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Stadt-Umland-Verbände


Definition und Bedeutung von Stadt-Umland-Verbänden

Stadt-Umland-Verbände (kurz: SUV) sind interkommunale Zusammenschlüsse von Großstädten und benachbarten, in der Regel ländlicher geprägten Gemeinden mit dem Ziel der gemeinsam koordinierten Entwicklung und Planung. Sie zählen zu den Instrumenten der Raumordnung und Landesplanung zur Bewältigung komplexer Aufgaben an der Schnittstelle zwischen urbanen Zentren und deren unmittelbarem Umland. Stadt-Umland-Verbände ermöglichen eine über Gemeindegrenzen hinweg abgestimmte Steuerung von Siedlungsentwicklung, Infrastruktur, Verkehr, Wirtschaft, Umweltschutz und weiteren kommunalen Aufgabenbereichen.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Verankerung in den Bundesländern

Die Schaffung und Ausgestaltung von Stadt-Umland-Verbänden ist in den deutschen Bundesländern verschieden geregelt. Sie basieren in der Regel auf spezifischen Landesgesetzen, insbesondere Landesplanungsgesetzen und Kommunalverfassungen. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise existiert mit dem Gesetz über den Regionalverband Ruhr (RVR) eine eigenständige Regelung, die dem Verband weitreichende Aufgaben im Bereich der Planungskompetenz und Regionalentwicklung zuweist. In anderen Ländern kann ein SUV auf Grundlage von Staatsverträgen oder kommunaler Zusammenarbeit durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen (vgl. §§ 28 ff. Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG) NRW) gebildet werden.

Organisationsformen und Rechtsnatur

Stadt-Umland-Verbände sind meist als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit organisiert. Sie besitzen Satzungshoheit sowie eigenes Vermögen, verfolgen jedoch keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern öffentliche, überwiegend gemeinwohlorientierte Aufgaben. Die Mitglieder eines SUV sind in der Regel Gebietskörperschaften (Gemeinden, Landkreise, kreisfreie Städte), die ihre Aufgaben durch Vertreter in den zuständigen Organen wahrnehmen. Die Organisation orientiert sich häufig an Gremienstrukturen mit Verbandsversammlung, Vorstand sowie ggf. Fachausschüssen.

Aufgaben und Zuständigkeiten

Zentrale Aufgabenbereiche

Stadt-Umland-Verbände übernehmen eine Vielzahl gemeinsamer Aufgaben, zu denen insbesondere folgende zählen:

  • Raumordnungs- und Regionalplanung
  • Entwicklung von Gesamt- bzw. Flächennutzungsplänen
  • Verkehrsplanung und ÖPNV-Koordination
  • Infrastrukturentwicklung (u. a. Energie, Abwasser, Abfall)
  • Förderung der Wohnbauentwicklung und Siedlungsstruktur
  • Abstimmung von Wirtschafts- und Strukturförderung
  • Landschafts- und Umweltschutz
  • Koordination in Fragen des Katastrophenschutzes und der öffentlichen Sicherheit

Durch diese gebündelte Aufgabenwahrnehmung werden Überschneidungen und Zielkonflikte zwischen den beteiligten Gebietskörperschaften reduziert und Synergieeffekte erzielt.

Rechtliche Bindung und Aufgabenerfüllung

Die Zuständigkeiten der Stadt-Umland-Verbände sind durch Übertragung durch die Mitglieder auf Grundlage öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen festgelegt und müssen sich im Rahmen übergeordneter Landes- und Bundesgesetze bewegen. Die Verbände handeln eigenständig, im Einzelfall aber im Auftrag oder im Zusammenwirken mit den Mitgliedskörperschaften. Die Handlungsform reicht von verbindlichen Satzungen und Regionalplänen bis hin zu Empfehlungen oder Koordinationsdienstleistungen.

