Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung
Begriff und Ursprung
Die Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung bezeichnet die fortdauernde Abwicklungs- und Liquidationsphase der ehemaligen staatlichen Versicherungseinrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990. Die Staatliche Versicherung der DDR war eine zentrale Institution, die Aufgaben im Bereich des Versicherungswesens wahrnahm und die Versicherungsbedürfnisse von Privatpersonen, Unternehmen sowie staatlichen Stellen in der DDR bediente. Nach dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990 stellte die Staatliche Versicherung ihre Tätigkeit ein und trat in eine rechtlich geregelte Abwicklungsphase ein, um bestehende Vertrags- und Rechtsverhältnisse ordnungsgemäß zu beenden.
Rechtliche Grundlagen und Normen
Überleitung durch Staatsvertrag und Einigungsvertrag
Die rechtliche Basis für die Abwicklung bildet vor allem Artikel 25 Absatz 1 des Einigungsvertrages in Verbindung mit den Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sowie ergänzender Vorschriften der Treuhandanstalt. Nach Maßgabe der §§ 357, 362 VAG wurden die Aufgaben und Bestände der Staatlichen Versicherung in Treuhandverwaltung überführt, um die Interessen der Versicherungsnehmer und Dritter zu schützen.
Anwendbare Rechtsvorschriften
Mit Wirkung zum 3. Oktober 1990 unterlagen die Einrichtungen der ehemaligen DDR dem bundesdeutschen Versicherungsrecht. Die § 18 und § 23 des Einigungsvertrages, das DDR-Versicherungsüberleitungsgesetz (VersÜG-DDR) und umfangreiche Durchführungsverordnungen regeln die weitere Verfahrensweise in Bezug auf Abwicklung, Gläubigerinteressen und fortwirkende Verpflichtungen.
Organe und Verfahren der Abwicklung
Treuhandanstalt und Nachfolgeinstitutionen
Die Abwicklung wurde zunächst durch die Treuhandanstalt durchgeführt, die später von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) abgelöst wurde. Die praktische Abwicklung übernahm der Staatsversicherungsverband e.V. (SVV), der als juristische Person des privaten Rechts mit öffentlich-rechtlichem Abwicklungsauftrag eingerichtet wurde. Der SVV ist als „Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung“ rechtsfähig und zur Erfüllung der Verbindlichkeiten sowie zur Durchsetzung der Forderungen befugt.
Abschluss der Abwicklung und Rechtsnachfolge
Die Abwicklungsvorschriften sehen eine geordnete Liquidation aller Aktiva und Passiva der Staatlichen Versicherung der DDR vor. Die Rechtsnachfolge regelt, dass offene Verträge entweder ordnungsgemäß erfüllt, gekündigt oder wirksam auf neue Träger – meist private Versicherungsunternehmen – übertragen wurden. Ansprüche aus Altverträgen können nur unter Beachtung der Fristen und Formerfordernisse des jeweiligen Versicherungsvertrages sowie der besonderen Übergangsvorschriften geltend gemacht werden.
Rechtliche Auswirkungen für Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigte
Bestandsübertragung und Sicherstellung der Ansprüche
Im Zuge der Abwicklung wurden große Teile des Versicherungsbestands mit Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf westdeutsche Versicherungsunternehmen übertragen. Für Altverträge, deren Fortführung nicht möglich war, erfolgte eine außerordentliche Vertragsbeendigung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen. Für Versicherungsnehmer verblieb ein Sonderkündigungsrecht, um Nachteile durch rechtliche oder wirtschaftliche Veränderungen zu verhindern.
Behandlung von Haftungs- und Restitutionsansprüchen
Besondere rechtliche Bedeutung kommt der Behandlung offener Schadens- sowie Restitutionsansprüche zu. Geschädigte oder anspruchsberechtigte Personen können Ansprüche noch gegenüber der Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung geltend machen, sofern dies unter Beachtung der Ausschlussfristen und Nachweislast erfolgt. Die Rechtsprechung sieht in Einzelfällen Nachfristen oder Sonderregelungen bei nicht eindeutiger Lagerung der Rechtsverhältnisse vor.
Vermögensrechtliche Fragen und Insolvenzrecht
Liquidation und Verwertung von Aktiva
Die Abwicklung erfolgt gemäß den Vorschriften über die geordnete Liquidation einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft bzw. eines Versicherungsvereins. Vermögenswerte werden realisiert und zur Befriedigung der Gläubigeransprüche verwendet.
