Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verkehrsrecht»Spiele auf der Straße

Spiele auf der Straße


Begriffsbestimmung und Einleitung

Der Ausdruck Spiele auf der Straße beschreibt Aktivitäten, bei denen insbesondere Kinder, Jugendliche oder auch Erwachsene spielerisch den öffentlichen Verkehrsraum wie Fahrbahnen, Gehwege oder Plätze nutzen. In rechtlicher Hinsicht umfasst dieser Begriff verschiedenste Aspekte des Straßen-, Ordnungs- und Haftungsrechts. Im Folgenden werden die maßgeblichen Regelungen, gerichtlichen Entscheidungen, Haftungsfragen sowie relevante Abwägungen von Interessen und Schutzbedürfnissen der Beteiligten detailliert erläutert.


Straßenrechtliche Beurteilung

Öffentlicher Verkehrsraum und Widmung

Öffentliche Straßen, Wege und Plätze sind grundsätzlich für den Gemeingebrauch durch die Allgemeinheit gewidmet. Die Nutzung umfasst insbesondere den Verkehr mit Fahrzeugen und Fußgängern. Spiele auf der Straße gelten jedoch rechtlich nicht als verkehrsübliche Nutzung, sondern als Sondernutzung (§ 29 Abs. 1 und 2 StVO, Landesstraßengesetze), da sie über den Gemeingebrauch hinausgehen und besondere Risiken oder Störungen des Straßenverkehrs beinhalten können.

Sondernutzung und Genehmigungserfordernis

Das Spielen auf öffentlichen Straßen bedarf zumeist einer ausdrücklichen Erlaubnis durch die zuständige Ordnungsbehörde oder Straßenbaubehörde (§ 8 Abs. 1 Bundesfernstraßengesetz bzw. entsprechende Landesgesetze). Wird ohne entsprechende Erlaubnis gespielt, kann dies als unerlaubte Sondernutzung gewertet werden und ordnungswidrigkeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Ausnahme bei reinen Anliegerstraßen und verkehrsberuhigten Bereichen

Ein Ausnahmefall besteht für verkehrsberuhigte Bereiche („Spielstraße“) nach § 42 Abs. 3 StVO. Dort ist das Spielen ausdrücklich gestattet, sofern dies die Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet. Auf solchen Flächen wird das Miteinander von spielenden Kindern und Fahrzeugen gleichermaßen ermöglicht, wobei Höchstgeschwindigkeiten für Fahrzeuge zu beachten sind.


Straßenverkehrsordnung (StVO) und ordnungsrechtliche Vorschriften

Relevanz des § 31 StVO

Gemäß § 31 Abs. 1 StVO ist das Spielen auf der Fahrbahn oder auf Radwegen innerhalb geschlossener Ortschaften grundsätzlich untersagt, es sei denn, dies ist durch Verkehrszeichen ausdrücklich erlaubt. Die Regelung dient dem Schutz der Spieler, aber auch der anderen Verkehrsteilnehmer, wie Autofahrern und Radfahrern. Zuwiderhandlungen können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

Spielstraßen und verkehrsberuhigte Bereiche

In Straßen, die entsprechend beschildert oder ausdrücklich als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen sind (Zeichen 325.1 und 325.2 StVO), ist das Spielen auf der gesamten Straßenbreite zulässig. Für Fahrzeugverkehr gilt hier Schrittgeschwindigkeit; Fahrende müssen besondere Rücksicht auf spielende Kinder nehmen.


Haftungsrechtliche Aspekte

Verkehrssicherungspflichten

Die Gemeinde bzw. der Verkehrssicherungspflichtige einer Straße hat Maßnahmen zu treffen, um die Straße in einem verkehrssicheren Zustand zu halten (§ 823 BGB analog). Werden Straßen als Spielfläche genutzt, steigen die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht, etwa durch die Aufstellung entsprechender Verkehrsschilder, Beseitigung von Gefahrenquellen und ggf. Überwachungsmaßnahmen.

Haftung der Aufsichtspersonen

Aufsichtspflichtige, typischerweise Erziehungsberechtigte, müssen das Spielverhalten von Kindern insbesondere auf öffentlichen Straßen besonnen und mit entsprechender Sorgfalt überwachen (§ 832 BGB). Kommt es durch Missachtung dieser Pflichten zu Schäden oder Unfällen, kann eine Haftung für Aufsichtspflichtverletzung bestehen.

Haftung von Spielenden

Kinder unter sieben Jahren sind für Schäden im Straßenverkehr grundsätzlich nicht verantwortlich (§ 828 BGB). Jugendliche ab sieben Jahren haften, sofern sie die erforderliche Einsicht in die Gefährlichkeit ihres Handelns besitzen. Bei Schäden an geparkten Fahrzeugen oder anderen Verkehrsteilnehmern können in diesem Zusammenhang Fragen der Mitverantwortung und des Mitverschuldens auftreten.


