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Rennwett- und Lotteriesteuer


Rennwett- und Lotteriesteuer: Rechtsgrundlagen, Anwendungsbereich und Systematik

Die Rennwett- und Lotteriesteuer stellt eine besondere Form der Aufwandsteuer im deutschen Steuerrecht dar und wird speziell auf die Veranstaltung von Rennwetten sowie Lotterien und Ausspielungen erhoben. Die Steuer ist im deutschen Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) geregelt und stellt eine bedeutende Einnahmequelle für Bund und Länder dar. Nachfolgend werden die rechtlichen Grundlagen, der sachliche und persönliche Anwendungsbereich, das Erhebungsverfahren sowie bedeutende rechtliche Problemstellungen und Entwicklungen umfassend dargestellt.

Rechtsgrundlagen der Rennwett- und Lotteriesteuer

Historische Entwicklung

Die Ursprünge der Rennwett- und Lotteriesteuer lassen sich bis ins späte 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes betreffend die Erhebung einer Steuer auf Geldgewinne durch Lotterien und Ausspielungen im Jahr 1881 wurde erstmals eine steuerliche Erfassung dieser Einnahmen eingeführt. Mit dem heutigen Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. Juli 1922 (RGBl. I S. 539), fortentwickelt durch zahlreiche Novellierungen, wurde das Besteuerungssystem auf die Veranstaltung von Rennwetten und Lotterien übertragen.

Gesetzliche Grundlage

Die zentrale gesetzliche Grundlage bildet das Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 1922, das seither mehrfach geändert und an neuere Entwicklungen – insbesondere im Bereich des Glücksspiels – angepasst wurde. Ergänzende Normen finden sich im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) sowie in einschlägigen Verwaltungsanweisungen und Durchführungsverordnungen.

Steuergegenstand und Steuertatbestand

Steuerpflichtige Vorgänge

Die Rennwett- und Lotteriesteuer wird auf folgende Vorgänge erhoben:

  • Die Veranstaltung von öffentlich zugänglichen Lotterien und Ausspielungen (einschließlich Toto)
  • Die Durchführung von Wetten bei öffentlich zugänglichen Pferderennen und sonstigen Rennen mit Totalisatoren oder Buchmachern

Steuergegenstand sind sämtliche Einnahmen aus dem Vertrieb von Losen, Wettscheinen oder vergleichbaren Gewinnspielteilnahmen. Die Steuer knüpft damit nicht an die Einnahmen des Veranstalters, sondern direkt an die Teilnahmehandlung an.

Abgrenzungen und Ausnahmen

Keine Steuerpflicht besteht regelmäßig für sogenannte kleine Lotterien, Tombolas und Veranstaltungen, bei denen die Gewinnerzielung zugunsten gemeinnütziger, religiöser oder mildtätiger Zwecke erfolgt, sofern die gesetzlichen Umsatzgrenzen nicht überschritten werden (siehe § 18 und § 20 RennwLottG). Weitere Ausnahmen können sich aus spezialgesetzlichen Regelungen, etwa für bestimmte Glücksspiele im Rahmen staatlicher Monopole, ergeben.

Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Steuerschuldner

Der Steuerschuldner ist in der Regel der Veranstalter der jeweiligen Lotterie, Ausspielung beziehungsweise der Wettveranstalter oder Buchmacher (§ 5 RennwLottG). Nebenschuldner können mitunter Mitveranstalter oder Zwischenträger sein, wenn die Durchführung gemeinschaftlich organisiert wird.

Steuerobjekt

Steuerobjekt ist die Durchführung der genannten Glücksspiele sowie die Ausschüttung der daraus resultierenden Gewinne an die Teilnehmer. Es handelt sich bei der Rennwett- und Lotteriesteuer um eine Verkehrssteuer im Sinne der deutschen Abgabenordnung.

Steuerberechnung und -satz

Ermittlung der Bemessungsgrundlage

Die Bemessungsgrundlage richtet sich nach den vereinnahmten Spieleinsätzen (Loserlösen, Wettgeldern). Maßgeblich ist der Gesamtumsatz der jeweiligen Veranstaltung beziehungsweise des gesamten Vertriebszeitraums.

Steuersätze

Die Steuersätze sind gesetzlich festgelegt (§ 11 RennwLottG) und betragen gegenwärtig:

  • Für Lotterien und Ausspielungen regelmäßig 16,67 % des Spielumsatzes (Loserlöse)
  • Für Rennwetten, insbesondere Totalisatorwetten, 5 % des Wetteinsatzes

Sonderregelungen gelten für bestimmte Typen von Ausspielungen oder Totosysteme, abhängig von Zulassung und Rechtsform des Anbieters.

Erhebungs- und Abführungsverfahren

Steueranmeldung und -entrichtung

Die Steuer entsteht mit Durchführung des steuerbaren Vorgangs und ist vom Veranstalter innerhalb eines festgelegten Zeitraums nach Durchführung der jeweiligen Veranstaltung beim zuständigen Finanzamt anzumelden und abzuführen (§ 14 RennwLottG). Verwaltungsverfahren und Fristen regeln sich nach den Vorgaben der Abgabenordnung.

