Begriff und rechtlicher Rahmen des Schlechtwettergeldes
Das Schlechtwettergeld ist eine arbeitsrechtliche Entgeltersatzleistung in Deutschland, die im Zusammenhang mit Arbeitsausfällen in der Bauwirtschaft und verwandten Branchen steht. Ziel der Leistung ist es, wetterbedingte saisonale Schwankungen in der Beschäftigung abzufedern und den betroffenen Arbeitnehmern einen gewissen Einkommensschutz zu bieten. Schlechtwettergeld ist historisch gewachsen und unterliegt spezifischen gesetzlichen Regelungen. Wesentliche Rechtsquellen sind das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie verschiedene Tarifverträge und untergesetzliche Normen.
Rechtsgrundlagen des Schlechtwettergeldes
Historische Entwicklung
Das Schlechtwettergeld wurde in den 1950er Jahren eingeführt, um Arbeitnehmer in witterungsabhängigen Branchen während der winterlichen Saison vor Arbeitslosigkeit und finanziellem Verlust zu schützen. Der Gedanke war, den Arbeitgebern einen Anreiz zu geben, ihre Beschäftigten auch in witterungsbedingt schwierigen Zeiten im Arbeitsverhältnis zu halten. Im Zuge arbeitsmarktpolitischer Reformen wurde das klassische Schlechtwettergeld zum 1. April 2006 abgeschafft und durch das Saison-Kurzarbeitergeld nach §§ 101 ff. SGB III ersetzt, welches jedoch ähnliche Ziele verfolgt.
Gesetzliche Regelungen (SGB III)
Nach heutiger Rechtslage existiert das klassische Schlechtwettergeld als eigenständige Leistung nicht mehr. Die ehemaligen Regelungen gingen jedoch in das Saison-Kurzarbeitergeld über, das weiterhin in erster Linie für Bauunternehmen, das Dachdeckerhandwerk, Gerüstbaubetriebe und Gartenbauunternehmen greift. Die Anspruchsvoraussetzungen und das Verfahren sind im Dritten Buch Sozialgesetzbuch geregelt, insbesondere in §§ 101 bis 109 SGB III. Daneben gelten branchenspezifische tarifliche und gesetzliche Sonderregelungen.
Grundsatz
Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld (ursprünglich Schlechtwettergeld) haben Beschäftigte, die in einem Betrieb der betroffenen Wirtschaftszweige arbeiten und deren Arbeitszeit infolge von Schlechtwetter (Frost, Schnee, Regen) vorübergehend vermindert oder vollständig ausfällt.
Anspruchsvoraussetzungen
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
- Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfalls mit Entgeltausfall aufgrund schlechter Witterungsbedingungen
- Anzeige des Arbeitsausfalls durch den Arbeitgeber bei der zuständigen Agentur für Arbeit
- Fortbestehendes Arbeitsverhältnis
- Keine vorrangigen betrieblichen Ausgleichsmöglichkeiten (wie Arbeitszeitkonten oder Flexi-Modelle)
- Der Arbeitnehmer muss bei Eintritt des Arbeitsausfalls sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein
Anspruchsberechtigte Personengruppen
Das Schlechtwettergeld bzw. das Saison-Kurzarbeitergeld kommt vor allem Arbeitnehmern im Bauhauptgewerbe, im Dachdeckerhandwerk, bei Gerüstbauern und im Gartenbau zugute. Ausgeschlossen sind in der Regel geringfügig Beschäftigte (sogenannte Minijobber), Auszubildende und leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz.
Berechnung und Höhe des Schlechtwettergeldes
Die Höhe des Schlechtwettergeldes basiert auf dem Nettoentgeltausfall, der durch die wetterbedingte Arbeitszeitverkürzung entsteht. Die Berechnung erfolgt nach den Grundsätzen des Kurzarbeitergeldes:
- Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind erhalten 67 % des entfallenen Nettoentgelts
- Arbeitnehmer ohne Kind 60 %
Der jeweilige Differenzbetrag wird vom Arbeitgeber an den Beschäftigten ausgezahlt und anschließend von der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen eines Erstattungsverfahrens rückvergütet. Die Entgeltberechnung richtet sich nach den einschlägigen Regelungen der Kurzarbeitergeldverordnung (KugV).
