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See-Unfallversicherung


See-Unfallversicherung

Die See-Unfallversicherung ist eine spezielle Form der Unfallversicherung, die zur Absicherung von Personen dient, die im Rahmen der gewerblichen Seeschifffahrt auf deutschen Schiffen tätig sind. Sie stellt einen zentralen Bestandteil des deutschen Sozialversicherungssystems im Bereich der maritimen Berufsausübung dar. Diese Versicherung greift bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, die während der Tätigkeit an Bord oder im Zusammenhang mit der Seefahrt auftreten.


Rechtsgrundlagen

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die See-Unfallversicherung ergeben sich maßgeblich aus dem Seearbeitsgesetz (SeeArbG) sowie aus Teilen des Sozialgesetzbuches (SGB) Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Die spezifischen Vorschriften zur See-Unfallversicherung sind insbesondere im Abschnitt 7 des SGB VII geregelt, ergänzt durch Verordnungen und Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums für Verkehr.

Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung

Die See-Unfallversicherung ist eine Pflichtversicherung. Versicherte Personen sind grundsätzlich alle Besatzungsmitglieder eines in Deutschland registrierten See- oder Binnenschiffes. Auch andere in der Seeschifffahrt tätige Personen, die durch besondere Rechtsverordnung einbezogen werden, stehen unter Versicherungsschutz. Die Beiträge zur See-Unfallversicherung werden in der Regel vom Reeder getragen.


Umfang des Versicherungsschutzes

Versicherte Risiken

Der Versicherungsschutz umfasst insbesondere Unfälle während der Berufsausübung an Bord, auf dem Weg zum und vom Schiff sowie weitere durch dienstliche Veranlassung entstehende Wegeunfälle. Ebenso werden Berufskrankheiten abgedeckt, die im Zusammenhang mit der besonderen Arbeitsumgebung an Bord entstehen, wie z. B. Erkrankungen durch See- und Wettereinflüsse.

Leistungen der See-Unfallversicherung

Die wichtigsten Leistungen der See-Unfallversicherung umfassen:

  • Heilbehandlung und Rehabilitation
  • Verletztengeld und Übergangsgeld
  • Rentenzahlung im Falle von Erwerbsminderung oder Tod des Versicherten (Unfallrente oder Hinterbliebenenrente)
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft
  • Unfallbedingte Hilfsmittel und Leistungen zur Pflege

Leistungsumfang und Voraussetzungen richten sich nach den allgemeinen Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung, sind jedoch an die besonderen Bedingungen der Seeschifffahrt angepasst.


Besonderheiten und Abgrenzungen

Abgrenzung zur landgestützten Unfallversicherung

Die See-Unfallversicherung unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der allgemeinen gesetzlichen Unfallversicherung für landgestützte Berufe. So gelten spezifische Vorschriften zu Meldepflichten bei Unfällen, zur Zuständigkeit der See-Berufsgenossenschaft und zur Regulierung von maritimen Schadensfällen.

Dauer und Geografie des Versicherungsschutzes

Der Versicherungsschutz erstreckt sich sowohl auf Tätigkeiten an Bord deutscher Seeschiffe in allen Seegebieten als auch auf bestimmte Tätigkeiten bei Landaufenthalten, sofern diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Schiffsführung stehen. Auch bei einem vorübergehenden Aufenthalt in ausländischen Häfen bleibt der Versicherungsschutz i. d. R. bestehen.


Träger der See-Unfallversicherung

Aufgaben der See-Berufsgenossenschaft (SVBG)

Die Durchführung der See-Unfallversicherung in Deutschland obliegt der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau – Abteilung See (SVLFG – See), vormals See-Berufsgenossenschaft. Diese Körperschaft des öffentlichen Rechts ist verantwortlich für die Feststellung von Ansprüchen, die Leistungserbringung und die Aufklärung über Unfallverhütung im maritimen Bereich.

Finanzierung

Die Finanzierung der See-Unfallversicherung erfolgt überwiegend durch Beiträge der Reeder bzw. Schiffseigner. Die Beitragshöhe bemisst sich anhand der gefahrenen Schiffseinheiten sowie der Lohnsummen der beschäftigten Seeleute.


Meldepflichten und Verfahrensabläufe

Unfallanzeige und Meldefristen

Arbeitgeber (Reeder oder Schiffsführer) sind verpflichtet, jeden Unfall, der eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder den Tod eines Versicherten zur Folge hat, dem Unfallversicherungsträger unverzüglich zu melden. Eine schriftliche Unfallanzeige muss spätestens innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Unfallgeschehens an die zuständige Stelle weitergeleitet werden.

Leistungsantrag und Verfahren

Die Anspruchsberechtigten oder deren Hinterbliebene müssen Leistungen der See-Unfallversicherung förmlich beantragen. Nach Prüfung des Sachverhalts erfolgt die Feststellung der Ansprüche durch die SVLFG – See und der Beginn der entsprechenden Leistungen.


