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Rundfunk

Begriff und rechtliche Einordnung des Rundfunks

Rundfunk bezeichnet die veranstaltete, für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen, die entlang eines Sendeplans zeitgleich empfangen werden können. Prägend sind die lineare Ausstrahlung, eine redaktionelle Verantwortung für die Programmauswahl und -gestaltung sowie die technische Neutralität: Es spielt rechtlich keine Rolle, ob die Inhalte terrestrisch, per Kabel, Satellit oder über das Internet verbreitet werden.

Abgrenzung zu Telemedien und On-Demand-Angeboten

Nicht als Rundfunk gelten in der Regel elektronische Informations- und Kommunikationsdienste, die nicht linear verbreitet werden, etwa Mediatheken, Video-on-Demand, Podcasts oder reine Textdienste. Entscheidend ist, ob eine gleichzeitige Nutzung durch eine unbestimmte Vielzahl von Personen entlang eines Sendeplans möglich ist. Live-Streams im Internet können Rundfunk sein, wenn sie planmäßig, redaktionell verantwortet und für die Allgemeinheit bestimmt sind; rein sporadische oder rein private Live-Videos ohne Sendeplan fallen demgegenüber regelmäßig nicht darunter.

Wesentliche Merkmale

  • Lineare Verbreitung: Inhalte werden zu festen Zeiten gesendet.
  • Adressat Allgemeinheit: Offene Zugänglichkeit ohne individuell abgestimmte Auslieferung.
  • Redaktionelle Verantwortung: Programmzusammenstellung und -aufsicht durch einen Veranstalter.
  • Technikneutralität: Geltung unabhängig vom Übertragungsweg.

Struktur des Rundfunksystems

Öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk

In Deutschland besteht ein duales System: Öffentlich-rechtliche Anbieter erfüllen einen Grundversorgungsauftrag, der auf Ausgewogenheit, Vielfalt und Staatsferne angelegt ist. Private Anbieter ergänzen das Angebot in Wettbewerb und Vielfalt. Beide Säulen unterliegen inhaltlichen und organisatorischen Anforderungen, die sich in Zielsetzung und Detailtiefe unterscheiden.

Föderale Zuständigkeit und Aufsicht

Die Ausgestaltung des Rundfunks liegt im Kernbereich der Länder. Gemeinsame staatsvertragliche Regelungen und landesrechtliche Vorschriften bilden den Rechtsrahmen. Die Aufsicht über private Veranstalter obliegt unabhängigen Aufsichtsstellen der Länder. Öffentlich-rechtliche Anbieter unterliegen zusätzlich der internen Kontrolle durch plural besetzte Gremien sowie externer Rechtsaufsicht. Gemeinsame länderübergreifende Einrichtungen koordinieren Fragen der Jugendmediensicherheit, der Plattformregulierung und der Sicherung der Meinungsvielfalt.

Europarechtliche Einbindung

Das europäische Recht setzt Mindeststandards für audiovisuelle Mediendienste, etwa zum Schutz Minderjähriger, zur Werbung und zur Förderung europäischer Inhalte. Für grenzüberschreitende Angebote gilt grundsätzlich das Herkunftslandprinzip: Zuständig ist in der Regel der Staat, in dem der Anbieter niedergelassen ist, unter Beachtung koordinierter Mindestvorgaben.

Zulassung, Anzeige und organisatorische Anforderungen

Zulassungspflichten

Die Aufnahme der Veranstaltung von Rundfunk erfordert regelmäßig eine behördliche Zulassung. Sie stellt sicher, dass die gesetzlichen Anforderungen an Unabhängigkeit, Transparenz der Beteiligungsverhältnisse und Sicherung der Meinungsvielfalt eingehalten werden. Für Angebote mit geringer Reichweite oder von begrenzter publizistischer Relevanz können erleichterte Anforderungen, Anzeigepflichten oder Ausnahmen vorgesehen sein, sofern keine Gefahren für Jugendschutz, Vielfalt und Transparenz bestehen.

Transparenz und Beteiligungskontrolle

Rundfunkveranstalter müssen ihre Eigentums- und Beteiligungsstrukturen offenlegen. Zusammenschlüsse und Beteiligungen werden daraufhin geprüft, ob sie die Meinungsvielfalt gefährden können. Bei erheblichem Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung greifen besondere Kontrollmechanismen bis hin zu untersagenden oder korrigierenden Maßnahmen.

Technische und organisatorische Vorkehrungen

Veranstalter müssen Gewähr für die Einhaltung von Programmgrundsätzen, Jugendschutz, Werbevorschriften und barrierefreien Angeboten leisten. Dazu gehören interne Richtlinien, Beschwerdeverfahren und die Benennung redaktionell Verantwortlicher. Bei bestimmten Verbreitungswegen sind zudem Kapazitätszuweisungen und Kooperationsvereinbarungen mit Netz- oder Plattformbetreibern erforderlich.

