Schaumweinsteuer: Begriff, Systematik und Anwendungsbereich
Die Schaumweinsteuer ist eine Verbrauchsteuer auf bestimmte alkoholische Getränke, die aufgrund ihres Gehalts an Kohlensäure unter die Kategorie Schaumwein fallen. Sie knüpft an das Inverkehrbringen oder den Verbrauch dieser Erzeugnisse im Inland an und ergänzt als besondere Verbrauchsteuer die allgemeine Umsatzbesteuerung. Ziel ist die fiskalische Erfassung eines klar umrissenen Produktsegments innerhalb der Weinwirtschaft.
Begriff und Abgrenzungen
Im steuerlichen Sinne gelten als Schaumwein Erzeugnisse auf Weinbasis, die einen bestimmten Kohlensäuredruck im geschlossenen Behältnis erreichen. Maßgeblich sind die physikalischen Produkteigenschaften (insbesondere der Druck bei 20 °C) sowie die Art der Kohlensäurebindung (aus Gärung entstanden oder zugesetzt). Unterkategorien sind:
- Schaumwein (z. B. Sekt, Champagner, Cava): mit höherem Kohlensäuredruck;
- Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure (häufig als „Secco“ im Handel): mit geringerem Druck und eigener, in der Regel ermäßigter steuerlicher Behandlung;
- Stillwein: nicht schaumweinsteuerpflichtig, da ohne relevanten Überdruck.
Die Abgrenzung zu anderen inländischen Verbrauchsteuern (z. B. Biersteuer, Steuer auf alkoholhaltige Erzeugnisse) erfolgt nach Erzeugnisart, Herstellungsweise, Alkoholgehalt und Kohlensäuremerkmalen. Für „Zwischenerzeugnisse“ (bestimmte weinähnliche Getränke) besteht ein separates Verbrauchsteuersystem.
Steuergegenstand und Steuerentstehung
Steuergegenstand ist das schaumweinsteuerpflichtige Erzeugnis im Sinne der geltenden Begriffsbestimmungen. Die Steuer entsteht typischerweise, wenn das Produkt im Inland zum Verbrauch abgegeben wird. Dies ist insbesondere der Fall bei:
- Herstellung im Inland und anschließender Abgabe außerhalb eines Steuerlagers,
- Einfuhr aus Drittländern und Überführung in den freien Verkehr,
- Bezug aus anderen EU-Mitgliedstaaten, sobald die Waren nicht mehr unter Steueraussetzung geführt werden.
Während der Lagerung oder Beförderung unter Steueraussetzung (z. B. im Steuerlager oder bei innerunionären Verbringungen im EMCS-Verfahren) entsteht die Steuer noch nicht. Bei Unregelmäßigkeiten in der Beförderung kann die Steuer nachträglich ausgelöst werden.
Steuermaßstab und Steuersätze
Bemessungsgrundlage ist in der Regel das Volumen des fertigen Erzeugnisses (Hektoliter). Die Schaumweinsteuer ist als spezifische Mengensteuer ausgestaltet; die Steuersätze sind fest pro Mengeneinheit definiert. Sie unterscheiden sich nach Produktkategorie:
- höherer Steuersatz für Schaumwein mit erhöhtem Kohlensäuredruck,
- ermäßigter Steuersatz für Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure.
Die Umsatzsteuer fällt zusätzlich an und berechnet sich auf den Endpreis einschließlich der Schaumweinsteuer.
Rechtsrahmen und Verwaltungspraxis
Harmonisierter EU-Rahmen
Die Schaumweinsteuer ist in die unionsweite Systematik der Verbrauchsteuern eingebettet. Die Kategorien alkoholischer Erzeugnisse sowie Grundprinzipien wie Steueraussetzung, innerunionärer Versand mit elektronischer Kontrolle und Besteuerung am Ort des Verbrauchs sind unionsweit abgestimmt. Die konkreten Steuersätze werden national festgelegt.
Steueraussetzung, Steuerlager und EMCS
Zur Herstellung, Lagerung und Beförderung ohne sofortige Steuerentstehung dient das System der Steueraussetzung. Kernelemente sind:
- Steuerlager: zugelassene Betriebsstätten mit besonderen Aufzeichnungs- und Sicherungspflichten,
- registrierte Wirtschaftsbeteiligte für den Versand und den Empfang,
- EMCS (Excise Movement and Control System): elektronisches Verfahren zur Überwachung des innerunionären Warenverkehrs unter Steueraussetzung.