Internationale Bezüge

Kollisionsnormen und Auslandsbezug

Da der seerechtliche Arbeitsmarkt stark international geprägt ist, existieren besondere Regelungen zur Kollisionsbehandlung. So ist für die See-Unfallversicherung in Deutschland primär deutsches Versicherungsrecht anwendbar, soweit das Schiff unter deutscher Flagge fährt. Abweichungen bestehen, wenn mehrere Staaten in den Unfall involviert sind; insoweit können internationale Übereinkommen wie das Übereinkommen über die soziale Sicherheit der Seeleute eine Rolle spielen.


Rechtsschutz und Rechtsmittel

Gegen Bescheide der See-Unfallversicherung stehen den Versicherten und deren Hinterbliebenen die üblichen sozialrechtlichen Rechtsmittel offen, insbesondere Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht. Auch Sonderregelungen zur Beweissicherung und zur Fristenhemmung bei Überseeunfällen sind zu beachten.


Fazit

Die See-Unfallversicherung stellt eine umfassende gesetzliche Absicherung für Beschäftigte in der deutschen Seeschifffahrt dar. Sie gewährleistet Schutz bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten unter den besonderen Bedingungen der Seefahrt, geregelt nach den speziellen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs und des See-Arbeitsrechts. Die Durchführung und Finanzierung erfolgen durch einen spezialisierten Unfallversicherungsträger, wobei die Beiträge überwiegend durch die Reederschaft getragen werden. Besondere verfahrensrechtliche und internationale Regelungen sichern eine angemessene Bearbeitung und Leistungsgewährung auch unter den Bedingungen des globalen maritimen Arbeitsmarktes.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist aus rechtlicher Sicht versicherbar im Rahmen einer See-Unfallversicherung?

Im Rahmen einer See-Unfallversicherung sind grundsätzlich sämtliche Personen versicherbar, die im Zusammenhang mit der Seeschifffahrt einer Beschäftigung oder Tätigkeit nachgehen, welche gemäß den gesetzlichen Vorschriften als versicherbar eingestuft wird. Hierzu zählen insbesondere Seeleute, Besatzungsmitglieder, Auszubildende auf Seeschiffen sowie in bestimmten Fällen auch sonstige Personen an Bord, sofern sie arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten ausüben oder arbeitsrechtlich unter den Schutzbereich des Seearbeitsgesetzes sowie der Sozialversicherungsvorschriften fallen. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich insbesondere im Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) und den spezifischen Bestimmungen der See-Unfallversicherungsträger (wie der BG Verkehr). Es ist zu beachten, dass rein private Gäste, Fahrgäste und Touristen in der Regel nicht unter den Schutzbereich der See-Unfallversicherung fallen, da sie keine versicherungsrechtlich relevante Tätigkeit ausüben. In Zweifelsfällen ist der genaue Status der betroffenen Person anhand der arbeitsrechtlichen Verträge und der tatsächlichen Aufgaben an Bord zu prüfen.

Welche Leistungen werden von der See-Unfallversicherung bei einem Versicherungsfall erbracht?

Die See-Unfallversicherung erbringt im Versicherungsfall im Wesentlichen die gleichen Leistungen wie die gesetzliche Unfallversicherung an Land, jedoch mit seerechtlichen Besonderheiten. Zu den Hauptleistungen zählen Heilbehandlungskosten einschließlich ärztlicher Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, stationäre und ambulante Rehabilitationsmaßnahmen sowie Verletztengeld als Lohnersatzleistung während der Arbeitsunfähigkeit infolge des Seeunfalls. Darüber hinaus umfasst der Leistungsrahmen Rentenleistungen für Versicherte bei Minderung der Erwerbsfähigkeit, Pflegeleistungen bei schweren Dauerschäden sowie, im Todesfall, Hinterbliebenenrenten für Ehegatten, Lebenspartner und Kinder sowie Sterbegeld und Überführungskosten. Die Leistungsvoraussetzungen und -höhen richten sich nach den rechtlichen Vorgaben des SGB VII und den einschlägigen Seerechtsvorschriften. Ergänzungsleistungen und besondere seerechtsspezifische Maßnahmen, wie etwa Rettung und Rückführung ausländischer Besatzungsmitglieder, sind möglich und im Einzelfall rechtlich geregelt.

In welchem Geltungsbereich greift die See-Unfallversicherung rechtlich?