Gründung und Mitgliedschaft

Verfahren der Gründung

Die Gründung eines Stadt-Umland-Verbandes erfolgt in der Regel durch einen rechtlich geregelten Zusammenschluss mehrerer Gemeinden und Städte. Das betreffende Landesrecht sieht hierzu eine Abstimmung (Mitgliederentscheid, Satzungsbeschluss) in den jeweiligen Gemeinden vor. Häufig ist die Zustimmung der Aufsichtsbehörde beziehungsweise des Landesgesetzgebers erforderlich. Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung oder eigenständige Verbandssatzung regelt die Zusammensetzung, Aufgaben, Finanzierung und Organisation des SUV.

Mitgliedschaft und Vertretung

Mitglied eines SUV kann jede Gebietskörperschaft innerhalb des festgelegten Verbandsgebiets werden. Die Vertretung erfolgt über entsandte Delegierte oder gewählte Vertreter in der Verbandsversammlung. Die Mitglieder sind anteilig an der Finanzierung beteiligt, wobei der Umlageschlüssel (z. B. Einwohnerzahl, Fläche, Steuerkraft) regelmäßig in der Satzung geregelt ist.

Finanzielle Rahmenbedingungen

Stadt-Umland-Verbände finanzieren sich überwiegend durch Umlagen der Mitgliedskörperschaften sowie durch eigene Einnahmen aus Gebühren und Beiträgen. Dazu kommen in Einzelfällen Zuweisungen aus Landesmitteln oder Förderprogramme der Europäischen Union. Die Haushaltshoheit liegt zumeist beim Verband, Transparenz ist durch spezifische Regelungen zur Rechnungslegung und Haushaltskontrolle sicherzustellen.

Kontroll- und Mitwirkungsrechte

Aufsicht und Kontrolle

SUV unterliegen der Kommunalaufsicht beziehungsweise der Fachaufsicht durch übergeordnete Behörden auf Landesebene. Insbesondere bei der Wahrnehmung übertragener Aufgaben (z. B. Regionalplanung) besteht eine Prüf- und Genehmigungspflicht. Verbandsmitglieder haben weitreichende Kontroll- und Mitwirkungsrechte über Gremien, Haushaltsberatungen und Entsendung von Vertretern.

Beteiligungsrechte von Bürgerinnen und Bürgern

Obwohl die direkte demokratische Mitwirkung durch die Bürgerinnen und Bürger im Vergleich zur Gemeinde eingeschränkt ist, bestehen im Rahmen der Verbandsgebietssatzung, bei wichtigen Planungen (z. B. Regionalpläne, Flächennutzungspläne) sowie durch Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen von Anhörungen Möglichkeiten der Einflussnahme.

Abgrenzung zu vergleichbaren Institutionen

Stadt-Umland-Verbände ähneln hinsichtlich Aufgaben und Struktur anderen interkommunalen Kooperationen wie Zweckverbänden, Zweckgemeinschaften oder Planungsverbänden. Charakteristisch für SUV ist jedoch die breite Aufgabenpalette und der Fokus auf integrierte, regional abgestimmte Entwicklungskonzepte. Während Zweckverbände meist auf einen klar umgrenzten Aufgabenbereich (z. B. Abwasser, Verkehr) begrenzt sind, nehmen Stadt-Umland-Verbände umfassendere Steuerungs- und Planungsaufgaben wahr.

Bedeutung in der räumlichen Entwicklungspolitik

Stadt-Umland-Verbände spielen eine zentrale Rolle bei der Steuerung des Stadtwachstums und der nachhaltigen Entwicklung im suburbanen Raum. Durch integrierte Planung und gemeinsame Ressourcensteuerung tragen sie zur Lösung von Herausforderungen wie Zersiedelung, Pendlerströme, Infrastrukturkosten und Flächenknappheit bei.

