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Repowering


Begriff und Definition: Repowering

Repowering bezeichnet im Energierecht die Erneuerung, Modernisierung oder Leistungssteigerung bestehender Energieerzeugungsanlagen, namentlich im Bereich der Windkraft und Photovoltaik. Der Begriff umfasst sowohl den vollständigen Austausch alter Anlagen durch neue, leistungsstärkere Systeme, als auch die Modernisierung einzelner Komponenten einer bestehenden Anlage. Ziel ist in der Regel die Effizienzsteigerung, Emissionsminderung sowie eine bessere Flächenausnutzung. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung erneuerbarer Energien und der fortschreitenden technischen Entwicklung hat Repowering eine zentrale Rolle innerhalb rechtlicher und genehmigungsrechtlicher Rahmenbedingungen eingenommen.


Rechtliche Rahmenbedingungen des Repowerings

Energierechtliche Grundlagen

Dem Repowering liegt eine Vielzahl gesetzlicher Regulierungen zugrunde. Insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bildet den Kern des regulatorischen Rahmens für Repowering-Vorhaben im Bereich der Windenergie und Photovoltaik. Es regelt unter anderem die Förderfähigkeit sowie spezifische Vergütungssätze und die Ausschreibungsmechanismen für erneuerte Anlagen.

Definition nach EEG

Nach § 3 Nr. 8a EEG 2023 gilt eine Stromerzeugungsanlage als „repowert“, wenn im Zuge des Austauschs oder der Erneuerung mindestens 50 Prozent der technischen Komponenten der Bestandsanlage ersetzt werden. Mit dieser Definition wird der Rechtsbegriff konkret festgelegt, was Auswirkungen auf Förderfähigkeit und Vergütungsansprüche hat.


Genehmigungsverfahren

Baugenehmigung und immissionsschutzrechtliche Genehmigung

Die Errichtung neuer oder die wesentliche Änderung bestehender Energieanlagen unterliegt gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und den Bauordnungen der Länder einer Genehmigungspflicht. Beim Repowering ist zu prüfen, ob eine neue Genehmigung erforderlich wird oder ob lediglich eine Änderungsgenehmigung beantragt werden muss:

  • Ein vollständiger Anlagenaustausch gilt regelmäßig als Neugenehmigungspflichtig.
  • Werden lediglich einzelne Komponenten ersetzt, kann unter Umständen eine Anzeige nach § 15 BImSchG ausreichend sein.

Bauplanungsrechtliche Aspekte

Planrechtlich sind Repowering-Vorhaben häufig privilegiert. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB genießen Windenergieanlagen im Außenbereich Begünstigungen, wobei für Repowering zusätzliche Anforderungen bezüglich naturschutzrechtlicher Eingliederung, Abstandsvorschriften und Verschattungswirkungen zu beachten sind.


Umwelt- und Naturschutzrecht

Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)

Bei bedeutenden Änderungen oder dem Austausch großer Windenergieanlagen ist regelmäßig eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) durchzuführen. Die Schwellenwerte und Prüferfordernisse wurden auf europäischer Ebene harmonisiert und in nationales Recht integriert.

Natur- und Artenschutzrecht

Repowering kann zu Konflikten mit Natura-2000-Gebieten, Vogelschutz- und FFH-Richtlinien führen. Projektträger sind verpflichtet, artenschutzrechtliche Prüfschritte durchzuführen. Entscheidend ist die verträgliche Einbindung der neuen Anlagen in vorhandene Schutzgebiete nach BNatSchG und europäischen Vorgaben.


Förderrechtliche Aspekte und Vergütung

Ausschreibungsmodell unter dem EEG

Seit den EEG-Novellen 2014 und 2017 unterliegen größere Repowering-Maßnahmen dem Ausschreibungsverfahren für Förderansprüche. Die sogenannte „Repowering-Bonus“-Vergütung wurde abgelöst und bestehende Anlagen verlieren nach einem abgeschlossenen Repowering grundsätzlich den bisherigen Bestandsschutz. Entscheidend für die Förderfähigkeitsbewertung ist die Einhaltung der technischen und zeitlichen Vorgaben des EEG.


Eigentums- und zivilrechtliche Implikationen

Grundstücksrechtliche Fragestellungen

Repowering kann bestehende Nutzungsverträge (z.B. zur Einräumung von Dienstbarkeiten und Pachtverträgen) betreffen. Kündigungsrechte, Vertragsverlängerungen oder Neuverhandlungen werden durch den Anlagenersatz regelmäßig ausgelöst. Rechtlich relevant ist, inwieweit alte Vereinbarungen auf neu errichtete Anlagen anwendbar sind.

Haftung und Verkehrssicherungspflicht

Mit dem Austausch technischer Großkomponenten steigen die Anforderungen an die Einhaltung von Sicherheitspflichten. Betreiber müssen die einschlägigen Regelwerke beachten, um Haftungsrisiken (z.B. bei fehlerhafter Montage) zu minimieren. Technische Überprüfungen und Dokumentationspflichten nach den technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) behalten ihre Gültigkeit.


