Begriff und Allgemeines zur Servitut
Die Servitut – auch als Dienstbarkeit bekannt – stellt ein dingliches Recht dar, durch das dem Berechtigten die Nutzung eines fremden Grundstücks in bestimmtem Umfang gestattet wird oder der Eigentümer des belasteten Grundstücks zur Duldung oder Unterlassung bestimmter Handlungen verpflichtet ist. Servituten zählen zu den sogenannten beschränkten dinglichen Rechten und haben eine hohe praktische Bedeutung im Immobilien- und Sachenrecht.
Dieses Rechtsinstitut wurzelt im römischen Recht und findet sich heute in zahlreichen zivilrechtlichen Kodifikationen, etwa im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in Deutschland, im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) in Österreich sowie im Schweizer Zivilgesetzbuch (ZGB). Servituten dienen der Ordnung nachbarlicher Rechte und der wirtschaftlichen Nutzung von Grundstücken.
Arten der Servitut
Grunddienstbarkeiten
Die Grunddienstbarkeit ist die häufigste Erscheinungsform der Servitut. Sie berechtigt den jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks (herrschendes Grundstück), ein anderes Grundstück (dienendes Grundstück) in bestimmter Weise zu nutzen oder bestimmte Nutzungen zu dulden beziehungsweise zu unterlassen. Typische Beispiele sind Wegerechte, Leitungsrechte oder das Recht zur Wasserentnahme. Die Grunddienstbarkeit ist an das Eigentum eines Grundstücks gebunden und überträgt sich mit diesem.
Typische Erscheinungsformen
- Wegerecht: Erlaubt das Betreten und Befahren des dienenden Grundstücks zum Zwecke des Durchgangs oder Durchfahrens.
- Leitungsrecht: Ermöglicht die Verlegung und Unterhaltung von Leitungen für Gas, Wasser, Strom oder Telekommunikation über ein fremdes Grundstück.
- Überbaurecht: Gestattet die Überschreitung der Grundstücksgrenze mit Gebäudeteilen.
- Viehtriebrecht: Erlaubt das Treiben von Vieh über das dienende Grundstück.
Persönliche Dienstbarkeiten
Davon zu unterscheiden sind persönliche Dienstbarkeiten, bei denen das Recht einer bestimmten Person zusteht und nicht unmittelbar an ein Grundstück gebunden ist. Prominente Beispiele sind der Nießbrauch und das Wohnrecht.
Nießbrauch
Der Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB) gewährt einer Person das umfassende Recht zur Nutzung und Fruchtziehung aus einer Sache, typischerweise einem Grundstück, unter Schonung der Substanz.
Wohnrecht
Das Wohnrecht (§ 1093 BGB) berechtigt eine Person, Gebäude oder Teile eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers zum Wohnen zu nutzen.
Unterschied zur Reallast
Abzugrenzen ist die Servitut von der Reallast, die zusätzlich zur Duldung oder Unterlassung auch die positive Handlungspflicht zur Leistung wiederkehrender Sachen oder Dienstleistungen beinhaltet.
Entstehung einer Servitut
Erwerbstatbestände
Die Begründung einer Servitut erfolgt in der Regel durch:
- Vertrag: Vereinbarung zwischen Eigentümer des dienenden Grundstücks und Berechtigtem.
- Erbfolge: Übergang im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge.
- Gesetz: In seltenen Fällen, insbesondere bei Notwegen, kann das Gesetz Servituten zwingend anordnen.
Eintragung ins Grundbuch
Im deutschen und österreichischen Recht ist für die Wirksamkeit der Servitut am Grundstück die Eintragung im Grundbuch erforderlich (Publizitätsprinzip, §§ 873, 1018 BGB; §§ 480 ff. ABGB). In der Schweiz gilt Gleiches für das Grundbuch (Art. 731 ZGB). Die Einigung der Parteien (Verpflichtungsgeschäft) und der Grundbucheintrag (Verfügungsgeschäft) bilden die rechtlichen Voraussetzungen.
