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Ruhen des Arbeitsverhältnisses


Begriff und Bedeutung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses

Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses ist ein im deutschen Arbeitsrecht sowie dem öffentlichen Dienstrecht verankerter Zustand, in dem die wechselseitigen Hauptpflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorübergehend ausgesetzt werden, ohne dass das Arbeitsverhältnis als solches beendet wird. In dieser Phase wird insbesondere die Pflicht zur Arbeitsleistung sowie die Vergütungspflicht ausgesetzt. Das Arbeitsverhältnis bleibt jedoch rechtlich bestehen, sodass nach Beendigung der Ruhenszeit die gegenseitigen Rechte und Pflichten wieder aufleben.

Rechtsgrundlagen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses

Die gesetzlichen Grundlagen für das Ruhen des Arbeitsverhältnisses finden sich in verschiedenen gesetzlichen Regelungen und Tarifverträgen. Sie sind vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Mutterschutzgesetz (MuSchG), im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), im Pflegezeitgesetz (PflegeZG), im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), im Tarifvertragsgesetz (TVG) sowie in spezialgesetzlichen Regelungen zur Freistellung und im Beamtenrecht niedergelegt.

Abgrenzung zu anderen Rechtsbegriffen

Das Ruhen ist abzugrenzen von der Beendigung (z. B. durch Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Befristung) und der bloßen Suspendierung oder Freistellung, bei denen das Arbeitsverhältnis entweder endet oder zumindest hinsichtlich der Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts grundsätzlich weiterbesteht.

Typische Gründe für das Ruhen eines Arbeitsverhältnisses

Eine Vielzahl von Sachverhalten können zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses führen. Die wichtigsten Konstellationen sind:

Mutterschutz und Elternzeit

Während des Mutterschutzes und der Elternzeit besteht arbeitsrechtlich ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses, da die Arbeitnehmerin beziehungsweise der Arbeitnehmer für den Zeitraum der Schutzfristen oder Elternzeit nicht tätig wird und keine Vergütung erhält. Die Verpflichtung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Ablauf der Schutzfrist bleibt bestehen.

Wehrdienst, Bundesfreiwilligendienst und Freiwilligendienst

Gemäß § 9 Arbeitsplatzschutzgesetz (ArbPlSchG) ruht das Arbeitsverhältnis während der Dauer des Wehr- oder Zivildienstes sowie des Bundesfreiwilligendienstes. Nach Beendigung dieses Dienstes lebt das Arbeitsverhältnis wieder auf.

Bezug von Erwerbsminderungsrente oder befristeter Arbeitsunfähigkeit

Bei Bezug einer vollen Erwerbsminderungsrente nach § 33 SGB VI oder längerer Arbeitsunfähigkeit kann das Arbeitsverhältnis ruhen. Der Arbeitgeber ist in dieser Zeit von der Vergütungspflicht befreit.

Pflegezeit und Familienpflegezeit

Nach dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) besteht zudem ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses während einer vollständigen Freistellung für die Pflege naher Angehöriger.

Rechtsfolgen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses

Haupt- und Nebenpflichten

Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses betrifft primär die Hauptleistungspflichten, also insbesondere die Pflicht zur Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers. Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, etwa die Treuepflicht des Arbeitnehmers und die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, bestehen grundsätzlich fort.

Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

Der sozialversicherungsrechtliche Status während des Ruhens richtet sich nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften. Während der Elternzeit bleibt das Beschäftigungsverhältnis versicherungspflichtig (§ 7 Abs. 3 SGB IV). In anderen Fällen, etwa während des Bezugs von Krankengeld, ist die Person weiterhin versichert, jedoch beitragsfrei gestellt.

Urlaubsansprüche

Während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses entstehen in der Regel keine neuen Urlaubsansprüche, da keine Arbeitspflicht besteht. Bereits bestehende Urlaubsansprüche bleiben jedoch erhalten und können nach Beendigung der Ruhenszeit weiterhin beansprucht werden.

Kündigungsschutz

Auch während des Ruhens besteht grundsätzlich das Arbeitsverhältnis fort, sodass der Kündigungsschutz in der Regel weiterhin Anwendung findet. In besonderen Schutzzeiten, etwa während des Mutterschutzes oder der Elternzeit, bestehen darüber hinaus besondere Kündigungsverbote.