Steuerliche Aspekte beim Repowering

Das Repowering bestehender Anlagen löst steuerliche Konsequenzen aus, insbesondere im Hinblick auf Abschreibung, Umsatzsteuer und die Beurteilung von Investitionskosten nach dem Einkommensteuerrecht. Die steuerliche Einordnung als Erhaltungsaufwand oder Neuinvestition ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen.


Europarechtliche Einflüsse

Die rechtliche Gestaltung des Repowerings wird durch europäische Richtlinien, namentlich aus dem Bereich Klimaschutz und Energiebinnenmarkt, flankiert. Vorgaben zu Genehmigungsdauer, Umweltstandards und Artenschutz wirken verbindlich auf die nationale Rechtsumsetzung ein. Ebenso ergibt sich eine Harmonisierung im Bereich der Fördermechanismen und Ausschreibungsverfahren.


Fazit und aktuelle Entwicklungen

Repowering ist eines der rechtlich komplexesten Themenbereiche im Energierecht, da technische, genehmigungsrechtliche, naturschutzrechtliche, förderrechtliche und vertragliche Aspekte ineinandergreifen. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren gezielt Anpassungen vorgenommen, um eine Balance zwischen Klimazielen, Flächenschonung und Rechtsklarheit herzustellen. Die Rechtsentwicklung bleibt dynamisch, insbesondere hinsichtlich der Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und der kommunalen Steuerungsmöglichkeiten.


Literatur und Rechtsquellen (Auszug)

  • Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG)
  • Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)
  • Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)
  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  • Baugesetzbuch (BauGB)
  • Richtlinien der Europäischen Union im Bereich Energie und Umweltschutz

Hinweis: Dieser Eintrag dient als umfassende Orientierung im Rechtslexikon und legt den Fokus auf die rechtlichen Rahmenbedingungen, Herausforderungen und Implikationen des Repowerings in Deutschland und auf europäischer Ebene.

Häufig gestellte Fragen

Welche immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen sind beim Repowering erforderlich?

Beim Repowering von Windenergie- oder anderen Energieerzeugungsanlagen ist regelmäßig eine neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erforderlich. Dies gilt insbesondere, wenn bestehende Anlagen durch neue Anlagen mit veränderten technischen und betrieblichen Parametern ersetzt oder wesentlich geändert werden. Alte Genehmigungen gelten in der Regel nicht fort, da sich durch das Repowering relevante Umweltauswirkungen wie Schall-, Schattenwurf, und Vogelschutz verändern können. Im Genehmigungsverfahren wird daher unter anderem geprüft, ob die geplanten Anlagen die aktuellen Anforderungen zum Schutz von Mensch und Umwelt einhalten. Zu den erforderlichen Unterlagen zählen meist Umweltverträglichkeitsprüfungen, Schallprognosen, artenschutzrechtliche Gutachten und gegebenenfalls Standortgutachten. Auch sind die Beteiligung der Öffentlichkeit sowie eine Beteiligung der Fachbehörden vorgesehen. Abschließend entscheidet die zuständige Genehmigungsbehörde, üblicherweise das zuständige Landratsamt oder die Bezirksregierung, unter Berücksichtigung aller Belange über die Erteilung der Genehmigung.

Wie wirkt sich das Repowering auf bestehende Pacht- und Nutzungsverträge aus?

Das Repowering kann erhebliche Auswirkungen auf bestehende Pacht- und Nutzungsverträge haben, die zwischen dem Betreiber der Anlage und den Grundstückseigentümern oder Dritten bestehen. Oftmals sind derartige Verträge zeitlich befristet und enthalten Regelungen, die sich auf konkrete Anlagen beziehen. Beim Austausch von Anlagentechnik oder der Errichtung neuer Anlagen wird in vielen Fällen ein neuer Vertragsabschluss notwendig, insbesondere wenn Standorte, Flächenbedarf oder technische Details sich ändern. Zudem können erhöhte Pachteinnahmen oder geänderte Nutzungsbedingungen vereinbart werden. Gesetzlich nicht geregelt, aber in der Praxis relevant, ist etwa das Mitbestimmungs- oder Vetorecht der Flächeneigentümer beim Ersatz von Altanlagen durch leistungsstärkere Modelle. Empfehlenswert ist die frühzeitige Prüfung und gegebenenfalls Anpassung bestehender Verträge durch fachkundige Rechtsberatung, um spätere Streitigkeiten und Konflikte zu vermeiden.

Welche bauplanungsrechtlichen Vorgaben sind beim Repowering zu beachten?

