Legal Lexikon

Sache


Definition und Bedeutung des Begriffs „Sache“ im Recht

Die „Sache“ ist ein fundamentaler Begriff im Recht, insbesondere im Zivilrecht. Sie bildet die zentrale Grundlage zahlreicher Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und anderen Rechtsgebieten. Eine umfassende Betrachtung des Sachbegriffs erfordert die differenzierte Darstellung seiner rechtlichen Einordnung, Klassifizierung, Abgrenzung und seiner Funktion im rechtlichen Verkehr.


Rechtsbegriff der Sache

Sachen im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)

Gemäß § 90 BGB sind Sachen körperliche Gegenstände. Damit werden alle Gegenstände erfasst, die von der natürlichen Umwelt abgegrenzt und körperlich wahrgenommen werden können. Maßgebend sind die Sinneswahrnehmung und die Abgrenzbarkeit gegenüber der Außenwelt.

Überblick der Arten von Sachen

Das deutsche Recht unterscheidet verschiedene Arten von Sachen, die im Folgenden systematisch dargestellt werden:

  • Bewegliche Sachen: Dinge, die ohne Substanzverlust versetzt werden können (z.B. Fahrzeuge, Möbel).
  • Unbewegliche Sachen: Grundstücke und deren Bestandteile; sie sind ortsfest mit dem Boden verbunden.
  • Vertretbare Sachen (§ 91 BGB): Sachen, die im Rechts- und Handelsverkehr nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmt und vertauscht werden können (z.B. Geld, Getreide).
  • Nicht vertretbare Sachen: Einzigartige, nicht ohne Weiteres ersetzbare Gegenstände (z.B. Kunstunikate).
  • Verbrauchbare Sachen (§ 92 BGB): Sachen, deren bestimmungsgemäßer Gebrauch in ihrem Verbrauch oder in ihrer Veräußerung besteht (z.B. Lebensmittel, Brennstoffe).
  • Nicht verbrauchbare Sachen: Gegenstände, die durch bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht untergehen (z.B. technische Geräte).

Abgrenzung zu anderen Rechtsbegriffen

Sache und Rechtsobjekt

Sachen sind eine Untergruppe der Rechtsobjekte, zu denen auch Rechte und weitergefasst Tiere (mit Sonderregelungen nach § 90a BGB) zählen. Rechtsobjekte sind Träger von Rechten und Pflichten, über die im rechtsgeschäftlichen Verkehr verfügt werden kann.

Nicht als Sachen im Sinne des BGB gelten

  • Rechte (z.B. Forderungen, Immaterialgüterrechte)
  • Tiere (mit Sonderstellung, siehe § 90a BGB)
  • Elektrizität, Luft, Flüssigkeiten in offenen Gewässern (sofern sie nicht in Behältnissen abgegrenzt sind)

Verbindungen und Bestandteile von Sachen

Wesentliche Bestandteile (§§ 93-94 BGB)

Wesentliche Bestandteile einer Sache sind Elemente, die nach der Verkehrsanschauung oder durch feste Verbindung nicht ohne Zerstörung, Veränderung oder Wertminderung von der Hauptsache getrennt werden können. Im Grundsatz gilt:

  • Gebäude sind wesentliche Bestandteile eines Grundstücks.
  • Alle fest mit einem Grundstück verbundenen Sachen bilden unauslöschliche Bestandteile.

Zubehör (§ 97 BGB)

Zubehör sind bewegliche Sachen, die nicht Bestandteil, aber dem wirtschaftlichen Zweck einer Hauptsache untergeordnet sind und diesem Zweck dauerhaft dienen sollen (z. B. der Traktor als Zubehör zum landwirtschaftlichen Betrieb).

Sachgesamtheiten

Eine Sachgesamtheit ergibt sich aus mehreren selbständigen Sachen, die aufgrund ihrer gemeinsamen Bestimmung oder ihres Zwecks als wirtschaftliche Einheit wahrgenommen werden, wie beispielsweise eine Bibliothek.


Funktionen und Bedeutung der Sache im Rechtsverkehr

Eigentumserwerb und Besitz

Der Sache kommt im Recht insbesondere beim Erwerb, beim Besitz und bei der Übertragung von Eigentum eine zentrale Bedeutung zu. Das Sachenrecht ist maßgeblich von sachenrechtlichen Grundsätzen wie Publizität, Bestimmtheit und Typenzwang geprägt.

