Legal Lexikon

Schöffe


Definition des Begriffs „Schöffe“

Ein Schöffe ist in Deutschland und einigen anderen Rechtssystemen ein ehrenamtlicher Richter, der an Gerichtsverhandlungen, insbesondere in Strafsachen, in Zusammenarbeit mit Berufsrichtern teilnimmt. Schöffen nehmen aktiv an der Urteilsfindung teil und besitzen in der Sitzung die gleichen Rechte wie Berufsrichter. Das Wort „Schöffe“ stammt aus dem Althochdeutschen („sceffino“ bzw. „scefan“ = aburteilen, entscheiden) und bezeichnete ursprünglich Personen, die rechtsprechende Aufgaben in lokalen Gerichten wahrnahmen.

Schöffen sind keine ausgebildeten Richter, sondern Bürgerinnen und Bürger, die nach bestimmten gesetzlichen Vorgaben ausgewählt und für eine festgelegte Zeitspanne verpflichtet werden. Ihr Einsatz ist vor allem an Strafgerichten vorgesehen - insbesondere an Amts- und Landgerichten. Dort wirken sie gleichberechtigt mit Berufsrichtern bei der Urteilsfindung mit.

Allgemeine Relevanz von Schöffen

Die Institution der Schöffen ist ein wesentliches Element der deutschen Rechtsprechung und dient der demokratischen Legitimation der Strafjustiz. Durch die Beteiligung von Laienrichtern wird gewährleistet, dass die Rechtsprechung bürgernah und lebensnah bleibt. Schöffen bringen ihre praktische Lebenserfahrung ins Verfahren ein und tragen so dazu bei, das Rechtsempfinden der Bevölkerung in die Entscheidungen der Gerichte einzubinden.

Laienverständliche Definition von Schöffe

Im Alltag kann der Begriff wie folgt erklärt werden: Ein Schöffe ist ein Bürger, der ehrenamtlich und ohne besondere rechtliche Ausbildung als Richter an einem Gericht mitwirkt. Er entscheidet gemeinsam mit professionellen Richtern über Schuld und Strafe. Schöffen sind keine Mitarbeiter des Gerichts und keine Justizangestellten, sondern nehmen ihr Amt neben ihrem Beruf oder Alltag wahr.

Rechtliche Einordnung und gesetzliche Grundlagen

Die Schöffenfunktion ist sowohl durch das Grundgesetz (Art. 20 Absatz 2 Satz 1 GG: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“) als auch durch spezifische Gesetze geregelt. Zentrale Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit der Schöffen sind:

  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG): regelt die Auswahl und die Mitwirkung von Schöffen (§§ 28-53 GVG).
  • Strafprozessordnung (StPO): enthält Bestimmungen über die Beteiligung von Schöffen an der Strafrechtsprechung.
  • Jugendgerichtsgesetz (JGG): gilt für den Bereich der Jugendstrafrechtsprechung und sieht die Beteiligung von Jugendschöffen vor.

In der Hauptverhandlung eines Strafprozesses wirken Schöffen im Regelfall in sogenannten Schöffengerichten oder Strafkammern mit. In kleineren Strafverfahren am Amtsgericht sind dies ein Berufsrichter und zwei Schöffen (Schöffengericht). In größeren Strafverfahren am Landgericht sind es zwei oder drei Berufsrichter und zwei Schöffen (große Strafkammer).

Gesetzliche Voraussetzungen und Auswahl

Die Auswahl und Berufung von Schöffen erfolgen nach den Maßgaben des Gerichtsverfassungsgesetzes. Voraussetzungen für das Schöffenamt sind u. a.:

  • Deutsche Staatsbürgerschaft
  • Mindestalter (zum Zeitpunkt des Amtsantritts mindestens 25 Jahre, höchstens 69 Jahre)
  • Wohnsitz in der jeweiligen Gemeinde
  • Keine schweren Vorstrafen oder anhängigen Strafverfahren
  • Geeignete Lebensführung

Schöffen werden jeweils für eine Amtsperiode von fünf Jahren gewählt. Die Auswahl erfolgt durch einen Wahlausschuss, dem unter anderem ein Richter des Amtsgerichts, Vertreter der Gemeinde und weitere Wahlberechtigte angehören. Die damit verbundene ehrenamtliche Tätigkeit genießt besonderen rechtlichen Schutz: Arbeitgeber müssen für das Schöffenamt freistellen, das Amt selbst kann nur aus wichtigen Gründen niedergelegt oder verweigert werden.

