Definition und Rechtsgrundlagen des Sparerfreibetrags
Der Sparerfreibetrag ist ein steuerlicher Freibetrag, der auf Einkünfte aus Kapitalvermögen Anwendung findet. Ziel ist es, private Sparer von der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge bis zu einem bestimmten Betrag zu entlasten. Die rechtliche Grundlage für den Sparerfreibetrag bildet § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Verbindung mit § 44a EStG. Mit Inkrafttreten der Abgeltungsteuer zum 1. Januar 2009 wurde der Sparerfreibetrag in den sogenannten Sparer-Pauschbetrag überführt. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist jedoch weiterhin vom Sparerfreibetrag die Rede.
Historische Entwicklung
Ursprünglicher Sparerfreibetrag
Der Sparerfreibetrag wurde in den 1950er Jahren eingeführt, um die private Vermögensbildung zu fördern. Bis Ende 2008 konnten Steuerpflichtige für ihre Kapitaleinkünfte einen Sparerfreibetrag sowie einen Werbungskostenpauschbetrag geltend machen. Im Jahr 2008 betrug der Sparerfreibetrag 750 Euro für Ledige und 1.500 Euro für Ehegatten, zuzüglich eines Werbungskostenpauschbetrags von 51 Euro (Ledige) beziehungsweise 102 Euro (Ehegatten).
Reform und Einführung des Sparer-Pauschbetrags
Mit Inkrafttreten der Abgeltungsteuer wurden die bisherigen Beträge unter dem Begriff Sparer-Pauschbetrag zusammengefasst. Seitdem gilt für Ledige ein jährlicher Freibetrag von 1.000 Euro und für Ehegatten bei Zusammenveranlagung 2.000 Euro (§ 20 Abs. 9 EStG ab 2023). Der Werbungskostenpauschbetrag entfiel, da Werbungskosten über den Sparer-Pauschbetrag hinaus nicht mehr abzugsfähig sind.
Anwendungsbereich
Begünstigte Einkünfte
Der Sparerfreibetrag bezieht sich ausschließlich auf Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 EStG, insbesondere:
- Zinsen aus Sparguthaben, Tages- und Festgeld
- Erträge aus Anleihen und Schuldverschreibungen
- Dividenden aus Aktien und Fondsanteilen
- Erträge aus Kapitallebensversicherungen (sofern steuerpflichtig)
Geltendmachung des Sparerfreibetrags
Der Abzug des Sparerfreibetrags beziehungsweise Sparer-Pauschbetrags erfolgt bereits im Rahmen der Kapitalertragsteuer-Erhebung durch die Bank, wenn ein Freistellungsauftrag gemäß § 44a Abs. 1 EStG erteilt wurde. Ohne Freistellungsauftrag werden die Kapitaleinkünfte ungeachtet des Sparer-Pauschbetrags der Abgeltungsteuer unterworfen und können erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung berücksichtigt werden.
Freistellungsauftrag
Natürliche Personen können bei inländischen Kreditinstituten einen Freistellungsauftrag bis zur Höhe des Sparerfreibetrags erteilen. Die Summe aller Freistellungsaufträge darf den gesetzlichen Höchstbetrag nicht übersteigen. Bei mehreren Bankverbindungen müssen Teilfreistellungsaufträge gestellt werden.
Nichtveranlagungsbescheinigung
Personen mit insgesamt sehr niedrigen Einkünften können gegenüber ihrer Bank eine Nichtveranlagungsbescheinigung vorlegen. Dann unterbleibt der Steuerabzug auf sämtliche Kapitalerträge.
Steuerrechtliche Besonderheiten
Verteilung des Freibetrags
Der Freibetrag kann auf mehrere Institute verteilt werden. Wichtig ist, dass die Summe aller erteilten Freistellungsaufträge je Person/Jahr den Pauschbetrag nicht überschreitet. Bei Überschreitung informiert die Bundeszentralstelle für Steuern die betroffenen Kreditinstitute.
Zusammenveranlagung bei Ehegatten
Ehegatten erhalten bei gemeinsamer steuerlicher Veranlagung den doppelten Freibetrag (2.000 Euro ab 2023), sofern ein gemeinsamer Freistellungsauftrag vorliegt.
