Definition und Begriffserklärung der Schlechtwetterzeit
Die Schlechtwetterzeit ist ein arbeits- und sozialrechtlich relevanter Zeitraum, in dem witterungsbedingt die Ausführung bestimmter Arbeiten, insbesondere im Baugewerbe, entweder nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Sie ist eng mit dem Begriff des Schlechtwettergeldes (auch: Saison-Kurzarbeitergeld) verknüpft und hat für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der Absicherung von Einkommenseinbußen sowie der beschäftigungssichernden Maßnahmen während der witterungsbedingten Ausfallzeiten. Die Schlechtwetterzeit ist gesetzlich geregelt und wird durch verschiedene rechtliche Vorschriften definiert.
Rechtliche Grundlagen der Schlechtwetterzeit
Rechtsnormen und Regelungen
In Deutschland ist die Schlechtwetterzeit insbesondere durch das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), das die Arbeitsförderung regelt, einschlägig definiert. Insbesondere die Vorschriften zu § 101 SGB III sowie die „Verordnung über die Gewährung von Zuschüssen zum Kurzarbeitergeld“ und die Tarifverträge der Bauwirtschaft regeln die Voraussetzungen, den Zeitraum sowie die Durchführung während der Schlechtwetterzeit.
Zeitraum der Schlechtwetterzeit
Die Schlechtwetterzeit umfasst nach § 101 Abs. 2 SGB III den Zeitraum vom 1. Dezember bis zum 31. März eines jeden Kalenderjahres. Diese Monate sind von typischen Witterungsverhältnissen wie Frost, Eis, Schnee und Starkregen geprägt, in denen insbesondere Bautätigkeiten im Außenbereich beeinträchtigt oder unmöglich sind.
Anspruchsvoraussetzungen und Anwendungsbereich
Erfasste Branchen
Der Anwendungsbereich der Schlechtwetterzeit bezieht sich vornehmlich auf:
- Bauhauptgewerbe
- Gerüstbauerhandwerk
- Dachdeckerhandwerk
- Garten- und Landschaftsbau
Diese Branchen sind maßgeblich durch Außentätigkeiten geprägt und daher besonders von Witterungseinflüssen betroffen.
Voraussetzungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Arbeitgeber und Beschäftigte müssen spezifische Voraussetzungen erfüllen, damit Leistungen im Rahmen der Schlechtwetterzeit – insbesondere das Saison-Kurzarbeitergeld – beansprucht werden können. Zu den Voraussetzungen zählen insbesondere:
- Witterungsbedingte Arbeitsausfälle während des gesetzlichen Schlechtwetterzeitraums
- Durchführung von zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsausfall (z. B. Versetzungsarbeiten, Vorratsarbeiten, Urlaubsgewährung)
- Keine Eigenkündigung oder Verschulden des Arbeitsausfalls durch den Beschäftigten
- Beschäftigungsverhältnis in einem der betroffenen Gewerbe
Rechtsfolgen der Schlechtwetterzeit
Saison-Kurzarbeitergeld und Zusatzleistungen
Fällt die Ausführung der Arbeiten aufgrund von Schlechtwetter aus, haben die betroffenen Beschäftigten einen Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld. Die Zahlung erfolgt durch die Bundesagentur für Arbeit und dient dem Ausgleich des Verdienstausfalls.
Zusätzlich können folgende Leistungen relevant sein:
- Zuschuss-Wintergeld: Ergänzender Ausgleich bei Arbeitsausfall
- Mehraufwands-Wintergeld: Pauschaler Ausgleichszuschuss bei Fortführung der Arbeit unter erschwerten Bedingungen
- Erstattungen an den Arbeitgeber: Gesetzlich festgelegte Erstattungen bestimmter Sozialversicherungsbeiträge durch die Agentur für Arbeit für Mitarbeiter in Kurzarbeit während der Schlechtwetterzeit
Arbeitsrechtliche Aspekte
Während der Schlechtwetterzeit und bei Anordnung von Kurzarbeit gelten besondere arbeitsrechtliche Bestimmungen:
- Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats: Die Einführung und Durchführung von Kurzarbeit bedarf der Mitbestimmung durch den Betriebsrat.
- Kein Erfüllungsanspruch auf Beschäftigung: Ein Beschäftigungsanspruch entfällt bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall.
- Kündigungsschutz: Eine betriebsbedingte Kündigung allein aufgrund witterungsbedingter Unterbeschäftigung ist regelmäßig ausgeschlossen, sofern Kurzarbeitergeld beansprucht werden kann.
