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Sicherheitsbeauftragter


Definition und rechtliche Grundlagen des Sicherheitsbeauftragten

Ein Sicherheitsbeauftragter ist eine im deutschen Arbeitsschutzrecht verankerte Person, die betriebsintern mit der Unterstützung des Arbeitgebers beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung betraut wird. Die gesetzlichen Vorgaben zur Bestellung, den Aufgaben und den rechtlichen Rahmenbedingungen von Sicherheitsbeauftragten sind insbesondere in § 22 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) geregelt. Die Funktion des Sicherheitsbeauftragten ist in nahezu allen Unternehmen ab einer bestimmten Beschäftigtenzahl verpflichtend einzurichten.

Gesetzliche Ausgangspunkte und Regelungsrahmen

Bestellungspflicht und Schwellenwerte

Gemäß § 22 SGB VII sind Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 gesetzlich unfallversicherten Beschäftigten verpflichtet, einen oder mehrere Sicherheitsbeauftragte zu bestellen. Kleinere Unternehmen können auf freiwilliger Basis einen Sicherheitsbeauftragten benennen. Für die genaue Festlegung der erforderlichen Anzahl von Sicherheitsbeauftragten und deren Einsatzbereiche geben die Unfallversicherungsträger, wie die Berufsgenossenschaften, weitere Richtlinien und Empfehlungen heraus.

Zuständigkeit und Verhältnis zum Arbeitgeber

Sicherheitsbeauftragte werden von der Unternehmensleitung benannt und agieren als verlängerter Arm zur Umsetzung des betrieblichen Arbeitsschutzes. Die Bestellung ist schriftlich zu dokumentieren. Sicherheitsbeauftragte üben ihre Tätigkeit neben ihrer regulären Funktion im Betrieb ehrenamtlich aus und unterliegen dabei der Weisung des Arbeitgebers.

Aufgaben und Pflichten des Sicherheitsbeauftragten

Unterstützung beim Arbeitsschutz

Sicherheitsbeauftragte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber und die sonst verantwortlichen Personen bei der Durchführung von Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu unterstützen. Sie wirken darauf hin, dass Vorschriften und Regeln des Arbeitsschutzes eingehalten und umgesetzt werden. Dies umfasst beispielsweise die Unterstützung bei Gefährdungsbeurteilungen, das Hinweisen auf Mängel und die Anregung von Verbesserungen.

Konkrete Tätigkeitsfelder

  • Teilnahme an Begehungen und Arbeitsschutzausschüssen
  • Beobachtung des Betriebs hinsichtlich sicherheitsrelevanter Aspekte
  • Unterstützung bei Unterweisungen und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung
  • Mitwirkung bei der Auswahl persönlicher Schutzausrüstung
  • Meldung von festgestellten Sicherheitsmängeln
  • Beratung von Kolleginnen und Kollegen in Sicherheitsfragen

Keine Weisungsbefugnis

Sicherheitsbeauftragte besitzen keine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Beschäftigten. Sie übernehmen unterstützende, beobachtende und beratende Funktionen, treffen aber keine eigenständigen Entscheidungen zur Durchführung von Schutzmaßnahmen.

Rechtlicher Status und Haftung

Ehrenamt, Schutz und Haftungsbegrenzung

Die Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragter wird ehrenamtlich und zusätzlich zur regulären Arbeitsaufgabe ausgeübt (§ 22 Abs. 2 SGB VII). Die Bestellung begründet keinen Arbeitsvertrag über diese Zusatzfunktion und stellt auch keine betriebliche Leitungsposition dar. Sicherheitsbeauftragte sind vor Benachteiligungen hinsichtlich ihrer Funktion besonders geschützt. Kündigungen oder Benachteiligungen, weil die Aufgaben als Sicherheitsbeauftragter wahrgenommen wurden, sind unzulässig.

Eine Haftung für Sicherheitsbeauftragte entsteht nur, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig handeln. Im Rahmen ihrer Tätigkeit besteht Versicherungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung.

Zusammenarbeit mit anderen betrieblichen Akteuren

Sicherheitsbeauftragte wirken eng mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt, dem Betriebs- oder Personalrat und dem Arbeitgeber zusammen. Sie sind zudem Mitglied im Arbeitsschutzausschuss, sofern ein solcher nach § 11 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) zu bilden ist.

Bestellung, Abberufung und Qualifikation

Bestellung und Dokumentation

Die Bestellung des Sicherheitsbeauftragten erfolgt schriftlich durch den Arbeitgeber. Enthalten sein sollten das Einsatzgebiet, der Aufgabenbereich und der Beginn der Amtszeit.

