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Sowjetische Besatzungszone


Begriff und Entstehung der Sowjetischen Besatzungszone

Die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) bezeichnet das Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches, das nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 unter die Verwaltung der Sowjetunion gestellt wurde. Sie war eine von vier Besatzungszonen auf dem Territorium Deutschlands und umfasste größtenteils die heutigen Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die SBZ existierte von 1945 bis 1949 und bildete die Grundlage für die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 7. Oktober 1949.

Völkerrechtliche Grundlagen der Besatzungszone

Die rechtliche Basis zur Errichtung der Besatzungszonen wurde während der Konferenzen von Jalta (Februar 1945) und Potsdam (Juli-August 1945) gelegt. Im Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 verständigten sich die Siegermächte – die Sowjetunion, die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und Frankreich – auf eine vorübergehende Kontrolle Deutschlands in Form von vier Besatzungszonen. Die Sowjetische Besatzungszone wurde dabei unter Verwaltungshoheit der sowjetischen Militäradministration (SMAD) gestellt.

Die SBZ war völkerrechtlich kein souveräner Staat, sondern ein besetztes Gebiet, für dessen Verwaltung die Sowjetunion gesetzgeberische, vollziehende und richterliche Gewalt ausübte. Rechtliche Grundlage hierfür war das Besatzungsrecht nach den Grundsätzen der Haager Landkriegsordnung (Artikel 42 ff.).

Rechtlicher Status und Verwaltung

Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD)

Die Verwaltung der SBZ erfolgte ausschließlich durch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD). Die SMAD war eine Verwaltungs- und Kontrollbehörde mit umfassenden legislativen und exekutiven Befugnissen. Sie erließ unmittelbar geltende Befehle und Anordnungen, die Vorrang vor allen deutschen Regelungen hatten. Dies führte zur Aufhebung oder Anpassung deutscher Gesetze, insbesondere mit Blick auf Entnazifizierung, Demilitarisierung und wirtschaftliche Umgestaltung.

Lokale Selbstverwaltungsorgane durften im Rahmen der Kontrollhoheit agieren, standen jedoch unter ständiger Aufsicht der SMAD. Auch die Wiedereinführung oder Auflösung politischer Parteien sowie die Zulassung gesellschaftlicher Organisationen unterlag der Entscheidung der sowjetischen Verwaltung.

Rechtssystem und Gesetzgebung während der Besatzungszeit

Das Rechtssystem der SBZ wurde sukzessive transformiert. Anfangs galten die Rechtsvorschriften des Deutschen Reiches weiter, sofern sie nicht ausdrücklich durch die SMAD aufgehoben oder geändert wurden. Im Zuge der politischen und gesellschaftlichen Umgestaltung erließ die SMAD zahlreiche Anordnungen, etwa zur Bodenreform, zur Enteignung von Kriegsverbrechern und Großgrundbesitzern sowie zur Neuordnung der Justiz.

Die wichtigste Grundlage hierfür bildeten die Befehle und Direktiven der SMAD, die als Höchstgewalt für Verwaltung, Rechtsprechung und Exekutive fungierte. Die deutsche Bevölkerung in der SBZ war diesen Vorschriften unmittelbar unterworfen, Widerspruchsmöglichkeiten bestanden nur in eingeschränktem Maße.

Auswirkungen auf Eigentumsrechte und Vermögensverhältnisse

Einen wesentlichen Eingriff in bestehende Rechtsverhältnisse stellten die durchgeführten Enteignungen und Umverteilungen im Rahmen der als „demokratische Bodenreform“ bezeichneten Maßnahmen dar. Landbesitz über 100 Hektar wurde entschädigungslos enteignet, ebenso Vermögen von Kriegsverbrechern und NS-bezogenen Akteuren. Neben den Bodenreformen fanden Verstaatlichungen von Industrie- und Handelsbetrieben statt. Diese Maßnahmen betrafen Unternehmen, Banken und Versicherungen, die in „Volkseigentum“ überführt wurden.

Die rechtlichen Regelungen hierzu wurden vorrangig durch von der SMAD erlassene Befehle festgelegt und bestimmten die Eigentumsordnung in der SBZ bis zur Gründung der DDR. Die Enteignungen wurden später im Rahmen der DDR-Verfassung gesondert verankert und bestätigen einen tiefgreifenden Bruch mit dem vorher gültigen Recht.

Übergang zur Deutschen Demokratischen Republik

Rechtliche Grundlegung des Systemwechsels

Am 7. Oktober 1949 wurde das Gebiet der SBZ zur Deutschen Demokratischen Republik (DDR) erklärt. Mit Inkrafttreten der Verfassung der DDR von 1949 wurden die bis dahin geltenden sowjetischen Verwaltungsvorschriften schrittweise abgelöst bzw. in nationales Recht überführt.

