Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Gesellschaftsrecht»Sozialpädagogische Einzelbetreuung

Sozialpädagogische Einzelbetreuung

Sozialpädagogische Einzelbetreuung: Begriff, Zweck und Einordnung

Sozialpädagogische Einzelbetreuung ist eine Form der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, bei der eine junge Person individuell und in einem engen Betreuungsverhältnis durch Fachkräfte begleitet wird. Sie richtet sich an Minderjährige und in bestimmten Fällen an junge Volljährige, deren Entwicklung und Teilhabe besondere Unterstützung erfordern. Die Hilfe ist auf den einzelnen Menschen zugeschnitten, alltagsnah und in der Regel langfristig angelegt. Ziel ist die Stabilisierung der Lebenssituation, die Förderung persönlicher Ressourcen sowie die soziale und schulisch-berufliche Integration.

Definition

Unter sozialpädagogischer Einzelbetreuung wird eine individuelle Hilfeform verstanden, bei der eine pädagogische Fachkraft kontinuierlich mit einer jungen Person zusammenarbeitet. Die Unterstützung kann aufsuchend, ambulant oder im Rahmen bestimmter Wohn- und Betreuungsarrangements erfolgen. Im Vordergrund stehen Beziehungsarbeit, Strukturierung des Alltags, Förderung von Eigenverantwortung und Bewältigung schwieriger Lebenslagen.

Zielsetzung und Zielgruppen

Die Hilfe richtet sich häufig an ältere Jugendliche und junge Volljährige, die aufgrund besonderer Belastungen, Entwicklungsrisiken oder komplexer Problemlagen einen intensiven, persönlichen Unterstützungsrahmen benötigen. Angestrebt werden unter anderem die Stabilisierung des sozialen Umfelds, die Stärkung von Selbständigkeit, die Entwicklung schulischer und beruflicher Perspektiven sowie die Verringerung von Gefährdungen.

Rechtliche Einordnung

Stellung im System der Kinder- und Jugendhilfe

Sozialpädagogische Einzelbetreuung ist Teil der Hilfen zur Erziehung und – bei volljährigen Adressatinnen und Adressaten – der Hilfen für junge Volljährige. Sie wird als passgenaue Maßnahme eingesetzt, wenn allgemeine Angebote nicht ausreichen. Grundlage sind die Prinzipien der Unterstützung, Förderung und Schutzfunktion der öffentlichen Jugendhilfe. Die Hilfe ist in das allgemeine Hilfeangebot der Jugendhilfe eingebettet und folgt den dort etablierten Verfahren und Qualitätsanforderungen.

Zuständigkeiten und Träger

Für die Entscheidung über die Gewährung ist das örtlich zuständige Jugendamt verantwortlich. Die konkrete Durchführung übernehmen in der Regel anerkannte Träger der freien Jugendhilfe oder öffentliche Träger mit zugelassener Einrichtung bzw. anerkanntem Angebot. Zwischen öffentlichem Träger und Leistungserbringer bestehen vertragliche Grundlagen, die Leistungsumfang, Qualität und Vergütung regeln.

Rechtsnatur und Grundprinzipien

Die Hilfe ist individuell, bedarfsgerecht und am Wohl des Kindes oder Jugendlichen ausgerichtet. Sie beruht auf Mitwirkung und Akzeptanz der Beteiligten. Grundprinzipien sind Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme im Einzelfall, der Schutz von Kindern und Jugendlichen, die Beteiligung der Adressatinnen und Adressaten sowie die Berücksichtigung des Elternrechts, soweit Minderjährige betroffen sind.

Zugang und Verfahren

Anbahnung und Bedarfsermittlung

Der Zugang erfolgt über das Jugendamt. Grundlage ist eine fachliche Einschätzung des erzieherischen oder entwicklungsbezogenen Bedarfs. Dabei werden Lebenssituation, Ressourcen, Risiken und Ziele ermittelt. Die junge Person wird beteiligt; bei Minderjährigen sind die Personensorgeberechtigten einzubeziehen.

