Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
Definition und rechtliche Grundlagen
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ist eine besondere Rentenleistung der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) in Deutschland. Sie wurde eingeführt, um Versicherte, die aus gesundheitlichen Gründen ihren zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben können, finanziell zu unterstützen. Das Leistungsrecht unterliegt umfassenden gesetzlichen Regelungen, die insbesondere im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) niedergelegt sind. Die konkrete Ausgestaltung und Anspruchsvoraussetzungen unterscheiden sich je nachdem, ob der Versicherte dem sogenannten „Bestandsschutz“ unterliegt oder nach dem Inkrafttreten der Rentenreform 2001 erstmalig in das Erwerbsleben eingetreten ist.
Historische Entwicklung
Bis zum 31. Dezember 2000 existierten in der gesetzlichen Rentenversicherung die Begriffe Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit als eigenständige Rentenarten. Mit dem Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes zum 1. Januar 2001 wurden diese durch die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und die Rente wegen voller Erwerbsminderung ersetzt. Für Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, gilt ein sogenannter „Bestandsschutz“, sodass die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit weiterhin relevant bleibt.
Anspruchsvoraussetzungen
Persönliche Voraussetzungen
Für einen Anspruch auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Versicherte wurde vor dem 2. Januar 1961 geboren.
- Es liegt eine teilweise Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 SGB VI vor.
- Zusätzlich liegt Berufsunfähigkeit im Sinn des bis 2000 geltenden Rechts vor.
Berufsunfähigkeit im versicherungsrechtlichen Sinn
Als berufsunfähig gilt eine Person, die aufgrund Krankheit oder Behinderung außerstande ist, in ihrem erlernten oder ausgeübten Beruf mindestens sechs Stunden täglich tätig zu sein, ohne ein über 3 bis 6 Stunden gehendes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu besitzen. Die Prüfung bezieht sich dabei maßgeblich auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, nicht auf eine beliebige andere Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Erwerbsminderung
Das Erwerbsminderungsrecht betrachtet die Fähigkeit des Versicherten, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Eine teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn der Betroffene nur zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten kann.
Erwerbsminderungsrenten im Rechtsvergleich
Die Unterscheidung zwischen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, Rente wegen voller Erwerbsminderung und der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist elementar. Nur der Personenkreis mit Bestandsschutz kann unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin von der rentenrechtlichen Absicherung bei Berufsunfähigkeit profitieren. Für alle nach dem 1. Januar 1961 Geborenen gilt ausschließlich das Kriterium der Erwerbsminderung ohne gesonderte Berücksichtigung des Berufs.
Versicherungsrechtliche Voraussetzungen
Für den Rentenanspruch müssen folgende versicherungsrechtliche Bedingungen (§ 43 Abs. 2 SGB VI) erfüllt sein:
- Erfüllung der allgemeinen Wartezeit: mindestens fünf Jahre Beitragszeiten
- Pflichtbeitragszeiten: mindestens 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung
Ausnahmen bestehen für besondere Personengruppen, z.B. Versicherte mit Arbeitsunfällen oder berufsbedingten Erkrankungen.
Medizinische Begutachtung
Die Feststellung der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beruht auf einer medizinischen Begutachtung durch einen von der Rentenversicherung beauftragten Arzt. Die Beurteilung erfolgt unter Berücksichtigung aller gesundheitlichen Einschränkungen, Qualifikationen und der ausgeübten Tätigkeit. Maßgeblich ist die verbliebene Leistungsfähigkeit im bisherigen Beruf.
Beginn und Dauer der Rentenzahlung
Die Rentenzahlung beginnt grundsätzlich mit dem siebten Kalendermonat nach Eintritt der Erwerbsminderung, sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind und der Antrag rechtzeitig gestellt wurde. Die Rente wird in der Regel befristet gewährt (§ 102 Abs. 2 SGB VI), kann jedoch bei Fortbestehen der Voraussetzungen verlängert oder als unbefristete Rente fortgesetzt werden.
Höhe der Rente
Die Höhe der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit wird aus den im Versicherungsverlauf erworbenen Entgeltpunkten berechnet. Es erfolgt eine rechnerische Anpassung auf die halbe Vollrente. Zuschläge für Zurechnungszeiten werden nach § 59 SGB VI hinzugerechnet, um Rentenminderungen durch die vorzeitige Aufgabe des Erwerbslebens auszugleichen.
