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Schadensversicherung

Begriff und Einordnung der Schadensversicherung

Die Schadensversicherung ist eine Form der Vermögensabsicherung, bei der ein tatsächlich eingetretener finanzieller Schaden ersetzt wird. Leitend ist der Grundsatz, dass der Versicherte weder besser noch schlechter gestellt werden soll als ohne den Schaden. Anders als bei der Summenversicherung, bei der eine fest vereinbarte Summe unabhängig von der konkreten Schadenshöhe ausgezahlt wird, richtet sich die Leistung in der Schadensversicherung nach dem wirtschaftlichen Verlust im Einzelfall.

Die Schadensversicherung gehört zum Sach- und Vermögensschutz. Sie umfasst die Absicherung von Sachen, Rechten und Vermögensinteressen gegen definierte Risiken wie Zerstörung, Beschädigung, Verlust oder Haftungsansprüche Dritter.

Rechtsnatur und Grundprinzipien

Indemnitätsprinzip und Bereicherungsverbot

Kern der Schadensversicherung ist das Indemnitätsprinzip: Ersetzt wird der nachweisbare Vermögensnachteil bis maximal zur vereinbarten Versicherungssumme. Eine Bereicherung ist ausgeschlossen. Besteht für denselben Gegenstand oder dasselbe Interesse mehrfacher Versicherungsschutz, wird eine Überentschädigung vermieden, indem die beteiligten Versicherer anteilig leisten.

Versicherungswert, Versicherungssumme und Entschädigung

Der Versicherungswert beschreibt den wirtschaftlichen Wert des versicherten Interesses (z. B. Zeitwert oder Neuwert einer Sache). Die Versicherungssumme ist die vertraglich festgelegte obere Leistungsgrenze. Liegt die Versicherungssumme unter dem Versicherungswert, kann Unterversicherung vorliegen; liegt sie darüber, spricht man von Überversicherung. Die Entschädigung ist begrenzt durch die Versicherungssumme und den tatsächlich entstandenen Schaden, unter Berücksichtigung von Selbstbehalten, Restwerten und vereinbarten Sublimits.

Versicherungsinteresse und versicherte Gefahr

Versichert wird ein wirtschaftliches Interesse an der Erhaltung oder Unversehrtheit einer Sache oder eines Vermögenswertes. Die versicherte Gefahr bezeichnet das Ereignis oder die Einwirkung, deren Verwirklichung den Versicherungsfall auslöst (z. B. Feuer, Leitungswasser, Einbruchdiebstahl, Unfall, Sturm). Der Versicherungsschutz ist auf die vertraglich beschriebenen Gefahren und den vereinbarten örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich begrenzt.

Typische Sparten der Schadensversicherung

Sachversicherungen

Hierunter fallen insbesondere Hausrat-, Wohngebäude-, Inhalts- und Kaskoversicherungen. Versichert sind Sachen gegen definierte Gefahren. Je nach Bedingungen kommen Zeitwert- oder Neuwertentschädigung, Entschädigungsgrenzen für bestimmte Sachen sowie besondere Sicherheitsanforderungen in Betracht.

Haftpflichtversicherungen

Die Haftpflichtversicherung schützt vor den finanziellen Folgen gesetzlicher Haftungsansprüche Dritter. Rechtlich ist zwischen dem Außenverhältnis zum Geschädigten und dem Innenverhältnis zwischen versicherter Person und Versicherer zu unterscheiden. Neben der Freistellung von begründeten Ansprüchen umfasst der Versicherungsschutz regelmäßig die Abwehr unbegründeter Forderungen.

Transport-, technische und Vermögensschadenversicherungen

Transportversicherungen sichern Güter während des Transports ab. Technische Versicherungen betreffen unter anderem Maschinen, Elektronik oder Bauleistungen. Vermögensschadenversicherungen decken reine Vermögensnachteile ab, die nicht Folge eines Sachschadens sind, etwa durch Fehler in beruflicher Tätigkeit, sofern diese Risiken vertraglich erfasst sind.

Vertragsparteien und Rollen

Vertragsparteien sind Versicherungsnehmer und Versicherer. Der Versicherungsnehmer schließt den Vertrag und ist zur Prämienzahlung verpflichtet. Versichert sein kann das eigene oder ein fremdes Interesse. Die versicherte Person kann vom Versicherungsnehmer abweichen. Begünstigte und Mitversicherte können vertraglich bestimmt werden.

Vertragsabschluss und Risikobewertung

Antrag, Police und Prämie

Der Vertrag kommt durch Antrag und Annahme zustande. Die Police dokumentiert den Inhalt des Versicherungsschutzes. Grundlage der Prämienkalkulation sind die Angaben zum Risiko. Änderungen des Risikos können sich auf Prämie und Deckung auswirken.

