleich die Funktionen, die in kreisangehörigen Räumen dem Landkreis obliegen. Damit bündelt der Stadtkreis kommunale Daseinsvorsorge und überörtliche Aufgaben unter einem Dach.

Aufgabenbereiche

Eigener Wirkungskreis

Im eigenen Wirkungskreis entscheidet der Stadtkreis in eigener Verantwortung über lokale Angelegenheiten. Dazu gehören typischerweise die kommunale Infrastruktur, Bauleitplanung, öffentliche Einrichtungen, Kultur- und Bildungsangebote, kommunale Wirtschaftstätigkeit, Abfallentsorgung, Wasserversorgung, öffentlicher Nahverkehr im Rahmen der kommunalen Zuständigkeit sowie öffentliche Sicherheit und Ordnung, soweit sie kommunal zugewiesen ist.

Übertragener Wirkungskreis

Im übertragenen Wirkungskreis erledigt der Stadtkreis staatliche Aufgaben, die ihm durch Landesrecht zugewiesen werden. In Stadtkreisen wird hierfür die Stadtverwaltung regelmäßig als untere staatliche Verwaltungsbehörde tätig. Beispiele sind Bauaufsicht, Straßenverkehrsbehörde, Teile des Gesundheits- und Veterinärwesens, Ausländer- und Staatsangehörigkeitsangelegenheiten, Gewerbeaufsicht, Katastrophenschutz und ordnungsrechtliche Aufgaben. Für diese Aufgaben gilt die Fachaufsicht der zuständigen Landesbehörden.

Organe und Organisation

Organe des Stadtkreises sind der Gemeinderat (Stadtrat) als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger sowie die oder der Oberbürgermeister als Hauptverwaltungsbeamter und Repräsentant. Ein gesonderter Kreistag existiert nicht, da die kreislichen Aufgaben in der Stadtverwaltung mitgeführt werden. Die innere Organisation kann Dezernate, Ämter und Eigenbetriebe umfassen. Innerstädtische Beiräte oder Stadtbezirksgremien können zur Beteiligung eingerichtet sein, ohne eigene Rechtspersönlichkeit zu besitzen.

Aufsicht

Der Stadtkreis unterliegt der Kommunalaufsicht des Landes. Für Entscheidungen im eigenen Wirkungskreis besteht Rechtsaufsicht; für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises besteht Fachaufsicht der fachlich zuständigen Landesbehörden. Da der Stadtkreis keinem Landkreis zugeordnet ist, erfolgt die Aufsicht in der Regel unmittelbar durch die hierfür zuständigen oberen oder oberen mittleren Landesbehörden.

Bildung, Veränderung und Auflösung

Die Einrichtung, Erweiterung, Eingliederung oder Auflösung eines Stadtkreises richtet sich nach dem jeweiligen Landesrecht. Kriterien sind insbesondere Einwohnerzahl, Verwaltungs- und Finanzkraft, Zentralität, Erreichbarkeit und die Leistungsfähigkeit zur Wahrnehmung der kreislichen Aufgaben. Über die Statusverleihung oder Statusänderung entscheidet das Land durch Rechtsakt. Betroffene Kommunen und Gebietskörperschaften werden beteiligt. Im Zuge von Gebietsreformen können Stadtkreise neu gebildet, zusammengelegt oder in Landkreise eingegliedert werden.

Namensführung und Grenzänderungen

Name, Gebietszuschnitt und Grenzänderungen eines Stadtkreises erfolgen nach landesrechtlich geregelten Verfahren unter Beteiligung der betroffenen Kommunen. Grenzänderungen wirken sich auf Zuständigkeiten, Personal- und Sachmittel sowie auf interkommunale Vereinbarungen aus und werden durch entsprechende Zuordnungsregelungen begleitet.

Finanzverfassung

Als kreisunabhängige Gebietskörperschaft finanziert sich der Stadtkreis aus kommunalen Steuern und Steueranteilen, Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich, Gebühren, Beiträgen, Entgelten und Erträgen aus Beteiligungen. Eine Zahlung der Kreisumlage an einen Landkreis entfällt, da der Stadtkreis die kreislichen Aufgaben selbst trägt. Gleichzeitig erhält er finanzielle Ausgleichsleistungen, die in anderen Regionen dem Landkreis für dessen Aufgaben zufließen würden.

