Legal Lexikon

Rimesse


Begriff und rechtliche Bedeutung der Rimesse

Die Rimesse ist ein vielschichtiger Begriff im Bereich des Schuld- und Forderungsrechts, der insbesondere im Zusammenhang mit dem Schuldverhältnis und der Erfüllung von Verbindlichkeiten an Bedeutung gewinnt. In rechtlicher Hinsicht beschreibt die Rimesse im Wesentlichen einen Vorgang, bei dem eine Geldsumme oder ein Wertpapier an einen bestimmten Empfänger zugunsten eines Gläubigers übermittelt wird. Die Anwendung und Auslegung der Rimesse ist von großer praktische Bedeutung im deutschen und internationalen Wirtschaftsleben.


Definition und Abgrenzung

Gemäß herkömmlicher Lehre bezeichnet die Rimesse die Zahlung oder Leistung an einen Dritten, der diese für einen Gläubiger entgegennimmt oder weiterleitet. Rimesse unterscheidet sich damit von der direkten Leistung an den Gläubiger, da bei der Rimesse ein Mittelsmann eine vermittelnde Rolle einnimmt.

Rimesse im engeren und weiteren Sinn

  • Im engeren Sinn umfasst die Rimesse die Zahlung durch den Schuldner an einen Dritten (z. B. eine Bank), der das Geld dem Gläubiger weiterleiten soll.
  • Im weiteren Sinn wird auch die Übergabe beweglicher Sachen oder Wertpapiere unter den Begriff Rimesse gefasst, sofern diese zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an eine dritte Person zu Händen des Gläubigers erfolgt.

Rechtliche Grundlagen und Einordnung

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Im deutschen Recht finden sich wesentliche Grundlagen der Rimesse insbesondere im Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Rimesse stellt vor allem eine besondere Form der Erfüllung (Leistungsbewirkung) gemäß § 362 ff. BGB dar.

Erfüllung durch Dritte (§ 267 BGB)

Nach § 267 BGB kann die Leistung grundsätzlich auch durch einen Dritten erfolgen. Die Rimesse ist in diesem Zusammenhang als Fall eines sogenannten „Leistung durch einen Dritten“ anzusehen. Der Schuldner kann sich durch die Erbringung der Leistung durch einen Dritten von seiner Verbindlichkeit befreien lassen, sofern dies dem Gläubiger gegenüber erfolgt.

Empfangszuständigkeit des Dritten

Im Rahmen der Rimesse ist von besonderer Bedeutung, ob und wann der Gläubiger die Erfüllung als bewirkt ansieht. Empfängt der Dritte das Geld für Rechnung des Gläubigers, tritt die Leistung erst dann als bewirkt ein, wenn der Gläubiger die Mittel tatsächlich erhält oder sie ihm in bestimmter Weise zur Verfügung stehen.


Rechtswirkungen der Rimesse

Erfüllung und Gefahrtragung

Ob und wann durch die Rimesse eine Erfüllung der Schuld eintritt, ist vom Rechtsverhältnis zwischen den beteiligten Parteien abhängig. Maßgeblich ist hier die Empfangszuständigkeit des remitierenden Dritten sowie die Art und Weise der Übermittlung (z. B. Banküberweisung, Scheck, Wechsel o.Ä.).

Zeitpunkt der Erfüllung

  • Bei Bargeldübergabe an den Dritten gilt die Schuld als erfüllt, wenn der Gläubiger das Geld tatsächlich erhalten hat.
  • Bei Banküberweisungen liegt der Zeitpunkt der Erfüllung zumeist bei Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers (bzw. bei Einlangen der Zahlung beim kontoführenden Institut).

Risiken der Rimesse

Die mit der Rimesse verbundenen Risiken betreffen insbesondere die Gefahr des Verlustes oder der Insolvenz des eingeschalteten Dritten. Sofern der Dritte nicht als Empfangsvertreter des Gläubigers, sondern als Bote des Schuldners auftritt, trägt der Schuldner das Risiko bis zum endgültigen Zugang beim Gläubiger.


Besondere Erscheinungsformen der Rimesse

Rimessevertrag

Bei der Rimesse kann zwischen Schuldner, Drittem und Gläubiger ein eigenständiges Vertragsverhältnis bestehen, der sog. Rimessevertrag. Dieser Vertrag regelt die Bedingungen für die Einziehung, Verwaltung bzw. Weiterleitung der zu erbringenden Leistung.

Rimesse im Wechselrecht

Im Wechselrecht bezeichnet die Rimesse die Übertragung eines Wechsels zum Zwecke der weiteren Einziehung oder Inkassierung. Die rechtlichen Vorschriften hierzu finden sich insbesondere im Wechselgesetz (WG).


