Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe
Die Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (kurz: Sonderabschreibung KMU) ist ein steuerrechtliches Instrument zur finanziellen Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland. Ziel ist es, Investitionen in das betriebliche Anlagevermögen durch zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten steuerlich zu begünstigen, um die Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und Investitionsbereitschaft dieser Betriebe zu stärken.
Rechtsgrundlagen der Sonderabschreibung für kleine und mittlere Betriebe
Gesetzliche Grundlage
Die rechtliche Basis für die Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe findet sich insbesondere in § 7g Absatz 5 bis 6 Einkommensteuergesetz (EStG). Daneben sind weitere relevante Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes und der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) sowie entsprechende Verwaltungserlasse zu beachten. Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden können und wie diese steuerlich geltend gemacht werden.
Zweck der Sonderabschreibung
Die Sonderabschreibung nach § 7g EStG soll Unternehmern ermöglichen, Investitionen in Anlagegüter bereits in den ersten Jahren der Nutzung steuerlich besonders attraktiv abzuschreiben. Damit wird die Liquiditätslage verbessert und Investitionsanreize für Unternehmen geschaffen, die aufgrund ihrer Größe und Kapitalausstattung besonderen Förderbedarf aufweisen.
Begünstigter Personenkreis
Von der Sonderabschreibung profitieren ausschließlich kleine und mittlere Betriebe (KMU). Wer zu diesem Kreis zählt, richtet sich nach den Größenmerkmalen des § 7g EStG. Begünstigt sind insbesondere:
- Einzelunternehmer und Personengesellschaften, soweit sie Gewinneinkünfte erzielen (zumeist aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit),
- Kapitalgesellschaften, sofern sie die nach § 7g EStG geforderten Größenkriterien erfüllen.
Als KMU gelten Unternehmen, deren Jahresumsatz im betreffenden Wirtschaftsjahr 50 Mio. Euro nicht übersteigt oder deren Bilanzsumme maximal 43 Mio. Euro beträgt und die nicht mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigen.
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung
Investitionsgebundene Anschaffungen
Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5-6 EStG können ausschließlich auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beansprucht werden, die:
- Neu angeschafft oder hergestellt wurden,
- (Fast) ausschließlich betrieblich genutzt werden,
- Im Inland verbleiben,
- Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung sowie in den folgenden vier Wirtschaftsjahren einer inländischen Betriebsstätte des Unternehmens dienen.
Nicht begünstigt sind gebrauchte Wirtschaftsgüter, immaterielle Wirtschaftsgüter, Gebäude und betriebsunübliche Gegenstände.
Größenmerkmale
Die vorgenannten Umsatz-, Bilanz- und Arbeitnehmergrenzen sind im Zeitpunkt der Investition bzw. der Anschaffung maßgeblich. Bei Personengesellschaften sind darüber hinaus auch die persönlichen Voraussetzungen jedes einzelnen Mitunternehmers zu prüfen.
Umfang der Sonderabschreibung
Die Sonderabschreibung kann zusätzlich zur normalen Abschreibung nach § 7 Abs. 1 EStG in Anspruch genommen werden. Der Umfang beträgt:
- Bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts,
- Nach Wahl des Steuerpflichtigen verteilt auf das Anschaffungsjahr und die vier darauffolgenden Wirtschaftsjahre.
Die Sonderabschreibung kann in beliebiger Höhe innerhalb des vorgesehenen Fünfjahreszeitraums pro Jahr geltend gemacht werden, jedoch insgesamt höchstens bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Steuerliche Wirkungen und Folgen der Sonderabschreibung
Steuerliche Entlastung und Liquiditätsvorteil
Mit der Möglichkeit, in den ersten Jahren bis zu 20 % der Kosten zusätzlich abzuschreiben, verringert sich der steuerpflichtige Gewinn und somit die Steuerlast eines Unternehmens. Hierdurch wird die Liquidität in den Anfangsjahren der Investition verbessert und der finanzielle Spielraum für weitere Investitionen erweitert.
Kumulation mit anderen Abschreibungsarten
Die Sonderabschreibung ist kombinierbar mit der regulären linearen oder degressiven Abschreibung. Nach Inanspruchnahme der Sonderabschreibung wird der Restwert des Wirtschaftsgutes linear über die verbleibende betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilt.
Nachweis- und Meldepflichten gegenüber den Finanzbehörden
Dokumentationspflichten
Unternehmer müssen dem Finanzamt auf Verlangen sämtliche Nachweise und Unterlagen zu den begünstigten Wirtschaftsgütern, deren Anschaffungskosten sowie zur betrieblichen Nutzung und Zuordnung vorlegen können. Die frist- und ordnungsgemäße Meldung im Rahmen der jährlichen Steuererklärungen ist erforderlich.
