Definition und rechtliche Grundlagen des Begriffs „Schiff“
Der Begriff „Schiff“ besitzt im deutschen Recht eine zentrale Bedeutung und ist in zahlreichen Gesetzen und Verordnungen definiert und geregelt. Das Schiff stellt ein zentrales Rechtssubjekt sowohl im nationalen als auch im internationalen See- und Binnenschifffahrtsrecht dar und ist Gegenstand vielfältiger rechtlicher Regelungen im Hinblick auf Eigentum, Registrierung, Betrieb und Haftung.
Rechtliche Definition des Schiffs
Gesetzliche Grundlagen
Im deutschen Recht ist die Definition eines Schiffs nicht einheitlich festgelegt, sondern variiert je nach Regelungsgebiet. Grundsätzlich wird ein Schiff meist als ein zur Fortbewegung auf dem Wasser bestimmtes Fahrzeug verstanden. Maßgebliche Definitionen finden sich etwa im Binnenschifffahrtsgesetz (BinSchG) und im Handelsgesetzbuch (HGB):
- Gemäß § 1 BinSchG sind Schiffe „Fahrzeuge, die zur Fortbewegung auf Wasser geeignet und bestimmt sind“.
- Im Sinne des § 529 HGB sind Schiffsräume als Teil des Seetransports Gegenstand spezieller Regelungen.
- Das Seeschiffregistergesetz (SeeSchRG) regelt die Registrierung und damit eine eigenständige Schiffseigenschaft für die Eintragung in das Seeschiffsregister.
Sonderregelungen bestehen beispielsweise für schwimmendes Arbeitsgerät oder schwimmende Anlagen, die nicht als „Schiffe“ im engeren Sinn gelten, es sei denn, sie erfüllen die Kriterien der jeweiligen Gesetzgebung.
Internationale Rechtsquellen
Auf internationaler Ebene sind Schiffe insbesondere in Übereinkommen wie dem Internationalen Übereinkommen über die Vermessung von Schiffen (TONNAGE), dem SOLAS-Übereinkommen (Sicherheit des Lebens auf See) oder dem Internationalen Übereinkommen über die Haftung für Ölverschmutzungsschäden (CLC) erfasst. Die in internationalen Abkommen festgelegten Begriffsbestimmungen gelten häufig ergänzend oder unmittelbar für Schiffe unter deutscher Flagge.
Eigentumsrecht und Registereintragung von Schiffen
Erwerb und Eigentum am Schiff
Der Erwerb eines Schiffs erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen des Sachenrechts. Ein Schiff ist gemäß § 94 BGB ein wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks, wenn es fest verbunden ist, ansonsten handelt es sich um ein eigenständiges bewegliches Wirtschaftsgut. Die Eigentumsübertragung richtet sich nach den Vorschriften über die Übertragung beweglicher Sachen, insbesondere §§ 929 ff. BGB.
Schiffsregister und dessen Bedeutung
Seeschiffsregister und Binnenschiffsregister
Für Seeschiffe und Binnenschiffe sieht das deutsche Recht spezielle Register vor:
- Das Seeschiffsregister (§§ 1 ff. SeeSchRG) wird bei den Amtsgerichten geführt. Die Eintragung ist Voraussetzung für die Führung der Bundesflagge.
- Das Binnenschiffsregister (§ 1 BinSchRG) erfasst die relevanten Daten für Binnenschiffe über einer bestimmten Größe.
Registerwirkung
Die Eintragung im Schiffsregister hat konstitutive Wirkung für bestimmte Rechtsverhältnisse, insbesondere hinsichtlich des Eigentums und der Belastung des Schiffs mit Schiffshypotheken. Sie ist Voraussetzung für eine öffentlich-rechtliche Zuordnung und für zahlreiche Geschäftsvorfälle, etwa im Zusammenhang mit der Schiffsfinanzierung.
Flaggenrecht und Staatszugehörigkeit des Schiffs
Bedeutung des Flaggenrechts
Die Führung einer staatlichen Flagge legitimiert ein Schiff zur Zugehörigkeit zu einem bestimmten Staat und begründet zugleich die Anwendung des jeweiligen nationalen Rechts sowie das Recht auf diplomatischen Schutz. Das deutsche Flaggenrecht ist im Flaggenrechtsgesetz (FlaggRG) geregelt. Es bestimmt, unter welchen Bedingungen ein Schiff berechtigt ist, die Bundesflagge zu führen, und regelt den Wechsel der Flagge.