Vorvertragliche Anzeigen und Risikoangaben

Vor Abschluss sind gefahrerhebliche Umstände vollständig und richtig anzugeben. Unzutreffende oder unvollständige Angaben können je nach Art und Schwere rechtliche Folgen für den Vertrag und spätere Leistungsansprüche haben.

Pflichten während der Laufzeit

Gefahrerhöhung und Sicherheitsvorschriften

Erhöht sich das Risiko nach Vertragsschluss, können Anzeigepflichten bestehen. Sicherheits- und Schutzvorschriften, die in Bedingungen oder Vereinbarungen festgelegt sind, dienen der Risikobegrenzung und können für den Leistungsumfang relevant sein.

Schadenminderung und Mitwirkung

Nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehen Mitwirkungs- und Aufklärungsobliegenheiten, etwa die unverzügliche Anzeige, die Mitteilung der maßgeblichen Umstände, das Ermöglichen von Besichtigungen und die Sicherung von Beweismitteln. Maßnahmen zur Minderung und Abwendung weiterer Schäden sind zu beachten, soweit zumutbar.

Der Versicherungsfall und die Leistungsabwicklung

Feststellung des Versicherungsfalls

Voraussetzung ist die Verwirklichung einer versicherten Gefahr und ein daraus resultierender Vermögensschaden. Erforderlich ist ein Kausalzusammenhang zwischen Ereignis und Schaden. Nicht versicherte Ursachen oder vertraglich ausgeschlossene Ereignisse sind nicht gedeckt.

Schadenermittlung und Nachweise

Die Höhe der Entschädigung wird auf Basis von Nachweisen, Belegen und gegebenenfalls Gutachten ermittelt. Restwerte, Abzüge für Wertverbesserungen und Selbstbehalte werden berücksichtigt. Je nach Bedingungen kann Naturalrestitution oder Geldentschädigung vorgesehen sein.

Auszahlung und Fristen

Nach Abschluss der Erhebungen leistet der Versicherer die geschuldete Entschädigung. Für Anzeigen, Auskünfte und Klageerhebungen bestehen vertragliche und gesetzliche Fristen. Verhandlungen können Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen haben.

Leistungsbegrenzungen und Ausschlüsse

Selbstbehalt, Sublimits und Wartezeiten

Selbstbehalte mindern die Entschädigung um einen vereinbarten Betrag oder Prozentsatz. Sublimits begrenzen bestimmte Positionen. In Einzelfällen sind Wartezeiten vereinbart, innerhalb derer noch kein oder nur eingeschränkter Schutz besteht.

Unterversicherung, Überversicherung und Doppelversicherung

Unterversicherung liegt vor, wenn die Versicherungssumme unter dem Versicherungswert liegt; die Entschädigung kann verhältnismäßig gekürzt werden. Überversicherung führt nicht zu höheren Leistungen. Bei Doppelversicherung (mehrere Verträge für dasselbe Interesse und Risiko) leisten die beteiligten Versicherer anteilig, eine Überentschädigung ist ausgeschlossen.

Vorsatz, grobe Fahrlässigkeit und Obliegenheitsverletzung

Schäden, die vorsätzlich herbeigeführt wurden, sind in der Regel vom Schutz ausgenommen. Bei grober Fahrlässigkeit kann eine Kürzung in Betracht kommen, abhängig von den Bedingungen und den Umständen des Einzelfalls. Verstöße gegen vertragliche Obliegenheiten vor oder nach dem Versicherungsfall können je nach Verschuldensgrad Folgen bis hin zur Leistungsfreiheit haben.

Allgemeine Risikoausschlüsse

Häufig sind bestimmte Ereignisse ausgenommen, etwa kriegsähnliche Ereignisse oder nukleare Risiken. Weitere Ausschlüsse können sich aus den jeweiligen Bedingungen ergeben.

Rechte des Versicherers bei Drittschäden

Geht ein ersetzter Schaden auf das Verhalten Dritter zurück, können Ersatzansprüche des Versicherten gegen diese Personen auf den Versicherer übergehen. Der Versicherer kann diese Ansprüche im eigenen Namen geltend machen, soweit er Entschädigung geleistet hat.

Kollision mehrerer Deckungen

Treffen mehrere Versicherungen auf dasselbe Risiko und Interesse, wird die Entschädigung koordiniert. Vorrang- und Nachrangverhältnisse sowie Quotelungen richten sich nach den Vertragsbedingungen und allgemeinen Ausgleichsregeln, um Mehrfachleistungen zu vermeiden.

