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Rentnerkrankenversicherung


Rentnerkrankenversicherung

Die Rentnerkrankenversicherung ist ein zentraler Begriff des deutschen Sozialversicherungsrechts und bezeichnet die Krankenversicherung der gesetzlichen Rentenbezieher in Deutschland. Sie regelt, nach welchen Voraussetzungen und zu welchen Bedingungen Rentnerinnen und Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pflicht-, freiwillig oder privat krankenversichert sind und wie die Beitragsfinanzierung erfolgt. Die Rentnerkrankenversicherung ist insbesondere im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelt.


Gesetzliche Grundlagen der Rentnerkrankenversicherung

Die maßgeblichen Rechtsvorschriften zur Rentnerkrankenversicherung finden sich vor allem in den §§ 5, 6, 10 und 248 ff. SGB V sowie in §§ 226 ff. SGB VI. Ferner sind die Satzungen der jeweiligen Krankenkassen sowie Verordnungen auf Bundesebene von Bedeutung.

§ 5 SGB V – Versicherungspflicht kraft Gesetzes

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V sind Personen, die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen und die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erfüllen, in der Regel pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Die Voraussetzungen umfassen u.a. eine Vorversicherungszeit (sogenannte „9/10-Regelung“), wonach in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens mindestens neun Zehntel der Zeit eine gesetzliche Krankenversicherung bestanden haben muss.

Ausschluss der Versicherungspflicht (§ 6 SGB V)

Nicht versicherungspflichtig in der KVdR sind insbesondere solche Rentenbezieher, die bereits privat krankenversichert sind, Beamte und andere versicherungsfreie Personengruppen (§ 6 SGB V). Jene Rentner haben die Möglichkeit zur freiwilligen Krankenversicherung oder zur privaten Krankenversicherung.


Personenkreis und Voraussetzungen der Rentnerkrankenversicherung

Pflichtversicherte Rentner

Pflichtmitglied in der KVdR wird grundsätzlich, wer

  • eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und
  • die Vorversicherungszeit erfüllt (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V).

Die Vorversicherungszeit orientiert sich an den zurückgelegten Zeiten der gesetzlichen (Pflicht-)Krankenversicherung innerhalb der zweiten Hälfte des Erwerbslebens („9/10-Regelung“). Zeiten der Familienversicherung werden dabei grundsätzlich mitgerechnet.

Freiwillig versicherte Rentner

Wer die Voraussetzungen der Pflichtversicherung nicht erfüllt, kann sich unter den Voraussetzungen des § 9 SGB V freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern. Dies betrifft insbesondere Rentnerinnen und Rentner, die lange Zeit privat krankenversichert waren oder die Vorversicherungszeit nicht erfüllen.

Privat krankenversicherte Rentner

Personen, die in der privaten Krankenversicherung versichert sind und in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei sind, haben kein Anrecht auf Aufnahme in die KVdR. Sie müssen ihren Krankenversicherungsschutz privat aufrechterhalten.


Beitragsberechnung und Finanzierung

Die Finanzierung der Rentnerkrankenversicherung basiert auf sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben und berücksichtigt verschiedene Einkommensarten bei der Beitragsbemessung.

Beitragsgrundlagen

Gemäß § 237 SGB V bemisst sich der Krankenversicherungsbeitrag von pflichtversicherten Rentnern aus der gesetzlichen Rente. Darüber hinaus sind nach § 237a SGB V auch Versorgungsbezüge (zum Beispiel Betriebsrenten) und Arbeitseinkommen beitragspflichtig.

Beitragssatz und Beitragszahler

Der allgemeine Beitragssatz zur Krankenversicherung wird zur Hälfte von der gesetzlichen Rentenversicherungsträgerin und dem Rentner getragen. Der zusätzliche kassenindividuelle Zusatzbeitrag ist ausschließlich vom Rentner zu entrichten (§ 249a SGB V). Bei freiwillig Versicherten und privat Versicherten erfolgt die Beitragsbemessung aus sämtlichen Einnahmen (§ 240 SGB V).

Beitragszuschüsse

Bezieht ein privat krankenversicherter Rentner gesetzliche Altersrente, hat er Anspruch auf einen Beitragszuschuss zu seiner privaten Krankenversicherung (§ 106 SGB VI).


Wechsel und Pflicht zur Krankenversicherung

Automatischer Übergang in die KVdR

Mit Beginn der gesetzlichen Rente prüft die Deutsche Rentenversicherung automatisch die Erfüllung der Voraussetzungen für die Aufnahme in die KVdR. Liegen die Voraussetzungen vor, erfolgt die Aufnahme ohne besonderen Antrag.

Wechsel in die freiwillige Versicherung

Rentenbezieher, die nicht pflichtversichert werden, können freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung werden, wenn sie die Voraussetzungen nach § 9 SGB V erfüllen. Hierzu ist in der Regel ein Antrag erforderlich.