Kapitalerträge für Minderjährige
Auch für minderjährige Steuerpflichtige besteht ein eigener Anspruch auf den Sparerfreibetrag. Voraussetzung ist, dass das Kind selbst Einkommensteuerpflichtiger ist und keine Zusammenveranlagung mit den Eltern erfolgt.
Überschreiten des Freibetrags
Werden die Kapitalerträge innerhalb eines Kalenderjahres durch den Sparerfreibetrag nicht vollständig abgedeckt, werden die übersteigenden Erträge pauschal mit 25 % (Abgeltungsteuer) zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer besteuert.
Verlustverrechnung
Verluste aus Kapitalvermögen können im Rahmen der Verlustverrechnung nach § 20 Abs. 6 EStG mit positiven Kapitalerträgen innerhalb desselben Jahres verrechnet werden. Der Sparerfreibetrag wird erst im Anschluss an die Verlustverrechnung berücksichtigt.
Verfahren bei der Einkommensteuerveranlagung
Wurde kein oder ein zu niedriger Freistellungsauftrag erteilt und auf Kapitalerträge Abgeltungsteuer erhoben, so kann der nicht ausgeschöpfte Sparerfreibetrag im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Die bereits gezahlte Steuer wird auf die Einkommensteuer angerechnet beziehungsweise erstattet.
Internationale Aspekte und Doppelbesteuerung
Bei ausländischen Kapitalerträgen findet der Sparer-Pauschbetrag gleichfalls Anwendung, sofern die daraus resultierenden Erträge in der Einkommensteuererklärung zu erklären sind. Eine etwaige ausländische Quellensteuer kann gemäß Doppelbesteuerungsabkommen und nach Maßgabe des § 34c EStG angerechnet oder abgezogen werden. Die Anrechnung erfolgt im Rahmen der Steuerveranlagung nach Abzug des Sparerfreibetrags.
Abgrenzungen und Abweichungen
Nicht unter den Sparerfreibetrag fallen Einkünfte, die nicht als Kapitalertrag im Sinne des § 20 EStG gelten, beispielsweise private Veräußerungsgeschäfte oder Einkünfte aus bestimmten Beteiligungen, bei denen andere steuerliche Regelungen greifen.
Sparerfreibetrag in der Praxis
Bedeutung für Steuerpflichtige
Der Sparerfreibetrag stellt eine wesentliche steuerliche Entlastung für private Anleger dar und fördert zugleich die private Vermögensbildung. Gerade bei niedrigen Zinsen und geringen Kapitalerträgen entfällt für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen die Abgeltungsteuer vollständig oder teilweise.
Steuerliche Optimierung
Durch gezielte Aufteilung des Freistellungsauftrags und die Nutzung aller Verrechnungsmöglichkeiten im Rahmen der jährlichen Steuererklärung kann der Nutzen des Sparerfreibetrags voll ausgeschöpft werden.
Gesetzliche Änderungen und aktuelle Entwicklungen
Mit Wirkung ab 2023 wurde der Sparer-Pauschbetrag im Rahmen des dritten Entlastungspakets von jeweils 801 Euro auf 1.000 Euro für Alleinstehende sowie von 1.602 Euro auf 2.000 Euro für zusammenveranlagte Ehegatten beziehungsweise Lebenspartner angehoben. Weitere gesetzliche Anpassungen im Hinblick auf die Gestaltung von Kapitaleinkünften und deren Besteuerung bleiben stets möglich und werden regelmäßig politisch diskutiert.
Literatur und weiterführende Informationen
- Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere § 20 und § 44a EStG.
- Bundesministerium der Finanzen: Informationen zur Abgeltungsteuer und zum Sparer-Pauschbetrag.
- Bundeszentralamt für Steuern: Freistellungsauftrag und Nichtveranlagungsbescheinigung.
- Stichwort „Sparerfreibetrag“ im Gabler Wirtschaftslexikon.