Beendigung des Ruhens und Wiederaufnahme der Arbeit

Mit Ablauf der Ruhensgründe (z. B. Ende der Elternzeit, erfolgreicher Abschluss der Kurmaßnahme, Wegfall der Erwerbsminderung) lebt das Arbeitsverhältnis mit sämtlichen beiderseitigen Pflichten wieder auf. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Tätigkeit wieder aufzunehmen, und der Arbeitgeber hat die Vergütung fortzuzahlen.

Ruhen im öffentlichen Dienst und Beamtenrecht

Im Beamtenrecht und im öffentlichen Dienstrecht gelten Sonderregelungen zum Ruhen des Dienstverhältnisses, insbesondere während der Inanspruchnahme von Sonderurlaub, Übertritt in eine Freistellungsphase der Altersteilzeit, bei Suspendierung oder während des politischen Mandats. Die einschlägigen Vorschriften ergeben sich hier insbesondere aus dem Beamtenstatusgesetz (BeamtStG), den Laufbahngesetzen und dem jeweiligen Landesrecht.

Unterschiede zum unbezahlten Urlaub und zur Freistellung

Unbezahlter Urlaub

Der unbezahlte Urlaub stellt eine besondere Form der Freistellung dar, bei der das Arbeitsverhältnis im Kern fortbesteht, aber die Hauptleistungspflichten entfallen. In der Folge ruht vielfach das Arbeitsverhältnis, ist jedoch stets vom tatsächlichen Ruhen im Sinne spezieller gesetzlicher Bestimmungen zu unterscheiden.

Freistellung

Bei einer einseitigen Freistellung durch den Arbeitgeber – insbesondere bei bestehender Entgeltfortzahlung – ruht das Arbeitsverhältnis rechtlich nicht, da die Vergütungspflicht weiterhin besteht.

Fazit

Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses ist ein zentraler Begriff im deutschen Arbeitsrecht, der die temporäre Aussetzung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis bei Fortbestehen des Vertragsverhältnisses beschreibt. Die spezifischen rechtlichen Wirkungen hängen von den jeweiligen Ruhensgründen und deren gesetzlicher oder vertraglicher Ausgestaltung ab. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten die Rechtsfolgen, insbesondere im Hinblick auf Vergütung, Sozialversicherung und arbeitsrechtlichen Schutz, sorgfältig prüfen.

Häufig gestellte Fragen

Was geschieht mit dem Urlaubsanspruch während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses?

Während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses kann der gesetzliche Urlaubsanspruch gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich nicht entstehen, da es während dieser Zeit zu einer Unterbrechung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten kommt. Der Arbeitgeber ist also in der Regel nicht verpflichtet, Urlaubsansprüche für Zeiträume des Ruhens (z.B. während der Elternzeit, bei längerer Krankheit oder bei unbezahltem Sonderurlaub) zu gewähren oder anteilig zu berechnen. Bereits erworbene Urlaubsansprüche, die vor Beginn des Ruhens bestanden, bleiben jedoch grundsätzlich bestehen und können nach dem Ende des Ruhens weiterhin genommen werden. Dies gilt jedoch unter Vorbehalt etwaiger Verfallsfristen gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz. Bei speziellen Arten des Ruhens, etwa bei Mutterschutz oder Elternzeit, gibt es Sonderregelungen, zum Beispiel das Recht des Arbeitgebers, den Urlaubsanspruch für vollen Kalendermonate der Elternzeit anteilig zu kürzen (§ 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz).

Wie wirkt sich das Ruhen des Arbeitsverhältnisses auf das Entgeltfortzahlungsrecht aus?

Während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt oder Lohnfortzahlung, da die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsvertrag, d. h. die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und die Vergütungspflicht des Arbeitgebers, ausgesetzt sind. Dies gilt sowohl für die Lohnzahlung als auch für ergänzende Leistungen wie Sonderzahlungen, Weihnachtsgeld oder vermögenswirksame Leistungen, es sei denn, einzelvertragliche, tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen sehen ausdrücklich etwas anderes vor. Von dieser Grundregel gibt es Ausnahmen, etwa im Falle der Elternzeit (§ 18 BEEG), wenn der Arbeitnehmer in Teilzeit weiterarbeitet. Auch im Zusammenhang mit dem Mutterschutz ist festgelegt, dass während des Beschäftigungsverbots Mutterschaftsgeld gezahlt wird; das Arbeitsverhältnis ruht hier nur formal, nicht im Hinblick auf den Bezug von Sozialleistungen.