Internationale Rimesse und grenzüberschreitende Rechtslagen

Bedeutung im internationalen Zahlungsverkehr

Im internationalen Kontext kommt die Rimesse häufig bei grenzüberschreitenden Zahlungen zum Einsatz, z. B. bei Überweisungen im Rahmen der internationalen Liefergeschäfte. Die rechtliche Behandlung kann in Abhängigkeit von Kollisionsrecht und einschlägiger Rechtswahl variieren.

SEPA-Überweisung und Auslandsrimesse

Das SEPA-Verfahren vereinheitlicht die Zahlungsabwicklung innerhalb des europäischen Binnenmarktes und setzt für die Rimesse besondere Anforderungen bezüglich Transparenz, Schnelligkeit und Risikoverteilung.


Steuerrechtliche und insolvenzrechtliche Aspekte der Rimesse

Steuerrechtliche Einordnung

Bei der Rimesse können steuerliche Konsequenzen insbesondere hinsichtlich der Zuordnung von Betriebsausgaben, Einnahmen und Zeitpunkten des Zuflusses bzw. Abflusses entstehen.

Rimesse im Insolvenzverfahren

Im Fall der Insolvenz eines an der Rimesse beteiligten Dritten stellt sich die Frage, ob und wann eine insolvenzfeste Erfüllung vorliegt. Insbesondere ist zu klären, ob die Leistung dem Gläubiger oder dem Insolvenzverwalter zufließt.


Zusammenfassung

Die Rimesse stellt einen zentralen Begriff im Schuldrecht und Zahlungsverkehr dar, mit vielfältigen Erscheinungsformen und bedeutenden Rechtsfolgen. Sie umfasst sämtliche Fälle, in denen eine Zahlung oder Leistung zur Erfüllung einer Schuld über einen bestimmten Dritten an den Gläubiger erfolgt. Die genaue rechtliche Bewertung hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Art der Rimesse, dem Verhältnis der beteiligten Parteien sowie den zugrunde liegenden rechtlichen Regelungen. Die Risiken, der Zeitpunkt der Erfüllung sowie die insolvenzrechtlichen und steuerlichen Auswirkungen sollten stets sorgfältig beurteilt werden, um rechtliche Nachteile zu vermeiden.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Vorschriften gelten für Rimesse im internationalen Zahlungsverkehr?

Im internationalen Zahlungsverkehr unterliegt die Rimesse (Zahlungsanweisung bzw. Überweisung) einer Vielzahl rechtlicher Regelungen. Zentral sind hierbei Vorschriften aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) sowie relevante europäische Verordnungen wie die Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2). Im Rahmen des internationalen Geschäfts findet zudem das UN-Kaufrecht (CISG) Anwendung, sofern dies nicht ausgeschlossen wurde. Von besonderer Bedeutung ist außerdem die Auswahl des anwendbaren Rechts gemäß der Rom-I-Verordnung bei grenzüberschreitenden Zahlungsdienstleistungen. Des Weiteren greifen Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäsche, etwa das Geldwäschegesetz (GwG) sowie entsprechende Vorschriften anderer Länder. Zahlungsdienstleister müssen die Identität der Auftraggeber verifizieren, Meldepflichten einhalten und verdächtige Transaktionen melden. Im Falle von Zahlungsanweisungen über Banken werden zusätzlich die Bedingungen der jeweiligen Korrespondenzbanken sowie die SWIFT-Regeln und Embargovorschriften beachtet.

Welche Haftungsregelungen bestehen bei fehlerhaften oder verspäteten Rimesse-Zahlungen?

Für fehlerhafte oder verspätete Überweisungen haften üblicherweise der Zahlungsdienstleister des Auftraggebers oder (seltener) auch des Begünstigten, abhängig vom festgestellten Fehler. Nach § 675y BGB ist der Zahlungsdienstleister verpflichtet, dem Zahler einen fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang unverzüglich zu erstatten. Im Bereich des internationalen Zahlungsverkehrs finden auch Teile des Überweisungsabkommens und Art. 77 ff. PSD2 Anwendung. Hat der Zahlungsdienstleister nachweislich alle notwendigen Informationen ordnungsgemäß ausgeführt und die Fehler beruhen auf falschen Angaben des Auftraggebers (wie IBAN oder BIC), so ist eine Erstattung ausgeschlossen. Sonderregelungen bestehen, wenn Geldwäscheverdachtsmomente die Ausführung verzögern. Schadensersatz kann der Betroffene regelmäßig nur verlangen, wenn ein Verschulden vorliegt. Die Beweislast für fehlerfreies Handeln liegt beim Zahlungsdienstleister.

Welche Rolle spielen Geldwäscheprävention und Sorgfaltspflichten bei Rimesse?