Aufgaben und Rechte eines Schöffen

Mitwirkung in der Strafjustiz

Zentrales Aufgabengebiet von Schöffen ist die Mitwirkung in der Strafgerichtsbarkeit. Zu ihren Aufgaben zählen insbesondere:

  • Teilnahme an Hauptverhandlungen und anderen gerichtlichen Sitzungen
  • Aktive Mitwirkung bei der Beweisaufnahme
  • Mitentscheidung bei der Feststellung des Sachverhalts
  • Gleichberechtigte Teilnahme an der Urteilsfindung und bei der Strafzumessung

Schöffen besitzen das vollständige Stimmrecht im Urteilsspruch, also beispielsweise bei der Entscheidung über Schuld oder Straffrage. Ihre Stimme zählt genauso wie die jedes Berufsrichters.

Weitere Aufgabenbereiche

Daneben können Schöffen auch im Rahmen sogenannter Nebenentscheidungen über etwaige Prozessfragen mitbestimmen, z. B. über Einstellung eines Verfahrens oder Maßnahmen gegen Störer in der Verhandlung.

Ein wesentliches Merkmal ist das sogenannte Beratungsgeheimnis: Schöffen sind zur Verschwiegenheit über den Beratungsverlauf und über interne Informationen verpflichtet. Zudem sind sie dazu angehalten, sich während der Ausübung ihres Amtes unabhängig und ohne Einflussnahme von außen zu entscheiden.

Typische Kontexte für den Einsatz von Schöffen

Schöffen sind im Wesentlichen im Bereich der Strafjustiz tätig. Die wichtigsten Kontexte, in denen Schöffen zur Anwendung kommen, sind:

  • Amtsgerichte (Schöffengerichte): Kleinere und mittlere Strafsachen.
  • Landgerichte (große Strafkammern): Schwerwiegende Straftaten, etwa bei Körperverletzung oder Tötungsdelikten.
  • Jugendgerichte: Spezielle Besonderheit sind Jugendschöffen, die bei Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden mitwirken.

Im Bereich der Wirtschaft, der Verwaltung oder des Zivilrechts werden keine Schöffen eingesetzt. Ihr Einsatzgebiet ist auf Strafverfahren beschränkt.

Beispiele für den Schöffeneinsatz

  1. Diebstahlsprozess vor dem Schöffengericht: Zwei Schöffen und ein Berufsrichter verhandeln gemeinsam über einen Vorfall aus dem Bereich der Kleinkriminalität. Die Schöffen nehmen an allen Befragungen teil und stimmen gemeinsam mit dem Richter über das Urteil ab.
  1. Jugendstrafverfahren vor dem Jugendgericht: Hier sind ebenfalls ehrenamtliche Jugendschöffen beteiligt, die in besonderem Maße pädagogische und erzieherische Gesichtspunkte in ihre Entscheidungen einbringen sollen.

Rechte, Pflichten und Schutz der Schöffen

Rechte

  • Gleichberechtigtes Stimmrecht in der Urteilsfindung
  • Anspruch auf Freistellung vom Arbeitsplatz während der Ausübung des Amtes
  • Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung (sog. Schöffenentschädigung, geregelt im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz – JVEG)
  • Anspruch auf Unabhängigkeit und Schutz vor Benachteiligung aufgrund der Amtsausübung

Pflichten

  • Teilnahme an den angesetzten Gerichtsterminen
  • Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich der Inhalte von Beratungen und vertraulichen Informationen
  • Verpflichtung zu unparteiischer und gewissenhafter Amtsführung
  • Pflicht zur Anzeige, wenn Ausschluss- oder Hinderungsgründe vorliegen (z. B. verwandtschaftliche Beziehungen zu Verfahrensbeteiligten)

Besondere Schutzvorschriften

Aufgrund der Bedeutung ihrer Tätigkeit sind Schöffen beispielsweise durch § 45 GVG vor gesellschaftlichen, beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen geschützt. Arbeitgeber dürfen während der Amtsausübung keine Sanktionen ergreifen.

Häufige Problemstellungen und Besonderheiten

Emotionale und sachliche Belastung

Die Tätigkeit als Schöffe geht mit teilweise hohen Anforderungen hinsichtlich emotionaler Belastbarkeit, Urteilsvermögen und Integrität einher, da insbesondere bei Gewalt- oder Sexualstraftaten belastende Sachverhalte zu verhandeln sind.