Programm- und Inhaltsanforderungen

Meinungsvielfalt, Staatsferne und Programmgrundsätze

Rundfunk dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Er unterliegt Anforderungen an Ausgewogenheit, Vielfalt, Achtung der Menschenwürde und Schutz vor Diskriminierung. Unzulässig sind Inhalte, die strafbare Handlungen fördern oder in schwerwiegender Weise Persönlichkeitsrechte verletzen. Öffentlich-rechtliche Anbieter haben einen besonderen Auftrag zur Grundversorgung, privater Rundfunk trägt im Rahmen seiner Vielfaltssicherung zur Meinungsbildung bei.

Werbung, Sponsoring und Produktplatzierung

Werbung muss als solche leicht erkennbar, vom Programm getrennt und nicht irreführend sein. Für die Dauer, Platzierung und Inhalte gelten Höchstgrenzen und besondere Schutzvorschriften, insbesondere in Kindersendungen. Sponsoring ist nur unter Transparenzvorgaben zulässig; Einflussnahme auf Inhalt und Sendeplatz ist ausgeschlossen. Produktplatzierung ist in eng begrenzten Formaten und unter Kennzeichnung erlaubt.

Barrierefreiheit

Zur gleichberechtigten Teilhabe sollen Sendungen nach Maßgabe schrittweise barrierefrei zugänglich gemacht werden, etwa durch Untertitel, Audiodeskription oder Gebärdensprache. Umfang und Tempo richten sich nach Zumutbarkeit und Bedeutung des Programms.

Gegendarstellung und Persönlichkeitsschutz

Personen, die durch Tatsachenbehauptungen betroffen sind, können unter bestimmten Voraussetzungen die Verbreitung einer Gegendarstellung verlangen. Hinzu treten Ansprüche auf Unterlassung, Berichtigung oder Entschädigung bei rechtswidrigen Eingriffen in Persönlichkeitsrechte. Rundfunkveranstalter müssen redaktionelle Sorgfalt beachten und Fehlermechanismen vorhalten.

Jugend- und Verbraucherschutz

Altersstufen, Sendezeitbeschränkungen und Klassifizierung

Zum Schutz Minderjähriger gelten altersdifferenzierte Vorgaben. Inhalte mit entwicklungsbeeinträchtigendem oder -gefährdendem Potenzial dürfen entweder nur zu bestimmten Zeiten gesendet oder müssen durch technische Mittel abgesichert werden. Pornografische und schwer jugendgefährdende Inhalte sind unzulässig.

Werberegeln gegenüber Kindern und Schutz vor Beeinflussung

In Kindersendungen und Umfeldprogrammen gelten strengere Maßstäbe. Unzulässig sind direkte Kaufaufforderungen an Kinder und unangemessener Druck. Auch Influencer-ähnliche Formate im Rundfunk unterliegen der klaren Trennung von redaktionellen Inhalten und kommerzieller Kommunikation.

Plattformen, Benutzeroberflächen und Auffindbarkeit

Verbreitungswege

Rundfunk wird terrestrisch, per Kabel, über Satellit und IP-basiert verbreitet. Plattformbetreiber und Anbieter von Benutzeroberflächen müssen diskriminierungsfrei handeln und Transparenz über Sortier- und Empfehlungslogiken gewährleisten. Für Inhalte mit besonderer gesellschaftlicher Bedeutung können Auffindbarkeitsregeln gelten.

Must-Carry und Kapazitätszuteilung

In Netzen mit begrenzter Kapazität können bestimmte Programme vorrangig verbreitet werden, um die Grundversorgung und Vielfalt zu sichern. Die Zuteilung erfolgt nach festgelegten Kriterien unter Wahrung von Transparenz und Nichtdiskriminierung.

Finanzierung und wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Die Finanzierung erfolgt überwiegend durch einen haushaltsbezogenen Beitrag. Dieser dient der unabhängigen, staatsfernen Auftragserfüllung. Ergänzend können begrenzte Werbe- und Sponsoringerlöse hinzutreten, soweit zugelassen.

Privater Rundfunk

Private Anbieter finanzieren sich vor allem über Werbung, Sponsoring, Abonnements und sonstige Vertriebserlöse. Für Preisangaben, Transparenz und die Trennung von Programm und Werbung gelten verbindliche Vorgaben.

Urheber- und Leistungsschutzrechte

Rechteerwerb und Senderecht

Für die Ausstrahlung müssen Nutzungsrechte an Werken und Leistungen geklärt sein. Dazu zählen Musik, Film, Live-Übertragungen, Grafiken und Logos. Verwertungsgesellschaften spielen bei der Rechtebündelung eine zentrale Rolle. Veranstalter genießen ihrerseits Schutzrechte an der Aufzeichnung und Weitersendung ihrer Programme.

Archivnutzung und Zweitverwertung

Wiederholungen, Mediathekennutzung und Cross-Plattform-Verwertung erfordern entsprechende Rechteketten. Schrankenregelungen erlauben in engen Grenzen Berichterstattung und Zitatnutzung, ohne den Grundsatz der Rechteklärung aufzuheben.