Bauplanungsrechtlich ist zu beachten, dass Repowering-Vorhaben nach § 35 Baugesetzbuch (BauGB) im sogenannten Außenbereich grundsätzlich nur zulässig sind, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Auch bestehende Konzentrationszonenplanungen oder Flächennutzungspläne, die die Zulässigkeit von Windenergieanlagen auf bestimmte Flächen beschränken, sind zu beachten. Da beim Repowering regelmäßig größere, leistungsfähigere Anlagen errichtet werden, können sich auch die planungsrechtlichen Voraussetzungen ändern, etwa hinsichtlich Abstandsumfang zu Wohnbebauungen, Sichtachsen oder Landschaftsbild. Gegebenenfalls ist ein Bauleitplanänderungsverfahren erforderlich, insbesondere wenn die neue Anlage außerhalb der bisher ausgewiesenen Vorrangflächen errichtet werden soll. Ferner ist zu prüfen, ob bauordnungsrechtliche Vorschriften wie die Einhaltung von Mindestabständen, Baulasteneintragungen oder die Vorlage von statischen Nachweisen eingehalten werden.

Inwiefern sind naturschutzrechtliche Anforderungen beim Repowering relevant?

Naturschutzrechtliche Anforderungen spielen beim Repowering eine zentrale Rolle, da der Ersatz bestehender Anlagen durch größere oder leistungsfähigere Typen oftmals stärkere Auswirkungen auf Arten- und Landschaftsschutz mit sich bringt. Gemäß Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sind insbesondere artenschutzrechtliche Prüfschritte erforderlich, etwa für den Schutz gefährdeter Vogel- und Fledermausarten. Das vorhabenbezogene artenschutzrechtliche Gutachten stellt fest, ob Verträglichkeitsprobleme bestehen oder spezielle Vermeidungs- bzw. Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Ferner ist zu prüfen, ob Eingriffe ins Landschaftsbild vorliegen, die einer Kompensation bedürfen. Liegt das geplante Repowering-Projekt in Natura 2000-Gebieten oder anderen besonders geschützten Zonen, kann eine spezielle Verträglichkeitsprüfung (FFH-Verträglichkeitsprüfung) erforderlich sein. Die Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorgaben ist grundsätzlich Genehmigungsvoraussetzung.

Wie ist das Repowering steuerrechtlich zu behandeln?

Das Repowering kann verschiedene steuerrechtliche Auswirkungen haben, je nachdem, wie die Maßnahme realisiert wird. Im Regelfall stellt der Ersatz einer bestehenden Anlage durch eine neue ein eigenständiges Investitionsvorhaben dar, das steuerlich wie eine Neuerrichtung behandelt wird. Das umfasst insbesondere die Abschreibungsmöglichkeiten (AfA) für die neuen Anlagen, etwa nach § 7 EStG. Gleichzeitig ist zu prüfen, wie mit der Ausbuchung der Altanlage zu verfahren ist, insbesondere im Hinblick auf Restbuchwerte und mögliche Entnahme- oder Veräußerungsgewinne. Auch umsatzsteuerlich kann die Demontage und der Verkauf von Altanlagen steuerpflichtige Umsätze auslösen. Grundstückspachtverträge und Einspeisevereinbarungen sind ggf. hinsichtlich Umsatz- und Ertragsteuer neu zu betrachten. Eine genaue steuerliche Würdigung durch Fachberater ist in jedem Fall empfehlenswert.

Welche vergaberechtlichen Aspekte sind beim Repowering zu beachten?

Sobald öffentliche Mittel in das Repowering-Vorhaben einfließen oder öffentliche Auftraggeber beteiligt sind, können vergaberechtliche Vorgaben gemäß Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und Vergabeverordnung (VgV) relevant werden. Dies betrifft insbesondere den Fall, dass Kommunen oder öffentliche Unternehmen etwa Flächenverpachtungen, Anschlussarbeiten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Repowering beauftragen. Je nach Schwellenwerten und Art des Auftrags kann eine europaweite Ausschreibung erforderlich sein. Dabei ist zu prüfen, ob der Auftrag in mehrere Lose aufgeteilt werden muss und welche Eignungs- und Zuschlagskriterien für die Vergabe anzulegen sind. Verstöße gegen vergaberechtliche Vorgaben können zur Unwirksamkeit von Verträgen und Schadensersatzansprüchen führen.

Welche Rolle spielt das Denkmalschutzrecht beim Repowering?

Das Denkmalschutzrecht kann beim Repowering insbesondere dann eine Rolle spielen, wenn sich das Vorhaben in der Nähe geschützter Bau- oder Bodendenkmäler befindet oder wenn die Anlagen selbst Bestandteil einer geschützten Kulturlandschaft sind. Vor Errichtung oder Austausch einer Anlage ist zu prüfen, ob Ensembleschutz besteht, Sichtachsen zu Denkmälern betroffen sind oder denkmalrechtliche Genehmigungen erforderlich sind. In vielen Bundesländern sind die unteren Denkmalschutzbehörden zu beteiligen, die ein Anhörungsrecht oder Mitspracherecht haben. Die Versagung einer Zustimmung ist möglich, wenn erhebliche Beeinträchtigungen für das Erscheinungsbild oder die Wirkung von Denkmalen zu erwarten sind. Die denkmalrechtliche Prüfung sollte frühzeitig im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erfolgen, um Verzögerungen zu vermeiden.