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Rentenabfindungen


Definition und Grundlagen der Rentenabfindung

Eine Rentenabfindung bezeichnet die Auszahlung einer laufenden Rentenleistung als einmalige Kapitalzahlung anstelle der ursprünglich vereinbarten periodischen Leistungen. Rentenabfindungen kommen im deutschen Recht in unterschiedlichen Rechtsgebieten zur Anwendung, unter anderem im Sozialversicherungsrecht, im Familienrecht, im Betriebsrentenrecht sowie im Steuerrecht. Ziel der Rentenabfindung ist es, die laufenden Zahlungen durch eine Abfindung abzulösen und so insbesondere Verwaltungsaufwand zu reduzieren oder individuelle Wünsche der berechtigten Personen zu berücksichtigen.

Rechtliche Grundlagen im deutschen Recht

Sozialversicherungsrechtliche Rentenabfindung

Im Kontext der gesetzlichen Rentenversicherung regelt insbesondere § 53 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Rentenabfindung. Danach kann eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder eine Altersrente teilweise abgefunden werden, falls ein Anspruch in das Ausland transferiert wird und rechtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Die Berechnung der Rentenabfindung erfolgt nach einem festen Faktor und unter Berücksichtigung der Sterbetafeln.

Betriebliche Altersversorgung (BetrAVG)

Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ist eine Rentenabfindung nach § 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) möglich, wenn die monatliche Betriebsrente einen geringfügigen Betrag – die sogenannte Bagatellgrenze – nicht übersteigt. In diesem Fall darf das Unternehmen die laufende Rente durch einmalige Kapitalzahlung ablösen. Die Bagatellgrenze wird jährlich angepasst und beträgt jährlich das 12fache der monatlichen sozialen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV).

Familienrechtliche Rentenabfindung

Im Familienrecht, insbesondere beim Versorgungsausgleich im Scheidungsfall, kann eine Rentenabfindung nach §§ 23, 24 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) erfolgen. Hierbei besteht die Möglichkeit, im Falle einer beschränkten oder ausgeschlossenen Rentenausgleichsverpflichtung eine Abfindung des Anspruchs über eine einmalige Zahlung zu leisten. Dies geschieht nach gerichtlicher Entscheidung und in enger Abstimmung mit den Beteiligten.

Steuerrechtliche Behandlung

Die Zahlung einer Rentenabfindung unterliegt besonderen steuerlichen Vorschriften. In der Einkommensteuer sind Abfindungszahlungen grundsätzlich als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zu versteuern, sofern sie aus wiederkehrenden Bezügen resultieren, die abgelöst werden. Auch im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht gibt es Regelungen zur Abfindung von Renten, insbesondere in den §§ 14, 23 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG).

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Das BGB eröffnet in bestimmten Konstellationen die Möglichkeit einer Rentenabfindung, beispielsweise bei der Ablösung von wiederkehrenden Unterhaltsleistungen oder bei der Abfindung lebenslanger Nutzungsrechte gemäß § 759 BGB. Die Vertragsfreiheit der Parteien ermöglicht die Vereinbarung einer Rentenabfindung; allerdings sind deren Voraussetzungen und Folgen im Einzelfall zu prüfen.

Berechnung und Bemessung der Rentenabfindung

Die Höhe der Rentenabfindung wird regelmäßig durch Bewertung der abgefundenen Rentenansprüche ermittelt. Maßgeblich sind hierfür unter anderem die voraussichtliche Restlaufzeit der Rente, der Abzinsungsfaktor, die Sterbetafeln sowie die Höhe der ursprünglichen Rentenleistung. Im Sozialversicherungsrecht und bei Betriebsrenten sind hierfür standardisierte Verfahren und Rechenparameter gesetzlich festgelegt. Im Familienrecht und bei privatrechtlichen Vereinbarungen ist die Höhe der Abfindung hingegen oft Verhandlungssache und muss gerichtlicher Zustimmung standhalten.

Abfindung steuerrechtlich und sozialversicherungsrechtlich

Die Auszahlung einer Rentenabfindung kann unterschiedliche Auswirkungen auf die Steuer- und Sozialversicherungspflicht haben. Während laufende Renten häufig nachgelagert besteuert werden, unterliegt die Abfindung als Einmalzahlung in der Regel der Besteuerung im Jahr der Auszahlung. Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung hängt davon ab, aus welcher Rentenart die Abfindung resultiert und ob der Empfangende versicherungspflichtig ist.