Zuständigkeit

Die Steuer wird von den Landesfinanzbehörden verwaltet. Zuständig ist das Finanzamt, in dessen Bezirk der Veranstalter seinen Sitz oder seine Hauptniederlassung hat.

Steuerliche Behandlung im internationalen Kontext

Innergemeinschaftlicher und grenzüberschreitender Sachverhalt

Das Rennwett- und Lotteriegesetz findet grundsätzlich Anwendung auf alle Veranstaltungen mit Inlandsbezug. Liegt ein Auslandsbezug vor, kann die Steuerpflicht auch bei ausländischen Veranstaltern ausgelöst werden, sofern die Veranstaltung sich an inländische Teilnehmer richtet oder eine Vertriebstätigkeit im Bundesgebiet erfolgt.

Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Rennwett- und Lotteriesteuern unterfallen in der Regel nicht bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen, da es sich nicht um Einkommen- oder Ertragsteuern handelt. Gleichwohl sind im Einzelfall die nationalen Regelungen anderer Jurisdiktionen zu prüfen.

Verhältnis zu anderen Steuern und Abgaben

Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerrechtliche Besonderheiten

Die Erhebung der Rennwett- und Lotteriesteuer schließt eine umsatzsteuerliche Belastung grundsätzlich nicht aus. Veranstalter von Glücksspielen unterliegen jedoch in vielen Fällen der umsatzsteuerlichen Befreiung nach § 4 Nr. 9b UStG. Gewinne aus Lotterien unterliegen zudem nicht der Einkommensteuer beim Gewinner (§ 3 Nr. 15 EStG).

Zielsetzung der Steuer

Neben fiskalischen Zwecken verfolgt die Steuer auch ordnungspolitische Zielsetzungen, indem sie zur Regulierung und Eindämmung unerwünschter Auswirkungen des Glücksspiels beiträgt.

Straf- und Bußgeldvorschriften

Ordnungswidrigkeiten

Das RennwLottG sieht bei Nichtanmeldung, verspäteter Entrichtung oder unvollständiger Offenlegung empfindliche Bußgelder vor (§ 26 RennwLottG).

Steuerhinterziehung

Auf die Rennwett- und Lotteriesteuer finden die einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung zu Steuerhinterziehung (§ 370 AO) und Ordnungswidrigkeiten Anwendung.

Neuere Entwicklungen und Rechtsprechung

Auswirkungen der Digitalisierung und Online-Glücksspiele

Durch die Zunahme von Online-Lotterien und Rennwetten erfährt das traditionelle Steuerregime eine stetige Fortentwicklung. Die Frage nach der Besteuerung von Online-Angeboten, insbesondere von Anbietern ohne physische Präsenz im Bundesgebiet, ist Gegenstand anhaltender Reformbestrebungen und kontroverser Diskussionen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung.

Europarechtliche Rahmenbedingungen

Im Lichte neuerer Entscheidungen nationaler und europäischer Gerichte wird die Vereinbarkeit der Rennwett- und Lotteriesteuer mit den Vorgaben der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV) sowie der Richtlinie 2006/112/EG (Mehrwertsteuersystemrichtlinie) intensiv diskutiert.


Zusammenfassung

Die Rennwett- und Lotteriesteuer ist eine bedeutende Sondersteuer im deutschen Steuerrecht mit umfangreicher rechtlicher Regelungstiefe. Sie dient der fiskalischen Abschöpfung von Spielumsätzen und verfolgt zugleich ordnungspolitische Ziele zur Kontrolle des Glücksspielmarktes. Die steuerliche Behandlung ist von einer Vielzahl spezieller Vorschriften und Ausnahmen geprägt, deren genaue Kenntnis für die rechtssichere Gestaltung und Durchführung entsprechender Veranstaltungen unerlässlich ist. Insbesondere internationale und digitale Ausgestaltungsformen werfen neue Abgrenzungs- und Zuordnungsfragen auf, die kontinuierlich einer rechtlichen Fortentwicklung unterliegen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist Steuerschuldner der Rennwett- und Lotteriesteuer?

Steuerschuldner der Rennwett- und Lotteriesteuer ist grundsätzlich der Veranstalter der jeweiligen Wette oder Lotterie. Dies kann eine natürliche oder juristische Person sein, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Lotterie oder eine Wette gemäß den Vorgaben des Rennwett- und Lotteriegesetzes anbietet, veranstaltet oder vermittelt. Ist ein Veranstalter im Ausland ansässig, aber das Spielangebot richtet sich an Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, kann auch der Vermittler oder der Zahlungsdienstleister in Deutschland als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden. Diese Einbeziehung dient der Sicherstellung des Steueraufkommens und der Umgehungsprävention. Sonderregelungen existieren insbesondere für den Fall von Spielgemeinschaften oder konzessionierten privaten Vermittlern, welche im Detail durch die Finanzverwaltung geregelt werden.

