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Sicherung der Arbeitnehmer im Krankheitsfall

Begriff und Ziel der Sicherung der Arbeitnehmer im Krankheitsfall

Die Sicherung der Arbeitnehmer im Krankheitsfall umfasst die Gesamtheit der rechtlichen Regelungen, die Bezahlung, Beschäftigung und soziale Absicherung von Beschäftigten bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit schützen. Sie soll Einkommensausfälle abfedern, den Arbeitsplatz erhalten, den Datenschutz wahren und die Rückkehr in den Beruf fördern. Die Regelungen greifen abgestuft: zunächst im Arbeitsverhältnis durch Lohnfortzahlung, anschließend über Leistungen der sozialen Sicherung. Ergänzend bestehen Schutzmechanismen im Kündigungsrecht, beim Datenschutz und in der betrieblichen Gesundheits- und Rehabilitationspraxis.

Einkommenssicherung im Krankheitsfall

Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber

Voraussetzungen und Dauer

Beschäftigte erhalten bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit für eine begrenzte Zeit ihre reguläre Vergütung weiter. Voraussetzung ist eine bestimmte Mindestdauer des Arbeitsverhältnisses beim selben Arbeitgeber. Die Fortzahlung erfolgt in der Regel für bis zu sechs Wochen je Arbeitsunfähigkeitsfall. Ausgenommen sind Fälle, in denen die Krankheit vorsätzlich oder grob fahrlässig selbst herbeigeführt wurde. Die Fortzahlung entspricht dem Arbeitsentgelt, das ohne Krankheit angefallen wäre, einschließlich regelmäßig anfallender Bestandteile.

Wiederholungsfälle und mehrere Erkrankungen

Für dieselbe Krankheit entsteht nach Ablauf der ersten sechs Wochen erst dann ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn eine hinreichende Gesundungs- und Unterbrechungszeit vorliegt. Treten während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit weitere Krankheiten hinzu, führt dies nicht zu einer neuen Frist. Eine neue sechswöchige Fortzahlung kommt insbesondere in Betracht, wenn eine neue, unabhängige Erkrankung nach einer Gesundung eintritt.

Sonderfälle (Teilzeit, Minijob, Auszubildende)

Teilzeitbeschäftigte und Auszubildende sind grundsätzlich einbezogen. Bei geringfügig Beschäftigten besteht Fortzahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, sofern die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Umfang richtet sich stets nach dem vertraglich geschuldeten Entgelt im maßgeblichen Zeitraum.

Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung

Beginn, Dauer und Höhe

Nach dem Ende der Entgeltfortzahlung oder wenn ein Anspruch darauf nicht besteht, greift bei Mitgliedern mit entsprechendem Versicherungsstatus das Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung. Es wird für eine begrenzte Gesamtdauer je Krankheit innerhalb eines mehrjährigen Bezugsrahmens gewährt. Die Höhe orientiert sich am bisherigen Arbeitsentgelt und ist auf einen bestimmten Prozentsatz begrenzt; gesetzlich vorgesehene Abzüge können anfallen.

Mitgliedsstatus und private Krankenversicherung

Der Anspruch auf Krankengeld hängt vom Mitgliedsstatus in der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Familienversicherte erhalten kein eigenes Krankengeld. Freiwillig Versicherte können je nach gewähltem Tarif eine Absicherung umfassen. In der privaten Krankenversicherung existiert kein gesetzliches Krankengeld; hier können vertraglich Krankentagegeld-Leistungen mit vereinbarten Karenzzeiten abgesichert sein.

Arbeitsunfall und Berufskrankheit: Verletztengeld

Liegt eine Arbeitsunfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls oder einer anerkannten Berufskrankheit vor, tritt nach Ablauf der Entgeltfortzahlung anstelle des Krankengeldes das Verletztengeld der gesetzlichen Unfallversicherung. Es dient der Einkommenssicherung bis zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder bis andere Leistungen einsetzen.