Hilfeplanverfahren und Mitwirkung

Die Ausgestaltung der Hilfe wird in einem strukturierten Hilfeplanverfahren festgelegt. Dieses Verfahren dient der Transparenz: Ziele, Inhalte, Intensität, Verantwortlichkeiten und Überprüfungszeiträume werden dokumentiert. Regelmäßige Überprüfungen stellen sicher, dass die Maßnahme geeignet bleibt und bei Bedarf angepasst wird.

Entscheidung und Dokumentation

Die Entscheidung über Art und Umfang der Hilfe trifft das Jugendamt. Die Entscheidung wird begründet und dokumentiert. Änderungen oder die Beendigung der Hilfe erfolgen ebenfalls auf Basis einer erneuten Prüfung und Abstimmung im Hilfeplanverfahren.

Ausgestaltung der Hilfe

Inhalte und Methoden

Typische Inhalte sind Beziehungs- und Vertrauensarbeit, Unterstützung bei der Alltagsbewältigung, Begleitung in Schule, Ausbildung oder Arbeit, Förderung sozialer Kompetenzen und Konfliktfähigkeit, Stärkung der Gesundheit und Lebensführung, Aufbau stabiler Netzwerke sowie Krisenintervention. Die Arbeit erfolgt in einem kontinuierlichen, verbindlichen Eins-zu-eins-Setting.

Dauer, Umfang und Ort der Leistung

Die Dauer ist an den individuellen Bedarf gekoppelt und kann mittelfristig bis längerfristig sein. Ort und Umfang richten sich nach den vereinbarten Zielen und können von regelmäßigen Hausbesuchen bis zu intensiven, mehrmals wöchentlichen Kontakten reichen. Die Leistung kann mit anderen Hilfen kombiniert werden, sofern dies fachlich begründet ist.

Abgrenzung zu anderen Hilfen

Im Unterschied zu Gruppensettings oder stationären Hilfen fokussiert die sozialpädagogische Einzelbetreuung auf das persönliche Eins-zu-eins-Verhältnis. Sie grenzt sich etwa von Heimerziehung, betreutem Wohnen oder ambulanter Erziehungsbeistandschaft durch Intensität, Individualität und den Grad der persönlichen Begleitung ab. Gleichwohl können Schnittmengen bestehen, wenn mehrere Hilfen aufeinander abgestimmt werden.

Rechte, Pflichten und Datenschutz

Rechte des Kindes oder Jugendlichen

Adressatinnen und Adressaten haben Anspruch auf Beteiligung am Hilfeprozess, auf verständliche Information, auf Achtung ihrer Persönlichkeit und auf Schutz vor Eingriffen in ihre Privatsphäre. Ihre Sichtweisen sind bei Entscheidungen zu berücksichtigen. Es bestehen Beschwerde- und Beteiligungsmöglichkeiten innerhalb des Hilfesystems.

Rolle der Personensorgeberechtigten

Bei Minderjährigen werden die Personensorgeberechtigten in Planung und Durchführung einbezogen. Sie haben Mitwirkungsrechte und tragen Verantwortung im Rahmen des Sorgerechts. Umfang und Art der Beteiligung richten sich nach dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen sowie den Zielen der Hilfe.

Schweigepflicht und Datenverarbeitung

Fachkräfte unterliegen der Vertraulichkeit. Personenbezogene Daten werden nur im erforderlichen Umfang verarbeitet. Weitergaben erfolgen ausschließlich im Rahmen der gesetzlichen Zulässigkeit und der abgestimmten Hilfeplanung. Dokumentationen dienen der Qualitätssicherung und der rechtlich gebotenen Nachvollziehbarkeit.

Finanzierung und Kosten

Kostenübernahme und Beteiligung

Die Finanzierung erfolgt grundsätzlich durch den öffentlichen Träger der Jugendhilfe. Es kann je nach individueller Situation zu Kostenbeiträgen kommen, insbesondere wenn Unterhaltsverpflichtete leistungsfähig sind. Die Erhebung, Höhe und Art von Beiträgen orientieren sich an gesetzlichen Maßstäben und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Vereinbarungen zwischen öffentlicher Hand und Leistungserbringern

Zwischen Jugendamt und Trägern bestehen vertragliche Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarungen. Sie legen Leistungsinhalte, Fachkräftequalifikation, Dokumentationspflichten, Vergütung und Nachweisverfahren fest. Die Abrechnung erfolgt nach diesen Vereinbarungen, die auch Anforderungen an Transparenz und Wirksamkeitsnachweise enthalten.