Rechtsschutz und Gestaltungsfragen

Eine Rentenabfindung ist stets an bestimmte gesetzliche Voraussetzungen geknüpft. Der Anspruch auf Rentenabfindung besteht grundsätzlich nur, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage vorliegt oder vertraglich vereinbart wurde. Im Streitfall kann eine gerichtliche Überprüfung erfolgen, insbesondere wenn es zu Auseinandersetzungen über die Angemessenheit der Abfindung oder deren Berechnungsgrundlagen kommt. Bei staatlich geförderten Altersvorsorgen sind die Abfindungsmöglichkeiten zudem oft eng begrenzt, etwa im Hinblick auf Riester- oder Rürup-Renten.

Vor- und Nachteile der Rentenabfindung

Die Rentenabfindung bietet für Anspruchsberechtigte den Vorteil einer sofortigen Liquidität und vereinfacht oftmals die Verwaltung. Sie birgt jedoch auch Risiken, da das Kapital sofort ausgezahlt wird und im weiteren Lebensverlauf für den vorgesehenen Zweck fehlen kann. Auch steuerliche Nachteile sind möglich, insbesondere wenn durch die Einmalzahlung eine höhere Steuerprogression ausgelöst wird.

Zusammenfassung

Eine Rentenabfindung ist ein komplexes Rechtsinstitut, das zahlreiche Regelungsbereiche betrifft. Ihre Zulässigkeit und Ausgestaltung unterscheiden sich je nach Rentenart und Rechtsgebiet erheblich. Vor Abschluss oder Annahme einer Rentenabfindung sollten die rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Folgen sorgfältig geprüft werden. Die jeweiligen gesetzlichen Regelungen, insbesondere im Sozialversicherungsrecht, im Betriebsrentenrecht, im Familienrecht und im Steuerrecht, geben dabei den rechtlichen Rahmen vor.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist eine Rentenabfindung rechtlich zulässig?

Eine Rentenabfindung ist gesetzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist insbesondere geregelt, dass eine Abfindung in Ausnahmefällen gezahlt werden kann, etwa wenn die Rente einen geringen Monatsbetrag („Bagatellrente“) unterschreitet (§ 107 SGB VI). Auch bei Hinterbliebenenrenten kommt eine Abfindung bei Wiederheirat in Betracht (§ 107 Abs. 2 SGB VI). Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung regelt das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) die Möglichkeit einer Abfindung, etwa wenn der versicherungsmathematische Barwert eine bestimmte Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreitet (§ 3 Abs. 2 BetrAVG). In privaten Rentenverträgen hängen Abfindungen von den vertraglichen Vereinbarungen und den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen ab. In sämtlichen Fällen steht dem Versicherten nicht uneingeschränkt ein Anspruch auf eine Abfindung zu; vielmehr muss die gesetzliche oder vertragliche Grundlage eindeutig vorliegen.

Welche rechtlichen Folgen hat die Annahme einer Rentenabfindung?

Mit der Annahme einer Rentenabfindung erlöschen in der Regel sämtliche Ansprüche auf zukünftige Rentenzahlungen aus dem jeweiligen Rentenverhältnis unwiderruflich. Das bedeutet, dass nach Auszahlung keine weiteren Rentenansprüche eingeräumt oder wiederhergestellt werden können, selbst wenn sich später die persönliche oder finanzielle Situation des Berechtigten ändert. Diese Rechtsfolge wird in einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, zum Beispiel im SGB VI, ausdrücklich normiert. Weiterhin kann die Rentenabfindung steuerliche Konsequenzen haben, da sie als Einmalzahlung unter gewissen Voraussetzungen der Einkommensbesteuerung unterliegen kann (siehe § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG für Leibrenten und andere wiederkehrende Bezüge). Im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge kann die Abfindung Einfluss auf die sozialversicherungsrechtliche Behandlung sowie auf die Anrechnung auf Grundsicherungsleistungen haben.

Wer ist rechtlich zur Auszahlung einer Rentenabfindung berechtigt?

Die Berechtigung zur Auszahlung einer Rentenabfindung obliegt grundsätzlich dem Rentenversicherungsträger, der Pensionskasse, dem Versicherungsunternehmen oder dem Arbeitgeber, je nachdem, wo die Rentenansprüche bestehen und welches Recht Anwendung findet. Gesetzliche Rentenabfindungen werden ausschließlich vom gesetzlichen Rentenversicherungsträger abgewickelt, bei betrieblichen Renten entscheidet der Arbeitgeber oder das entsprechende Versorgungswerk nach Maßgabe des BetrAVG. Eine Abfindung erfolgt immer nur dann, wenn der Versicherte einen entsprechenden Antrag stellt und alle rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Ein Rechtsanspruch auf eine Abfindung besteht nur in den gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen oder bei ausdrücklicher Vereinbarung in privaten/vertraglichen Konstruktionen.

