Begriff und rechtliche Einordnung der Sozialwohnung
Sozialwohnung bezeichnet eine wohnungsrechtliche Kategorie von Wohnraum, der mit öffentlichen Mitteln gefördert und einer sozialen Bindung unterliegt. Ziel ist es, preisgünstigen Wohnraum für Personenkreise mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten bereitzustellen. Die rechtliche Ausgestaltung der Sozialwohnung ist maßgeblich durch bundes- und landesgesetzliche Vorgaben geprägt und stellt einen wichtigen Baustein der Wohnungspolitik in Deutschland dar.
Historische Entwicklung der Sozialwohnung
Die Ursprünge der Sozialwohnung lassen sich bis in die Zeit der beginnenden Industrialisierung zurückverfolgen, als staatliche und kommunale Stellen sowie gemeinnützige Organisationen verstärkt begannen, Wohnraum für Bedürftige zu schaffen. Das heutige System der Förderung und staatlichen Steuerung entstand insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus.
Begriffliche Abgrenzung
Der Begriff Sozialwohnung wird oft synonym mit „öffentlich gefördertem Wohnraum“ oder „Wohnraum mit Mietbindung“ verwendet. Pragmatisch betrachtet handelt es sich immer um Wohnraum, dessen Förderung an bestimmte sozialpolitische Zielsetzungen und an die Einhaltung mehrjähriger Zweckbindungen geknüpft ist.
Gesetzliche Grundlagen
Bundesrechtliche Regelungen
Die zentralen Regelungen zur Sozialwohnung finden sich im Wohnraumförderungsgesetz (WoFG). Dieses trat am 1. Januar 2002 in Kraft und löste das bisherige Zweite Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG) ab.
Wohnraumförderungsgesetz (WoFG)
Das WoFG regelt die Grundsätze der Förderung von sozialem Wohnungsbau und legt insbesondere fest:
- Zweck und Mittel der Wohnraumförderung (§ 1 WoFG),
- Formen der Förderung (Zuschüsse, Darlehen, Bürgschaften, sonstige Vorteile),
- soziale Bindungen und deren Dauer (§ 16 WoFG),
- Voraussetzungen für Bewilligungen und den Kreis der Berechtigten.
Landesrechtliche Regelungen
Die konkrete Ausgestaltung der Förderung, die Qualifizierung als Sozialwohnung sowie die Vergabe und Mietpreisbildung werden überwiegend im Wege der Länderkompetenz geregelt. Nach der Föderalismusreform fällt die soziale Wohnraumförderung in den Aufgabenbereich der Bundesländer. Die meisten Bundesländer haben eigene Wohnraumförderungsgesetze oder Durchführungsverordnungen geschaffen.
Beispiele für landesrechtliche Regelungen
- Wohnraumförderungsgesetz NRW (WFNG NRW)
- Wohnraumförderungsgesetz Baden-Württemberg (LFGBW)
- Förderprogramme der jeweiligen Landesbanken, zum Beispiel der Investitionsbank Berlin (IBB)
Merkmale der Sozialwohnung
Wohnungsbindung
Sozialwohnungen unterliegen nach § 5 WoFG einer sogenannten Belegungsbindung. Die Eigentümer dürfen diese Wohnungen grundsätzlich nur an Personen vermieten, die über einen gültigen Wohnberechtigungsschein (WBS) verfügen und damit die Einkommensgrenzen nach § 9 WoFG bzw. den landesrechtlichen Vorschriften einhalten.
Mietbindung
Es besteht eine Mietpreisbindung, das heißt, die Miethöhe wird auf Grundlage förderrechtlicher Vorschriften gedeckelt. Über die Dauer der Bindung hinweg – meist zwischen 15 und 30 Jahren, teils darüber hinaus – dürfen Mieten nur innerhalb festgelegter Obergrenzen erhöht werden.