Diese Übersicht bietet eine strukturierte Darstellung sämtlicher relevanter rechtlicher Aspekte rund um den Sparerfreibetrag und seine Bedeutung im deutschen Steuerrecht.
Häufig gestellte Fragen
Wie beantrage ich den Sparerfreibetrag rechtlich korrekt?
Um den Sparerfreibetrag rechtlich korrekt geltend zu machen, muss ein sogenannter Freistellungsauftrag bei der jeweiligen Bank oder dem betreffenden Finanzinstitut eingereicht werden, bei dem Zinseinkünfte, Dividenden oder sonstige Kapitalerträge anfallen. Die rechtliche Grundlage hierfür ist § 44a EStG (Einkommensteuergesetz), wonach nur bei Vorliegen eines Freistellungsauftrags keine Abgeltungsteuer einbehalten wird, solange die Erträge den Freibetrag nicht überschreiten. Ein Freistellungsauftrag muss schriftlich oder in elektronischer Form (meist via Online-Banking) erteilt werden und die steuerliche Identifikationsnummer (Steuer-ID) des Auftraggebers enthalten. Die Banken sind gesetzlich verpflichtet, die Einhaltung des maximal zulässigen Sparerfreibetrags (1.000 Euro für Alleinstehende, 2.000 Euro für Verheiratete bzw. eingetragene Lebenspartner, Stand 2024) zu überprüfen. Bei Überschreitung dieses Betrags entfällt die Freistellung, und Beträge darüber hinaus werden der Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag sowie ggf. der Kirchensteuer unterworfen. Ein Freistellungsauftrag kann jederzeit geändert oder widerrufen werden, wobei die Änderungen rechtlich erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung wirksam werden. Bei mehreren Kreditinstituten ist es wichtig zu beachten, dass die Summe aller erteilten Freistellungsaufträge den gesetzlichen Höchstbetrag nicht überschreiten darf, andernfalls drohen steuerrechtliche Konsequenzen, wie etwa Nachforderungen durch das Finanzamt.
Was passiert bei Nichtausnutzung oder Überschreitung des Sparerfreibetrages aus steuerrechtlicher Sicht?
Wenn der Sparerfreibetrag im betreffenden Steuerjahr nicht vollständig genutzt wird, verfällt der nicht genutzte Betrag; eine Übertragung auf folgende Jahre ist rechtlich grundsätzlich ausgeschlossen. Wird bei verschiedenen Banken ein Freistellungsauftrag in Summe über den gesetzlich festgelegten Freibetrag erteilt, besteht eine Mitwirkungs- und Überwachungspflicht des Steuerpflichtigen (§ 44a Abs. 2 Satz 3 EStG). Überschreitungen werden über die Jahressteuerbescheinigungen den Finanzämtern im Rahmen der Steuererklärung bekannt. Das Finanzamt prüft, ob die Summe aller Freistellungsaufträge den zulässigen Höchstbetrag einhält. Ist dies nicht der Fall, kann es zu Steuernachforderungen und ggf. steuerlichen Strafzahlungen kommen, insbesondere bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Falschangabe. Falls jedoch trotz nicht (vollständig) ausgeschöpftem Freibetrag Abgeltungsteuer abgezogen wurde, kann diese im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zurückgefordert werden.
Welche rechtlichen Konsequenzen hat eine fehlerhafte Angabe im Freistellungsauftrag?
Wird im Freistellungsauftrag eine falsche steuerliche Identifikationsnummer angegeben oder der Auftrag fehlerhaft ausgefüllt, gilt der Freistellungsauftrag als nicht erteilt und die Bank ist rechtlich verpflichtet, die vollen Steuern einzubehalten und abzuführen. Darüber hinaus sind durch falsche oder zu hohe Angaben im Freistellungsauftrag, die zu einer ungerechtfertigten Steuerfreistellung führen, steuerliche Nachforderungen zu erwarten, sobald diese im Rahmen der Steuerprüfung oder durch Datenabgleich auffallen. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit (§ 370 AO – Abgabenordnung) kann das Finanzamt zudem ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren einleiten und ggf. Bußgelder oder zusätzliche steuerliche Sanktionen verhängen.