Ist eine Kündigung während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses möglich?

Das Ruhen eines Arbeitsverhältnisses steht der Kündigung des Arbeitsverhältnisses prinzipiell nicht entgegen. Die Suspendierung der Hauptpflichten bedeutet lediglich eine Unterbrechung der Arbeits- und Vergütungspflicht, nicht aber das Erlöschen des Vertrags oder seiner Nebenpflichten, zu denen auch die Möglichkeit der Kündigung gehört. Eine Kündigung muss gemäß den allgemeinen gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Bestimmungen (z. B. Beachtung der Kündigungsfristen, besonderer Kündigungsschutz, Formvorschriften) erfolgen. Besondere gesetzliche Schutzbestimmungen, etwa während der Elternzeit (§ 18 BEEG), im Mutterschutz (§ 17 MuSchG) oder während der Pflegezeit, können jedoch ein Kündigungsverbot oder einen erhöhten Kündigungsschutz während bestimmter Ruhenszeiträume vorsehen, sodass eine Kündigung nur in Ausnahmefällen mit behördlicher Zustimmung wirksam ist.

Was passiert mit betrieblichen Nebenpflichten während des Ruhens?

Auch während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses bleiben bestimmte Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis bestehen. Dazu zählen beispielsweise Verschwiegenheitspflichten (Geheimhaltung betrieblicher Informationen), das Verbot der Konkurrenztätigkeit sowie gegebenenfalls Rücksichtnahme- und Treuepflichten gegenüber dem Arbeitgeber. Nebentätigkeiten müssen weiterhin gemeldet werden, sofern dies tarif- oder arbeitsvertraglich geregelt ist. Die Verletzung dieser Nebenpflichten kann auch während des Ruhens abgemahnt oder im Einzelfall sogar als Kündigungsgrund gewertet werden. Erlaubnispflichten bezüglich Nebentätigkeiten können hingegen in bestimmten Konstellationen, etwa bei längerer Krankheit, eingeschränkt zur Anwendung kommen. Die konkrete Ausgestaltung kann zusätzlich von betrieblichen Vereinbarungen abhängen.

Wie ist das Sozialversicherungsverhältnis während des Ruhens geregelt?

Mit dem Ruhen des Arbeitsverhältnisses können sich erhebliche Konsequenzen für die Sozialversicherungspflicht ergeben. In vielen Fällen, beispielsweise während der Elternzeit oder bei unentgeltlichem Sonderurlaub, ruht nicht nur das Arbeitsverhältnis, sondern es kann auch die Versicherungspflicht in Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung temporär entfallen oder anders ausgestaltet sein. Während der Elternzeit bleibt der Arbeitnehmer grundsätzlich in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung pflichtversichert, es entfallen jedoch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, sofern kein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Bei unbezahltem Sonderurlaub dagegen endet in der Regel die Versicherungspflicht, weil für diesen Zeitraum kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mehr besteht und der Arbeitnehmer sich selbst um den Versicherungsschutz kümmern muss. Die Rechtsfolgen unterscheiden sich je nach Grund des Ruhens und sind im Detail in den jeweiligen Sozialgesetzbüchern geregelt.

Endet das Ruhen des Arbeitsverhältnisses automatisch mit Wegfall des Ruhensgrundes?

Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses endet grundsätzlich automatisch mit Wegfall des Ruhensgrundes, sofern keine abweichenden individuellen oder tariflichen Regelungen getroffen wurden. Zum Beispiel endet das Ruhen bei Ablauf der Elternzeit, nach Genesung des Arbeitnehmers, nach Ablauf eines Sabbaticals oder mit Beendigung der Pflegezeit. Der Arbeitnehmer ist dann verpflichtet, seine Arbeit wieder aufzunehmen, und der Arbeitgeber schuldet die vertragliche Vergütung. In bestimmten Fällen kann eine Mitteilungspflicht bestehen, zum Beispiel die Verpflichtung, den Arbeitgeber zeitnah über die Rückkehr aus dem Ruhensgrund zu informieren. Unterbleibt diese Information oder erscheint der Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß zur Arbeit, kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.