Grenzüberschreitender Rundfunk

Internationale Zuständigkeiten

Für Anbieter mit Sitz in einem EU/EWR-Staat gilt grundsätzlich die Zuständigkeit des Herkunftslands. Bei gezielter Ausrichtung auf andere Staaten können zusätzliche Anforderungen greifen, insbesondere bei Schutzinteressen wie Jugendmediensicherheit und öffentlicher Ordnung. Für Drittstaatenangebote sind Zulassung und Aufsicht nach den Regeln des Zielstaats maßgeblich.

Digitalisierung und neue Formen des Rundfunks

Internetbasierter Rundfunk und Live-Streaming

Lineare 24/7-Streams, Webradio und planmäßige Live-Kanäle können Rundfunk sein, auch wenn sie ausschließlich online verbreitet werden. Maßgeblich sind Planmäßigkeit, Allgemeinzugänglichkeit und redaktionelle Verantwortung. On-Demand-Angebote bleiben demgegenüber Telemedien mit teilweise abweichenden Pflichten.

Hybride Angebote und Intermediäre

Moderne Endgeräte und Plattformen verknüpfen Rundfunk mit Telemedien. Für Benutzeroberflächen, Empfehlungsmechanismen und Signalintegrität gelten Transparenz- und Diskriminierungsverbote. Anbieter müssen die Identifizierbarkeit und Unversehrtheit ihrer Programme sicherstellen können.

Aufsicht, Verfahren und Sanktionen

Beschwerde, Prüfung und Maßnahmen

Aufsichtsstellen prüfen Hinweise zu Programmverstößen und können Beanstandungen, Auflagen, Geldbußen oder in gravierenden Fällen Untersagungen aussprechen. Verfahren orientieren sich an Transparenz, Verhältnismäßigkeit und dem Schutz der Kommunikationsfreiheit. Betroffene haben rechtliche Gehörs- und Rechtsschutzmöglichkeiten.

Häufig gestellte Fragen

Was gilt rechtlich als Rundfunk?

Rundfunk ist die lineare, redaktionell verantwortete Verbreitung von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen für die Allgemeinheit entlang eines Sendeplans. Er ist technikneutral und kann terrestrisch, über Kabel, Satellit oder im Internet verbreitet werden.

Ist ein Livestream im Internet automatisch Rundfunk?

Nein. Ein Livestream ist nur dann Rundfunk, wenn er planmäßig, redaktionell verantwortet und an die Allgemeinheit gerichtet ist. Gelegentliche oder rein private Streams ohne Sendeplan zählen in der Regel nicht dazu.

Ist für die Veranstaltung von Rundfunk eine behördliche Zulassung erforderlich?

Regelmäßig ja. Die Zulassung dient der Sicherung von Meinungsvielfalt, Transparenz und Jugendschutz. Für Angebote mit sehr geringer Reichweite oder begrenzter publizistischer Relevanz können Erleichterungen oder Ausnahmen bestehen.

Wie wird Werbung im Rundfunk geregelt?

Werbung muss klar erkennbar und vom Programm getrennt sein. Es gelten Höchstgrenzen, inhaltsbezogene Beschränkungen und besondere Schutzvorschriften, insbesondere in Kindersendungen. Sponsoring und Produktplatzierung sind nur unter strengen Transparenz- und Einflussverboten zulässig.

Wer überwacht die Einhaltung der rundfunkrechtlichen Vorgaben?

Die Aufsicht über private Veranstalter liegt bei unabhängigen Landesaufsichtsstellen. Öffentlich-rechtliche Anbieter werden zusätzlich durch interne Gremien kontrolliert. Ländergemeinsame Einrichtungen koordinieren übergreifende Fragen wie Jugendschutz und Vielfaltssicherung.

Wie ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert?

Er finanziert sich überwiegend über einen haushaltsbezogenen Beitrag. Dieser soll die unabhängige Erfüllung des Grundversorgungsauftrags gewährleisten. Ergänzend sind in begrenztem Umfang Werbe- und Sponsoringerlöse möglich.

Wie wird Medienkonzentration im Rundfunk verhindert?

Beteiligungen und Zusammenschlüsse werden auf ihren Einfluss auf die Meinungsvielfalt geprüft. Bei Gefährdungen können Auflagen erteilt, Vorhaben untersagt oder strukturelle Maßnahmen angeordnet werden.

Gilt deutsches Rundfunkrecht auch für aus dem Ausland verbreitete Programme?

Für Anbieter aus EU/EWR-Staaten gilt grundsätzlich das Herkunftslandprinzip. Bei gezielter Ansprache des deutschen Publikums können ergänzende Anforderungen zur Anwendung kommen. Anbieter aus Drittstaaten unterliegen den Regeln des Zielstaats, wenn sie sich an das deutsche Publikum richten.