Flaggenzertifikat und Voraussetzungen
Zur Führung der Bundesflagge ist für Seeschiffe insbesondere die Ausstellung eines Flaggenzertifikats durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) erforderlich. Ausschlaggebend für die Flaggenführung sind insbesondere Registereintragung, Eigentum und Sitz des Schiffseigners.
Schiffsrechtliche Besonderheiten im Handels- und Transportrecht
Das Seerecht und das Seehandelsrecht
Status als Schiff im Sinne des HGB
Das achte Buch des Handelsgesetzbuchs (Seehandelsrecht) regelt viele besondere Rechtsverhältnisse rund um das Schiff, darunter die Rechte und Pflichten des Schiffseigners, die Stellung der Besatzung, die Heuer sowie das Frachtrecht auf See.
Schiffsgläubigerrechte und Haftungsbeschränkung
Das HGB sieht für sogenannte Schiffsgläubiger besondere Regelungen vor (§§ 596 ff. HGB). Diese besonderen Gläubigerrechte sind mit Pfandrechten vergleichbar und bieten dem Schiffsgläubiger eine gesonderte Befriedigungsmöglichkeit aus dem Schiff. Gleichzeitig enthält das Seerecht umfassende Haftungsbeschränkungen des Schiffseigners (z.B. gemäß dem internationalen Haftungsübereinkommen – LLMC).
Schiffshypothek
Die Schiffshypothek ist ein ausschließlich für eingetragene Schiffe geschaffenes Grundpfandrecht, das nach den §§ 647 ff. BGB sowie den Spezialvorschriften für Seeschiffe und Binnenschiffe ausgestaltet ist. Sie dient insbesondere zur Besicherung von Schiffskrediten und ist im Schiffsregister einzutragen.
Betrieb und Rechtsverhältnisse im Hinblick auf das Schiff
Verantwortung des Schiffseigners und des Kapitäns
Der Schiffseigner trägt als Halter des Schiffs die Verantwortung für den ordnungsgemäßen und sicheren Betrieb und haftet für Schäden aus dem Betrieb des Schiffs. Der Kapitän wiederum übernimmt die unmittelbare Nautische und administrative Führung an Bord und haftet unter bestimmten Voraussetzungen persönlich für Schäden.
Versicherungsrechtliche Aspekte
Für die meisten Schiffe besteht eine Versicherungspflicht, beispielsweise für die Haftpflichtversicherung im Rahmen der Binnenschifffahrt. Darüber hinaus existieren zahlreiche Spezialversicherungen wie die Kasko- und Warentransportversicherung, die auf das Schiff und dessen Funktion maßgeschneidert sind.
Internationale Regelungen und Abgrenzungsfragen
Abgrenzung zu anderen Wasserfahrzeugen
Nicht jedem Wasserfahrzeug kommt die rechtliche Stellung eines Schiffs zu. Klare Abgrenzungen bestehen insbesondere zu Booten (z.B. Sportboote, Rettungsboote), Flößen und festen Offshore-Anlagen wie Windkraftanlagen oder Bohrinseln, es sei denn, sie erfüllen die Kriterien der einschlägigen Rechtsnormen.
Internationale Zuständigkeit und Kollisionsrecht
Die Zuständigkeit nationaler Gerichte und die Anwendung des nationalen Schiffsrechts hängen maßgeblich von der Flagge, dem Zufahrtsort, dem Entstehungsort eines Schadenfalls sowie vertraglichen Vereinbarungen ab. Im internationalen Seerecht gelten zahlreiche Übereinkommen, die etwa die Haftung bei Seeunfällen, Umweltschäden oder die Rettung regeln.
Zusammenfassung
Der Begriff „Schiff“ nimmt im deutschen und internationalen Recht eine zentrale Stellung ein. Schiffe unterliegen in zahlreichen Rechtsbereichen spezialgesetzlichen Regelungen, die von der Definition und Registrierung über das Flaggenrecht, das Handels- und Transportrecht, die Haftung bis hin zum internationalen Recht reichen. Damit verbunden sind komplexe Anforderungen und erheblich divergierende rechtliche Folgen, unter anderem für den Eigentumserwerb, die Registerführung, Haftungstatbestände und den internationalen Schiffsverkehr. Die genaue Qualifizierung und Abgrenzung ist in jedem Einzelfall anhand der einschlägigen Rechtsquellen vorzunehmen.
Häufig gestellte Fragen
Wer haftet für Schäden, die durch ein Schiff verursacht werden?