Verfahren und Ablauf
Anzeige des Arbeitsausfalls
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen witterungsbedingten Arbeitsausfall unverzüglich der Agentur für Arbeit anzuzeigen. Hierzu sind die entsprechenden Nachweise zu erbringen, dass der Arbeitsausfall unmittelbar auf Schlechtwetter zurückzuführen ist und keine anderen arbeitsorganisatorischen Möglichkeiten bestehen, dies zu vermeiden.
Antragstellung und Auszahlung
Nach erfolgter Anzeige reicht der Arbeitgeber den Antrag auf Saison-Kurzarbeitergeld unter Angabe sämtlicher betroffenen Arbeitnehmer ein. Die Bundesagentur für Arbeit prüft die Antragsvoraussetzungen und erstattet die vorausgeleisteten Beträge.
Abgrenzungen und Sonderfälle
Schlechtwettergeld vs. Kurzarbeitergeld
Das klassische Schlechtwettergeld unterschied sich im Umfang und im Kreis der Anspruchsberechtigten teilweise vom regulären Kurzarbeitergeld. Mit Einführung des Saison-Kurzarbeitergeldes erfolgte eine weitgehende Vereinheitlichung, um arbeitsmarktpolitische Instrumente zu bündeln.
Kombination mit ergänzenden Leistungen
In bestimmten Fällen kann ein finanzieller Ausgleich durch tarifvertraglich vereinbarte zusätzliche Leistungen, etwa durch Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft (z.B. SOKA-Bau), erfolgen. Diese flankierenden Maßnahmen dienen dem Zweck, die Lücke zwischen reduziertem Nettoeinkommen und vormaligem Bruttoarbeitsentgelt zu verringern.
Steuerliche Behandlung und Sozialversicherung
Das erhaltene Saison-Kurzarbeitergeld beziehungsweise frühere Schlechtwettergeld ist grundsätzlich steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG). Dies bedeutet, die Leistung wird zur Bestimmung des Steuersatzes herangezogen, wirkt sich also auf die Höhe der zu zahlenden Einkommensteuer aus. Hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht gelten gesonderte Regelungen, wonach während Bezug von Schlechtwettergeld bzw. Saison-Kurzarbeitergeld Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten sind.
Aktuelle Entwicklungen
Seit der Arbeitsmarktreform und Abschaffung des klassischen Schlechtwettergeldes wird der Begriff vorrangig in historischen und fachlichen Zusammenhängen verwendet. Das Saison-Kurzarbeitergeld wurde an aktuelle arbeitsmarktpolitische Rahmenbedingungen angepasst und gilt als Schlüsselelement im Schutz vor witterungsbedingten Beschäftigungsausfällen in spezifischen Branchen.
Weblinks und weiterführende Informationen
- Bundesagentur für Arbeit: Saison-Kurzarbeitergeld
- Sozialgesetzbuch III (SGB III)
- Tarifverträge Bauwirtschaft
Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information über das Schlechtwettergeld im rechtlichen Kontext und behandelt umfassend die historischen und aktuellen gesetzlichen Regelungen, Voraussetzungen und Abläufe.
Häufig gestellte Fragen
Wann besteht ein Anspruch auf Schlechtwettergeld?
Ein Anspruch auf Schlechtwettergeld (SWG) besteht grundsätzlich dann, wenn witterungsbedingte Arbeitsausfälle im Bauhauptgewerbe, Gerüstbaugewerbe, Dachdeckerhandwerk, im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau oder im sonstigen Wirtschaftszweig mit Anspruchsberechtigung auftreten und die Arbeit infolge von Schlechtwetter nicht wie vertraglich vereinbart durchgeführt werden kann. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vorrangig technische, organisatorische oder wirtschaftliche Maßnahmen zu ergreifen, um den Arbeitsausfall zu vermeiden (beispielsweise durch Umorganisation, Versetzung auf andere zumutbare Tätigkeiten oder Arbeitsverlagerung). Erst wenn keine zumutbare Alternative mehr besteht, kommt das Schlechtwettergeld zum Tragen. Der Anspruch besteht für sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer – für geringfügig Beschäftigte und Auszubildende gilt SWG in der Regel nicht. Die Dauer und der Zeitraum des Bezugs richten sich nach den jeweils aktuellen gesetzlichen Regelungen sowie tarifvertraglichen Vereinbarungen, insbesondere in den Monaten der sogenannten Schlechtwetterperiode, die in der Regel von Dezember bis März dauert. Ein förmlicher Antrag durch den Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit ist notwendig.