Haushaltsrecht und Wirtschaften

Der Stadtkreis stellt einen eigenen Haushalt auf, führt diesen nach den kommunalrechtlichen Vorgaben des Landes und unterliegt den dort geregelten Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Transparenz. Er kann Unternehmen in privater oder öffentlich-rechtlicher Rechtsform halten oder gründen, wenn dies zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist und die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten sind.

Stellung im Mehrebenensystem

Der Stadtkreis ist Teil der kommunalen Ebene und in die Landes- und Regionalplanung eingebunden. Er wirkt in Zweckverbänden, kommunalen Kooperationen und Verkehrsverbünden mit, wenn Aufgaben am besten gemeinsam mit Nachbarkommunen erfüllt werden. In der Raumordnung nimmt der Stadtkreis häufig die Funktion eines Mittel- oder Oberzentrums wahr.

Historische Entwicklung und heutige Verbreitung

Die Wurzeln reichen in das 19. Jahrhundert, als größere Städte aus der Kreisebene herausgelöst wurden, um ihre Angelegenheiten eigenständig zu regeln. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten Gebiets- und Kreisreformen zu einer Neubestimmung von Zahl und Zuschnitt. Heute ist die Bezeichnung Stadtkreis insbesondere in Baden-Württemberg üblich, während andere Länder die Bezeichnung kreisfreie Stadt verwenden. In der Schweiz wird Stadtkreis hingegen für innerstädtische Bezirke ohne eigene Rechtspersönlichkeit genutzt, und in Österreich entspricht die Statutarstadt funktional der kreisfreien Stadt, ohne den Begriff Stadtkreis zu verwenden.

Häufig gestellte Fragen

Worin unterscheidet sich ein Stadtkreis von einer kreisfreien Stadt?

Beide Begriffe beschreiben in Deutschland denselben rechtlichen Status einer kreisunabhängigen Stadt. Die Bezeichnung Stadtkreis wird vor allem in Baden-Württemberg verwendet, während andere Länder den Begriff kreisfreie Stadt nutzen.

Wer übt die Aufsicht über einen Stadtkreis aus?

Die Aufsicht liegt bei den zuständigen Landesbehörden. Dabei gilt Rechtsaufsicht für den eigenen Wirkungskreis und Fachaufsicht der jeweiligen Fachressorts für den übertragenen Wirkungskreis.

Wer übernimmt in einem Stadtkreis die Aufgaben des Landratsamts?

Die Stadtverwaltung des Stadtkreises nimmt die Funktionen der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahr und führt damit Aufgaben, die in kreisangehörigen Räumen dem Landratsamt obliegen würden.

Findet in einem Stadtkreis eine Kreistagswahl statt?

Nein. Es gibt keinen Kreistag. Gewählt werden der Gemeinderat (Stadtrat) und die oder der Oberbürgermeister nach den kommunal- und wahlrechtlichen Bestimmungen des Landes.

Zahlt ein Stadtkreis eine Kreisumlage?

Nein. Ein Stadtkreis ist kreisunabhängig und zahlt keine Kreisumlage. Er finanziert jedoch die Aufgaben, die sonst der Landkreis übernehmen würde, aus eigenen Mitteln sowie aus gesetzlichen Zuweisungen.

Wie erhält eine Stadt den Status eines Stadtkreises?

Die Verleihung des Status erfolgt durch einen landesrechtlichen Akt nach Beteiligung der betroffenen Körperschaften. Maßgeblich sind insbesondere Einwohnerzahl, Leistungsfähigkeit und die Fähigkeit, kreisliche Aufgaben eigenständig zu erfüllen.

Ist eine Große Kreisstadt dasselbe wie ein Stadtkreis?

Nein. Eine Große Kreisstadt bleibt Teil eines Landkreises und nimmt lediglich erweiterte Aufgaben wahr. Ein Stadtkreis ist kreisunabhängig und führt die kreislichen Aufgaben selbst.