Für Schäden, die durch ein Schiff verursacht werden – beispielsweise Kollisionen, Umweltschäden oder Sachschäden an Hafenanlagen – gilt grundsätzlich das Verschuldensprinzip. Das bedeutet, der Eigentümer, Reeder oder Betreiber des Schiffs haftet, wenn ihm ein Verschulden nachgewiesen werden kann. Im Bereich der Seeverschmutzung durch Öl gibt es zudem internationale Übereinkommen, wie das Internationale Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden (Ölhaftungsübereinkommen), die eine verschuldensunabhängige Haftung des Schiffseigners vorsehen. Das deutsche Binnenschifffahrtsgesetz regelt die Haftung für Binnenschiffe, während für Seeschiffe das Seehandelsgesetz (HGB) einschlägig ist. Bei Eigentümerwechsel während eines Schadensfalls bestehen unterschiedliche Regelungen, abhängig davon, ob der Übergang vor oder nach dem schädigenden Ereignis lag. In vielen Fällen besteht eine Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung (z.B. P&I-Versicherung), die Dritte bei Schäden absichert. Diese Versicherungen sichern auch Schäden ab, für die der Eigner per Gesetz haften muss. Betreiber und Kapitäne können unter bestimmten Umständen ebenfalls persönlich haftbar gemacht werden, etwa bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlicher Pflichtverletzung. Zusätzlich sind vorgeschriebene Haftungshöchstgrenzen (z.B. Limitation of Liability nach dem Londoner Haftungsübereinkommen) zu beachten.
Welche gesetzlichen Anforderungen bestehen an die Registrierung eines Schiffs in Deutschland?
Die Registrierung von Seeschiffen in Deutschland ist im Schiffsregistergesetz (SchRegG) sowie in der Schiffsregisterordnung geregelt. Für die Eintragung ist das Amtsgericht (Schiffsregistergericht) örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Heimathafen liegt oder der Eigentümer seinen Sitz hat. Notwendige Unterlagen beinhalten den Nachweis des Eigentums (z.B. Kaufvertrag), eine Bauzertifizierung, Schiffsvermessung sowie Nachweise über die Einhaltung der Sicherheits- und Umweltvorschriften. Die Registrierung ist zwingende Voraussetzung für die deutsche Staatszugehörigkeit des Schiffs – ohne Eintragung darf ein Schiff keine deutsche Flagge führen. Für Binnenschiffe gibt es analoge Regelungen im Binnenschiffsregistergesetz. Neben der Eintragung ins Schiffsregister bestehen weitere Melde- und Dokumentationspflichten, beispielsweise gegenüber der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). Verstöße gegen die Registrierungspflicht können empfindliche Bußgelder und die Untersagung des Schiffsbetriebs nach sich ziehen.
Welche Vorschriften regeln den Erwerb und Verkauf von Schiffen?
Der Erwerb und Verkauf von Schiffen wird rechtlich durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Handelsgesetzbuch (HGB) für Seehandelsschiffe sowie diverse internationale Übereinkommen geregelt. Zu beachten sind besondere Formerfordernisse: Seeschiffe, die ins Schiffsregister eingetragen sind oder eingetragen werden sollen, müssen nach § 3 SchRegG schriftlich übertragen werden. Die Übertragung erfolgt durch Einigung und Eintragung im Schiffsregister, vergleichbar mit einem Grundstückskauf. Üblicherweise wird ein notariell beurkundeter Kaufvertrag verlangt. Internationale Verkäufe unterliegen oft zusätzlich internationalen Registersicherheiten (z.B. MARPOL-Klauseln). Bei Hypotheken auf dem Schiff ist die Zustimmung der finanzierenden Bank nötig. Im Rahmen des Verkaufs sind steuerliche Aspekte – insbesondere Umsatzsteuer auf den Verkauf – und Meldevorschriften gegenüber dem Zoll zu beachten. Schließlich muss der Betreiberwechsel gegenüber den zuständigen Behörden und ggf. der Flaggenstaatsverwaltung angezeigt werden.
Welche Pflichten haben Schiffseigner im Zusammenhang mit Umweltschutz?