Die Steuer entsteht regelmäßig erst beim Verlassen des Steueraussetzungsverfahrens zur Abgabe an den Endverbrauch. Bei Pflichtverstößen oder Verlusten außerhalb der zulässigen Toleranzen kann eine nachträgliche Besteuerung erfolgen.
Steuerschuldnerschaft und Haftung
Steuerschuldner ist diejenige Person oder das Unternehmen, das den steuerrechtlich maßgeblichen Vorgang veranlasst. Dazu zählen insbesondere Inhaber von Steuerlagern bei der Entnahme zum Verbrauch, Hersteller bei Abgabe außerhalb eines Steuerlagers sowie Importeure bei Einfuhr. Bei innerunionären Beförderungen unter Steueraussetzung kann im Fall von Unregelmäßigkeiten eine gesamtschuldnerische Haftung beteiligter Personen eintreten.
Anmeldung, Festsetzung und Zahlung
Die Steuer wird durch Steueranmeldungen gegenüber der zuständigen Zollverwaltung erklärt. Für regelmäßig tätige Unternehmen erfolgt die Erklärung periodisch. Die Zollverwaltung setzt die Steuer fest und überwacht die Einhaltung der Aufzeichnungs-, Melde- und Sicherungspflichten. Verstöße können bußgeld- oder strafrechtlich geahndet werden.
Steuerbefreiungen, Erstattungen und Sonderfälle
Befreiungstatbestände
Es bestehen Befreiungen für bestimmte Verwendungen oder Empfängergruppen. Dazu zählen in der Regel:
- Ausfuhren in Drittländer,
- Lieferungen an privilegierte Einrichtungen,
- bestimmte Verwendungen zu analytischen, wissenschaftlichen oder technischen Zwecken,
- steuerfreie innerunionäre Lieferungen unter Steueraussetzung.
Die Inanspruchnahme setzt regelmäßig geeignete Nachweise und ein ordnungsgemäßes Verfahren voraus.
Erstattung und Erlass
Bei nachweislicher Nichtverwendung zum steuerpflichtigen Zweck, bei Rücksendungen, Vernichtung unter behördlicher Aufsicht oder bei Verlusten aufgrund höherer Gewalt kann eine Erstattung oder ein Erlass in Betracht kommen. Der Umfang richtet sich nach der nachgewiesenen Menge und dem Eintrittstatbestand.
Reisefreimengen und Privatpersonen
Innerhalb der EU dürfen Privatpersonen Waren für den Eigenbedarf aus einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich steuerfrei mitbringen, wenn die Waren im Erwerbsstaat ordnungsgemäß besteuert wurden. Bei Bezügen aus Drittländern gelten mengenmäßige Freigrenzen. Für Versand an Privatpersonen in einen anderen Mitgliedstaat gelten besondere Regelungen, nach denen die Verbrauchsteuer regelmäßig im Bestimmungsland anfällt.
Abgrenzung zu anderen Rechtsmaterien
Unterschied zur Umsatzsteuer
Die Schaumweinsteuer ist eine besondere Verbrauchsteuer und fällt unabhängig von der Umsatzsteuer an. Sie erhöht die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer, wodurch eine Kumulierung in der Endpreisbildung entsteht.
Abgrenzung zu anderen Alkohol- und Getränkesteuern
Die steuerliche Behandlung unterscheidet sich je nach Produktkategorie. Für Bier, Spirituosen, stillen Wein und Zwischenerzeugnisse bestehen eigenständige Regelungsbereiche mit jeweils eigenen Steuermechanismen und Steuersätzen. Maßgeblich sind u. a. Rohstoffgrundlage, Herstellungsverfahren, Alkoholgehalt und Kohlensäureeigenschaften.
Historische Einordnung
Die Schaumweinsteuer blickt auf eine lange Tradition zurück und wurde ursprünglich zur fiskalischen Finanzierung staatlicher Aufgaben eingeführt. Trotz mehrfacher Reformen und unionsrechtlicher Harmonisierung ist das Grundprinzip einer spezifischen Mengensteuer auf schaumweinhaltige Erzeugnisse beibehalten worden.
