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Sortenschutz


Sortenschutz – Rechtliche Grundlagen und detaillierte Betrachtung

Einführung in den Sortenschutz

Unter Sortenschutz versteht man den gesetzlichen Schutz neuer Pflanzensorten. Dieser gewährt dem Züchter für eine bestimmte Zeit ein ausschließliches Recht, die geschützte Sorte wirtschaftlich zu nutzen. Ziel des Sortenschutzrechts ist es, Innovationen in der Pflanzenzüchtung zu fördern und den Züchtenden Anreize zu geben, neue und leistungsfähige Pflanzensorten zu entwickeln. Sortenschutz ist ein eigenständiges gewerbliches Schutzrecht, das sich von anderen geistigen Eigentumsrechten wie Patenten oder Marken unterscheidet.

Historische Entwicklung des Sortenschutzrechts

Die Ursprünge des Sortenschutzrechts reichen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück. International wurde das Sortenschutzsystem durch das „Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen“ (UPOV-Abkommen) von 1961 begründet, das in mehreren Revisionen zuletzt 1991 geändert wurde. In Deutschland wurde das Sortenschutzgesetz (SortG) erstmals 1953 erlassen und seither mehrfach angepasst.

Internationale und europäische Regelungen

Das UPOV-Abkommen

Das UPOV-Abkommen ist die zentrale internationale Vereinbarung im Sortenschutz. Es legt Mindeststandards für den Schutz neuer Pflanzensorten fest und sorgt für Harmonisierung der Sortenschutzvorschriften in den Vertragsstaaten. Mitglieder des Abkommens sind verpflichtet, auf Antrag und nach Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen Sortenschutz zu gewähren.

Europäischer Sortenschutz

In der Europäischen Union gewährleistet die Verordnung (EG) Nr. 2100/94 einen einheitlichen Gemeinschaftsschutz für Pflanzensorten. Hierbei handelt es sich um ein supranationales Recht, das neben dem nationalen Sortenschutz besteht und unabhängig von diesem beantragt werden kann.

Nationale Regelungen in Deutschland

Sortenschutzgesetz (SortG)

Das deutsche Sortenschutzgesetz ist die maßgebliche nationale Rechtsgrundlage. Es regelt die Voraussetzungen, das Verfahren der Erteilung sowie die Rechtswirkungen und den Umfang des Sortenschutzes in Deutschland.

Zuständige Behörde

Die Erteilung des Sortenschutzes obliegt dem Bundessortenamt, das die Prüfung von Sortenschutzanträgen durchführt und das Sortenschutzregister führt.

Voraussetzungen für den Sortenschutz

Schutzhöhe: Welche Sorten können geschützt werden?

Eine Sorte ist schutzfähig, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllt:

  • Neuheit: Die Sorte darf nicht bereits länger als ein Jahr vor der Anmeldung im Inland wirtschaftlich verwertet worden sein.
  • Unterscheidbarkeit: Die Sorte muss sich in zumindest einem wesentlichen Merkmal eindeutig von anderen bekannten Sorten unterscheiden.
  • Homogenität: Die Sortenexemplare müssen in ihren wesentlichen Merkmalen im Wesentlichen gleich sein.
  • Beständigkeit: Nach mehreren Vermehrungszyklen oder vegetativer Vermehrung müssen die maßgeblichen Sortenmerkmale erhalten bleiben.

Sortenbezeichnung

Zudem ist eine geeignete Sortenbezeichnung notwendig. Sie darf nicht irreführend sein oder Rechte Dritter verletzen.

Rechte und Pflichten aus dem Sortenschutz

Umfang des Sortenschutzes

Das Schutzrecht gewährt dem berechtigten Züchter das ausschließliche Recht, geschütztes Vermehrungsgut der Sorte zu erzeugen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, einzuführen oder auszuführen. Anderweitige Dritte benötigen die Zustimmung des Rechteinhabers.

Schranken und Ausnahmen

Das Sortenschutzrecht kennt verschiedene Schranken, darunter die sogenannte Züchterprivileg (auch „Züchterausnahme“): Andere dürfen geschützte Sorten zur Züchtung neuer Sorten nutzen. Allerdings sind diese neuen, abgeleiteten Sorten nur dann frei von dem ursprünglichen Sortenschutz, wenn sie nachweislich ausreichend abweichend sind.

Landwirteprivileg: Landwirte dürfen Erntegut für die Aussaat auf dem eigenen Betrieb verwenden („Nachbauprivileg“), wobei unter Umständen eine Vergütungspflicht an den Sortenschutzinhaber besteht.

Dauer des Sortenschutzes

Der Sortenschutz gilt ab dem Tag der Eintragung in das Sortenschutzregister für

  • Samenpflanzen: 25 Jahre
  • Rebe, Hopfen, Kartoffel, Baumarten: 30 Jahre

Nach diesem Zeitraum fällt die Sorte in die Gemeinfreiheit.