Fehlende rechtliche Vorbildung

Da Schöffen keine professionelle Rechtsausbildung besitzen, erleben viele eine hohe Unsicherheit im Umgang mit rechtlichen Fragestellungen. Ihnen wird jedoch von Berufsrichtern Hilfestellung in verfahrensrechtlichen Fragen geboten. Schulungen werden seitens der Justiz angeboten, sind jedoch nicht verpflichtend.

Besorgnis der Befangenheit oder Ablehnung von Schöffen

Wie Berufsrichter können Schöffen abgelehnt werden, wenn Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit bestehen (§§ 24 ff. StPO). Gründe hierfür können z. B. persönliche Beziehungen zu Prozessbeteiligten oder Vorurteile gegenüber Angeklagten sein.

Teilnahme- und Anwesenheitspflicht

Schöffen haben die Pflicht, an allen ihnen zugewiesenen Verhandlungstagen teilzunehmen. Unentschuldigtes Fehlen kann ordnungsrechtliche Konsequenzen haben (z. B. Ordnungsgeld).

Zusammenfassung: Die wichtigsten Aspekte des Begriffs Schöffe

Schöffen sind ehrenamtliche Richter, die in der deutschen Strafjustiz an der Urteilsfindung bei Amtsgerichten und Landgerichten mitwirken. Sie sind Teilzeit-Richter auf Zeit, werden für fünf Jahre gewählt, sind gleichberechtigt mit Berufsrichtern und verpflichten sich zur unabhängigen und unparteiischen Rechtsprechung.

Die Mitwirkung von Schöffen liefert eine wichtige demokratische Legitimation des Justizsystems. Sie verbindet das richterliche Wissen mit Lebenserfahrung und fördert die Akzeptanz gerichtlicher Entscheidungen in der Gesellschaft. Die Tätigkeit ist durch zahlreiche gesetzliche Regelungen – insbesondere das Gerichtsverfassungsgesetz und die Strafprozessordnung – abgesichert. Trotz der hohen Anforderungen und der Belastung durch die Mitwirkung an oftmals schwierigen Verfahren leisten Schöffen einen bedeutenden Beitrag zum Rechtsstaat.

Hinweise zur Relevanz des Begriffs Schöffe

Der Begriff „Schöffe“ ist besonders für folgende Personengruppen von Interesse:

  • Bürgerinnen und Bürger, die eine ehrenamtliche Tätigkeit im Justizwesen anstreben
  • Angeklagte und Prozessbeteiligte, die wissen möchten, wer an der Urteilsfindung beteiligt ist
  • Organisationen und Vereine, die über das Rechtssystem aufklären möchten
  • Unternehmen und Arbeitgeber, die ihre Mitarbeitenden im Falle einer Berufung ins Schöffenamt unterstützen müssen

Insgesamt ist der Schöffe ein tragendes Element der deutschen Strafgerichtsbarkeit und fest in der Rechtsordnung verankert.


Weiterführende Informationen und Quellen:

  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
  • Strafprozessordnung (StPO)
  • Jugendgerichtsgesetz (JGG)
  • Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG)
  • Artikel 20 Grundgesetz (GG)

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Schöffe und welche Aufgaben hat er im deutschen Rechtssystem?

Ein Schöffe ist ein ehrenamtlicher Richter, der gemeinsam mit Berufsrichtern in Strafsachen an Amts- und Landgerichten über Schuld und Strafe mitentscheidet. Schöffen sind keine Juristen, sondern Bürgerinnen und Bürger, die als Vertreter des Volkes am Gerichtsverfahren beteiligt werden. Ihre Hauptaufgabe ist es, bei der Urteilsfindung gleichberechtigt mit den Berufsrichtern mitzuwirken. Sie haben bei der Beratung und Abstimmung über das Urteil das gleiche Stimmrecht wie die Berufsrichter. Schöffen sind insbesondere in Hauptverhandlungen bei Strafsachen beteiligt, wobei sie die Aufgabe haben, Rechtsprechung lebensnah und bürgernah zu gestalten. Dazu gehören das Anhören von Zeugen und Sachverständigen, die Würdigung von Beweisen sowie die Mitwirkung an der Feststellung der Schuld und der Verhängung von Strafen.

Wer kann Schöffe werden?