Zeitliche Begrenzung
Im Grundsatz kann eine Servitut sowohl befristet als auch unbefristet bestellt werden. Eine zeitliche Begrenzung ist ausdrücklich zu vereinbaren und wird im Grundbuch vermerkt.
Inhalt und Umfang
Nutzungsrechte und Beschränkungen
Der Inhalt einer Servitut ergibt sich primär aus dem Bestellungsvertrag und aus der Grundbuchseintragung. Er ist auf die konkret vereinbarte Nutzung beschränkt; eine erweiterte Auslegung zu Gunsten des Berechtigten ist wegen der Eigentumsbeschränkung ausgeschlossen. Änderungen der tatsächlichen Nutzung sind grundsätzlich unzulässig, soweit sie nicht dem ursprünglichen Zweck entsprechen (z. B. Nutzung eines Wegerechts für andere als ursprünglich vorgesehene Verkehrsarten).
Instandhaltungspflicht und Kostentragung
Die Instandhaltung einer durch eine Servitut gesicherten Anlage (etwa eines Weges oder einer Leitung) obliegt regelmäßig dem Servitutsberechtigten, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist. Auch Kosten aus der Ausübung der Servitut trägt in der Regel der Berechtigte.
Wirkung gegenüber Dritten
Eine ordnungsgemäß eingetragene Servitut entfaltet dingliche Wirkung gegenüber jedermann. Das bedeutet, dass auch Rechtsnachfolger des Eigentümers (etwa Käufer des dienenden Grundstücks) und Dritte die Servitut zu beachten haben.
Erlöschen und Löschung der Servitut
Erlöschensgründe
- Anerkannte Aufhebung: Einvernehmliche Löschung im Grundbuch.
- Zeitablauf: Bei befristeter Servitut nach Fristende.
- Untergang des belasteten oder berechtigten Grundstücks.
- Zusammenfall beider Grundstücke in einer Hand (Konfusion).
- Nichtausübung oder Verzicht: In seltenen Fällen kann durch langjährige Nichtausübung (Verwirkung) das Erlöschen eintreten.
Löschungsverfahren
Das Erlöschen erfordert die formale Grundbuchberichtigung, d.h. die Löschung der Eintragung. Ohne diese besteht das Recht weiterhin nach außen fort.
Schutz und Durchsetzbarkeit der Servitut
Dem Servitutsberechtigten stehen zur Wahrung seines Rechtes abwehrende und gestaltende Ansprüche gegen Störer zu. Eigenmächtige Eingriffe Dritter können mit Unterlassungsklagen oder Beseitigungsansprüchen verfolgt werden. Der Anspruch auf Einräumung und Ausübung der Servitut kann gerichtlich durchgesetzt werden.
Steuerliche und wirtschaftliche Bedeutung
Servituten beeinflussen den Wert und die Nutzungsmöglichkeiten von Grundstücken maßgeblich. Sie mindern mitunter den Verkehrswert, werden jedoch nach wirtschaftlicher Bedeutung – etwa als Teil von Versorgungssicherungen oder Wegerechten – auch als wertsteigernd angesehen. Steuerlich wirken sich Servituten auf die Bemessung der Grundsteuer und bei der Übertragung auf die Grunderwerbsteuer aus.
Servitut im internationalen Kontext
Obwohl die rechtliche Ausgestaltung variieren kann, kennen die meisten kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen das Institut der Servitut beziehungsweise der Dienstbarkeit. Die Details hinsichtlich Bestellung, Umfang, Eintragung und Löschung richten sich nach dem jeweils anwendbaren Recht des Landes und dem zugehörigen Grundbuchsystem.