Verfahren zur Erlangung des Sortenschutzes

Antragstellung und Prüfung

Der Antrag kann sowohl national beim Bundessortenamt als auch auf EU-Ebene beim Gemeinschaftlichen Sortenamt (CPVO) gestellt werden. Im Prüfungsverfahren wird insbesondere die Einhaltung der Schutzhöhe (DUS-Prüfung: Distinctness, Uniformity, Stability) begutachtet.

Gebühren

Mit dem Antragsverfahren und der Aufrechterhaltung des Sortenschutzes sind Gebühren verbunden, deren Nichtzahlung zur Zurückweisung des Antrages oder zum Erlöschen des Schutzrechts führen kann.

Einspruch und Widerruf

Gegen die Erteilung des Sortenschutzes können Dritte Einspruch erheben. Darüber hinaus kann der Schutz widerrufen werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Schutzvoraussetzungen nicht erfüllt sind.

Durchsetzung und Rechtsverletzungen

Ansprüche und Klagen

Bei Verletzung des Sortenschutzrechts stehen dem Schutzrechtsinhaber Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung, Auskunft und Schadensersatz zu. Rechtsstreitigkeiten werden vor den ordentlichen Zivilgerichten ausgetragen.

Sanktionen

Zuwiderhandlungen können, neben zivilrechtlichen Ansprüchen, auch strafrechtlich sanktioniert werden (§§ 43 ff. SortG).

Verhältnis zu anderen Schutzrechten

Abgrenzung zum Patentrecht

Das Sortenschutzrecht steht neben dem Patentrecht. Während Patente technische Erfindungen schützen, ist der Sortenschutz ausschließlich auf Pflanzensorten beschränkt. Gemäß § 2a Patentgesetz sind Pflanzensorten explizit vom Patentschutz ausgenommen.

Verhältnis zum Markenrecht

Sortenbezeichnungen können, sofern schutzfähig, auch markenrechtlichen Schutz genießen, wobei die jeweiligen Schutzbereiche voneinander getrennt zu betrachten sind.

Bedeutung des Sortenschutzes

Der Sortenschutz stellt ein zentrales Instrument zur Förderung pflanzenzüchterischer Innovationen dar. Er sichert Investitionen ab, fördert Fortschritte in der Landwirtschaft und trägt zur Sicherstellung der Ernährungssicherung bei.


Diese Ausführungen bieten einen umfassenden Überblick über den Begriff „Sortenschutz“ und beleuchten die rechtlichen Rahmenbedingungen, Voraussetzungen, Rechte und Pflichten, das Schutzverfahren sowie das Verhältnis zu anderen geistigen Eigentumsrechten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Erteilung eines Sortenschutzes erfüllt sein?

Für die Erteilung des Sortenschutzes müssen gemäß den maßgeblichen Gesetzen, etwa dem Sortenschutzgesetz (SortSchG) in Deutschland und der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 auf europäischer Ebene, verschiedene Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein. Die Sorte muss zunächst unterscheidbar sein, das heißt, sie muss sich in mindestens einem wichtigen Merkmal eindeutig von allen anderen bekannten Sorten unterscheiden lassen. Weiterhin wird verlangt, dass die Sorte hinreichend homogen, also einheitlich in ihren wesentlichen Merkmalen ist; kleine, vereinzelte Abweichungen werden nur insoweit toleriert, wie sie bei vegetativer oder generativer Vermehrung typischerweise auftreten können.

Ein drittes Kriterium ist die Beständigkeit: Die Sorte muss ihre wesentlichen Merkmale auch nach wiederholter Vermehrung beibehalten. Ein weiteres entscheidendes Kriterium ist die Neuheit. Die Sorte gilt als neu, wenn das Vermehrungsmaterial der Sorte vor der Anmeldung nirgendwo gewerblich angeboten oder genutzt worden ist bzw. innerhalb bestimmter, gesetzlich definierter Fristen – diese variieren je nach Land und Pflanzenart. Zudem ist eine ordnungsgemäße Bezeichnung (Sortenbezeichnung) notwendig, die nicht irreführend sein darf und gewisse sprachliche oder ethische Anforderungen erfüllen muss. Nur wenn all diese Voraussetzungen dargelegt und nachgewiesen werden, kann ein Sortenschutz erteilt werden.

Wer kann Sortenschutz beantragen und welche Rechte erwirbt der Inhaber?