Fortbildung und Sachkunde

Der jeweilige Unfallversicherungsträger ist verpflichtet, Sicherheitsbeauftragte in geeigneter Weise für ihre Tätigkeit zu schulen. Es besteht die Pflicht, an entsprechenden Grund- und Folgeunterweisungen teilzunehmen, um die erforderliche Sachkunde zur Erfüllung der Aufgabe zu erhalten und auf dem aktuellen Stand zu bleiben.

Abberufung und Beendigung

Die Abberufung eines Sicherheitsbeauftragten ist durch den Arbeitgeber möglich, sollte jedoch sachlich begründet und schriftlich erfolgen. Auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet die Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragter automatisch.

Abgrenzung zu weiteren betrieblichen Funktionen

Unterschied zu Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt

Im Gegensatz zur Fachkraft für Arbeitssicherheit und zum Betriebsarzt ist der Sicherheitsbeauftragte kein externer Berater oder besonderer betrieblicher Funktionsträger, sondern eine interne Vertrauensperson ohne Leitungsbefugnis. Er ist Bindeglied zwischen Belegschaft und Leitungsebene und sorgt für die Integration der Arbeitsschutzbelange in den betrieblichen Alltag.

Verhältnis zum Betriebsrat

Die Aufgaben des Sicherheitsbeauftragten überschneiden sich nicht mit den Beteiligungsrechten des Betriebsrats im Rahmen der Mitbestimmung beim Arbeitsschutz. Eine gleichzeitige Ausübung beider Funktionen ist grundsätzlich zulässig, jedoch werden Unabhängigkeit und freie Amtsausübung empfohlen.

Rechte und Schutz des Sicherheitsbeauftragten

Schulung und Freistellung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Sicherheitsbeauftragten die Teilnahme an allen für dessen Aufgabe notwendigen Schulungen ohne Nachteil für das Arbeitsentgelt zu ermöglichen. Die Teilnahmezeit gilt als Arbeitszeit. Aufwendungen hierfür trägt das Unternehmen.

Benachteiligungsverbot und Sonderkündigungsschutz

Sicherheitsbeauftragte dürfen wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden. Eine Entlassung in Zusammenhang mit ihrer Funktion als Sicherheitsbeauftragter ist an besonders strenge Voraussetzungen gebunden. Zwar genießen sie keinen absoluten Sonderkündigungsschutz, sind allerdings vor willkürlichen Maßnahmen durch den Arbeitgeber geschützt.

Fazit

Der Sicherheitsbeauftragte nimmt eine zentrale Rolle im betrieblichen Arbeitsschutzsystem ein. Seine gesetzlichen Aufgaben beschränken sich auf beratende, beobachtende und unterstützende Funktionen, wobei die rechtlichen Grundlagen insbesondere in § 22 SGB VII normiert sind. Die Bestellung, die fortlaufende Qualifikation und der besondere Schutzstatus gewährleisten einen wirksamen Beitrag zur Verhütung von Arbeitsunfällen und zur Förderung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes im Unternehmen.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist ein Sicherheitsbeauftragter rechtlich vorgeschrieben?

Gemäß § 22 SGB VII sind Sicherheitsbeauftragte in Unternehmen zu bestellen, sobald dies nach Art und Umfang des Unternehmens sowie nach den bestehenden Unfall- oder Gesundheitsgefahren erforderlich ist. Eine präzisierende Vorgabe findet sich in der DGUV Vorschrift 1 (Grundsätze der Prävention), nach der ab einer Belegschaftszahl von regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten mindestens ein Sicherheitsbeauftragter zu bestellen ist. Das gilt unabhängig von der Unternehmensform oder dem Wirtschaftssektor. Zu beachten ist, dass nach oben keine Grenze besteht: Bei erhöhter Unfall- oder Gesundheitsgefahr, mehreren Betriebsstätten oder Schichtbetrieb können mehr Sicherheitsbeauftragte erforderlich sein. Die Überprüfung, ob und wie viele Sicherheitsbeauftragte zwingend vorgeschrieben sind, ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung gemäß Arbeitsschutzgesetz sowie ggf. spezifischen berufsgenossenschaftlichen Vorgaben.

Welche rechtlichen Pflichten hat ein Sicherheitsbeauftragter?