Wechsel in die private Krankenversicherung

Der Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung ist bei Rentnern eingeschränkt möglich und unterliegt besonderen Voraussetzungen. Ein Wechsel ist insbesondere zu Beginn des Rentenbezugs möglich, sofern keine Versicherungspflicht in der KVdR besteht.


Familienversicherung für Rentner

Auch im Rentenalter ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Familienversicherung für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner möglich, sofern keine eigenen Pflicht- oder freiwilligen Mitgliedschaften bestehen und die Einkommensgrenzen eingehalten werden (§ 10 SGB V).


Gesetzliche Pflegeversicherung für Rentner

Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentnerkrankenversicherung schließt automatisch die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Pflegeversicherung ein (§ 20 SGB XI). Beiträge zur Pflegeversicherung sind daher ebenfalls von der Rente abzuführen.


Rechtsfolgen bei Nichtversicherung

Das Nichtbestehen eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes kann für Rentner gravierende Folgen nach sich ziehen. Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner ist daher ein zentrales Instrument zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes im Ruhestand. Wer dennoch keine Versicherung aufweist, unterliegt der allgemeinen Versicherungspflicht (§ 193 Versicherungsvertragsgesetz), wonach eine (gesetzliche oder private) Krankenversicherung zwingend vorgeschrieben ist.


Besondere Konstellationen

Mehrfache Rentenbezüge

Bezieht ein Rentner mehrere gesetzliche Renten (zum Beispiel Alters- und Hinterbliebenenrente), werden diese bei der Beitragsberechnung zusammengerechnet (§ 229 SGB V).

Rentenbezug aus dem Ausland

Für Rentner mit Wohnsitz im Ausland oder mit Rentenbezug aus mehreren Staaten gelten spezielle Regelungen nach dem Europäischen Koordinierungsrecht (insbesondere VO [EG] Nr. 883/2004).


Schlussbemerkung

Die Rentnerkrankenversicherung gewährleistet, dass Rentenbezieher im Ruhestand umfassend krankenversichert bleiben. Die rechtlichen Bestimmungen sichern eine verlässliche Absicherung und tragen den sich verändernden Lebens- und Einkommensverhältnissen im Ruhestand umfassend Rechnung.


Siehe auch


Literatur und Weiterführende Quellen

  • Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), §§ 5 ff., 226 ff., 237 ff.
  • Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), §§ 106, 226 ff.
  • Informationsmaterial der Deutschen Rentenversicherung
  • Broschüren des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
  • Kommentarliteratur zum Sozialgesetzbuch

Hinweis: Die vorstehende Ausarbeitung stellt eine Beschreibung für ein Rechtslexikon dar und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder abschließende rechtliche Beratung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) erfüllt sein?

Die Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) erfolgt nicht automatisch mit Renteneintritt, sondern ist an bestimmte versicherungsrechtliche Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V geknüpft. Einer der zentralen Punkte ist die sogenannte 9/10-Regelung: Versicherte müssen während der zweiten Hälfte ihres Erwerbslebens mindestens neun Zehntel dieser Zeit in der gesetzlichen Krankenversicherung pflicht-, freiwillig oder familienversichert gewesen sein. Die zu berücksichtigende Zeitspanne beginnt mit dem erstmaligen Eintritt in das Erwerbsleben (meist mit Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit oder einer Ausbildung) und endet mit dem Rentenantrag. Zeiten der Familienversicherung, der Pflichtversicherung als Arbeitsloser, Kindererziehungszeiten sowie Phasen freiwilliger Versicherung werden in der Regel einbezogen. Zeiten der privaten Krankenversicherung finden hingegen keine Berücksichtigung. Wer diese Vorversicherungszeiten nicht erfüllt, kann nicht als Pflichtmitglied in der KVdR aufgenommen werden, sondern muss sich entweder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung weiter versichern oder eine private Absicherung wählen.

Haben privat krankenversicherte Rentner Anspruch auf Aufnahme in die KVdR?

Grundsätzlich sind privat krankenversicherte Personen bei Renteneintritt nicht automatisch berechtigt, in die KVdR aufgenommen zu werden. Der rechtliche Hintergrund liegt im Prioritätsprinzip der privaten Krankenversicherung (PKV): Wer im Erwerbsleben privat versichert war und nicht die Vorversicherungszeiten in der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt, wird auch im Rentenalter nicht pflichtversichert in der KVdR. Eine Ausnahme kann sich allenfalls ergeben, wenn unmittelbar vor Rentenantrag eine gesetzliche Pflichtversicherung bestand und die 9/10-Regelung erfüllt ist. Ansonsten verbleiben diese Personen entweder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung – vorbehaltlich der Aufnahme und unter Zahlung höherer Beiträge – oder dauerhaft privat versichert. Ein Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung nach Vollendung des 55. Lebensjahres ist in der Regel ausgeschlossen (§ 6 Abs. 3a SGB V).