Auswirkungen auf das Arbeitsleben und Zuverdienstmöglichkeiten
Der Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erlaubt es dem Versicherten, eine Erwerbstätigkeit im zeitlichen Umfang der verbliebenen Leistungsfähigkeit auszuüben. Zuverdienstgrenzen sind zu beachten (§ 96a SGB VI), deren Überschreitung zu einer Kürzung oder zum Wegfall der Rentenleistung führen kann.
Unterschied zu anderen Rentenarten
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit unterscheidet sich von der reinen Erwerbsminderungsrente dahingehend, dass sie den Schutz des erlernten oder ausgeübten Berufs besonders berücksichtigt. Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung wird unabhängig vom Beruf gewährt, wenn eine Tätigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt für weniger als drei Stunden täglich möglich ist.
Ende der Rente und Übergang in andere Leistungen
Die Rentenzahlung endet beim Übergang in die Regelaltersrente, bei Wegfall der gesundheitlichen Voraussetzungen oder im Todesfall des Versicherten. Nach Vollendung der Altersgrenze wird die Erwerbsminderungsrente grundsätzlich durch die Altersrente abgelöst. Eine Überprüfung der Voraussetzungen erfolgt regelmäßig.
Rechtsmittel und Widerspruchsmöglichkeiten
Gegen ablehnende Bescheide der Rentenversicherung können Versicherte Widerspruch einlegen. Erfolgt auch im Widerspruchsverfahren keine Abhilfe, kann eine Klage beim zuständigen Sozialgericht eingereicht werden. Maßgeblich sind die Verfahrensregeln der Sozialgerichtsbarkeit.
Zusammenfassung
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ist ein besonderer Anspruch der gesetzlichen Rentenversicherung, der unter engen Voraussetzungen für vor dem 2. Januar 1961 geborene Versicherte erhalten geblieben ist. Durch das Zusammenspiel von medizinischen, beruflichen und versicherungsrechtlichen Kriterien soll Personen, die ihren zuletzt ausgeübten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nur eingeschränkt ausüben können, ein finanzieller Ausgleich geboten werden. Die Rechtslage ist durch zahlreiche gesetzliche Vorgaben geprägt, wobei insbesondere das SGB VI maßgebend ist. Die genaue Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen erfolgt stets individuell, wobei der nachhaltige Schutz des bisherigen Berufs ein zentrales Merkmal dieser Rentenart darstellt.
Häufig gestellte Fragen
Gilt der individuelle Berufsweg für die Berufsunfähigkeitsprüfung bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung?
Für die Feststellung einer teilweisen Erwerbsminderung aufgrund von Berufsunfähigkeit ist im rechtlichen Kontext zwingend auf den bisherigen Berufsweg der versicherten Person abzustellen. Nach § 240 SGB VI wird geprüft, ob der Versicherte aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen außerstande ist, seinen erlernten oder ausgeübten Beruf – unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten – in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Dabei ist entscheidend, ob ihm zugemutet werden kann, eine andere Tätigkeit auszuüben, die seiner Qualifikation und bisherigen Lebensstellung entspricht. Die rechtliche Prüfung erfolgt typisierend und nimmt insbesondere auf das sogenannte „Verweisungsberuf“-Prinzip Bezug, wonach nicht jede beliebige Tätigkeit zumutbar ist, sondern nur solche, die dem bisherigen beruflichen Werdegang angemessen sind.
Wie beeinflusst das Restleistungsvermögen die Bewilligung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung?
Das Restleistungsvermögen spielt bei der Bewilligung der Rente eine zentrale Rolle und wird gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI rechtlich in zwei Stufen geprüft: Zunächst wird festgestellt, ob der Versicherte aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten. Bei einem Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden gilt die Erwerbsfähigkeit als teilweise gemindert. Die medizinische Begutachtung durch den Träger der Rentenversicherung dient hierbei der objektiven Ermittlung des Restleistungsvermögens, wobei insbesondere Alltagstauglichkeit, Arbeitsdauer sowie Belastbarkeitsgrenzen für den jeweiligen Beruf Beachtung finden. Die rechtliche Bewertung knüpft stets an die tatsächliche Ausübbarkeit einer Tätigkeit unter realen Arbeitsmarktbedingungen an.
Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, um eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu erhalten?
Gemäß § 43 SGB VI i.V.m. § 240 SGB VI müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein: Erstens muss die versicherte Person die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten an Beitragszeiten erfüllt haben. Zweitens ist zu prüfen, ob die versicherte Person in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge entrichtet hat. Drittens wird das Vorliegen einer teilweisen Erwerbsminderung unter besonderer Berücksichtigung der Berufsunfähigkeit festgestellt. Die rechtliche Prüfung erfordert, dass der Gesundheitszustand der versicherten Person dauerhaft – also mindestens sechs Monate – vorliegt und die Berufsunfähigkeit im bisherigen zumutbaren Beruf ergibt, dass die Arbeitsfähigkeit auf unter sechs Stunden täglich abgesunken ist.
Kann eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit befristet bewilligt werden?
Die Rentenversicherung kann die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch zeitlich befristet zahlen (§ 102 SGB VI). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit nicht ausgeschlossen erscheint, also eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht unwahrscheinlich ist. Befristungen erfolgen in der Regel für höchstens drei Jahre, können jedoch auf Antrag erneut verlängert werden, sofern die Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Erst bei einem ausdrücklich als dauerhaft festgestellten Verlust der Erwerbsfähigkeit kann eine unbefristete Rentengewährung erfolgen. Die Befristung dient hierbei dem gesetzlichen Ziel der Rehabilitation vor Rente und korrespondiert mit regelmäßigen Überprüfungen des Rentenanspruchs.
Wie ist die zumutbare Verweisung auf andere Tätigkeiten rechtlich geregelt?
Die rechtliche Möglichkeit einer Verweisung auf andere Tätigkeiten ist im Rahmen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zentral geregelt. Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI darf eine andere Tätigkeit dem Versicherten nur dann zugewiesen werden, wenn diese seiner bisherigen Lebensstellung, insbesondere den Kenntnissen und Fähigkeiten sowie der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufes, entspricht. Die bloße körperliche oder geistige Ausübbarkeit reicht nicht aus; vielmehr muss die Verweisungstätigkeit mit dem bisherigen beruflichen Status vergleichbar sein (sogenannter „abstrakter Verweisungsberuf“). Eine unzumutbare Verschlechterung der sozialen Stellung ist rechtlich ausgeschlossen. Daher scheitert die Verweisung insbesondere bei hochqualifizierten Berufen oft an der Wertigkeit der Alternativtätigkeit.
In welchem Verhältnis stehen die Begriffe Berufsunfähigkeit und Erwerbsminderung im Rentenrecht?
Im Rentenrecht, insbesondere nach SGB VI, sind Berufsunfähigkeit und Erwerbsminderung zwar miteinander verknüpft, aber nicht identisch: Die „Berufsunfähigkeit“ wird im Zusammenhang mit der teilweise geminderten Erwerbsfähigkeit für Versicherte, die bis zum 1. Januar 1961 geboren sind (§ 240 SGB VI), geprüft. Sie betrifft die Fähigkeit, im bisherigen Beruf zu arbeiten. Die „Erwerbsminderung“ hingegen betrachtet die Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, unabhängig vom bisherigen Beruf. Für Neufälle nach 1961 ist grundsätzlich nur noch die Erwerbsminderung maßgeblich. Die Teilrente kann jedoch bei entsprechender Geburtsjahrgangs-Zugehörigkeit mit der besonderen Wertung der Berufsunfähigkeit beantragt werden.
Welche Mitwirkungspflichten treffen die Antragstellenden im Verfahren auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit?
Im Antragsverfahren bestehen umfassende Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. SGB I. Antragstellende müssen alle relevanten medizinischen Unterlagen beigebracht und vollständige Angaben zu Gesundheitszustand, behandelnden Ärzten und bisherigen Tätigkeiten machen. Kommt der Versicherte diesen Pflichten nicht nach, kann die Rentenversicherung Leistungen nach § 66 SGB I versagen oder entziehen. Zusätzlich sind wahrheitsgemäße und vollständige Informationen zu möglichen Nebentätigkeiten, Rentenbezug aus anderen Sicherungssystemen oder laufende Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich. Versäumt es der Antragsteller, ärztlichen Untersuchungen oder Gutachten nachzukommen, kann dies ebenfalls zur Leistungsablehnung führen.