Polizei- und Ordnungsrecht

Eingriffsrechte von Ordnungsbehörden

Gefährden Spiele auf der Straße die öffentliche Sicherheit oder Ordnung – etwa durch die Behinderung des Verkehrs oder Lärmbelästigung – sind Polizei oder Ordnungsamt befugt, einschreitend zu wirken. Die Maßnahmen reichen von mündlichen Belehrungen bis hin zu Bußgeldern oder Platzverweisen (§ 1, 118 OwiG).

Einschränkungen durch kommunale Satzungen

Städte und Gemeinden haben die Möglichkeit, mittels kommunaler Satzungen das Spielen auf bestimmten Straßenbereichen zu regeln oder zu untersagen (z. B. Spielverbote in stark befahrenen Straßen oder zu bestimmten Tageszeiten). Diese Regelungen ergänzen die bundesrechtlichen Vorschriften und dienen der Gefahrenabwehr.


Versicherungsrechtliche Aspekte

Haftpflichtversicherungen

Typischerweise fallen Schäden, die beim Spielen auf der Straße entstehen, unter den Deckungsumfang privater Haftpflichtversicherungen, sofern keine grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliche Schadensverursachung vorliegt. Eltern von Kindern sollten ihre Verträge auf etwaige Ausschlüsse prüfen, insbesondere im Hinblick auf Aufsichtspflichtverletzungen.

Schadensregulierung durch Kfz-Versicherer

Kommt es zu einem Unfall zwischen einem Fahrzeug und spielenden Kindern, besteht für Geschädigte im Rahmen der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG gegebenenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Halter des Fahrzeugs, auch wenn den Fahrer kein (Mit-)Verschulden trifft.


Schutzwürdige Interessen und Abwägungen

Schutz minderjähriger Verkehrsteilnehmer

Kinder gelten verkehrsrechtlich als besonders schützenswert. Die StVO trägt diesem Umstand Rechnung, indem sie vor allem im Bereich der verkehrsberuhigten Zonen und Schulwege erhöhte Rücksicht und geringere Geschwindigkeit vorschreibt.

Interessen der Allgemeinheit und Anwohner

Das Bedürfnis nach sicherem Wohnumfeld und kindgerechtem Lebensraum steht mitunter im Konflikt zu den Interessen des fließenden Verkehrs. Rechtlich wird diesem Ausgleich durch Straßenplanung, Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und Einzelregelungen Rechnung getragen.


Zusammenfassung

Spiele auf der Straße sind ein kulturell und gesellschaftlich bedeutsames Phänomen, das jedoch im öffentlichen Verkehrsraum aus Gründen der Sicherheit und Ordnung strengen rechtlichen Regelungen unterliegt. Die maßgeblichen Vorschriften finden sich in der Straßenverkehrsordnung, dem Straßen- und Ordnungsrecht sowie zivilrechtlichen Haftungsvorschriften. Für die rechtmäßige Durchführung von Straßenspielen ist regelmäßig eine behördliche Erlaubnis erforderlich, es sei denn, das Spielen ist im Einzelfall ausdrücklich zugelassen. Eltern und Aufsichtspersonen trifft eine besondere Verantwortung bei der Überwachung spielender Kinder. Versicherungsfragen und die Verkehrssicherungspflichten der Straßenbaulastträger ergänzen die umfassende rechtliche Betrachtung dieses Themas.

Häufig gestellte Fragen

Dürfen Kinder und Jugendliche uneingeschränkt auf öffentlichen Straßen spielen?

Das Spielen auf öffentlichen Straßen ist grundsätzlich untersagt, da diese vorrangig dem Straßenverkehr dienen. Nach § 1 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist das Spielen auf der Fahrbahn, einschließlich Ballspielen, nicht gestattet, sofern es nicht ausdrücklich durch Verkehrszeichen oder Zusatzzeichen erlaubt wird. Diese Regelung dient dem Schutz der Spieler sowie der Verkehrssicherheit. In verkehrsberuhigten Bereichen („Spielstraßen“), gekennzeichnet durch das Verkehrszeichen 325.1, ist das Spielen jedoch ausdrücklich zugelassen. Die Erlaubnis gilt allerdings nur innerhalb der als verkehrsberuhigt ausgewiesenen Bereiche und unter der Voraussetzung, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden. Außerhalb solcher Zonen ist das Spielen auf der Straße eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Verwarnungsgeld geahndet werden. Insbesondere Eltern wird geraten, ihre Kinder über die Regelungen zu belehren, da bei wiederholtem oder gefährlichem Fehlverhalten auch die Aufsichtspflicht verletzt sein kann, was zivilrechtliche Haftungsfolgen haben könnte.

Wer haftet bei einem Unfall während des Straßenspiels?

Kommt es beim Spielen auf der Straße zu einem Unfall, haften in der Regel die Erziehungsberechtigten, sofern eine Verletzung der Aufsichtspflicht nachgewiesen werden kann. Haben sie jedoch alles Zumutbare getan, um die Kinder zu beaufsichtigen und über die Gefahren aufzuklären, liegt die Verantwortung primär beim Verursacher des Unfalls, etwa einem unaufmerksamen Kraftfahrer. Die sogenannte Gefährdungshaftung des Kfz-Führers gemäß § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz) kann greifen, wenn das Fahrzeug schuldhaft oder auch nur fahrlässig geführt wurde. Bei älteren Kindern oder Jugendlichen kann zudem geprüft werden, inwieweit ihnen ein Mitverschulden zur Last gelegt werden kann. Wichtig ist hierbei auch der Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung für Kinder, da öffentliche Straßen als „fremder Bereich“ gelten und Schäden an fremdem Eigentum nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung gedeckt sind.