Wie wird das Schlechtwettergeld berechnet?
Die Berechnung des Schlechtwettergeldes erfolgt auf Grundlage des Verdienstausfalls, den der Arbeitnehmer durch den witterungsbedingten Arbeitsausfall erleidet. Bemessungsgrundlage ist das bei regelmäßiger Arbeitszeit zu erwartende Bruttoarbeitsentgelt im betroffenen Monat. In der Praxis wird der entgangene Lohn (Nettoentgelt) mit dem sogenannten Leistungssatz berechnet, wobei grundsätzlich 60 % des pauschalierten Nettoentgelts (bzw. 67 % bei Arbeitnehmern mit Kind) als Schlechtwettergeld gezahlt werden. Dabei sind Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber zahlt das Schlechtwettergeld zunächst an den Arbeitnehmer aus und bekommt es anschließend von der Agentur für Arbeit erstattet. Zusätzlich übernimmt die Bundesagentur für Arbeit die Sozialversicherungsbeiträge in Höhe des Entgeltausfalls für die Dauer des Bezuges von Schlechtwettergeld. Das Verfahren und die Berechnungsgrundlagen im Detail sind gesetzlich und durch Verwaltungsvorschriften geregelt.
Welche Mitwirkungspflichten hat der Arbeitnehmer beim Bezug von Schlechtwettergeld?
Arbeitnehmer sind verpflichtet, alles Zumutbare zu unternehmen, um den Arbeitsausfall zu vermeiden oder zu vermindern. Sie müssen angenommenen Zumutungen wie Arbeitsverlagerungen oder Versetzungen auf andere Arbeitsstellen innerhalb ihres Betriebs nachkommen, sofern diese rechtlich und tariflich zulässig sind. Verweigert ein Arbeitnehmer eine zumutbare Beschäftigungsmöglichkeit oder kommt er anderweitigen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nach, kann dies den vollständigen oder teilweisen Verlust des Anspruchs auf Schlechtwettergeld nach sich ziehen. Ferner hat der Arbeitnehmer nach Aufforderung bestimmte Auskünfte und Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind, um den Anspruch auf SWG festzustellen (z. B. Angaben zu Nebenbeschäftigungen oder Einkommensänderungen). Schließlich ist der Arbeitnehmer verpflichtet, etwaige Änderungen der Verhältnisse, die den Anspruch auf Schlechtwettergeld beeinflussen könnten, dem Arbeitgeber bzw. der Agentur für Arbeit rechtzeitig mitzuteilen, damit Überzahlungen oder Rückforderungen vermieden werden.
Was sind die Stellung und Pflichten des Arbeitgebers beim Schlechtwettergeld?
Der Arbeitgeber ist im Kontext des Schlechtwettergeldes antrags- und mitteilungspflichtig. Das bedeutet, er muss zunächst alle Möglichkeiten zur Vermeidung des Arbeitsausfalls (beispielsweise alternative Beschäftigung intern, Überstundenabbau, Urlaubsgewährung nach Maßgabe tariflicher Regelungen) prüfen und dokumentieren. Kommt er zum Schluss, dass ein witterungsbedingter Arbeitsausfall unvermeidbar ist, hat er den Schlechtwettergeldantrag rechtzeitig und ordnungsgemäß bei der Agentur für Arbeit einzureichen. Sämtliche relevanten Nachweise zur Arbeitsunmöglichkeit sowie die erforderlichen Angaben zu den betroffenen Beschäftigten und den ausgefallenen Arbeitsstunden sind beizufügen. Der Arbeitgeber zahlt das SWG zunächst an die Arbeitnehmer aus und lässt sich diese Ausgaben danach von der Agentur für Arbeit ersetzen. Hierbei trifft ihn eine umfassende Nachweis- und Dokumentationspflicht, insbesondere im Hinblick auf die tatsächlichen Arbeitszeiten und Ausfallstunden sowie die Sozialversicherungsbeiträge. Verletzt der Arbeitgeber diese Pflichten, kann dies zu Nachforderungen, Rückzahlungsverpflichtungen oder Bußgeldern führen.
Welche Folgen hat ein unerlaubter Arbeitsausfall in Bezug auf das Schlechtwettergeld?