Zweckbindung und Nachwirkungsfrist
Sozialwohnungen werden über einen definierten Zeitraum zweckgebunden genutzt. Nach Ablauf der gesetzlichen Bindungsfristen fallen die Wohnungen sukzessive aus dem förderrechtlichen Regime heraus, bleiben aber teils noch einer Nachwirkungsfrist unterworfen („Nachwirkungsbindung“), etwa bezüglich der Belegungsrechte oder der Mieterhöhungsmodalitäten.
Fördervoraussetzungen und Zielgruppen
Einkommensgrenzen
Für den Erhalt einer Sozialwohnung ist die Einhaltung von Einkommensgrenzen zwingende Voraussetzung. Diese sind in § 9 WoFG und konkretisiert im jeweiligen Landesrecht geregelt.
Berechnung der Einkommensgrenzen
Das Einkommen richtet sich nach den positiven Einkünften des Haushalts, abzüglich bestimmter Freibeträge, etwa für Kinder oder Schwerbehinderte. Die Grenzen werden regelmäßig angepasst und unterscheiden sich je nach Bundesland.
Wohnberechtigungsschein (WBS)
Die Vergabe einer Sozialwohnung erfordert den Besitz eines Wohnberechtigungsscheins (WBS), der von der zuständigen Wohnungsbehörde ausgestellt wird. Der WBS bescheinigt die Berechtigung, eine öffentlich geförderte Wohnung zu beziehen, und ist meist ein Jahr gültig.
Zielgruppen
Zu den begünstigten Personenkreisen zählen insbesondere:
- Haushalte mit geringem Einkommen,
- Alleinerziehende und Familien mit Kindern,
- Seniorinnen und Senioren,
- Menschen mit Behinderungen,
- weitere, nach Landesrecht definierte Gruppen.
Mietvertragliche Aspekte und Besonderheiten
Abschluss und Inhalte des Mietvertrags
Der Mietvertrag für eine Sozialwohnung ähnelt dem für frei finanzierten Wohnraum, weist jedoch förderrechtliche Besonderheiten auf, darunter:
- Verpflichtung zur Einhaltung der Belegungsbindung,
- Berechtigungskontrolle durch Vorlage eines gültigen WBS,
- besondere Regelungen zur Miethöhe und zu Mieterhöhungsmöglichkeiten.
Mieterwechsel und Überlassung
Ein Mieterwechsel ist innerhalb der Bindungsdauer nur zulässig, sofern die neuen Mieter die Fördervoraussetzungen erfüllen und einen gültigen Wohnberechtigungsschein vorlegen. Die Untervermietung ist i. d. R. untersagt bzw. eingeschränkt.
Rechte und Pflichten der Wohnungsanbieter
Bindung an Förderauflagen
Eigentümer und Vermieter sind verpflichtet, Sozialwohnungen ausschließlich an wohnberechtigte Personen zu vergeben. Verstöße können gemäß § 27 WoFG als Ordnungswidrigkeit oder, bei vorsätzlichem Handeln, als Straftat geahndet werden.
Mietpreisbindung und Wirtschaftlichkeit
Die Erzielung eines angemessenen Gewinns ist gestattet, sofern die Betriebskosten und Kapitaldienstleistungen im Rahmen des Förderprogramms bleiben. Eine Überschreitung der Mietpreisbindung ist nicht zulässig.
Aufhebung und Auslaufen der Bindungen
Nach Ablauf der Bindungsfrist wird die Wohnung „entbunden“ und kann künftig als freifinanzierte Wohnung vermietet werden. Voraussetzung dafür ist das Ende der Förderfinanzierung und der Bindungszeit, wobei bislang bestehende Übertragungen oder Nachwirkungsfristen zu beachten sind.
Kontrollmechanismen und Durchsetzung
Die Einhaltung der Förder- und Nutzungsbedingungen wird durch die zuständigen Behörden überwacht. Diese haben Prüfungs- und Einsichtsrechte und können gegebenenfalls Fördermittel zurückfordern oder Bußgelder verhängen. Eine regelmäßige Überprüfung der Mieteinnahmen und Belegung findet statt, um die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben sicherzustellen.