Wie erfolgt die steuerliche Anmeldung und Abführung der Rennwett- und Lotteriesteuer?

Die steuerliche Anmeldung und Abführung der Rennwett- und Lotteriesteuer erfolgen mittels einer Selbstveranlagung durch den Steuerschuldner. Das bedeutet, dass der Steuerschuldner verpflichtet ist, die Steuerschuld eigenständig zu berechnen, dem zuständigen Finanzamt eine Steueranmeldung einzureichen und die ermittelte Steuer abzuführen. Die Anmeldung muss grundsätzlich monatlich bis zum 15. Tag nach Ablauf des jeweiligen Kalendermonats erfolgen (§ 4 Abs. 1 RennwLottG). Die Zahlung der Steuer hat fristgemäß auf das angegebene Konto des Finanzamtes zu erfolgen. Bei Verstößen, wie etwa verspäteter Anmeldung oder Nichtzahlung, sieht das Gesetz entsprechende Säumniszuschläge und ggf. steuerliche Nebenfolgen vor.

Welche Umsätze sind bei der Berechnung der Rennwett- und Lotteriesteuer zu berücksichtigen?

Bei der Berechnung der Rennwett- und Lotteriesteuer ist auf die jeweiligen Spieleinsätze abzustellen, die auf inländischem Gebiet getätigt werden. Maßgeblich sind sämtliche Beträge, die die Teilnehmer für den Erwerb eines Loses, die Teilnahme an einer Wette oder Lotterie (einschließlich virtueller Angebote) zahlen (§ 2 RennwLottG). Abzugsfähig sind weder Auszahlungsbeträge an Gewinner noch Aufwendungen für Betriebskosten des Veranstalters. Neben den Hauptumsätzen sind auch eventuelle Nebenentgelte aus Zusatz- oder Nebenwetten einzubeziehen, sofern diese im Zusammenhang mit dem Hauptspiel stehen. Sonderfälle, etwa bei Kombi-Angeboten oder verbundenen Gewinnspielen, bedürfen einer gesonderten Betrachtung durch die Finanzbehörden.

Gibt es bestimmte Steuerbefreiungen oder Ausnahmetatbestände im Rahmen der Rennwett- und Lotteriesteuer?

Das Rennwett- und Lotteriegesetz sieht verschiedene Steuerbefreiungen vor, die jedoch eng auszulegen sind. So sind etwa bestimmte kleine Lotterien und Ausspielungen, die wohltätigen, kirchlichen oder gemeinnützigen Zwecken dienen und deren Spielkapital bestimmte, gesetzlich festgelegte Höchstgrenzen nicht überschreitet, steuerfrei (§ 7 Abs. 1 RennwLottG). Auch Sportwetten, die staatlich veranstaltet werden und deren Erträge ausschließlich gemeinnützigen Zwecken zufließen, genießen unter bestimmten Bedingungen eine vollständige oder teilweise Steuerbefreiung. Von der Steuerpflicht ausgenommen sind weiterhin Privatwetten, soweit sie nicht öffentlich angeboten werden, etwa Wetten zwischen Privatpersonen ohne gewerbliche Vermittlung.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen für Veranstalter und Vermittler von Lotterien und Wetten?

Veranstalter und Vermittler unterliegen umfangreichen Mitwirkungspflichten gegenüber den Finanzbehörden. Dazu gehört die vollständige und wahrheitsgemäße Auskunftserteilung über sämtliche für die Steuerfestsetzung relevanten Sachverhalte. Ebenso müssen umfassende Aufzeichnungen und Unterlagen geführt werden, die eine Prüfung der steuerlichen Vorgänge ermöglichen. Auf Verlangen des Finanzamtes sind diese Unterlagen vorzulegen (§ 9 RennwLottG). Bei elektronisch abgegebenen Wetten oder Loskäufen ist darüber hinaus eine lückenlose Aufzeichnungspflicht über Transaktionsdaten gefordert, um eine Kontrolle sicherzustellen. Die Verletzung dieser Pflichten kann zu steuerstrafrechtlichen Konsequenzen führen.

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen das Rennwett- und Lotteriesteuergesetz?

Verstöße gegen das Rennwett- und Lotteriesteuergesetz können empfindliche Sanktionen nach sich ziehen. Neben der nachträglichen Festsetzung und Einziehung der nicht abgeführten Steuer drohen Verzugszinsen sowie Säumniszuschläge. Bei vorsätzlich oder leichtfertig falscher oder verspäteter Steueranmeldung können Bußgelder verhängt werden. In besonders schweren Fällen, etwa wenn Steuern vorsätzlich hinterzogen werden, greift das Strafrecht mit den entsprechenden Regelungen der Abgabenordnung (AO) bis hin zu Freiheitsstrafen. Die Behörden verfügen zudem über weitgehende Kontroll- und Prüfungsrechte, einschließlich der Befugnis zur Vollstreckung offener Steuerforderungen.