Wird der Arbeitsausfall nicht durch Wetterbedingungen, sondern durch das Verhalten des Arbeitnehmers (z. B. unentschuldigtes Fernbleiben, Streik, Arbeitsverweigerung) verursacht, besteht kein Anspruch auf Schlechtwettergeld. Darüber hinaus können unberechtigte oder mutwillige Arbeitsausfälle auch arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, etwa eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung. Sollte der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer wissentlich oder durch grobe Fahrlässigkeit falsche Angaben im Zusammenhang mit dem Antrag auf Schlechtwettergeld machen, kann dies neben der Rückzahlung des zu Unrecht erhaltenen SWG auch zu straf- oder ordnungsrechtlichen Sanktionen führen. Insbesondere der Arbeitgeber steht hier in der Nachweispflicht und kann ggf. Regressforderungen durch die Agentur für Arbeit ausgesetzt sein, sollte er Anzeigen und Mitteilungsobliegenheiten verletzen.
Gibt es Ausschlussfristen oder Begrenzungen für den Bezug von Schlechtwettergeld?
Ja, der Bezug von Schlechtwettergeld ist befristet und kann grundsätzlich nur für den Zeitraum der sogenannten Schlechtwetterperiode (meist Dezember bis März) in Anspruch genommen werden, sofern die tarifvertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Darüber hinaus bestehen für die Antragstellung Ausschlussfristen gegenüber der Agentur für Arbeit: Nach dem Ende des Monats, in dem der Arbeitsausfall eingetreten ist, gelten in aller Regel Fristen von drei Monaten, innerhalb derer der Antrag auf Schlechtwettergeld samt notwendiger Nachweise eingereicht werden muss. Eine verspätete Antragstellung kann zum vollständigen Verlust der Leistung führen. Ebenso gilt für einzelne Ausfallzeiten oder längerfristigen Bezug von Schlechtwettergeld eine Höchstbezugsdauer, die von der Arbeitsagentur jeweils bekannt gemacht wird. Abschließend ist zu beachten, dass die Anspruchsberechtigung bei wiederholtem oder fortlaufendem Arbeitsausfall jeweils neu geprüft wird.
Kann Schlechtwettergeld rückwirkend gezahlt werden oder ist eine Nachzahlung möglich?
Schlechtwettergeld kann grundsätzlich nur für die tatsächlich abgerechneten und belegbaren Arbeitsausfälle gezahlt werden, sofern der Antrag innerhalb der genannten Ausschlussfristen eingereicht wurde. Eine nachträgliche Auszahlung ist möglich, jedoch immer an die rechtzeitige Beantragung und Vorlage der erforderlichen Nachweise gekoppelt. Stellt sich nachträglich heraus, dass der Arbeitsausfall zu Unrecht oder in zu hoher Höhe abgerechnet wurde, müssen zu Unrecht erhaltene Zahlungen an die Arbeitsagentur zurückerstattet werden. Ebenso ist es im Falle von Nachbewilligungen oder Ermittlungen bezüglich verspäteter Nachweise möglich, innerhalb bestimmter Fristen eine Nachzahlung zu erhalten. Die genaue Verfahrensweise ist in den Verwaltungsvorschriften der Agentur für Arbeit geregelt.
Welche Rechte bestehen bei Streitigkeiten über das Schlechtwettergeld?
Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Schlechtwettergeld oder dessen Höhe werden im sozialrechtlichen Widerspruchs- und Klageverfahren ausgetragen. Der Arbeitnehmer kann, sollte der Antrag abgelehnt oder gekürzt werden, gegen den ablehnenden Bescheid Widerspruch bei der Agentur für Arbeit einlegen. Wird diesem nicht abgeholfen, besteht die Möglichkeit einer Klage vor dem zuständigen Sozialgericht. Es sind dabei die jeweiligen Fristen und formalen Anforderungen streng zu beachten. Dem Arbeitgeber stehen entsprechende Rechtsbehelfe zu, sollte die Erstattung abgelehnt oder Kürzungen vorgenommen werden. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Meldung des Arbeitsausfalls, der Höhe der Ausfallstunden oder der Mitwirkungspflichten kann zusätzlich eine Einigung über die betrieblichen Einigungsstellen oder die Einschaltung des Betriebsrats angestrebt werden. Grundsätzlich gilt, dass im Streitfall nach den allgemeinen Regeln des Sozialgesetzbuches verfahren wird.