Bedeutung und Ausblick
Die Sozialwohnung stellt ein wesentliches Instrument zur Sicherstellung angemessenen und bezahlbaren Wohnraums für sozial schwächer gestellte Bevölkerungsgruppen dar. Wegen des Rückgangs auslaufender Bindungen und des wachsenden Bedarfs bleibt die Förderung von Sozialwohnungen eine zentrale Herausforderung der deutschen Wohnungspolitik.
Literatur und weiterführende Informationen
- Wohnraumförderungsgesetz (WoFG)
- Deutscher Bundestag – Soziale Wohnraumförderung
- Landeswohnraumförderungsgesetze der Bundesländer
Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick zur rechtlichen Stellung, Bindungswirkung und den förderrechtlichen Grundlagen der Sozialwohnung in Deutschland.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist berechtigt, eine Sozialwohnung zu mieten?
Für die Anmietung einer Sozialwohnung ist in Deutschland das Vorliegen eines Wohnberechtigungsscheins (WBS) zwingende Voraussetzung. Der Anspruch auf einen WBS richtet sich maßgeblich nach den Einkommensgrenzen, die im jeweiligen Bundesland gesetzlich festgelegt sind und je nach Haushaltsgröße variieren. Das Einkommen aller zum Haushalt gehörenden Personen wird zusammengerechnet. Dabei werden bestimmte Einkommensbestandteile – wie zum Beispiel das Kindergeld, bestimmte Sozialleistungen oder Unterhaltsverpflichtungen – ganz oder teilweise nicht berücksichtigt oder pauschal abgezogen. Personen mit einem Einkommen, das unter diesen Grenzen liegt, können bei der zuständigen Behörde (meist das Wohnungsamt) einen Antrag auf den WBS stellen. Nicht berücksichtigt wird die Art des Aufenthaltsstatus: Auch Ausländer mit gesichertem Aufenthaltsrecht können grundsätzlich eine Sozialwohnung beziehen, vorausgesetzt, sie erfüllen die übrigen Bedingungen. Zudem ist zu beachten, dass im Einzelfall weitere Kriterien, wie die Dringlichkeit des Wohnungsbedarfs oder besondere soziale Umstände, zur Priorisierung führen können.
Welche rechtlichen Bindungen bestehen zwischen Vermieter und Mieter bei einer Sozialwohnung?
Das Mietverhältnis über eine Sozialwohnung unterliegt in besonderem Maße öffentlich-rechtlichen Bindungen. Grundlage ist das Wohnraumförderungsrecht, sodass der Vermieter verpflichtet ist, ausschließlich Personen mit WBS aufzunehmen und eine Miete nur bis zur zulässigen Kostenmiete zu verlangen. Diese Kostenmiete wird behördlich festgelegt und orientiert sich am tatsächlichen Aufwand für Bau, Bewirtschaftung und Erhalt der Immobilie. Der Mietvertrag selbst ist ein zivilrechtlicher Vertrag nach den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), jedoch mit den beschriebenen öffentlich-rechtlichen Restriktionen. Darüber hinaus haben Sozialwohnungsmieter grundsätzlich denselben gesetzlichen Kündigungsschutz wie andere Mieter, sodass eine Kündigung nur aus den im Gesetz normierten Gründen und mit entsprechenden Fristen möglich ist.
Wie lange gilt die Belegungsbindung einer Sozialwohnung?
Die sogenannte Belegungsbindung bezeichnet die rechtliche Verpflichtung des Vermieters, eine bestimmte Sozialwohnung nur an begünstigte Haushalte mit Wohnberechtigungsschein zu vermieten. Die Dauer der Belegungsbindung ist gesetzlich geregelt und kann je nach Fördermodell und Bundesland zwischen 15 und 35 Jahren liegen, ausnahmsweise auch länger. Nach Ablauf der Bindungsfrist kann die Wohnung zum frei finanzierten Wohnraum werden und der Vermieter ist nicht mehr verpflichtet, ausschließlich nach sozialen Kriterien zu vermieten oder die Kostenmiete einzuhalten. Während der Bindungsfrist finden jedoch regelmäßige Kontrollen durch die Förderstelle statt, um die Einhaltung der Anforderungen sicherzustellen.