Schiffseigner stehen in der Pflicht, nationale und internationale umweltrechtliche Standards einzuhalten. Maßgeblich sind hierbei Regelungen der MARPOL-Konvention (Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe), der Ballastwasser-Konvention sowie das deutsche Wasserhaushaltsgesetz (WHG), die SeeUmwSV und verschiedene EU-Richtlinien. Zentral ist das Verbot, ölhaltige oder gefährliche Abwässer ohne Behandlung ins Meer oder Binnengewässer einzuleiten sowie bestimmte Abfälle illegal zu entsorgen. Die Einhaltung wird regelmäßig durch Kontrollen, z.B. durch die Berufsgenossenschaft Verkehr oder die Wasser- und Schifffahrtsämter, überprüft. Schiffe müssen über gesetzlich vorgeschriebene Abfall- und Ölzeugnisse, sowie Entsorgungsnachweise verfügen. Verstöße gegen Umweltschutzauflagen führen zu empfindlichen Straf- und Bußgeldverfahren bis hin zu Fahrverboten und Beschlagnahmungen.
Wie wird das Arbeitsrecht auf Schiffen geregelt?
Das auf Handelsschiffen tätige Personal unterliegt in Deutschland insbesondere dem Seearbeitsgesetz (SeeArbG), das die Vorgaben der internationalen Maritime Labour Convention (MLC) umsetzt. Dieses Gesetz regelt Arbeitszeiten, Ruhezeiten, Mindestlohnbestimmungen, Unterbringungs- und Verpflegungsstandards sowie das Recht auf medizinische Versorgung an Bord. Für Schiffe, die auf internationalen Gewässern unter deutscher Flagge fahren, gelten diese Regelungen vollumfänglich. Auch sind Arbeitgeber verpflichtet, Crewlisten zu führen und sie den Behörden zur Verfügung zu stellen. Für Binnenschiffe gelten das Binnenschifffahrtsgesetz und spezielle Tarifverträge. Besonderheiten bestehen zudem bei gemischten Besatzungen hinsichtlich der Gesetzesauswahl und der Most-Favoured-Nation-Prinzipien. Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften werden von der Dienststelle Schiffssicherheit bei der BG Verkehr überwacht und sanktioniert.
Welche Maßnahmen sind bei Unfällen oder Havarien eines Schiffs rechtlich vorgeschrieben?
Bei Unfällen oder Havarien sind sofortige Meldepflichten an die zuständigen nationalen Behörden (z.B. Havariekommando, Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung) einzuhalten. Die genaue Art der Meldung, Meldewege und Fristen sind im Seeaufgabengesetz sowie in internationalen Regelwerken (SOLAS, MARPOL) geregelt. Das Schiff ist zudem verpflichtet, alle zumutbaren Maßnahmen zur Schadensbegrenzung zu treffen, insbesondere Soforthilfe für Betroffene zu leisten und Umweltschäden zu minimieren. Der Kapitän muss ein Schiffs-Tagebuch führen, in dem sämtliche Vorgänge detailliert dokumentiert werden. Untersuchungen durch Seeämter oder spezielle Untersuchungskommissionen werden eingeleitet, bei denen alle relevanten Unterlagen und Zeugen zur Verfügung zu stellen sind. Bei schwerwiegenden Unfällen kann das Schiff bis zum Abschluss der Untersuchung in Gewahrsam genommen werden. Ferner bestehen spezifische Pflichten zur Zusammenarbeit mit Bergungsunternehmen und Behörden, auch im Hinblick auf die Bergung von Gefahrgut.
Wann und wie kann die Zulassung oder Betriebserlaubnis eines Schiffs entzogen werden?
Die Zulassung oder Betriebserlaubnis eines Schiffs kann entzogen werden, wenn schwere Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften, Umweltschutzbestimmungen oder arbeitsrechtliche Auflagen vorliegen. Grundlage dafür bilden das Schiffsicherheitsgesetz (SchSG), das Seemannsgesetz und verschiedene EG-Verordnungen zur Sicherheit und Kontrolle im Seeverkehr. Im Rahmen der Hafenstaatkontrolle (Port State Control) führen Behörden regelmäßige Überprüfungen auf vorgenannte Aspekte durch. Festgestellte gravierende Mängel können zur zeitweisen Stilllegung (Detention) und im Wiederholungsfall zum dauerhaften Entzug der See- oder Binnenschiffszulassung führen. Bei besonders schweren oder wiederholten Verstößen kann zudem das Schiff aus dem deutschen Seeschiffsregister entfernt werden oder eine Aberkennung der Nationalflagge drohen. Der Eigner erhält in der Regel vorhergehende Anhörungsmöglichkeiten, außer bei akuter Gefahr im Verzug, wo Sofortmaßnahmen zum Schutz von Menschenleben, Umwelt oder Sicherheit zulässig sind.