Die ehemalige SBZ sah sich nun als souveräner sozialistischer Staat, wenngleich die Sowjetunion weiterhin maßgeblichen politischen Einfluss ausübte. Völkerrechtlich wurde die Souveränität der DDR von den westlichen Staaten bis zum Grundlagenvertrag von 1972 jedoch nicht anerkannt. Die rechtlichen Verhältnisse aus der Besatzungszeit wirkten insbesondere hinsichtlich Eigentum und Verwaltung noch viele Jahre nach.

Nachwirkungen und Rechtsprechung nach 1990

Die mit der SBZ verbundenen Rechtsakte, insbesondere Enteignungen und sonstige Vermögensumschichtungen, waren nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 Gegenstand umfassender juristischer Debatten und gesetzlicher Regelungsversuche.

Das am 23. September 1990 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) regelt u.a. die Ansprüche auf Rückübertragung oder Entschädigung in Bezug auf in der SBZ vorgenommene Enteignungen. Der Bundesgerichtshof sowie das Bundesverfassungsgericht mussten wiederholt darüber entscheiden, inwiefern alte Maßnahmen aus der Zeit der SBZ bzw. DDR rechtsstaatlich überprüfbar oder rückgängig zu machen sind.

Grundsätzlich stellte das Einigungsvertragsgesetz fest, dass Enteignungen auf „besatzungsrechtlicher Grundlage“ außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland zum Stichtag 1949 nicht rückgängig gemacht werden, außer es liegt spezielles Bundesrecht vor.

Zusammenfassung

Die Sowjetische Besatzungszone war rechtlich gesehen ein besetztes Gebiet gemäß internationalem Recht, verwaltet durch die SMAD auf Grundlage der Potsdamer Beschlüsse. Ihre zentralen Rechtsmerkmale umfassten die vorübergehende Aufhebung der deutschen Souveränität, umfassende Eingriffe in Eigentumsrechte, die Reorganisation der Verwaltung sowie die Transformation des Rechtssystems. Der Übergang von der Besatzungszone zur DDR 1949 und die nachwirkenden Rechtsfragen nach 1990 machen die SBZ zu einem zentralen Untersuchungsfeld für die Entwicklung des deutschen Staats- und Völkerrechts im 20. Jahrhundert.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsgrundlage hatte die Verwaltung in der Sowjetischen Besatzungszone nach 1945?

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 wurde die staatliche Souveränität des Deutschen Reiches aufgehoben. Die Alliierten übernahmen gemäß dem „Berliner Protokoll“ sowie den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz die oberste Regierungsgewalt. Für die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) bedeutete dies, dass sämtliche Verwaltungs- und Gesetzgebungshoheiten der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) übertragen wurden. Die SMAD regierte auf Grundlage der Direktiven des Alliierten Kontrollrats, insbesondere Kontrollratsgesetze und -befehle, sowie mit eigenen Befehlen und Anordnungen, die für die SBZ verbindlich waren. Die SMAD setzte dabei lokale deutsche Verwaltungsorgane ein, deren Handlungen stets unter sowjetischer Aufsicht und nach deren Weisungen standen. Das bis zum Ende des Krieges im Reich geltende Recht wurde grundsätzlich weitergeführt, sofern es nicht durch alliiertes Recht, insbesondere sowjetische Befehle, außer Kraft gesetzt oder durch neue Rechtsakte ersetzt wurde.

Wie wurden Gerichte und Rechtsprechung in der SBZ organisiert und kontrolliert?

Die Kontinuität der Rechtsprechung wurde in der SBZ zunächst durch die Wiederaufnahme der Tätigkeit von Gerichten auf den unteren Ebenen gesichert, die zuvor auf Grundlage des Reichsrechts arbeiteten. Allerdings unterlagen sämtliche juristische Institutionen und deren Personal einer strengen Kontrolle durch die SMAD. Schrittweise wurden Richter, Staatsanwälte und anderes Justizpersonal überprüft und im Rahmen der Entnazifizierung ausgetauscht. Die SMAD behielt sich das Recht vor, gerichtliche Urteile aufzuheben oder Verfahren an sowjetische Militärtribunale zu übergeben, insbesondere bei politisch relevanten und sicherheitsbezogenen Angelegenheiten. Ab 1946 wurden Landesjustizverwaltungen geschaffen, ab 1948 erfolgte der Aufbau neuer rechtsstaatlicher Strukturen nach sowjetischem Vorbild, was sich in der zunehmenden Politisierung der Justiz widerspiegelte und den späteren Aufbau eines eigenen DDR-Rechtssystems vorbereitete.

Welche Bedeutung hatten Enteignungen und Bodenreformen rechtlich in der SBZ?