Compliance, Kontrolle und Sanktionen
Aufzeichnungs- und Nachweispflichten
Beteiligte Unternehmen führen Bestands-, Produktions- und Beförderungsnachweise, die den Warenfluss und den Status im Steueraussetzungsverfahren belegen. Elektronische Verfahren unterstützen die Nachverfolgbarkeit im innerunionären Verkehr.
Risiken bei Verstößen
Pflichtverletzungen können zur Entstehung der Steuer, zu Säumnisfolgen und zu Ordnungswidrigkeiten oder Straftatbeständen führen. Die Zollverwaltung ist zur Prüfung, Sicherung und Durchsetzung der Ansprüche befugt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Schaumweinsteuer
Was gilt als Schaumwein im Sinne der Schaumweinsteuer?
Als Schaumwein gelten Erzeugnisse auf Weinbasis mit einem bestimmten Kohlensäuredruck im geschlossenen Behältnis. Entscheidend sind die physikalischen Eigenschaften, nicht die Handelsbezeichnung. Auch Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure kann erfasst sein, wenn die maßgeblichen Druckschwellen erreicht werden.
Wer ist Steuerschuldner der Schaumweinsteuer?
Steuerschuldner ist die Person oder das Unternehmen, das das Erzeugnis in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt. Das können Hersteller, Inhaber von Steuerlagern, Einführer oder beim innerunionären Bezug die verantwortlichen Empfänger sein. In bestimmten Konstellationen besteht eine gesamtschuldnerische Haftung.
Wann entsteht die Schaumweinsteuer?
Die Steuer entsteht, wenn schaumweinsteuerpflichtige Waren im Inland zum Verbrauch abgegeben werden, etwa bei Entnahme aus dem Steuerlager zur Lieferung an Endabnehmer oder bei Einfuhr aus Drittländern. Bei Unregelmäßigkeiten während einer Beförderung unter Steueraussetzung kann die Steuer nachträglich ausgelöst werden.
Wie wird die Schaumweinsteuer berechnet?
Die Steuer ist eine spezifische Mengensteuer, die sich nach dem Volumen des fertigen Erzeugnisses bemisst. Es gelten feste Beträge je Mengeneinheit, wobei zwischen Schaumwein und Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure differenziert wird. Die Umsatzsteuer wird zusätzlich auf den Endpreis einschließlich der Verbrauchsteuer erhoben.
Gibt es Steuerbefreiungen oder Vergünstigungen?
Vorgesehen sind Befreiungen unter anderem für Ausfuhren in Drittländer, Lieferungen an privilegierte Empfänger, bestimmte technische oder wissenschaftliche Verwendungen und Warenbewegungen unter Steueraussetzung. Zudem bestehen Erstattungs- und Erlassmöglichkeiten bei nachgewiesenen besonderen Tatbeständen.
Wie werden Online-Bestellungen aus dem Ausland behandelt?
Bei Versand an Privatpersonen in einen anderen EU-Mitgliedstaat fällt die Verbrauchsteuer grundsätzlich im Bestimmungsland an. Für den innerunionären Versand gelten besondere Verfahren und Verantwortlichkeiten. Bei Bezügen aus Drittländern sind die Einfuhr und die Überführung in den freien Verkehr maßgeblich.
Welche Nachweise sind im innerunionären Warenverkehr erforderlich?
Bei Beförderungen unter Steueraussetzung wird der Warenverkehr elektronisch über das EMCS begleitet. Für steuerrechtlich relevante Vorgänge sind Aufzeichnungen zum Bestand, zur Produktion, zu Beförderungen und zum Status der Waren zu führen. Diese Unterlagen dienen der Kontrolle und Festsetzung.
Worin unterscheidet sich die Schaumweinsteuer von der Besteuerung stiller Weine?
Stille Weine unterliegen in Deutschland keiner eigenständigen bundesrechtlichen Verbrauchsteuer. Schaumwein und bestimmte Perlweine werden aufgrund ihres Kohlensäuredrucks gesondert belastet. Die Abgrenzung erfolgt anhand objektiver Produktmerkmale.