Wie wird der Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner berechnet?

Für pflichtversicherte Rentner in der KVdR richtet sich der Krankenversicherungsbeitrag in erster Linie nach der Höhe der gesetzlichen Rente. Der allgemeine Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 14,6 Prozent, hinzu kommt der kassenindividuelle Zusatzbeitrag. Von der Bruttorente wird die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes sowie der halbe Zusatzbeitrag durch den Rentenversicherungsträger übernommen, die andere Hälfte trägt der Rentner. Darüber hinaus werden Beiträge auf weitere Einnahmen wie Betriebsrenten oder Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erhoben, sofern sie den Freibetrag nach § 229 SGB V übersteigen. Für freiwillig versicherte Rentner werden alle Einkünfte, einschließlich Mieteinnahmen, Kapitaleinkünften und weiteren Versorgungsbezügen, zur Beitragsbemessung herangezogen. Die Beitragsbemessungsgrenze limitiert hier die Höhe der zu verbeitragenden Einnahmen.

Welche Rolle spielen freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung bei Renteneintritt?

Rentner, die die Vorversicherungszeiten nicht erfüllen oder unmittelbar vor Renteneintritt nicht gesetzlich pflichtversichert waren, können unter bestimmten Voraussetzungen als freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung verbleiben. Die beitragsrechtliche Behandlung weicht aber erheblich von der in der KVdR ab: Anders als bei pflichtversicherten Rentnern werden bei freiwilligen Mitgliedern sämtliche Einkünfte, darunter auch Miet- und Kapitaleinkünfte sowie private Lebensversicherungsleistungen, zur Beitragsbemessung herangezogen (§ 240 SGB V). Ein Anspruch auf Beitragszuschüsse von der Rentenversicherung besteht jedoch nur auf Renteneinkünfte, nicht auf andere Einkommensarten. Zudem gelten die allgemeinen Fristen zur Antragstellung und Nachweispflichten für Einkünfte.

Welche Auswirkungen haben Nebenbeschäftigungen auf die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der KVdR?

Nebenbeschäftigungen nach Renteneintritt wirken sich auf die Beitragsbemessung aus, sofern daraus Einkünfte erzielt werden. Für pflichtversicherte Rentner in der KVdR werden grundsätzlich nur Erwerbseinnahmen aus abhängiger Beschäftigung herangezogen, wenn diese die jährliche Geringfügigkeitsgrenze übersteigen. Handelt es sich um selbstständige Tätigkeiten, unterliegen auch diese Einkünfte der Beitragspflicht. Für freiwillig versicherte Rentner werden sämtliche Einnahmen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, unabhängig davon, ob sie aus unselbständiger oder selbständiger Arbeit stammen. Zu beachten sind die sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsgrenzen und Einkommensfreibeträge. Zudem können bei Überschreiten bestimmter Grenzen Meldungen sowie Nachweise an die Krankenkasse obligatorisch sein.

Wie wirkt sich der Bezug von Versorgungsbezügen (wie Betriebsrenten) auf die Beitragslast aus?

Versorgungsbezüge wie Betriebsrenten, Zusatzrenten oder Leistungen aus einer Direktversicherung unterliegen gemäß § 229 SGB V grundsätzlich der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Dies gilt auch für einmalige Kapitalauszahlungen, die bestimmten Verrechnungsmechanismen unterworfen sind. Pflichtversicherte Rentner zahlen auf diese Bezüge den vollen allgemeinen Beitragssatz und den kassenindividuellen Zusatzbeitrag; der Zuschuss durch den Rentenversicherungsträger wie bei der gesetzlichen Rente erfolgt nicht. Bei freiwillig Versicherten werden Versorgungsbezüge zusammen mit anderen Einkunftsarten zur Beitragsbemessung herangezogen. Geringfügige Bezüge bleiben beitragsfrei, sofern sie den jeweils gültigen Freibetrag nicht überschreiten.

Welche Änderungen brachte das GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) für Betriebsrenten mit sich?

Zum 1. Januar 2020 trat das GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) in Kraft, wodurch der bis dato bestehende Nachteil für viele Betriebsrentner abgemildert wurde. Seitdem gilt für Betriebsrenten ein monatlicher Freibetrag (im Jahr 2024: 169,75 €), auf den keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung erhoben werden. Nur soweit die Betriebsrente diesen Freibetrag überschreitet, wird der Beitrag zur Krankenversicherung fällig. Dies gilt ausschließlich für Pflichtmitglieder in der KVdR und nicht für freiwillig versicherte Rentner, bei denen nach wie vor der gesamte Betrag herangezogen wird. Für die Pflegeversicherung besteht dieser Freibetrag hingegen nicht; hier wird weiterhin der Gesamtbetrag der Betriebsrente verbeitragt.