Weiterführende Rechtsgrundlagen und Literatur

  • Landesplanungsgesetze der Bundesländer (z. B. Landesplanungsgesetz NRW)
  • Kommunalverfassungsgesetze und Kommunalabgabengesetze
  • Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG)
  • Gesetz über den Regionalverband Ruhr (RVR-Gesetz)
  • Publikationen zur regionalen Zusammenarbeit und interkommunalen Kooperation

Zusammenfassung

Stadt-Umland-Verbände sind rechtlich selbstständige Zusammenschlüsse von Städten und umliegenden Gemeinden, die auf Grundlage landesrechtlicher Regelungen eine koordinierte, interkommunale Entwicklung sicherstellen. Sie übernehmen zentrale planerische und infrastrukturelle Aufgaben, um Herausforderungen des Stadt-Umland-Verhältnisses effizient und nachhaltig zu begegnen. Die rechtliche Ausgestaltung, Organisation und Aufgabenfülle sind bundeslandabhängig und unterliegen spezifischen Landesgesetzen und öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Gründung von Stadt-Umland-Verbänden?

Die Gründung von Stadt-Umland-Verbänden ist in erster Linie in den jeweiligen Landesgesetzen der Bundesländer geregelt, da die kommunale Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) eine Angelegenheit der Länder ist. Maßgeblich sind dabei die Gemeindeordnungen (z.B. GO NRW), die Kommunalgesetze sowie spezielle Landesgesetze für kommunale Kooperationen, etwa das Gesetz über Kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG). In Einzelfällen werden ergänzende Regelungen durch eigene Verbandsgesetze geschaffen, z.B. das Gesetz über den Regionalverband Ruhr (RVRG) in Nordrhein-Westfalen. Wesentliche rechtliche Grundlagen beziehen sich auf die Zuständigkeit zur Bildung, die erforderlichen Genehmigungen durch die Aufsichtsbehörden (i.d.R. Bezirksregierung oder Innenministerium) und die Beteiligungsrechte der betroffenen Gemeinden. Zudem sind Bestimmungen zu Satzungserstellung, Aufgabenverteilung und Finanzierungsregelungen Bestandteil dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen. Das Europarecht, speziell Vorgaben zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (EGTC-Verordnung), kann im Einzelfall ergänzende Anforderungen aufstellen.

Wie erfolgt die Aufgabenübertragung im Rahmen eines Stadt-Umland-Verbands rechtlich verbindlich?

Die Aufgabenübertragung auf einen Stadt-Umland-Verband erfolgt grundsätzlich durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen oder durch Gesetz, falls ein Landesgesetz dies vorsieht. Die Art und der Umfang der übertragenen Aufgaben – wie zum Beispiel die regionale raumplanerische, infrastrukturelle oder Umweltplanung – werden in der jeweiligen Verbandssatzung geregelt, die eine rechtsverbindliche Grundlage darstellt. Die Übertragung setzt häufig die Zustimmung der beteiligten Kommunalvertretungen voraus. Eine Genehmigungspflicht durch die Kommunalaufsicht besteht regelmäßig, um die Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Zuständigkeiten und der Verfassungsmäßigkeit zu gewährleisten. Die Aufgabenübernahme ist an Haushalts- und Finanzierungsregelungen gebunden, damit eine rechtssichere Finanzierung und Haftung gewährleistet bleibt. Soweit Aufgaben an den Verband abgegeben werden, verlieren die einzelnen Kommunen in diesem Bereich ihre eigene Verantwortung und übertragen diese auf das Gremium des Verbandes.

Welche Kontroll- und Aufsichtsmechanismen bestehen für Stadt-Umland-Verbände aus rechtlicher Sicht?

Stadt-Umland-Verbände unterliegen, wie andere kommunalrechtliche Gebiets- oder Zweckverbände, der Kommunalaufsicht. Die Rechtsaufsicht prüft, ob der Verband gesetzes- und satzungsgemäß handelt. In bestimmten Fällen, etwa bei Haushaltswirtschaft oder Verstößen gegen Vergaberecht, kann auch die Fachaufsicht eingreifen – je nach Aufgabenzuweisung und Relevanz. Kontrollorgane sind die Verbandsversammlung als oberstes Willensbildungsorgan sowie der Verbandsvorstand. Zusätzlich bestehen oft Rechnungsprüfungsämter oder externe Prüfungen, etwa durch den Landesrechnungshof. Das Beteiligungsrecht einzelner Mitgliedskommunen wird durch Satzungsregelungen gewahrt, die Minderheitenschutz und Transparenz sicherstellen. Verstöße gegen gesetzliche oder satzungsrechtliche Pflichten können von der Aufsichtsbehörde beanstandet und im Notfall durch Weisungen oder Verfahren nach GO/GkG sanktioniert werden.