Grundsätzlich kann jede deutsche Staatsbürgerin und jeder deutsche Staatsbürger im Alter zwischen 25 und 69 Jahren Schöffe werden, sofern sie oder er mindestens seit einem Jahr im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnt. Darüber hinaus müssen Schöffen die deutsche Sprache ausreichend beherrschen und dürfen nicht wegen einer schweren Straftat verurteilt worden sein. Personen, die hauptberuflich in der Rechtspflege tätig sind (wie Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Polizei, Strafvollzugsbedienstete), sind von der Schöffenwahl ausgeschlossen, um Interessenskonflikte zu vermeiden. Auch Menschen mit bestimmten gesundheitlichen Einschränkungen oder solche, gegen die ein Ermittlungsverfahren anhängig ist, sind ausgeschlossen.

Wie werden Schöffen ausgewählt?

Schöffen werden in einem mehrstufigen Verfahren alle fünf Jahre für die jeweilige Amtsperiode gewählt. Zunächst erstellen die Gemeinden eine Vorschlagsliste, die zur öffentlichen Einsichtnahme ausgelegt wird. Anschließend wählt ein Schöffenwahlausschuss am Amtsgericht aus diesen Listen die erforderliche Anzahl an Schöffen und Hilfsschöffen aus. Ziel bei der Auswahl ist eine möglichst ausgewogene Vertretung verschiedener Altersgruppen, Berufe und sozialer Schichten, um eine breite Volksrepräsentation zu gewährleisten. Bewerbungen können sowohl eigeninitiativ als auch auf Vorschlag von Vereinen, Verbänden oder Parteien erfolgen.

Welche Pflichten und Rechte haben Schöffen während eines Verfahrens?

Schöffen sind verpflichtet, an allen Sitzungen teilzunehmen, zu denen sie geladen werden, und dürfen nicht ohne wichtigen Grund fernbleiben. Während der Verhandlung sind sie aktiv beteiligt und müssen sich eine eigene Meinung über den Verlauf des Prozesses und die Beweislage bilden. Sie sind zur Unparteilichkeit verpflichtet und unterliegen wie Berufsrichter der Schweigepflicht über Beratungen und interne Abläufe. In den Beratungen und bei der Abstimmung über das Urteil oder die Strafzumessung haben sie das gleiche Stimmrecht wie die Berufsrichter, was ihnen eine entscheidende Rolle im Prozess verleiht. Andererseits ist es ihre Pflicht, das Amt gewissenhaft und sachlich auszuüben und sich im Vorfeld ausreichend über das Verfahren zu informieren, zum Beispiel durch das Studium der Akten.

Haben Schöffen Anspruch auf eine Vergütung?

Schöffen üben ihr Amt ehrenamtlich aus, erhalten jedoch eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Diese umfasst eine Aufwandsentschädigung, den Ersatz von Fahrtkosten, Verdienstausfall sowie Ersatz von notwendigen Auslagen, wie etwa für Kinderbetreuung. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach festen gesetzlichen Sätzen. Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet, Schöffen für die Dauer ihrer Gerichtstätigkeit von der Arbeit freizustellen. Ihnen darf daraus kein Nachteil im Arbeitsverhältnis entstehen.

Wie lange dauert die Amtszeit eines Schöffen?

Die reguläre Amtsperiode für Schöffen beträgt fünf Jahre. Nach Ablauf der Amtszeit ist eine erneute Berufung möglich, jedoch in der Regel maximal zweimal hintereinander, um eine zu starke Bindung einzelner Personen ans Justizsystem zu verhindern. Während ihrer Amtszeit werden Schöffen in der Regel zu einer bestimmten Anzahl von Sitzungen pro Jahr eingeteilt. Die genaue Anzahl hängt vom Bedarf des Gerichts und der Anzahl der ernannten Schöffen ab.

Welche Verantwortung tragen Schöffen im Strafprozess?

Schöffen tragen eine erhebliche Verantwortung, da ihre Stimme maßgeblich über das Schicksal Angeklagter entscheidet. Die Gleichberechtigung mit Berufsrichtern bedeutet, dass ihre Stimme theoretisch ausschlaggebend für einen Urteilsspruch sein kann. Deshalb ist von ihnen große Sorgfalt, Unparteilichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Mut zur eigenen Meinung gefordert. Durch ihre Mitwirkung stellen sie sicher, dass Urteile nicht lediglich das Ergebnis rein fachlicher Erwägungen sind, sondern auch gesellschaftliche Wertvorstellungen und Lebenswirklichkeit widergespiegelt werden.