Schlechtwetterzeit im Tarifrecht
Tarifliche Sonderregelungen
Im Bauhauptgewerbe und verwandten Branchen regeln branchenspezifische Tarifverträge zusätzliche Modalitäten der Schlechtwetterzeit. Diese betreffen insbesondere:
- Arbeitszeitkonten und deren Ausgleichsmöglichkeiten
- Regelungen über die Reihenfolge vorrangiger Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsausfall
- Arbeitgeberpflichten zur Anzeige des Arbeitsausfalls bei der Agentur für Arbeit
Abgrenzung und Schnittstellen
Abgrenzung zu anderen Arbeitsausfallzeiten
Die Schlechtwetterzeit ist von anderen Arbeitsausfällen, wie wirtschaftlich oder organisatorisch bedingtem Arbeitsausfall, abzugrenzen. Nur im Zeitraum der Schlechtwetterzeit kommt der Bezug der sonderspezifischen Saison-Kurzarbeitergeldregelungen in Betracht, außerhalb dieses Zeitraums gelten die allgemeinen Kurzarbeitsregelungen.
Sonderfälle und Ausnahmen
Arbeiten, die in geschlossenen Gebäuden erfolgen oder als Innenarbeiten deklariert sind, fallen nicht unter die Definition der Schlechtwetterzeit. Auch Reparaturarbeiten oder Wartungsdienste im Rahmen bestehender Gebäude zählen in der Regel nicht darunter, sofern diese nicht durch Witterungseinflüsse eingeschränkt sind.
Praktische Auswirkung und Bedeutung
Die Schlechtwetterzeit stellt im deutschen Recht einen Mechanismus zur Stabilisierung der Beschäftigung im Baugewerbe und verwandten Branchen dar. Sie trägt zur Vermeidung saisonale Entlassungen bei, sichert die Einkommensbasis der Beschäftigten in den Wintermonaten und entlastet Arbeitgeber von den Lohnkosten während witterungsbedingter Ausfallzeiten.
Literatur und weiterführende Quellen
- Dritter Abschnitt, §§ 96 ff. SGB III (Arbeitsförderung)
- Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe
- F. Jungk, Die arbeitsrechtliche Behandlung der Schlechtwetterzeit, in: Recht der Arbeit (RdA), Jahrgang 2018, S. 123-131
- Bundesagentur für Arbeit, Merkblatt Saison-Kug
Dieser Artikel dient der umfassenden Information und gibt den rechtlichen Stand zur Schlechtwetterzeit nach deutschem Recht wieder (Stand: Juni 2024).
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Schlechtwetterzeit im Baugewerbe?
Für die Schlechtwetterzeit im Baugewerbe gelten insbesondere die Regelungen des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (SGB III), spezifisch die §§ 101 ff. SGB III. Dort ist das sogenannte Saison-Kurzarbeitergeld (auch: „Schlechtwettergeld“) geregelt, das als Lohnersatzleistung Arbeitnehmern im Bauhauptgewerbe während witterungsbedingter Arbeitsausfälle gezahlt werden kann. Zusätzlich sind tarifliche Vereinbarungen, insbesondere aus den Tarifverträgen der Bauwirtschaft, maßgeblich, die weitere Voraussetzungen und Details zur Umsetzung der Schlechtwetterzeit, wie Anspruchsvoraussetzungen, Antragsfristen oder Entschädigungshöhen, regeln. Arbeitgeber sind verpflichtet, Arbeitsausfälle der Agentur für Arbeit unverzüglich anzuzeigen und müssen nachweisen, dass der Arbeitsausfall ausschließlich durch witterungsbedingte Umstände begründet ist und nicht durch organisatorische oder betriebswirtschaftliche Faktoren verhindert werden kann.
Wann und unter welchen Bedingungen kann Saison-Kurzarbeitergeld während der Schlechtwetterzeit beantragt werden?
Der Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld besteht grundsätzlich in den kalenderjährlich festgelegten Schlechtwetterzeiten, im Regelfall von Dezember bis März. Voraussetzung ist, dass auf Grund von schlechtem Wetter Bauarbeiten nicht ausgeführt werden können und eine vorübergehende, erhebliche Minderung der Arbeitszeit eintritt, die mindestens ein Drittel der Belegschaft betrifft. Es müssen zuvor alle vorrangigen Maßnahmen, wie etwa Urlaub oder Überstundenabbau, ausgeschöpft sein und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt werden (§ 101 ff. SGB III). Ferner muss belegt werden, dass der Arbeitsausfall unvermeidbar ist – das heißt, alternative Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb sind auszuschöpfen. Das Saison-Kurzarbeitergeld beträgt in der Höhe grundsätzlich 60 % des ausgefallenen Nettoentgelts und 67 % bei Arbeitnehmern mit Kindern.