Qualitätssicherung und Kontrolle

Eignung der Anbieter

Anbieter müssen geeignet sein und über fachlich qualifiziertes Personal, tragfähige Konzepte und geeignete Strukturen verfügen. Sie unterliegen der fachlichen Aufsicht und den Anforderungen der Kinder- und Jugendhilfe, einschließlich Schutzkonzepten und Maßnahmen zur Gefährdungsabwehr.

Dokumentation, Evaluation und Beschwerdemöglichkeiten

Die Durchführung wird fortlaufend dokumentiert und im Hilfeplanverfahren evaluiert. Hierdurch wird die Zielerreichung überprüft und gegebenenfalls angepasst. Es bestehen institutionalisierte Beschwerdewege und Beteiligungsinstrumente, die die Rechte der jungen Menschen sichern.

Beendigung und Nachbetreuung

Gründe für die Beendigung

Die Hilfe endet, wenn Ziele erreicht sind, wenn eine andere Hilfeform geeigneter ist oder wenn die Rahmenbedingungen eine Fortsetzung nicht mehr tragen. Die Entscheidung wird im Hilfeplanverfahren begründet und dokumentiert.

Anschlussmöglichkeiten

Zur Stabilisierung der erreichten Fortschritte kommen Anschluss- oder Nachbetreuungsangebote in Betracht. Diese können in geringerem Umfang fortführen, was zur Verselbständigung und Integration aufgebaut wurde, sofern der Bedarf weiterhin besteht.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Bewilligung der sozialpädagogischen Einzelbetreuung zuständig?

Zuständig ist das örtliche Jugendamt am gewöhnlichen Aufenthaltsort der jungen Person. Dort wird der Bedarf geprüft und über Art, Umfang und Dauer der Hilfe entschieden.

Ist die Teilnahme an der sozialpädagogischen Einzelbetreuung freiwillig?

Die Hilfe beruht grundsätzlich auf Mitwirkung und Einverständnis. Bei Minderjährigen werden die Personensorgeberechtigten einbezogen. Die Bereitschaft der jungen Person ist für die Wirksamkeit maßgeblich.

Wie wird der Bedarf rechtlich festgestellt?

Der Bedarf wird durch eine fachliche Einschätzung ermittelt, die Ressourcen, Risiken und Ziele berücksichtigt. Die Ergebnisse werden im Hilfeplan dokumentiert und regelmäßig überprüft.

Welche Rechte haben Eltern oder Sorgeberechtigte während der Hilfe?

Sie haben Informations- und Mitwirkungsrechte im Rahmen des Hilfeplanverfahrens und tragen Verantwortung entsprechend ihrem Sorgerecht. Das Kindeswohl ist leitend für Umfang und Form der Beteiligung.

Wer trägt die Kosten und gibt es Kostenbeiträge?

Die öffentliche Jugendhilfe finanziert die Maßnahme. Es können abhängig von individueller Leistungsfähigkeit Kostenbeiträge erhoben werden. Grundlage sind gesetzliche Maßgaben zur Beitragsbemessung.

Wie lange kann eine sozialpädagogische Einzelbetreuung dauern?

Die Dauer richtet sich nach dem individuellen Bedarf. Sie endet mit Zielerreichung oder wenn eine andere Hilfeform geeigneter ist. Die Entscheidung wird im Hilfeplanverfahren getroffen.

Wie wird der Datenschutz gewährleistet?

Daten werden zweckgebunden und nur soweit erforderlich verarbeitet. Weitergaben erfolgen ausschließlich im rechtlich zulässigen Rahmen und gemäß den Absprachen im Hilfeplan. Fachkräfte sind zur Vertraulichkeit verpflichtet.