Welche Strafen drohen bei Verstößen gegen das Verbot des Spielens auf Straßen?

Wer gegen das Verbot des Spielens auf Straßen verstößt, begeht nach § 49 Abs. 1 Nr. 24 StVO eine Ordnungswidrigkeit. Die Ahndung erfolgt in der Regel durch die örtliche Ordnungsbehörde und kann mit einem Verwarnungsgeld, meist zwischen 5 und 35 Euro, geahndet werden. Kommt es dabei durch das unerlaubte Spielen zu einem Unfall, können weitergehende zivil- und strafrechtliche Konsequenzen entstehen, insbesondere wenn Personen zu Schaden kommen oder eine erhebliche Verkehrsgefährdung eintrat. Eltern kann in gravierenden Fällen eine Verletzung der Aufsichtspflicht zur Last gelegt werden, was zu zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen führen kann.

Gibt es Ausnahmen für temporäre Straßensperrungen zum Zweck des Spielens?

Ja, es besteht die Möglichkeit, bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde eine temporäre Sperrung einer Straße für Spielzwecke zu beantragen. Dies geschieht häufig im Rahmen von Nachbarschaftsfesten oder besonderen Veranstaltungen. Die Sperrung muss genehmigt werden und ist in der Regel mit Auflagen verbunden, darunter die Sicherstellung der Verkehrssicherheit, das Anbringen von Absperrungen sowie eine begrenzte Dauer. Während des genehmigten Zeitraums gilt dann das Verbot des Spielens auf der Straße nicht. Die Verantwortung für die Einhaltung der Sicherheitsauflagen liegt beim Veranstalter, der unter Umständen auch haftbar gemacht werden kann.

Sind spezielle Spielstraßen gesetzlich geregelt und wie werden sie eingerichtet?

Spielstraßen – offiziell als verkehrsberuhigte Bereiche bezeichnet – sind nach § 42 Abs. 2 StVO durch das Verkehrszeichen 325.1 ausgewiesen. In diesen Zonen gilt, dass das Spielen auf der gesamten Straßenfläche erlaubt ist. Kraftfahrzeuge und Fahrräder dürfen nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren und müssen besondere Rücksicht auf spielende Kinder nehmen. Die Einrichtung solcher Bereiche erfolgt auf Antrag bei der Kommunalverwaltung; häufig nach ausgiebiger Prüfung der örtlichen Gegebenheiten und unter Beteiligung von Polizei sowie Anwohnern. Straßen mit intensivem Durchgangsverkehr, Bushaltestellen oder anderen Verkehrsknotenpunkten werden in der Regel nicht als verkehrsberuhigte Bereiche ausgewiesen. Verstöße gegen die Vorgaben in Spielstraßen (z.B. zu schnelles Fahren) werden streng geahndet.

Welche Rolle spielen Anwohnerrechte beim Spielen auf Anliegerstraßen?

Auf Anliegerstraßen, die nur von Anwohnern und deren Besuchern benutzt werden dürfen, ist das Spielen auf der Straße grundsätzlich nicht gestattet, sofern keine spezielle Freigabe besteht. Allerdings zeigen sich Behörden bei geringer Verkehrsdichte oft tolerant, solange die Sicherheit nicht gefährdet ist und keine Beschwerden der Anwohner vorliegen. Die kommunale Verwaltung kann mit Zustimmung der Anwohner temporäre Spielzeiten gestatten, dies geschieht aber stets im Einzelfall nach Antragstellung. Generell bleibt die Benutzung der öffentlichen Straße für den Fahrzeugverkehr vorrangig, die Rechte der Anwohner auf sichere und freie Zufahrt werden durch spielende Kinder nicht eingeschränkt. Bei Streitigkeiten müssen im Zweifel die Behörden entscheiden.

Wie sieht die rechtliche Lage beim Ballspielen auf dem Gehweg aus?

Das Ballspielen auf Gehwegen ist ebenfalls durch die StVO geregelt. Gehwege stehen primär Fußgängern zur Verfügung; ein gelegentliches, ungefährliches Spielen ist dort häufig toleriert, sofern andere nicht behindert werden. Kommt es jedoch durch Ballspielen auf dem Gehweg zu einer Gefahrensituation – etwa durch einen Ball, der auf die Fahrbahn gerät -, kann auch dies als Ordnungswidrigkeit belangt werden. Es obliegt dem Ordnungsamt im Einzelfall, Maßnahmen wie Ermahnungen oder Bußgelder zu verfügen. Eltern müssen sicherstellen, dass das Spielen auf dem Gehweg nicht Verkehrsteilnehmer gefährdet oder Fußgänger behindert, sonst droht eine Verletzung der Aufsichtspflicht.