Wird der Sparerfreibetrag automatisch auf bestehende Kapitalerträge angewandt oder ist eine jährliche Beantragung erforderlich?
Der Freistellungsauftrag muss explizit bei der jeweiligen Bank einmalig erteilt werden und bleibt bis zum ausdrücklichen Widerruf oder bis zum Ablauf eines befristeten Zeitraums (sofern dies vom Sparer bestimmt wird) gültig. Eine automatische jährliche Beantragung ist nach § 44a Abs. 2 EStG nicht erforderlich, es sei denn, der Kontoinhaber möchte seine Freistellungshöhe ändern, einen neuen Auftrag erteilen oder den Auftrag auflösen. Änderungen werden aus rechtlicher Sicht ausschließlich auf zukünftige Erträge angewandt, Rückwirkungen auf bereits steuerlich behandelte Zinserträge oder Dividenden im laufenden Jahr sind ausgeschlossen.
Wie kann der Sparerfreibetrag rechtlich voll ausgeschöpft werden, wenn mehrere Banken genutzt werden?
Der Steuerpflichtige ist verpflichtet, die Summe seiner Freistellungsaufträge so aufzuteilen, dass der gesetzliche Höchstbetrag (1.000 Euro/2.000 Euro) nicht überschritten wird (§ 44a Abs. 2 EStG). Dies kann durch prozentuale oder absolute Aufteilung auf verschiedene Institute erfolgen, wobei der Gesamtbetrag maßgeblich ist. Die Verantwortung für die korrekte Zuweisung liegt beim Steuerpflichtigen, die Finanzinstitute sind jedoch verpflichtet, jedes Kalenderjahr die Einhaltung des Maximalbetrags zu kontrollieren. Übersteigt die Summe aller Freistellungsaufträge den gesetzlichen Höchstbetrag, ist jede einzelne Bank zur Einbehaltung der Steuer auf den übersteigenden Betrag verpflichtet, sofern sie von der Überschreitung Kenntnis erlangt. Eine zentrale Meldepflicht über die genauen Anteile bei anderen Instituten besteht nicht, jedoch muss der Steuerpflichtige mit einer Abfrage im Rahmen der Steuerfestsetzung (Einkommensteuererklärung) rechnen.
Welche Unterlagen und Nachweise sind für die steuerliche Geltendmachung im Rahmen der Einkommensteuer relevant?
Für die Einreichung bei der Einkommensteuer sind insbesondere die Jahressteuerbescheinigungen der Banken und Kreditinstitute erforderlich, die sämtliche freigestellten und versteuerten Kapitalerträge dokumentieren. Über die Anlage KAP in der Einkommensteuererklärung werden diese Angaben dem Finanzamt offengelegt. Zustäzlich kann das Finanzamt Nachweise über die ausgestellten Freistellungsaufträge verlangen, um die Rechtmäßigkeit der steuerlichen Freistellung zu prüfen. Wichtig ist, dass sämtliche Daten vollständig und korrekt angegeben werden, andernfalls kann dies zu Verzögerungen und Nachprüfungen führen.
Was passiert mit dem Sparerfreibetrag bei Tod des Kontoinhabers aus erb- und steuerrechtlicher Sicht?
Im Todesfall des Kontoinhabers erlischt der Freistellungsauftrag automatisch und etwaige Kapitalerträge nach dem Tod werden steuerlich dem Erben bzw. dem Nachlass zugeordnet. Ab dem Todestag muss für den Nachlass ein eigener Freistellungsauftrag gestellt werden, sofern Kapitalerträge dem Nachlasskonto gutgeschrieben werden. Erben können für die Zeit nach dem Erbfall neue Freistellungsaufträge auf eigene Namen und Steuernummern erteilen. Steuerlich wird für den Verstorbenen bis zum Todestag eine letzte Einkommensteuererklärung (sog. „Erklärung zur Feststellung des verbleibenden persönlichen Freibetrags“) abgegeben, in der die bis zum Tod genutzten Freibeträge Berücksichtigung finden. Abführungen oder Rückerstattungen werden vom Finanzamt vorgenommen.