Beendigung des Vertrags

Der Vertrag kann regulär zum Ablauf gekündigt werden. Zusätzlich bestehen besondere Beendigungsrechte, etwa nach einem Schadenfall oder bei erheblichen Pflichtverletzungen. Eine Anfechtung oder ein Rücktritt vom Vertrag kann in Betracht kommen, wenn vorvertragliche Angaben wesentlich falsch oder unvollständig waren. Der Wegfall des versicherten Interesses kann ebenfalls zur Vertragsbeendigung führen.

Verjährung und Fristen

Ansprüche aus der Schadensversicherung unterliegen Verjährungsfristen. Der Beginn der Frist und ihre Hemmung richten sich nach allgemeinen Regeln des Zivilrechts und den Besonderheiten des Versicherungsvertragsrechts. Verhandlungen zwischen den Beteiligten können die Verjährung beeinflussen.

Abgrenzungen

Die Schadensversicherung ist abzugrenzen von der Summenversicherung, bei der eine festgelegte Summe ausgezahlt wird, sowie von personenbezogenen Absicherungen wie der Lebens- oder Unfallversicherung. Ebenfalls zu unterscheiden sind vertragliche Garantien oder Gewährleistungen, die unabhängig vom Versicherungsprinzip als eigenständige Leistungsversprechen ausgestaltet sein können.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Schadensversicherung

Worin besteht der Unterschied zwischen Schadensversicherung und Summenversicherung?

Die Schadensversicherung ersetzt den konkret entstandenen Vermögensschaden bis maximal zur Versicherungssumme. Die Summenversicherung zahlt eine vertraglich festgelegte Summe, unabhängig von der tatsächlichen Schadenshöhe. Damit soll in der Schadensversicherung eine Überentschädigung vermieden werden, während die Summenversicherung nicht am realen Schaden anknüpft.

Was bedeutet Unterversicherung und welche Folgen hat sie?

Unterversicherung liegt vor, wenn die Versicherungssumme niedriger ist als der Versicherungswert. Im Schadensfall kann die Entschädigung verhältnismäßig gekürzt werden. Maßgeblich ist das Verhältnis von Versicherungssumme zu Versicherungswert zum Zeitpunkt des Schadens.

Wann darf der Versicherer Leistungen kürzen oder verweigern?

Leistungskürzungen oder Leistungsfreiheit kommen in Betracht bei grober Fahrlässigkeit, bei vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens, bei Verstößen gegen vertragliche Obliegenheiten oder bei nicht versicherten bzw. ausgeschlossenen Gefahren. Der Umfang richtet sich nach den Bedingungen und den Umständen des Einzelfalls.

Was ist eine Doppelversicherung und wie wird sie abgewickelt?

Eine Doppelversicherung besteht, wenn dasselbe Interesse gegen dieselbe Gefahr bei mehreren Versicherern versichert ist. Die Versicherer leisten insgesamt nur bis zur Höhe des Schadens und der jeweiligen Versicherungssummen; die Aufteilung erfolgt anteilig, um eine Überentschädigung zu vermeiden.

Wer erhält die Versicherungsleistung bei Versicherung fremder Sachen?

Bei Versicherung eines fremden Interesses steht die Leistung grundsätzlich dem Inhaber des versicherten Interesses zu. Vertraglich kann bestimmt sein, dass die Auszahlung an den Versicherungsnehmer oder eine benannte Person erfolgt. Maßgeblich sind die vertraglichen Vereinbarungen und das versicherte Interesse.

Wie wirkt sich grobe Fahrlässigkeit in der Schadensversicherung aus?

Grobe Fahrlässigkeit kann zu einer anteiligen Kürzung der Leistung führen. Die Höhe der Kürzung hängt von der Schwere des Verschuldens und den vertraglichen Regelungen ab. Bei Vorsatz besteht in der Regel kein Versicherungsschutz.

Welche Bedeutung hat der Forderungsübergang auf den Versicherer?

Ersetzt der Versicherer einen Schaden, können Ansprüche des Versicherten gegen Dritte, die den Schaden verursacht haben, auf den Versicherer übergehen. Der Versicherer macht diese Ansprüche im Umfang seiner Leistung geltend, um Ausgleich von dem Schädiger zu erhalten.

Welche Fristen gelten für Ansprüche aus der Schadensversicherung?

Ansprüche unterliegen Verjährungsfristen. Der Beginn der Frist und mögliche Hemmungen, etwa durch Verhandlungen, richten sich nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen und den Besonderheiten des Versicherungsvertragsrechts. Maßgeblich sind die vertraglichen Regelungen und die gesetzlichen Vorgaben.