  • Übertragung des Eigentums an Sachen richtet sich nach §§ 929-931 BGB (bewegliche Sachen) bzw. nach § 873 BGB (unbewegliche Sachen).
  • Besitz (§ 854 BGB) ist die tatsächliche Herrschaft über Sachen.

Schadensersatz und Schutz von Sachen

Sachen sind Gegenstand vielfältiger Schutzrechte und Haftungstatbestände. Dazu gehören insbesondere Ansprüche aus Besitzstörung, aus Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB), aus unberechtigter Nutzung sowie aus Schutzpflichten.


Sachen im Strafrecht und öffentlichen Recht

Sache im Strafrecht

Auch das Strafrecht verwendet den Begriff der Sache, etwa im Zusammenhang mit Eigentums- und Vermögensdelikten wie Diebstahl (§ 242 StGB), Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder Unterschlagung (§ 246 StGB). Hier steht regelmäßig die körperliche Abgrenzbarkeit des Gegenstandes im Vordergrund.

Sache im öffentlichen Recht

Im öffentlichen Recht, beispielsweise im Verwaltungsrecht oder im Polizeirecht, werden Sachen ebenfalls als Gegenstände verstanden, an die rechtliche Pflichten und Schutzmöglichkeiten anknüpfen.


Rechtsentwicklung und europäische Perspektiven

Im Zuge der Internationalisierung und Europäischen Integration wird der Sachbegriff unter anderem durch EU-Richtlinien beeinflusst, beispielsweise im Verbraucherrecht (z.B. Gewährleistung bei beweglichen Waren). Allgemein wird im europäischen Recht eine vergleichbare, aber teils abweichende Definition des Sachbegriffs zugrunde gelegt.


Zusammenfassung

Der Begriff der Sache ist ein zentrales Element des deutschen und europäischen Rechts. Er erfasst körperliche Gegenstände, die rechtlich als Träger von Eigentum, Besitz und weiteren Rechten fungieren. Die genaue Einordnung von Sachen bildet eine wesentliche Grundlage vieler rechtlicher Alltagsfragen im Privatrecht, Strafrecht und öffentlichen Recht. Die Abgrenzung zu Rechten, Tieren und anderen Rechtsobjekten, sowie die Unterscheidung nach verschiedenartigen Sachen, ist von elementarer Bedeutung für das Verständnis zahlreicher Gesetze und Rechtsanwendungen.

Häufig gestellte Fragen

Wie unterscheidet das deutsche Recht zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen?

Im deutschen Recht wird eine zentrale Unterscheidung zwischen beweglichen Sachen (Mobilien) und unbeweglichen Sachen (Immobilien) getroffen. Bewegliche Sachen sind körperliche Gegenstände, die ohne Zerstörung oder wesentliche Veränderung ihres Wesens von einem Ort an einen anderen gebracht werden können (§ 90 BGB), z. B. Möbel, Bücher oder ein Pkw. Unbewegliche Sachen sind hingegen Grundstücke sowie die mit dem Grundstück fest verbundenen Sachen, wie Häuser oder bauwerksmäßig eingefügte Gegenstände (§ 94 BGB: wesentliche Bestandteile eines Grundstücks). Die Abgrenzung ist rechtlich bedeutsam insbesondere bei Fragen der Übereignung (§§ 873, 929 BGB), der Besicherung (z. B. Hypothek, Grundschuld bei Immobilien, Sicherungsübereignung bei Mobilien) und bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Zudem hat sie Auswirkungen auf das zuständige Grundbuchamt bei Immobilien und die erforderlichen Formvorschriften, beispielsweise notarielle Beurkundungspflichten.

Welche Rolle spielen Bestandteile einer Sache im rechtlichen Kontext?

Das deutsche Sachenrecht unterscheidet zwischen unselbständigen und selbständigen Bestandteilen. Wesentliche Bestandteile (§ 93 BGB) können nicht ohne Zerstörung oder Veränderung von der Hauptsache getrennt werden und teilen das rechtliche Schicksal der Hauptsache (z. B. Ziegel eines Hauses). Zubehör (§ 97 BGB) hingegen sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache dauerhaft zu dienen bestimmt sind. Bei der Veräußerung der Hauptsache gehen wesentliche Bestandteile zwingend, Zubehör regelmäßig mit über, sofern vertraglich nichts anderes geregelt ist. Diese Unterscheidung ist wichtig für Verfügungsakte, etwa bei der Eigentumsübertragung, und für Sicherungsrechte wie das Pfandrecht.