Insolvenzverfahren und Gläubigerstellung
Die Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung unterliegt bei Zahlungsunfähigkeit den Bestimmungen des Insolvenzrechts. Für die Anmeldung und Durchsetzung der Forderungen gelten die §§ 174 ff. Insolvenzordnung (InsO). Ein etwaiges Insolvenzverfahren wirkt sich auf die Ranganordnung der Gläubiger und die Verteilung der Masse aus.
Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte
Steuerliche Pflichten in der Abwicklungsphase
Die Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung ist als Abwicklungskörperschaft auch steuerpflichtig, soweit steuerrechtlich relevante Einkünfte und Erträge aus der Abwicklungsmasse erzielt werden. Die steuerliche Behandlung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des Körperschaftssteuer- und Umsatzsteuerrechts.
Sozialversicherungsrechtliche Übergangsregelungen
Bestehende Verpflichtungen gegenüber ehemaligen Beschäftigten, insbesondere betriebliche Altersversorgung und sonstige Nebenleistungen, werden im Rahmen der Abwicklung nach den geltenden Bestimmungen fortgeführt oder abgelöst.
Zusammenfassung
Die Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung ist ein institutionsrechtlicher Begriff zur Beschreibung und Regelung der geordneten Liquidation und Fortführung aller Rechten und Pflichten der einstigen staatlichen Versicherungsunternehmen der DDR nach 1990. Sie stellt sicher, dass ehemalige Versicherungsnehmer und Gläubiger ihre berechtigten Ansprüche geltend machen können, während offene wirtschaftliche und gesellschaftliche Verpflichtungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechend abgewickelt werden. Im Zusammenspiel zwischen öffentlich-rechtlichem Abwicklungszweck und privatrechtlicher Organisationsform nimmt die Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung eine zentrale Rolle im rechtlichen Transformationsprozess nach dem Systemwechsel ein.
Häufig gestellte Fragen
In welchem rechtlichen Rahmen erfolgt die Abwicklung der Staatlichen Versicherung der DDR?
Die Abwicklung der Staatlichen Versicherung der DDR erfolgt auf der Grundlage des Einigungsvertrages sowie spezifischer bundesdeutscher Regelungen, vor allem dem Gesetz zur Durchführung der Abwicklung der Staatlichen Versicherung der DDR (StVAbwG). Nach Artikel 21 Absatz 5 Einigungsvertrag obliegt die Rechtsnachfolge und Abwicklung der Staatlichen Versicherung der DDR dem Bund. Im Zuge dieses Prozesses übernimmt die Bundesrepublik Deutschland sämtliche Rechte und Pflichten, die zuvor der Staatlichen Versicherung der DDR zuzuordnen waren. Die konkrete Verwaltung und Erledigung von Altversicherungsverträgen, Leistungsansprüchen und Rückkaufswerten wird durch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) und nachgeordneten Stellen wahrgenommen. Für die Versicherten ergibt sich daraus, dass Ansprüche und Rückabwicklungen auf der Basis des bundesdeutschen Versicherungsrechtes zu prüfen und gegebenenfalls abzugelten sind. Rechtsgrundlagen finden sich insbesondere im Versicherungsaufsichtsrecht und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), soweit nationale Vorschriften nach dem Einigungsvertrag Anwendung finden. Gerichtliche Auseinandersetzungen werden regelmäßig vor den Zivilgerichten geführt, wobei ausschließlich deutsches Recht maßgeblich ist.
Welche Ansprüche können ehemalige Versicherungsnehmer aus Altverträgen geltend machen?
Ehemalige Versicherungsnehmer können grundsätzlich Ansprüche aus Lebensversicherungen, Rentenversicherungen, Unfallversicherungen sowie Sachversicherungen geltend machen, die vor dem 3. Oktober 1990 mit der Staatlichen Versicherung der DDR abgeschlossen wurden. Die Versicherten haben weiterhin das Recht auf Auszahlung von Rückkaufswerten bei vorzeitiger Vertragsauflösung, Auszahlung vereinbarter Leistungen im Versicherungsfall sowie auf Überschussbeteiligungen, sofern diese vertraglich vereinbart wurden. Allerdings sind eventuelle Leistungsausschlüsse, Obliegenheitsverletzungen und die allgemeinen Versicherungsbedingungen der damaligen DDR-Gesetzgebung und der jeweiligen Vertragsfassung zu prüfen. Weiterhin gilt, dass die Erfüllung und Abwicklung dieser Ansprüche nach bundesdeutschem Recht erfolgt, was insbesondere für die Verjährung und die Anspruchsanmeldung von Bedeutung ist. Verjährungsfristen richten sich nach den im BGB geltenden Fristen, sofern keine abweichenden Übergangsregelungen bestehen.