Tarifliche und betriebliche Ergänzungen

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können über die gesetzlichen Mindeststandards hinausgehen, etwa durch längere Entgeltfortzahlung oder Zuschüsse zum Krankengeld. Solche Regelungen gelten, wenn sie für das Arbeitsverhältnis einschlägig sind.

Beschäftigungsschutz und Arbeitsverhältnis

Anzeige- und Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit

Beschäftigte müssen die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen. Ein ärztlicher Nachweis ist spätestens nach wenigen Kalendertagen erforderlich; der Arbeitgeber kann ihn früher verlangen. Die elektronische Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsdaten zwischen Arztpraxis, Krankenkasse und Arbeitgeber ist verbreitet, ersetzt jedoch nicht die Pflicht zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit.

Schutz vor Kündigung bei Krankheit

Krankheit während Kündigung und krankheitsbedingte Kündigung

Eine Erkrankung führt nicht automatisch zu einem Kündigungsschutz, schließt eine ordentliche Kündigung jedoch nicht generell aus. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen in der Person kann bei erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten oder bei dauerhaft fehlender Einsatzfähigkeit in Betracht kommen. Dafür sind strenge Voraussetzungen erforderlich, unter anderem eine belastbare negative Gesundheitsprognose, erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen und eine Interessenabwägung zugunsten der Beendigung. Eine Kündigung ausschließlich wegen kurzfristiger Einzelfehltage ist regelmäßig nicht haltbar.

Besonderer Schutz bestimmter Personengruppen

Für einige Personengruppen trifft ein erhöhter Kündigungsschutz zu, etwa für Beschäftigte mit anerkannter Schwerbehinderung oder ihnen gleichgestellte Personen, während der Schwangerschaft sowie während der Elternzeit. In solchen Fällen sind zusätzliche Verfahren oder Zustimmungen der zuständigen Stellen vorgesehen.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Bei Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres soll der Arbeitgeber ein Verfahren zur stufenweisen Wiedereingliederung und zur Vermeidung weiterer Ausfälle anbieten. Ziel ist es, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen sowie geeignete Maßnahmen im Betrieb zu prüfen. Die Teilnahme ist freiwillig; ohne Mitwirkung der betroffenen Person findet kein BEM statt.

Urlaub und Krankheit

Erkranken Beschäftigte während des Urlaubs, werden die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Krankheitstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Langzeiterkrankungen können zu einer Übertragung von Urlaubsansprüchen führen; dabei gelten zeitliche Grenzen für den Verfall. Urlaubsabgeltung wird relevant, wenn das Arbeitsverhältnis endet und der Urlaub krankheitsbedingt nicht mehr genommen werden kann.

Datenschutz und Vertraulichkeit

Gesundheitsdaten unterliegen besonderem Schutz. Gegenüber dem Arbeitgeber besteht nur eine Pflicht zur Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit und ihrer voraussichtlichen Dauer, nicht jedoch der Diagnose. Ärztliche Bescheinigungen enthalten keine Angaben zur Art der Erkrankung. Medizinische Prüfungen durch neutrale Stellen sind möglich, um die Arbeitsunfähigkeit zu bewerten, ohne Diagnosen offenlegen zu müssen.

Rehabilitation und Wiedereingliederung

Stufenweise Wiedereingliederung

Nach längerer Krankheit kann eine schrittweise Rückkehr in den Arbeitsalltag vereinbart werden. In dieser Phase bleibt der Status als arbeitsunfähig bestehen; die Entgeltsicherung erfolgt in der Regel über Krankengeld oder entsprechende Leistungen. Ablauf und Dauer werden gemeinsam mit beteiligten Stellen festgelegt; Ziel ist eine nachhaltige Stabilisierung der Arbeitsfähigkeit.

Finanzierung und Systemmechanismen

Umlageverfahren für kleine Arbeitgeber

Zur Entlastung kleiner Arbeitgeber existieren Erstattungsregelungen für die geleistete Entgeltfortzahlung, die über ein Umlageverfahren finanziert werden. Dieses System wirkt im Hintergrund und ändert nichts an den Ansprüchen der Beschäftigten.