Welche Rolle spielen Arbeitsverträge und Tarifverträge während der Schlechtwetterzeit?
Arbeitsverträge können Bestimmungen enthalten, die das Vorgehen während Schlechtwetterzeiten explizit regeln, insbesondere zur Möglichkeit von Kurzarbeit und den Modalitäten des Lohnersatzes. Wesentlich sind jedoch die einschlägigen Tarifverträge der Bauwirtschaft, die verbindliche Vorgaben zur Zahlung von Zuschlägen (z.B. Mehraufwandswintergeld, Zuschuss-Wintergeld) vorsehen und das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer während der Schlechtwetterzeit klar ausgestalten. So können etwa Sonderregelungen zur Arbeitszeitflexibilisierung oder zu vorrangig zu gewährendem Urlaub geregelt sein. Tarifverträge gelten automatisch für tarifgebundene Parteien, müssen aber individuell arbeitsvertraglich in Bezug genommen werden, sofern keine Tarifbindung vorliegt.
Muss der Arbeitnehmer für die Dauer der Schlechtwetterzeit zur Verfügung stehen und welche Pflichten bestehen?
Grundsätzlich besteht während des Bezugs von Saison-Kurzarbeitergeld eine Verpflichtung zur steten Arbeitsbereitschaft. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer sich während der üblichen Arbeitszeiten bereithalten müssen, kurzfristig wieder zur Arbeit antreten zu können, falls sich die Lage witterungsbedingt verbessert. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung kann zum Wegfall des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld führen. Ferner besteht die Pflicht zur Mitwirkung: Arbeitnehmer müssen etwaige Änderungen in den persönlichen Verhältnissen, die Auswirkungen auf das Saison-Kurzarbeitergeld haben könnten, unverzüglich anzeigen (z.B. Aufnahme einer Nebentätigkeit).
Welche sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen hat die Schlechtwetterzeit?
Während der Schlechtwetterzeit und dem Bezug von Saison-Kurzarbeitergeld bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. Sozialversicherungsbeiträge werden weiterhin entrichtet, wobei auf das fiktive Ist-Entgelt (das während der verkürzten Arbeit bezogene Entgelt) und auf das Soll-Entgelt (das reguläre Arbeitsentgelt ohne Kurzarbeit) Beiträge anfallen. Der Arbeitgeber trägt einen Teil der Beiträge, während der andere Teil vom Arbeitnehmer getragen wird. Auch die Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Rentenanwartschaften bleiben grundsätzlich erhalten, obwohl die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden verringert sind. Im Übrigen besteht Krankenversicherungsschutz unverändert weiter.
In welchen Fällen kann das Saison-Kurzarbeitergeld von der Agentur für Arbeit versagt werden?
Die Agentur für Arbeit kann die Auszahlung von Saison-Kurzarbeitergeld verweigern, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Insbesondere ist entscheidend, dass der Arbeitsausfall nicht vermeidbar war, etwa durch innerbetriebliche Umorganisation, Beschäftigung auf anderen Baustellen oder durch das Vorziehen von Arbeiten, die witterungsunabhängig sind. Auch Verstöße gegen Anzeige- oder Mitwirkungspflichten durch den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sowie zu spät gestellte Anträge führen zur Ablehnung. Zudem sind falsche Angaben, etwa über die Ursache des Arbeitsausfalls oder die Höhe des entstandenen Ausfalls, straf- und bußgeldbewehrt und führen zur Rückforderung bereits gezahlter Leistungen.
Welche Reaktionsmöglichkeiten haben Arbeitnehmer bei fehlerhafter Abrechnung oder Leistungen während der Schlechtwetterzeit?
Arbeitnehmer haben das Recht, Widerspruch einzulegen, falls sie feststellen, dass das Saison-Kurzarbeitergeld oder anderweitige Leistungen nicht korrekt berechnet oder ausgezahlt wurden. Der Widerspruch ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides bei der Agentur für Arbeit einzulegen. Anschließend erfolgt eine Überprüfung durch die Sozialbehörde, gegebenenfalls auch ein sozialgerichtliches Verfahren. Gleichzeitig kann der Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Ansprüche aus dem individuellen Arbeitsvertrag, insbesondere fehlerhafte Lohnabrechnungen, über das Arbeitsgericht geltend machen. Es empfiehlt sich frühzeitige Dokumentation und rechtliche Beratung, um Ansprüche durchzusetzen.