Wie gestaltet sich der Ablauf der Anspruchsanmeldung und welche Fristen gelten?
Ansprüche müssen schriftlich gegenüber der für die Abwicklung zuständigen Stelle – regelmäßig der Deutschen Rentenversicherung Bund bzw. der BvS oder deren Rechtsnachfolger – geltend gemacht werden. Hierfür ist häufig die Vorlage des Originalversicherungsscheins sowie weiterer Nachweise (z. B. Zahlungsbelege, Kündigungsschreiben oder Totenschein im Leistungsfall) erforderlich. Die maßgeblichen Fristen richten sich nach bürgerlich-rechtlichen Regelungen; § 195 BGB sieht eine regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren vor, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte hiervon Kenntnis erlangt hat. In Einzelfällen sind Übergangsregelungen nach Einigungsvertrag und spezieller Abwicklungsgesetzgebung zu beachten, die abweichende Stichtage oder Hemmungstatbestände vorsehen können.
Was geschieht bei zwischenzeitlich ausgezahlten oder abgetretenen Ansprüchen aus DDR-Altverträgen?
Sind Ansprüche aus Altverträgen bereits vor oder im Zuge der Abwicklung ausgezahlt worden, besteht grundsätzlich kein weiterer Zahlungsanspruch, sofern die Auszahlung rechtmäßig erfolgte. Im Falle von Abtretungen – z. B. wenn ein Anspruch im Rahmen einer Schenkung, einer Erbschaft oder zur Absicherung eines Darlehens weitergegeben wurde – ist die anerkannte Rechtsnachfolge nachzuweisen, etwa durch Vorlage einer Abtretungsanzeige, eines Erbscheins oder entsprechender notarieller Urkunde. Etwaige Unwirksamkeiten oder Anfechtungen müssen im Rahmen des jeweiligen Zivilverfahrens geltend gemacht werden.
Wie werden Erb- und Nachlassfälle hinsichtlich der Staatlichen Versicherung der DDR behandelt?
Im Erbfall gehen alle Rechte und Pflichten aus Versicherungsverträgen auf die Erben über. Diese müssen ihre Berechtigung durch einen Erbschein oder ein notarielles Testament nachweisen. Offene Ansprüche können von den Erben geltend gemacht werden. Für Lebensversicherungen gelten zusätzlich die Bestimmungen zur Bezugsberechtigung: Wurde eine bestimmte Person als Bezugsberechtigter im Todesfall benannt, geht das Leistungsrecht unmittelbar auf diese Person über, außerhalb des Nachlasses. Es ist darauf zu achten, dass Erbstreitigkeiten oder Unklarheiten hinsichtlich der Bezugsrechte vor der Anspruchsanmeldung geklärt sein sollten, da die Abwicklungsstellen nur bei eindeutiger Nachweislage leisten.
Wie sind Überzahlungen, Doppelzahlungen oder Rückforderungsansprüche geregelt?
Sollten nachgewiesenermaßen zu hohe Auszahlungen oder Doppelzahlungen aus Altverträgen erfolgt sein, sind diese nach § 812 ff. BGB als ungerechtfertigte Bereicherung zurückzuerstatten. Die jeweiligen Abwicklungsträger haben das Recht, überzahlte Beträge zurückzufordern, gegebenenfalls auf dem Klagewege. Der Anspruch auf Rückforderung unterliegt ebenfalls der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend ab dem Zeitpunkt, an dem die betreffende Stelle von der Überzahlung Kenntnis erlangt hat. Eine Verrechnung mit eventuell noch offenstehenden Ansprüchen ist möglich, muss jedoch formell angekündigt werden.
Welche Möglichkeiten des Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels bestehen bei Streitigkeiten?
Gegen Bescheide oder Entscheidungen der Abwicklungsstellen steht dem Antragsteller der ordentliche Rechtsweg offen, in der Regel zum zuständigen Amts- oder Landgericht als Zivilgericht. Im Verwaltungsverfahren ist zunächst ein schriftlicher Widerspruch bei der ausstellenden Stelle erforderlich. Sollte keine Einigung erzielt werden, kann Klage vor Gericht erhoben werden. Für Streitigkeiten über Lebens- und private Sachversicherungen findet das deutsche Versicherungsvertragsgesetz (VVG) Anwendung. Zudem existieren derzeit Schlichtungsstellen, die kostenfreie Vermittlung anbieten, etwa der Versicherungsombudsmann, deren Entscheidung allerdings keine gerichtliche Geltendmachung ersetzt.