Sozialversicherungsbeiträge und steuerliche Behandlung

Während der Entgeltfortzahlung gelten die üblichen Abzüge. Krankengeld ist als Leistung der Krankenversicherung steuerfrei, kann jedoch den persönlichen Steuersatz beeinflussen. Sozialversicherungsrechtlich werden Zeiten mit Krankengeld in bestimmten Zweigen berücksichtigt; dies sichert unter anderem Rentenanwartschaften.

Abgrenzungen und Geltungsbereich

Wer ist erfasst?

Die Regelungen richten sich an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhängig von der Branche und einschließlich Teilzeit und Ausbildung. Für Beamtinnen und Beamte gelten eigenständige Systeme der Besoldungsfortzahlung und Beihilfe. Selbstständige sichern das Krankheitsrisiko über freiwillige Versicherungen oder privatrechtliche Verträge ab.

Häufig gestellte Fragen

Können Arbeitnehmer während einer Krankheit gekündigt werden?

Eine Kündigung ist während einer Erkrankung nicht automatisch ausgeschlossen. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Krankheitsgründen setzt jedoch strenge Voraussetzungen voraus, etwa eine negative Gesundheitsprognose, erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen und eine Interessenabwägung. Für bestimmte Personengruppen besteht zusätzlicher Kündigungsschutz.

Wann besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung und wie lange?

Ein Anspruch besteht nach einer Mindestbeschäftigungsdauer beim selben Arbeitgeber. Er umfasst grundsätzlich bis zu sechs Wochen je Arbeitsunfähigkeitsfall. Die Fortzahlung entspricht dem Arbeitsentgelt, das ohne die Erkrankung zu zahlen wäre; vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Krankheiten können den Anspruch ausschließen.

Wie hoch ist das Krankengeld und wie lange wird es gezahlt?

Das Krankengeld orientiert sich prozentual am bisherigen Arbeitsentgelt und unterliegt Höchstgrenzen. Es wird für eine begrenzte Gesamtdauer je Krankheit innerhalb eines mehrjährigen Bezugsrahmens gewährt, wobei Zeiten der Entgeltfortzahlung eingerechnet werden. Gesetzlich vorgesehene Abzüge können das Auszahlungsniveau mindern.

Welche Pflichten bestehen bei der Krankmeldung?

Die Arbeitsunfähigkeit und ihre voraussichtliche Dauer sind dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Eine ärztliche Bescheinigung ist spätestens nach wenigen Tagen vorzulegen; der Arbeitgeber kann sie früher verlangen. Die Diagnose muss dem Arbeitgeber nicht mitgeteilt werden.

Was gilt bei mehrfachen Erkrankungen oder Rückfällen?

Für dieselbe Erkrankung entsteht ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung erst nach hinreichender Gesundung und Unterbrechung. Tritt während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Erkrankung hinzu, beginnt keine neue Sechswochenfrist. Bei einer neuen, unabhängigen Erkrankung nach Genesung kann ein neuer Anspruch entstehen.

Was ist das betriebliche Eingliederungsmanagement?

Nach länger andauernder oder wiederholter Arbeitsunfähigkeit bietet der Arbeitgeber ein Verfahren an, um die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen. Es dient der Prüfung geeigneter Maßnahmen im Betrieb und der Planung einer stufenweisen Rückkehr. Die Teilnahme ist freiwillig.

Erhalten Minijobber Krankengeld?

Minijobber haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, sofern die allgemeinen Voraussetzungen vorliegen. Ein Anspruch auf Krankengeld besteht nur, wenn eine eigene Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch in der gesetzlichen Krankenversicherung oder ein entsprechender privater Versicherungsschutz vorliegt; bei Familienversicherung besteht kein eigener Anspruch.

Zählen Krankheitstage im Urlaub auf den Urlaub?

Durch ärztliches Attest nachgewiesene Krankheitstage während des Urlaubs werden nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet. Bei Langzeiterkrankung können Urlaubsansprüche übertragen werden; es gelten Fristen für den Verfall.