Die See-Unfallversicherung gilt grundsätzlich für Unfälle, die sich im Zusammenhang mit der Tätigkeit auf Seeschiffen unter deutscher Flagge im In- und Ausland ereignen. Rechtlich eingeschlossen sind alle Gebiete, auf denen die versicherte Tätigkeit gemäß deutschem Recht ausgeübt wird, auch wenn sich der Unfall außerhalb des deutschen Staatsgebiets, einschließlich internationaler Gewässer oder in fremden Häfen, ereignet hat. Maßgeblich ist dabei die Flagge des Schiffes sowie der rechtliche Status der Tätigkeit. Bei bestimmten internationalen Tätigkeiten, Kooperationen oder bei Entsendung auf ausländische Schiffe können Sonderregelungen und bilaterale Abkommen greifen. Ferner sind rechtskräftig solche Tätigkeiten eingeschlossen, die im ursprünglichen Zusammenhang mit dem Betrieb von Seeschiffen stehen, einschließlich Aufenthalte an Land im Kontext der Seefahrt.

Wie definiert das Recht einen Unfall im Rahmen der See-Unfallversicherung?

Rechtlich definiert sich ein Unfall in der See-Unfallversicherung – angelehnt an die allgemeine Unfallversicherung – als ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem gesundheitlichen Schaden oder dem Tod führt. Im maritimen Kontext werden darüber hinaus typische Gefährdungen des Seebetriebs berücksichtigt, wie z.B. Überbordgehen, schwere Stürze an Deck, Verletzungen durch Arbeitsgeräte in Maschinenräumen oder Unfälle infolge von Seegang, Wetterkapriolen oder Schiffsbewegungen. Die Kausalitätsanforderungen (Mitursächlichkeit und Haftungsbezug zur versicherten Tätigkeit) sind rechtlich streng, weshalb Leistungsausschlüsse bei eigenverantwortlichem Handeln, grober Fahrlässigkeit oder außerhalb des Arbeitszusammenhangs eintretenden Ereignissen möglich sind.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen für Versicherte nach einem Seeunfall aus rechtlicher Sicht?

Versicherte haben nach einem Seeunfall umfassende Mitwirkungspflichten, die sich aus dem Sozialgesetzbuch und den einschlägigen Durchführungsanordnungen ergeben. Hierzu zählen insbesondere die unverzügliche Anzeige des Unfalls beim Schiffsführer oder Reeder, das Ausfüllen und Einreichen des Unfallberichts, die Mitwirkung an der weiteren Sachverhaltsaufklärung (z.B. Befragungen, ärztliche Untersuchungen) sowie die Pflicht, angeordnete Maßnahmen zur Wiedereingliederung oder medizinischen Rehabilitation zu unterstützen. Eine Verletzung dieser Pflichten kann nach geltendem Recht zu einer (teilweisen oder vollständigen) Versagung oder Kürzung der Versicherungsleistungen führen, sofern dem Versicherten grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz nachgewiesen werden kann. Die rechtlichen Verpflichtungen sind im Einzelfall streng zu beachten, um Leistungsansprüche nicht zu gefährden.

Welche rechtlichen Besonderheiten bestehen bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen Dritte?

Im Falle eines Seeunfalls, bei dem Dritte (z.B. andere Reedereien, Zulieferer oder Hafenbehörden) für den Unfall (mit-)verantwortlich sind, sieht das Recht die Möglichkeit des gesetzlichen Forderungsübergangs („Legalzession“) vor. Das bedeutet, dass mit der Erbringung von Versicherungsleistungen die Schadensersatzansprüche der versicherten Person gegen den/die Dritten auf den Versicherungsträger übergehen (§ 116 SGB X). Der See-Unfallversicherungsträger setzt dann Ansprüche im eigenen Namen durch. Versicherte sind rechtlich verpflichtet, jede Unterstützung bei der Durchsetzung dieser Ansprüche zu leisten und alle relevanten Informationen ungefragt weiterzugeben. Unter Umständen kann sich daraus auch eine Rückgriffsmöglichkeit oder Schadensteilung ergeben, insbesondere bei Mitverschulden oder bei mehreren Anspruchsberechtigten.

Welche Fristen sind aus rechtlicher Sicht bei der Anzeige und Geltendmachung von Ansprüchen zu beachten?

Die Fristen für die Anzeige eines Seeunfalls sind gesetzlich geregelt und unbedingt zu beachten: Der Unfall ist „unverzüglich“, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, dem Schiffsführer und nachfolgend dem Versicherungsträger zu melden. Details finden sich in § 193 SGB VII und den ergänzenden Verwaltungsvorschriften. Die Geltendmachung weiterer Ansprüche auf Leistungen oder Entschädigungen sollte grundsätzlich zeitnah erfolgen, wobei die gesetzlichen Verjährungsfristen gemäß §§ 45 ff. SGB I und § 196 BGB zu beachten sind. Wird eine Frist versäumt, kann das zum Verlust des Anspruchs auf Versicherungsleistungen führen, es sei denn, der Versicherte kann eine unverschuldete Verspätung nachweisen. Besondere rechtliche Vorschriften gelten für Fälle, in denen die Unfallfolgen erst nachträglich bekannt oder erkannt werden.