Unter welchen Voraussetzungen kann die Miete für eine Sozialwohnung erhöht werden?
Für Sozialwohnungen gelten spezielle rechtliche Vorgaben zur Mietpreisgestaltung. Die Miete ist zunächst auf die sogenannte Kostenmiete begrenzt, das heißt, sie darf die tatsächlichen Aufwendungen des Eigentümers zur Deckung von Kapital-, Betriebs- und Instandhaltungskosten nicht überschreiten. Eine Mieterhöhung ist nur unter den im Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften festgelegten Voraussetzungen zulässig. Erhöhungen können beispielsweise dann erfolgen, wenn sich die Bewirtschaftungskosten erhöhen, Modernisierungen vorgenommen werden oder Zinsen steigen. Die Erhöhung ist dem Mieter rechtzeitig und detailliert zu begründen und bedarf oftmals der behördlichen Zustimmung. Unzulässige Mieterhöhungen können vom Mieter angefochten werden und sind unwirksam.
Was passiert, wenn das Einkommen des Mieters während des Mietverhältnisses steigt?
Der Anspruch auf eine Sozialwohnung wird ausschließlich bei der Vergabe anhand des im Wohnberechtigungsschein überprüften Einkommens festgestellt. Steigt das Einkommen des Mieters während des laufenden Mietverhältnisses über die maßgeblichen Einkommensgrenzen hinaus, bleibt das bestehende Mietverhältnis davon unberührt. Der Mieter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, auszuziehen oder einen höheren Mietzins zu zahlen. Lediglich bei einer Neuvermietung wird das aktuelle Einkommen erneut überprüft. In manchen Bundesländern gibt es allerdings Regelungen, wonach Vermieter einen sogenannten Überlassungszuschlag verlangen dürfen, wenn das Einkommen während des Mietverhältnisses erheblich überschritten wird. Diese Regelungen sind jedoch eng begrenzt und konkret reglementiert.
Welche Rechte und Pflichten hat der Sozialwohnungsvermieter gegenüber den Behörden?
Der Vermieter einer Sozialwohnung ist gesetzlich verpflichtet, den Belegungsbindungen und Mietpreisbindungen nachzukommen und diese auf Verlangen der zuständigen Behörde nachzuweisen. Hierzu gehört unter anderem die Vorlage von Mietverträgen, Einkommensnachweisen und Meldungen zur Wohnungslage. Die Behörden sind befugt, regelmäßige Überprüfungen vorzunehmen, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sicherzustellen. Verletzt der Vermieter seine Pflichten, drohen Sanktionen wie Bußgelder, Rückzahlung von Fördermitteln oder im Extremfall der Entzug der Wirtschaftsförderung. Auch Anzeige- und Meldepflichten bei jeder Neuvermietung sind zu beachten.
Können Sozialwohnungen untervermietet oder an Dritte weitergegeben werden?
Eine Untervermietung oder Weitergabe einer Sozialwohnung an Dritte bedarf grundsätzlich der vorherigen Zustimmung des Vermieters. Zudem ist zu beachten, dass auch ein Untermieter die Voraussetzungen für den Bezug einer Sozialwohnung (insbesondere den Besitz eines WBS) erfüllen muss. Ist dies nicht der Fall, kann die Behörde einschreiten und sowohl mietrechtliche als auch sozialrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie die Kündigung des Mietverhältnisses oder Rückforderung von Fördermitteln. Eine unautorisierte Weitergabe stellt eine Verletzung der mietvertraglichen und förderrechtlichen Pflichten dar und kann zudem eine Ordnungswidrigkeit darstellen.