Die Antragsberechtigung für Sortenschutz können natürliche oder juristische Personen haben, also sowohl Züchter als auch züchtende Unternehmen, Universitäten oder Forschungseinrichtungen. Der Antrag kann beim zuständigen nationalen Sortenamt (z. B. das Bundessortenamt in Deutschland) oder beim Gemeinschaftlichen Sortenamt der Europäischen Union (CPVO) gestellt werden. Der Inhaber des Sortenschutzrechts erhält mit der Eintragung ein ausschließliches Recht, über die Erzeugung, Verwendung, das Anbieten, den Verkauf und sämtliche Verwertungsarten des geschützten Vermehrungs- oder Ernteguts der Sorte zu entscheiden. Er kann Dritten die genannten Handlungen untersagen und bei einem Verstoß zivilrechtliche Ansprüche, etwa auf Unterlassung oder Schadenersatz, geltend machen.

Wie lange gilt der Sortenschutz und wie kann er verlängert werden?

Die Geltungsdauer des Sortenschutzrechts ist gesetzlich genau festgelegt. Bei landwirtschaftlichen Nutzpflanzen beträgt der Schutzzeitraum in Deutschland und gemäß der EU-Verordnung grundsätzlich 25 Jahre, bei Reben, Hopfen, Kartoffeln und Baumarten sogar 30 Jahre. Die Laufzeit beginnt mit dem Tag der Erteilung des Sortenschutzes. Eine Verlängerung des Schutzes über diese maximalen Fristen hinaus ist rechtlich nicht vorgesehen. Zur Aufrechterhaltung des Schutzstatus ist jedoch die regelmäßige Zahlung jährlicher Aufrechterhaltungsgebühren erforderlich; unterbleibt dies, erlischt das Schutzrecht vorzeitig.

Welche Handlungen sind durch das Sortenschutzrecht verboten und gibt es Ausnahmen?

Das Sortenschutzrecht umfasst vor allem das Verbot, ohne Zustimmung des Inhabers Saatgut, Pflanzgut oder daraus gewonnene Ernteerzeugnisse der geschützten Sorte gewerblich zu verwenden, zu verbreiten, zu verkaufen oder zu lagern. Das Verbot betrifft auch die Ein- und Ausfuhr des geschützten Materials. Allerdings sieht das Sortenschutzgesetz wie auch das EU-Recht bestimmte Ausnahmen vor, insbesondere die sogenannte „Landwirteprivileg“: Landwirte dürfen in begrenztem Umfang Saatgut eigenernte geschützter Sorten für den eigenen Bedarf wieder aussäen, müssen dafür aber meist eine angemessene Vergütung entrichten. Weiterhin sind Handlungen zu Versuchszwecken, zur Forschung sowie zur Züchtung neuer Sorten („Züchterprivileg“) erlaubt, sofern die neue Sorte nicht überwiegend aus der geschützten abgeleitet wurde.

Wie wird der Sortenschutz geprüft und wie läuft das Anmeldeverfahren ab?

Das Prüfverfahren setzt nach Einreichung des vollständigen Antrags und der etwaigen Entrichtung der Anmeldegebühr ein. Die zuständige Behörde prüft zunächst die formalen Voraussetzungen, anschließend findet eine technische Sortenprüfung statt, bei der Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit in Feld- oder Labortests über mindestens zwei Anbauperioden geprüft werden. Danach wird die Neuheit und die Eignung der angemeldeten Sortenbezeichnung beurteilt. Erst bei positivem Ausgang aller Prüfungen wird der Sortenschutz erteilt und im Sortenschutzregister veröffentlicht; Dritte haben hiergegen eine Einspruchsmöglichkeit. Das gesamte Verfahren ist wegen der umfangreichen Prüfungen zeitaufwändig und kann mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

Welche zivil- und strafrechtlichen Folgen haben Sortenschutzverletzungen?

Sortenschutzverletzungen können erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zivilrechtlich stehen dem Sortenschutzinhaber insbesondere Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung, Auskunft über den Umfang der Verletzung sowie Schadensersatz zu. Außerdem kann die Vernichtung rechtswidrig erlangter Pflanzen oder Saatguts beantragt werden. Je nach Schwere des Vergehens können Verstöße gegen das Sortenschutzgesetz auch strafrechtlich verfolgt werden, etwa bei wiederholtem oder gewerbsmäßigem Handeln. Strafbare Handlungen können mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, im besonders schweren Fall auch darüber hinaus, geahndet werden.

Können Sortenschutzrechte lizenziert oder übertragen werden?

Ja, Sortenschutzrechte sind grundsätzlich verkehrsfähig. Sie können auf Dritte übertragen oder diesen zur Nutzung lizenziert werden. Die Lizenzvergabe kann exklusiv oder nicht-exklusiv ausgestaltet werden – Letzteres bedeutet, dass der Sortenschutzinhaber mehreren Personen gleichzeitig Rechte einräumen kann. Lizenz- und Übertragungsverträge bedürfen aus rechtlichen und Beweisgründen regelmäßig der Schriftform und müssen, um gegenüber dem Sortenschutzamt Wirksamkeit zu entfalten, dort eingetragen werden. Die Übertragung führt dazu, dass der Erwerber sämtliche mit dem Sortenschutz verbundenen Rechte und Pflichten erhält.