Sicherheitsbeauftragte haben laut § 22 SGB VII sowie den Ausführungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) die Aufgabe, den Unternehmer bzw. die Unternehmensleitung bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu unterstützen. Sie müssen auf Unfall- und Gesundheitsgefahren aufmerksam machen und auf deren Beseitigung hinwirken. Die Tätigkeit ist ehrenamtlich und ergänzt die Verantwortung des Arbeitgebers, ohne dessen Pflichten zu ersetzen. Sicherheitsbeauftragte sind häufig erste Ansprechpartner bei Mängeln und wirken bei der Unterweisung von Kollegen mit. Konkrete Weisungsbefugnis gegenüber Kollegen besitzen sie jedoch nicht. Ihre Tätigkeit darf nicht zu Nachteilen im eigenen Arbeitsverhältnis führen und die eigentliche berufliche Tätigkeit muss weiter ausgeführt werden.

Wer darf rechtlich zum Sicherheitsbeauftragten bestellt werden?

Die Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten erfolgt gemäß DGUV Vorschrift 1 durch den Unternehmer oder die zuständige Führungskraft. Die Person muss Beschäftigte(r) des betreffenden Betriebs sein, mit den dortigen betrieblichen Abläufen und Gefahrenlagen vertraut und zuverlässig sein. Rechtlich ist keine bestimmte Qualifikation vorgeschrieben, jedoch müssen sie in ausreichendem Maße für die Aufgabe qualifiziert sein, in der Praxis bedeutet dies die verpflichtende Teilnahme an einer von der zuständigen Berufsgenossenschaft durchgeführten Schulung. Führungskräfte sind grundsätzlich nicht ausgeschlossen, sollten aber nicht mit der Aufgabe betraut werden, wenn Interessenkonflikte auftreten könnten.

Was sind die rechtlichen Folgen, wenn kein Sicherheitsbeauftragter bestellt wird?

Das Unterlassen der Bestellung von Sicherheitsbeauftragten stellt einen Verstoß gegen § 22 SGB VII in Verbindung mit der DGUV Vorschrift 1 dar. Kommt ein Unternehmen der gesetzlichen Verpflichtung nicht nach, kann dies im Schadensfall zu haftungsrechtlichen Konsequenzen führen, insbesondere kann eine Verletzung von Aufsichtspflichten sowie Organisationsverschulden vorliegen. Daneben können berufsgenossenschaftliche Maßnahmen wie Auflagen oder sogar Bußgelder drohen. Im Wiederholungsfalle oder bei schweren Verstößen kann die Aufsichtsbehörde weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten einfordern.

Muss die Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten dokumentiert werden?

Ja, die Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten muss rechtssicher erfolgen und nachweisbar dokumentiert werden. In der Praxis bedeutet dies die schriftliche Benennung mittels Bestellungsurkunde oder entsprechender Mitteilung an die betreffende Person. Diese Dokumentation sollte die Personalien des Sicherheitsbeauftragten, den Verantwortungsbereich und das Datum der Bestellung beinhalten. Im Falle einer Überprüfung durch die Berufsgenossenschaft, die Aufsichtsbehörde oder im Haftungsfall dient diese Dokumentation als Nachweis der rechtskonformen Bestellung.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die Schulung eines Sicherheitsbeauftragten?

Für die Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragter ist per Gesetz keine spezifische Fachkraftausbildung vorgeschrieben, jedoch muss der oder die Beauftragte gemäß DGUV Regel 100-001 ausreichend qualifiziert sein, um die Aufgaben sachgerecht auszuführen. Die notwendige Qualifikation wird in eigenen Lehrgängen der Berufsgenossenschaften und gesetzlichen Unfallversicherungsträger im Zeitraum von meist 2-3 Tagen vermittelt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Sicherheitsbeauftragten die Teilnahme an solchen Schulungen zu ermöglichen und die Kosten zu tragen. Eine regelmäßige Fortbildung ist angeraten, wenn auch nicht explizit vorgeschrieben.

Genießen Sicherheitsbeauftragte einen besonderen Kündigungsschutz?

Im Unterschied zu bestimmten Funktionsträgern wie Betriebsräten besteht für Sicherheitsbeauftragte kein gesetzlich geregelter Sonderkündigungsschutz. Sie sind allerdings vor Benachteiligungen aufgrund ihres Ehrenamtes geschützt (§ 612a BGB). Entlassungen dürfen nicht infolge der Ausübung der Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragter ausgesprochen werden. Kündigungen aus anderen, betriebsbedingten Gründen sind jedoch möglich, dürfen aber nicht auf die Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragter gestützt sein.