Welche gesetzlichen Vorschriften regeln Rentenabfindungen im Einzelnen?

Die Regelungen zur Rentenabfindung finden sich in verschiedenen Gesetzen. Im SGB VI sind die maßgeblichen Vorschriften für die gesetzliche Rentenversicherung, vorrangig § 107 SGB VI, zu finden. Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung gilt insbesondere § 3 BetrAVG. Für Beamte und deren Hinterbliebene, die aus der Beamtenversorgung eine Rente beziehen, ist insbesondere § 23 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) relevant. Private Rentenversicherungen richten sich hingegen nach den individuellen Vertragsbedingungen und allgemeinen Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Bei der Beurteilung, ob und wann eine Abfindung erlaubt und durchführbar ist, ist stets die einschlägige Spezialgesetzgebung maßgeblich.

Wie ist das Verfahren zur Rentenabfindung rechtlich ausgestaltet?

Das Verfahren zur Rentenabfindung beginnt grundsätzlich mit der Antragstellung durch den Anspruchsberechtigten beim zuständigen Versorgungsträger. Dieser prüft sodann die Voraussetzungen anhand der vorliegenden Unterlagen und nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen oder vertraglichen Grundlage. Bei positivem Bescheid erfolgt die Festsetzung der Höhe der Abfindung, die in der Regel versicherungsmathematisch berechnet wird. Der Bescheid über die Abfindung ist ein Verwaltungsakt und unterliegt dem allgemeinen Verwaltungsrecht, insbesondere dem Widerspruchs- und Klagerecht nach §§ 78 ff. SGG im Bereich der Sozialversicherung oder dem allgemeinen Verwaltungsgerichtsverfahren. Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung ist auch das Arbeitsgericht zuständig. Eine Rentenabfindung wird im Einzelfall mit Ausfertigung eines Feststellungsbescheids und der anschließenden Auszahlung rechtskräftig.

Welche Möglichkeiten des Rechtsschutzes bestehen bei der Ablehnung einer Rentenabfindung?

Wird der Antrag auf Rentenabfindung durch die zuständige Stelle abgelehnt, so steht dem Antragsteller grundsätzlich der Rechtsweg offen. Im Sozialversicherungsrecht kann zunächst Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid eingelegt werden (§§ 83 ff. SGG). Sollte auch nach dem Widerspruch keine Abhilfe geschaffen werden, besteht die Möglichkeit der Klage vor dem zuständigen Sozialgericht. Für den Bereich der betrieblichen Altersversorgung ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zu beachten. Bei privaten Versicherungen steht dem Versicherten der ordentliche Gerichtweg offen. Die rechtlichen Erfolgsaussichten einer solchen Klage hängen maßgeblich von der Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen und der jeweiligen Einzelfallkonstellation ab.

Wird bei einer Rentenabfindung der Ehepartner berücksichtigt?

In vielen Fällen kann die Zahlung einer Rentenabfindung auch Auswirkungen auf Ansprüche etwaiger Hinterbliebener, also beispielsweise Ehepartner, haben. So sieht beispielsweise die gesetzliche Rentenversicherung bei Wiederheirat einer Witwe oder eines Witwers die Möglichkeit einer Abfindung der Witwen- bzw. Witwerrente (§ 107 Abs. 2 SGB VI) vor, wodurch nachfolgend kein weiterer Anspruch besteht. In der betrieblichen Altersversorgung und bei privaten Rentenverträgen sind etwaige Hinterbliebenenansprüche grundsätzlich davon abhängig, welche Regelungen im Vertrag und in den versicherungsrechtlichen Bestimmungen enthalten sind. Ehepartner sollten daher vor Zustimmung zu einer Rentenabfindung prüfen, inwieweit sich daraus Konsequenzen für die Hinterbliebenenversorgung ergeben. Gegebenenfalls ist es ratsam, rechtlichen Rat einzuholen, um nachteilige Auswirkungen auf den Ehepartner zu vermeiden.

Gibt es Verjährungsfristen für Rentenabfindungsansprüche?

Ja, Rentenabfindungsansprüche unterliegen den allgemeinen Verjährungsvorschriften. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung finden die Vorschriften des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV), insbesondere §§ 25 und 45, Anwendung. In der betrieblichen und privaten Altersvorsorge gilt grundsätzlich die Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt (§ 199 BGB). Es gibt jedoch auch spezielle Ausschlussfristen, beispielsweise in Satzungen von Pensionskassen, die kürzer sein können. Ein Versäumnis dieser Fristen kann zum vollständigen Rechtsverlust des Abfindungsanspruchs führen.