Die „Bodenreform“ und die Enteignung landwirtschaftlicher Großbetriebe sowie industrieller Unternehmen gehörten zu den einschneidendsten rechtlichen Maßnahmen in der SBZ. Sie wurden teils unmittelbar durch sowjetische Befehle, teils durch in der SBZ eingerichtete deutsche Zentralverwaltungen und Landesverwaltungsgesetze umgesetzt. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen bildeten die Befehle der SMAD Nr. 124 (Bodenreform) und Nr. 64 (Überführung von Betrieben in Volks- bzw. Staatseigentum). Die Beschlagnahmung erfolgte ohne Entschädigung, was völkerrechtlich und innerstaatlich bis heute umstritten ist. Die neuen Eigentumsverhältnisse wurden rechtlich in entsprechenden Grundbuchänderungen dokumentiert, wobei vor allem die Landwirtschaft an sogenannte „Neubauern“ verteilt und industrielle Betriebe in sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) oder Volkseigene Betriebe (VEB) überführt wurden.

Wie war das Verhältnis zwischen sowjetischem Besatzungsrecht und deutschem Recht in der SBZ geregelt?

In der SBZ galt ein sogenanntes Schichtrecht: Das bestehende deutsche Recht wurde dort angewendet, wo es den politischen und wirtschaftlichen Zielen der sowjetischen Besatzungsmacht nicht widersprach. Sovjetisches Besatzungsrecht, also Anordnungen und Befehle der SMAD, hatten stets Vorrang und konnten deutsches Recht außer Kraft setzen, modifizieren oder ergänzen. Diese Hierarchie wurde von den sowjetischen Behörden strikt durchgesetzt. Zudem erließ die SMAD eigene deutsche Akteure beauftragende Gesetze, die aber nur im Rahmen der sowjetischen Vorgaben eigenständig handeln konnten. In der Folge entstanden Rechtsunsicherheiten und zahlreiche Konfliktlagen, die erst mit Bildung der DDR und deren eigener Gesetzgebung formal beseitigt wurden.

Welche Rechtsnormen regelten die Entnazifizierung und deren Umsetzung in der SBZ?

Die Entnazifizierung in der SBZ wurde durch Befehle der SMAD geregelt, etwa den Befehl Nr. 201 (September 1945), der die Entfernung von NSDAP-Mitgliedern und belasteten Personen aus öffentlichen Ämtern vorsah. Gleichzeitig richtete die SMAD „Sonderausschüsse“ zur Überprüfung von Funktionsträgern ein. Die rechtliche Grundlage bildeten sowohl die Direktiven des Alliierten Kontrollrats wie die Kontrollratsdirektive Nr. 24 als auch spezifische Verordnungen auf zonaler Ebene. Anders als in den westlichen Besatzungszonen wurde die Entnazifizierung vielfach mit dem Ziel sozialistischer Umstrukturierung und politischer Kontrolle durchgeführt, was sich auch in der Zusammensetzung und den Kompetenzen der Entnazifizierungskommissionen widerspiegelte.

Inwiefern war das Personal im öffentlichen Dienst rechtlich verpflichtet, sich an die Weisungen der SMAD zu halten?

Mit der Einsetzung deutscher Verwaltungsstrukturen in der SBZ, beginnend auf Gemeindeebene bis hin zu zentralen Verwaltungsorganen, unterlagen sämtliche Amtsträger einer direkten Weisungsbindung an sowjetische Militärbehörden. Die Verfügungshoheit der SMAD war allumfassend: Die von deutschen Stellen erlassenen Rechtsakte mussten mit den Zielsetzungen, Weisungen und Vorgaben der sowjetischen Besatzer konform gehen und konnten jederzeit von sowjetischer Seite aufgehoben oder geändert werden. Öffentliche Bedienstete konnten ohne Angabe von Gründen durch sowjetische Kommandanturen abgesetzt oder bestraft werden. Eine rechtliche Selbstständigkeit im Sinne demokratischer oder rechtsstaatlicher Prinzipien bestand damit für das Personal im öffentlichen Dienst faktisch nicht.

Welche Veränderungen ergaben sich rechtlich mit der Gründung der DDR im Jahr 1949 in Bezug auf die SBZ?

Mit der Proklamation der Deutschen Demokratischen Republik am 7. Oktober 1949 wurde die SBZ formell zu einem eigenständigen deutschen Staat. Rechtlich erfolgte damit ein Übergang von der Besatzungsverwaltung zur staatlichen Selbstverwaltung der DDR, auch wenn die sowjetischen Streitkräfte weiterhin stationiert blieben und in bestimmten Fragen weiterhin Einfluss ausübten. Die DDR übernahm zunächst große Teile des von der SBZ gesetzten Rechts, erließ aber sukzessive eigene Verfassungen, Gesetze und Verwaltungsstrukturen. Die Souveränität blieb begrenzt, da die sowjetische Kontrollmacht weiterhin politisch und militärisch eingreifen konnte, vor allem bis zur Souveränitätserklärung von 1955. Gleichwohl endete mit der Gründung der DDR rechtlich betrachtet die Phase des reinen Besatzungsrechts.