Inwieweit sind Satzungen von Stadt-Umland-Verbänden rechtlich verbindlich und wie werden sie erlassen?

Die Satzung eines Stadt-Umland-Verbands stellt das konstitutive Rechtsdokument des Verbandes dar und regelt verbindlich dessen Zusammensetzung, Aufgaben, Organe, Beschlussfassung und Vertretung sowie finanzielle und administrative Grundlagen. Die Satzung bedarf grundsätzlich der Zustimmung durch die Vertreterversammlung des Verbandes und wird häufig vor Inkrafttreten von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt. Änderungen der Satzung unterliegen den gleichen formellen Anforderungen wie die Errichtungssatzung selbst. Die Satzungsautonomie ist jedoch durch höherrangiges Recht, insbesondere die Gemeindeordnung und einschlägige Spezialgesetze, beschränkt. Verstößt eine Satzung gegen zwingendes Recht, kann diese ganz oder teilweise durch die zuständige Rechtsaufsicht aufgehoben oder im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens für nichtig erklärt werden.

Welche Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte haben die Mitgliedskommunen im Verband rechtlich?

Rechtlich garantiert ist, dass alle Mitgliedskommunen eines Stadt-Umland-Verbands in den Organen des Verbands repräsentiert werden. Die konkrete Ausgestaltung der Beteiligungsrechte, insbesondere die Gewichtung der Stimmen innerhalb der Verbandsversammlung, richtet sich nach dem jeweiligen Landesrecht bzw. der Verbandssatzung. Die demokratische Legitimation wird durch die Entsendung von Vertretern aus den Kommunalparlamenten sichergestellt. Auch Minderheitenrechte, Antragsrecht und Transparenzgebote sind rechtlich festzuschreiben. Bestimmte grundlegende Entscheidungen, wie etwa Satzungsänderungen, Haushaltsbeschlüsse oder Aufnahme neuer Mitglieder, bedürfen häufig qualifizierter Mehrheiten oder sogar der Zustimmung aller Mitgliedskommunen. Daneben bestehen rechtliche Möglichkeiten für Kommunen, sich bei massiven Konflikten auf dem Verwaltungsrechtsweg gegen Beschlüsse des Verbands zu wehren oder im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts auf Selbstbefreiung zu klagen.

Wie werden die finanziellen Lasten und das Budgetrecht im Stadt-Umland-Verband rechtlich geregelt?

Die Finanzierung von Stadt-Umland-Verbänden basiert auf den gesetzlich oder satzungsrechtlich geregelten Umlagen, Beiträgen oder spezifischen Zuweisungen der Mitgliedskommunen. Die Höhe und Berechnung dieser Umlagen ist in der Satzung festgelegt und orientiert sich in der Regel an Faktoren wie Einwohnerzahl, Steuerkraft oder Aufgabenumfang. Die Haushaltshoheit liegt beim Verband, die Pflicht zur Haushaltsaufstellung (Haushaltsplan, Wirtschaftsplan) ergibt sich aus dem jeweiligen Kommunalhaushaltsrecht der Länder. Über den Haushalt entscheidet die Verbandversammlung. Die rechtlichen Vorgaben zur Haushaltsführung, Rechnungslegung, Verschuldungsgrenze und Prüfung entsprechen denen von Kommunen und sind durch Aufsichtsbehörden überprüfbar. Im Streitfall sind sowohl verwaltungsrechtliche Rechtsbehelfe gegen Haushaltsentscheidungen möglich als auch Klagen gegen Umlagenbescheide.