Rückgängigmachung und Folgen bei Fehlgebrauch
Werden die begünstigten Wirtschaftsgüter vor Ablauf der Mindestnutzungsdauer (fünf Jahre) aus dem Betriebsvermögen entnommen, verkauft oder den betrieblichen Nutzungsbedingungen nicht mehr unterworfen, ist die in Anspruch genommene Sonderabschreibung rückgängig zu machen. Dies führt zu einer entsprechenden Nachversteuerung im Jahr der Änderung.
Abgrenzungen und Besonderheiten
Verhältnis zu Investitionsabzugsbeträgen
Der Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Abs. 1-4 EStG) und die Sonderabschreibung können grundsätzlich für dasselbe Wirtschaftsgut parallel genutzt werden – allerdings ist die Bemessungsgrundlage der Sonderabschreibung um abgezogene Investitionsabzugsbeträge zu kürzen.
Wirtschaftspolitische Bedeutung
Die Sonderabschreibung für kleine und mittlere Betriebe ist ein zentrales Förderinstrument zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU in Deutschland. Sie trägt dazu bei, Investitionen zu erleichtern und Wachstum sowie Beschäftigung im Mittelstand nachhaltig zu sichern.
Literatur- und Gesetzesverweise
- § 7g Einkommensteuergesetz (EStG)
- Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV)
- BMF-Schreiben zur Anwendung des § 7g EStG
Hinweis: Der Inhalt stellt eine umfassende Darstellung des rechtlichen Rahmens der Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe in Deutschland dar und dient der Information im Sinne eines Rechtslexikons.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe erfüllt sein?
Zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach § 7g EStG müssen klare rechtliche Voraussetzungen erfüllt werden. Zunächst muss es sich beim Anspruchsberechtigten um ein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) gemäß der Definition in § 7g Abs. 1 EStG handeln. Maßgebliche Kriterien sind dabei der Gewinn im jeweiligen Wirtschaftsjahr (bei bilanzierenden Unternehmen darf dieser maximal 200.000 Euro betragen) oder die Höhe der Betriebseinnahmen (bei Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG). Weiterhin ist Voraussetzung, dass der Betrieb der Einkunftsart nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG zuzuordnen ist, wozu etwa Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit zählen. Darüber hinaus muss das begünstigte Wirtschaftsgut, für welches die Sonderabschreibung beansprucht wird, nach dem 31. Dezember 2019 angeschafft oder hergestellt worden sein und zum Anlagevermögen des Betriebs gehören. Zudem darf das Wirtschaftsgut weder ganz noch teilweise einer Tätigkeit dienen, die von der Sonderabschreibung ausgeschlossen ist, wie etwa der Vermietung von Wirtschaftsgütern oder der Dauerüberlassung an Dritte. Die Gewährung der Sonderabschreibung ist zudem an eine ordnungsgemäße Buchführung und Dokumentation gebunden; Verstöße hiergegen können zum Ausschluss aus der Begünstigung führen.
Kann die Sonderabschreibung rückwirkend in Anspruch genommen werden?
Eine rückwirkende Inanspruchnahme der Sonderabschreibung ist grundsätzlich nicht zulässig. Die Sonderabschreibung kann erstmals im Wirtschaftsjahr vorgenommen werden, in dem das Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird und in dem es erstmals verwendet oder genutzt werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der Inanspruchnahme vorliegen, einschließlich der Einhaltung der Anforderungen an die Verwendung und Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Anlagevermögen. Lediglich im Rahmen einer steuergesetzlichen Steuerfestsetzung, die noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht oder angefochten wird, kann eine nachträgliche Berücksichtigung erfolgen, sofern die gesetzlichen Fristen noch nicht abgelaufen sind und die Voraussetzungen bereits im ursprünglichen Veranlagungszeitraum vorlagen.
Welche Wirtschaftsgüter sind rechtlich von der Sonderabschreibung ausgenommen?
Nicht alle Wirtschaftsgüter sind von der Sonderabschreibung begünstigt. Nach § 7g Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG sind insbesondere die folgenden Wirtschaftsgüter ausgenommen: Gebrauchte Wirtschaftsgüter, immaterielle Wirtschaftsgüter und vermietete Wirtschaftsgüter, die überwiegend zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eingesetzt werden. Ebenso sind privat genutzte oder für eigenbetriebliche Wohnzwecke bestimmte Gegenstände, Kraftfahrzeuge, die hauptsächlich für private Fahrten eingesetzt werden, sowie Wirtschaftsgüter, die bereits unter dem Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG gefördert wurden und keinen tatsächlichen betrieblichen Nutzen nachweisen, von der Abschreibung ausgeschlossen. Ferner ist die Sonderabschreibung bei angeschafften Wirtschaftsgütern eines Betriebs nicht anwendbar, wenn diese im Rahmen einer Betriebsverlagerung, Betriebsaufspaltung oder -fusion von einem verbundenen Unternehmen übernommen wurden.