Zusammenfassung
Die Servitut ist ein zentrales Element des Sachenrechts und regelt die Belastung von Grundstücken zugunsten Dritter oder anderer Grundstückseigentümer. Ihre rechtliche Ausgestaltung umfasst zahlreiche Anwendungsfälle und bezieht sich sowohl auf klassische Nutzungsrechte wie Wege- und Leitungsrechte als auch auf spezielle persönliche Dienstbarkeiten. Die Servitut ist stets beschränkt ausgestaltet, grundsätzlich grundbuchpflichtig und gegenüber Rechtsnachfolgern wirksam. Für den Eigentümer des belasteten Grundstücks bringt sie beständige Duldungspflichten, für den Berechtigten sichert sie langfristige Nutzungsrechte.
Siehe auch:
- Grunddienstbarkeit
- Nießbrauch
- Wohnrecht
- Reallast
- Grundbuch
- Sachenrecht
Häufig gestellte Fragen
Wer ist zur Ausübung eines Servituts berechtigt und wie kann dieses Recht übertragen werden?
Zur Ausübung eines Servituts ist grundsätzlich der jeweils berechtigte Eigentümer des herrschenden Grundstücks befugt. Dieses Recht steht dem jeweiligen Eigentümer als sogenanntem „Recht am Grundstück“ zu, es ist also an das Grundstück gebunden (dingliches Recht) und nicht an eine bestimmte Person. Wird das herrschende Grundstück veräußert, geht das Servitutsrecht im Regelfall automatisch auf den neuen Eigentümer über. Eine eigenständige Übertragung des Servituts ohne Eigentumsübergang des Grundstücks ist rechtlich in der Regel nicht möglich. Ausnahmen bestehen nur, wenn ausdrücklich ein persönliches Servitut (z. B. eine Dienstbarkeit auf Lebenszeit einer bestimmten Person) eingeräumt wurde; dann ist die Übertragung nur in den engen Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen zulässig, etwa durch Zustimmung des Eigentümers des belasteten Grundstücks. Die Ausgestaltung und Übertragbarkeit eines Servituts richtet sich im Einzelnen nach dem Eintrag im Grundbuch und den zugrundeliegenden Vereinbarungen.
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Servitut gelöscht werden?
Die Löschung eines Servituts erfolgt entweder durch freiwillige Aufgabe (Verzicht) durch den Berechtigten, durch Zeitablauf bei befristeten Servitutsrechten oder durch prekludierende Nichtausübung (Erlöschen durch Nichtgebrauch, sog. Ersitzung der Freiheit). Die formelle Löschung im Grundbuch kann regelmäßig nur erfolgen, wenn entweder beide Parteien dem zustimmen (herrschendes und dienendes Grundstück) oder ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, das die Voraussetzungen für die Löschung feststellt. Voraussetzung ist meist, dass das dienende Grundstück von dem Recht nachweislich nicht mehr betroffen ist oder das dingliche Bedürfnis für die Servitutsausübung entfallen ist. Ebenso kann eine Löschung gerichtlich angeordnet werden, etwa wenn das Servitut durch neue Verhältnisse seinen Zweck endgültig und vollständig verliert (z. B. Unmöglichkeit der Ausübung).
Wer trägt die Kosten zur Instandhaltung einer Servitutsausübung, etwa bei einem Wegerecht?
Die Kostentragung für Instandhaltungs- und Erhaltungsmaßnahmen einer mit einem Servitut belasteten Einrichtung (wie einem Weg) richtet sich primär nach der im Servitutsvertrag oder in der Eintragungsbewilligung getroffenen Vereinbarung. Fehlt eine solche ausdrückliche Regelung, so ist grundsätzlich der Servitutsberechtigte dazu verpflichtet, die Kosten für Bau und laufende Unterhaltung zu übernehmen, sofern die Maßnahme ausschließlich seinem Vorteil dient (wie z. B. bei einem Wegerecht zur Anbindung des herrschenden Grundstücks an das öffentliche Straßennetz). Kommt eine Mitbenutzung durch den Eigentümer des dienenden Grundstücks in Betracht, so kann ggf. eine anteilige Kostentragung notwendig sein. Im Streitfall entscheidet darüber das zuständige Gericht unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit und Billigkeit.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen bei Überschreitung des zulässigen Umfangs einer Servitutsausübung?