Welche Bedeutung hat der Besitz im Zusammenhang mit Sachen?

Der Besitz (§ 854 BGB) spielt im Sachenrecht eine zentrale Rolle als tatsächliche Herrschaftsmacht über eine Sache, unabhängig von der Frage des Eigentums. Besitzschutzansprüche (§§ 861, 862 BGB) ermöglichen dem Besitzer, sich gegen verbotene Eigenmacht zu wehren. Im Recht der beweglichen Sachen ist der Besitz insbesondere für die Übergabe bei der Übereignung (§ 929 BGB) relevant. Weiterhin genießt der Erwerber Schutz beim gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten unter bestimmten Voraussetzungen (§ 932 BGB). Die Unterscheidung in unmittelbaren und mittelbaren Besitz (§ 868 BGB) ermöglicht differenzierte Besitzverhältnisse, etwa bei Vermietung oder Verwahrung.

Wie erfolgt der Eigentumserwerb an Sachen?

Der Eigentumserwerb unterscheidet sich je nach Art der Sache. Bei beweglichen Sachen erfolgt der Eigentumserwerb durch Einigung (Übereignungsvertrag) und Übergabe (§ 929 Satz 1 BGB), gegebenenfalls abweichend durch Besitzkonstitut (§ 930 BGB) oder Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB). Bei unbeweglichen Sachen ist die Eintragung im Grundbuch (§ 873 BGB) sowie die dingliche Einigung, die sogenannte Auflassung (§ 925 BGB), erforderlich. Beide Vorgänge sind strikt voneinander zu trennen, da der Eigentumserwerb grundsätzlich ein formstrenger Akt ist. Im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs können auch Nichtberechtigte Eigentum übertragen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Eigentum an einer Sache?

Eigentum gewährt das umfassende Recht, mit einer Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen (§ 903 BGB). Daraus resultiert die Möglichkeit zu nutzen, zu verändern, zu veräußern und zu belasten. Gleichzeitig bestehen gesetzliche Schranken, wie nachbarrechtliche Vorschriften, Vorschriften zum Schutz der Allgemeinheit (z. B. Naturschutzgesetze) oder das Verbot des Rechtsmissbrauchs. Weiterhin ist der Eigentümer zur Erhaltungspflicht verpflichtet, insbesondere im Wohnungseigentumsrecht (§ 21 WEG), und haftet für die von der Sache ausgehenden Störungen (§§ 1004 ff. BGB).

Inwiefern ist die Unterscheidung zwischen Hauptsachen und Zubehör von Bedeutung?

Die Unterscheidung zwischen Hauptsache und Zubehör ist besonders relevant für den Erwerbsvorgang, das Pfandrecht und die Zwangsvollstreckung. Zubehör (§ 97 BGB) besteht aus beweglichen Sachen, die dem wirtschaftlichen Zweck einer Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dem Zweck entsprechenden dauernden Verhältnis stehen, ohne Teil der Hauptsache zu sein. Bei einer Veräußerung der Hauptsache, etwa eines Grundstücks mit dazugehörigen Maschinen, erstreckt sich die Verfügung grundsätzlich auch auf das Zubehör, sofern nichts anderes bestimmt ist (§ 311c BGB). Im Falle von Sicherungsrechten ist zu prüfen, ob das Zubehör erfasst wird.

Was versteht man unter Sonderrechten an Sachen und wie wirken sie?

Neben dem Vollrecht des Eigentums existieren im Sachenrecht zahlreiche beschränkte dingliche Rechte (Sonderrechte), die je nach Ausgestaltung bestimmte Nutzungs-, Verfügungs- oder Sicherungsrechte an einer Sache gewähren, ohne das Eigentum zu übertragen. Beispiele sind Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB), Dienstbarkeiten (§§ 1018 ff. BGB), beschränkte persönliche Dienstbarkeiten und das Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB). Diese Rechte wirken absolut, d. h. gegenüber jedermann, und können auch gegen den Eigentümer geltend gemacht werden. Sie sind in der Regel formbedürftig und teilweise eintragungsfähig (etwa im Grundbuch bei Immobilien).