In welchem Umfang und Zeitraum kann die Sonderabschreibung rechtlich genutzt werden?
Die Sonderabschreibung kann in Höhe von bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten zusätzlich zur regulären Absetzung für Abnutzung (AfA) vorgenommen werden. Diese Sonderabschreibung kann beliebig verteilt innerhalb des Anschaffungs- oder Herstellungsjahrs sowie der vier folgenden Wirtschaftsjahre geltend gemacht werden, wobei die Gesamthöhe von 20 % nicht überschritten werden darf. Dies bedeutet, dass der Steuerpflichtige den Zeitraum und die Höhe der jeweiligen Abschreibungsbeträge innerhalb des Fünfjahreszeitraums frei wählen kann, solange die kumulierte Begünstigung die gesetzliche Höchstgrenze nicht überschreitet. Voraussetzung ist in jedem Jahr, in dem Sonderabschreibung geltend gemacht wird, das fortbestehen des wirtschaftlichen Besitzes und der unternehmerischen Nutzung des betreffenden Wirtschaftsguts.
Gibt es rechtliche Stolperfallen bei der Nutzung der Sonderabschreibung, die zu einer Rückforderung führen können?
Ja, es existieren mehrere rechtliche Stolperfallen, die zu einer nachträglichen Rückforderung der bereits in Anspruch genommenen Sonderabschreibung führen können. Zu den wichtigsten zählen eine nicht ordnungsgemäße Verwendung des Wirtschaftsguts (z. B. private oder vermietungsbedingte Nutzung), eine unterschreitende betriebliche Nutzung von weniger als 90 % im Jahr der Inanspruchnahme oder in den Folgejahren, oder eine Betriebsaufgabe beziehungsweise Betriebsveräußerung innerhalb der fünfjährigen Bindungsfrist. Auch fehlerhafte Buchführung oder eine falsche Angabe bei der Gewinnermittlung kann die steuerliche Begünstigung nachträglich entfallen lassen und zu Steuernachforderungen sowie gegebenenfalls zu Zinszahlungen gemäß § 233a AO führen. Zudem ist bei Umwandlungen oder Zusammenschlüssen von Unternehmen eine gesonderte rechtliche Prüfung der Fortführung der Abschreibung erforderlich.
Wie sind die Dokumentationspflichten im Zusammenhang mit der Sonderabschreibung rechtlich geregelt?
Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung ist an umfassende Dokumentationspflichten gebunden. Die steuerpflichtige Person muss den Zeitpunkt und die Höhe der Abschreibung, die genaue Bezeichnung des begünstigten Wirtschaftsguts, das Jahr der Anschaffung oder Herstellung sowie die Nachweise über die betriebliche Nutzung eindeutig dokumentieren und in der Buchführung vermerken. Darüber hinaus sind sämtliche Nachweise für das Finanzamt mindestens bis zur Beendigung der fünfjährigen Bindungsfrist aufzubewahren. Dies schließt eine lückenlose Belegführung zur Verwendung des Wirtschaftsguts in den Betrieb mit ein. Liegen Unklarheiten oder Unvollständigkeiten hinsichtlich der Dokumentation vor, kann das Finanzamt die Anerkennung der Sonderabschreibung verweigern oder bereits gewährte Steuerermäßigungen zurückfordern.
Wie wirken sich nachträgliche Veränderungen (z. B. Erweiterung des Geschäftsbetriebs, Wechsel der Gewinnermittlungsart) rechtlich auf die Sonderabschreibung aus?
Nachträgliche Veränderungen im Geschäftsbetrieb können erhebliche rechtliche Auswirkungen auf die bereits in Anspruch genommene Sonderabschreibung haben. Bei einer Erweiterung des Betriebs, die zum Überschreiten der KMU-Grenzwerte (z. B. Gewinn von mehr als 200.000 Euro) führt, bleibt die bereits gewährte Abschreibung für die Vergangenheit bestehen, ein weiterer Abzug für neu angeschaffte Wirtschaftsgüter ist jedoch nicht mehr zulässig. Besonders bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart (z. B. von der Einnahmenüberschussrechnung zur Bilanzierung oder umgekehrt) ist zu beachten, dass alle mit der Sonderabschreibung im Zusammenhang stehenden Angaben und Nachweise fortgeführt und korrekt übertragen werden müssen. Fehler in der Überleitung können zu Rückforderungen oder steuerrechtlichen Streitigkeiten führen. Ein Wechsel des Rechtsrahmens, z. B. durch Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz, macht es erforderlich, die steuerliche Begünstigung und die Bindungsfristen neu zu prüfen.