Im Zuge der Geldwäscheprävention unterliegen alle Teilnehmer des Zahlungsverkehrs – insbesondere Banken und Zahlungsdienstleister – strikten Sorgfaltspflichten nach GwG sowie internationalen Standards der FATF (Financial Action Task Force). Zu diesen Pflichten gehört die Identifizierung von Kunden („Know your customer“, KYC), die Überwachung der Transaktionen und die Meldung von verdächtigen Aktivitäten an die zuständigen Behörden. In Fällen, in denen die Herkunft des Geldes oder der Zweck der Zahlung unklar sind, kann die Rimesse zurückgehalten oder vollständig abgelehnt werden. Die Verletzung dieser Sorgfaltspflichten führt zu erheblichen Bußgeldern und Haftungsrisiken für die Zahlungsdienstleister. Im internationalen Kontext sind zudem unterschiedliche nationale Auslegungen der Geldwäschevorschriften zu beachten, da Empfänger- und Absenderländer unterschiedliche Schwellenwerte und Meldepflichten ansetzen können.

Wie schützt das Gesetz die Vertragsparteien bei einer Rimesse vor unberechtigtem Zugriff oder Datenmissbrauch?

Der Schutz der Daten und Gelder der Vertragsparteien bei einer Rimesse ist durch verschiedene rechtliche Regelungen gewährleistet, insbesondere durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und das BDSG (Bundesdatenschutzgesetz). Zahlungsdienstleister sind verpflichtet, technische und organisatorische Maßnahmen nach Art. 32 DSGVO zu ergreifen, darunter Verschlüsselung, Zugriffskontrollen und sichere Authentifizierungsverfahren. Im Falle eines Datenlecks oder unberechtigten Zahlungstransfers muss der Dienstleister dies sowohl der Aufsichtsbehörde als auch dem betroffenen Kunden unverzüglich melden. Ferner sieht § 675j BGB besondere Sorgfaltspflichten für Zahlungsinstrumente und § 675v BGB für unautorisierte und fehlerhafte Zahlungsaufträge vor. Kunden haben das Recht, sich bei Datenschutzverstößen an die zuständigen Datenschutzbehörden zu wenden und gegebenenfalls Schadensersatz geltend zu machen.

Welche Informationspflichten bestehen für Zahlungsdienstleister im Zusammenhang mit einer Rimesse?

Nach der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) sowie den §§ 675c ff. BGB sind Zahlungsdienstleister verpflichtet, ihren Kunden rechtzeitig vor, während und nach der Durchführung einer Rimesse umfassende Informationen bereitzustellen. Dazu gehören Angaben über die zu erwartenden Ausführungsfristen, sämtliche Entgelte und anwendbare Wechselkurse, das genaue Verfahren der Ausführung sowie Hinweise zu möglichen Beschränkungen und Haftungsregelungen. Nach Ausführung der Zahlung muss der Kunde eine Bestätigung und einen Auszug mit allen relevanten Details erhalten. Werden diese Informationspflichten verletzt, kann dies zu Rückforderungs- und Schadensersatzansprüchen des Kunden führen.

Welche Besonderheiten gelten bei Rimesse im Zusammenhang mit Embargos und Sanktionslisten?

Bei internationalen Rimesse-Transaktionen gelten besondere Pflichten hinsichtlich Embargos und Finanzsanktionen. Nach geltendem Recht (insbesondere EU-Verordnungen, deutsche Außenwirtschaftsverordnung – AWV sowie Sanktionslisten wie EU, UN und OFAC) müssen Zahlungsdienstleister sicherstellen, dass keine Zahlungen an gelistete Länder, Organisationen oder Personen geleistet werden. Bei Treffern auf Sanktionslisten sind Transaktionen unverzüglich zu stoppen, einzufrieren und den zuständigen Behörden zu melden. Ein Verstoß gegen Embargovorschriften kann strafrechtliche und haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sowohl für das Unternehmen als auch für handelnde Personen. Zahlungsverkehrssysteme sind verpflichtet, automatisierte Filter und Prüfprotokolle zu implementieren, um die Rechtskonformität zu gewährleisten.

Können Rimesse-Vorgänge zurückgerufen oder storniert werden und welche rechtlichen Anforderungen gelten dabei?

Ein Rückruf oder eine Stornierung einer bereits ausgeführten Rimesse ist grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Vor der endgültigen Ausführung kann der Zahlungsauftrag regelmäßig widerrufen werden, § 675p BGB regelt dies explizit. Nach Ausführung ist ein Rückruf nur noch mit Zustimmung des Zahlungsempfängers oder bei rechtswidrig erlangtem Geld (z. B. Betrug) möglich. Im SEPA-Raum gelten Sonderregelungen, die einen Rückruf innerhalb bestimmter Fristen erlauben (z. B. innerhalb von acht Wochen bei autorisierten Lastschriften). Im internationalen Kontext müssen die Rückrufbedingungen beider beteiligten Banken eingehalten werden, was die Rückführung in der Praxis erschweren kann. Eine fehlerhafte Buchung infolge eines Missbrauchs (§ 812 BGB, Herausgabeanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung) kann auf zivilrechtlichem Wege beansprucht werden. Zahlungsdienstleister müssen dabei prüfen, dass kein Verstoß gegen Embargos, Sanktionsregelungen oder Geldwäschegesetze erfolgt.