Wird die Servitutsausübung über den eingeräumten Inhalt hinaus überschritten (beispielsweise wenn ein Wegerecht als Fahrweg genutzt wird, obwohl nur ein Gehrecht besteht), steht dem Eigentümer des dienenden Grundstücks ein Unterlassungsanspruch zu. Er kann gerichtlich gegen den Berechtigten vorgehen und ist berechtigt, die vertrags- oder eintragungswidrige Nutzung zu unterbinden. Bei nachhaltiger Überschreitung oder bei erheblichen Beeinträchtigungen kann es überdies zu Schadensersatzansprüchen kommen. Die Grenzen des zulässigen Gebrauchs werden durch Vereinbarung, Gesetz und gegebenenfalls durch ergänzende Verkehrsanschauung bestimmt.
Wie wird ein Servitut im Grundbuch eingetragen und warum ist die Eintragung wichtig?
Die Eintragung des Servituts erfolgt im Grundbuch des dienenden Grundstücks im Lastenverzeichnis. Vorausgesetzt wird in der Regel eine formgültige Vereinbarung (Dienstbarkeitsbestellungsvertrag) und die Eintragungsbewilligung des Grundstückseigentümers. Die Eintragung bewirkt die Publizität und dingliche Wirkung des Servituts – das heißt, das Recht wirkt verbindlich gegen jedermann und bleibt auch bei Eigentümerwechsel am belasteten Grundstück bestehen. Die Grundbucheintragung ist für die Entstehung eines Servituts meistens konstitutiv, also zwingende Voraussetzung für seinen rechtlichen Bestand und seine Durchsetzbarkeit gegenüber Dritten (Ausnahme: gesetzliche Servitute, die teils auch ohne Eintrag bestehen können).
Kann die Ausübung eines Servituts zeitlich oder inhaltlich beschränkt oder nachträglich angepasst werden?
Ein Servitut kann bereits bei der Bestellung zeitlich (z. B. befristet oder auf bestimmte Tageszeiten beschränkt) oder auch inhaltlich (z. B. nur für bestimmte Zwecke oder Arten der Ausübung) begrenzt werden. Nachträgliche Änderungen, insbesondere Erweiterungen oder inhaltliche Beschränkungen, sind grundsätzlich nur durch eine entsprechende Einigung aller beteiligten Parteien und erneute Eintragung im Grundbuch möglich. Eine einseitige Anpassung ist nicht zulässig. Allerdings kann auf gerichtliche Entscheidung hin eine Anpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände der Grundstücksnutzung wesentlich geändert haben und dies als „Änderung nach Treu und Glauben“ geboten erscheint (z. B. bei erheblichen, unvorhergesehenen Nachteilen für eine Partei).
Welche Rechte und Pflichten treffen den Eigentümer des dienenden Grundstücks im Zusammenhang mit einem Servitut?
Der Eigentümer des dienenden Grundstücks ist verpflichtet, die rechtmäßige Ausübung des Servituts zu dulden und keine Handlungen vorzunehmen, die die Servitutsausübung vereiteln oder wesentlich erschweren. Ihm ist es beispielsweise verboten, bauliche Veränderungen vorzunehmen oder Einrichtungen zu schaffen, die den Gebrauch des Servituts hindern (z. B. das Verstellen eines Wegerechts mit Zäunen oder Toren). Umgekehrt ist er berechtigt, das dienende Grundstück in allen anderen Nutzungsformen weiterhin zu nutzen, soweit dies mit der Servitutsausübung vereinbar ist. Weitergehende Duldungspflichten und Einschränkungen können sich – je nach Vereinbarung – aus dem zugrundeliegenden Servitutsvertrag oder ergänzend aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben.