Begriff und rechtliche Einordnung des Regionalplans
Ein Regionalplan ist ein rechtlich normierter Fachplan der räumlichen Gesamtplanung in der Bundesrepublik Deutschland. Er dient der konkreten Umsetzung und Konkretisierung der Ziele und Grundsätze der Raumordnung auf regionaler Ebene und ist insbesondere im Raumordnungsgesetz (ROG) des Bundes sowie den jeweiligen Landesplanungsgesetzen der Länder normiert. Regionalpläne stellen einen verbindlichen Rahmen für die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der betreffenden Region dar.
Die Einbindung des Regionalplans in das System der Raumordnung erfolgt zwischen der landesweiten Raumordnung (Landesentwicklungsplan, Landesraumordnungsprogramm) und der Bauleitplanung auf kommunaler Ebene (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan).
Rechtliche Grundlagen
Bundesrechtliche Vorgaben
Das Raumordnungsgesetz (ROG) bildet die zentrale bundesrechtliche Grundlage. Nach § 8 ROG sind Regionalpläne in den Bundesländern aufzustellen, in denen es entsprechende Regionen gibt. Inhalt und Verfahren der Regionalplanung sind jedoch weitgehend Ländersache und werden in den jeweiligen Landesplanungsgesetzen im Detail geregelt.
Landesrechtliche Regelungen
Jedes Bundesland hat eigene Landesplanungsgesetze, die die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Fortschreibung von Regionalplänen regeln. Die Bestimmungen umfassen insbesondere:
- Abgrenzung und Zuschnitt der Planungsregionen
- Planinhalte und Festlegungen
- Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange
- Genehmigungs- und Bekanntmachungsverfahren
- Rechtswirkungen des Regionalplans
Ein Beispiel ist das Bayerische Landesplanungsgesetz (BayLplG), das die Aufgaben, Verfahren und die Bindungswirkung des Regionalplans für Bayern beschreibt.
Inhalt und Bindungswirkung des Regionalplans
Inhalte des Regionalplans
Regionalpläne enthalten insbesondere:
- Festlegungen über die Siedlungsstruktur (z.B. Entwicklungsschwerpunkte, zentrale Orte)
- Vorgaben zur Entwicklung von Infrastruktur, Gewerbe, Industrie und Dienstleistungen
- Steuerung der Flächennutzung (z.B. Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für bestimmte Nutzungen wie Naturschutz, Landwirtschaft, Rohstoffsicherung, erneuerbare Energien)
- Festlegung von Gebieten für besondere Funktionen oder Entwicklungen (Siedlungen, Freiraum, Verkehr, technische Infrastruktur)
- Maßnahmen des Hochwasserschutzes, Landschaftsschutzes und Klimaanpassung
Die Inhalte werden als Ziele (verbindlich) und Grundsätze (abzuwägen) der Raumordnung festgelegt, wie in § 3 ROG differenziert wird.
Rechtswirkungen und Bindungen
Regionalpläne wirken als verbindliche Vorgaben insbesondere für Behörden und Planungsträger (sog. Bindungswirkung für die öffentliche Verwaltung). Diese müssen folgende Rechtswirkungen beachten:
- Nachbindungswirkung: Nachgeordnete Pläne, insbesondere die Bauleitplanung der Gemeinden (Flächennutzungspläne, Bebauungspläne), müssen den Zielen des Regionalplans entsprechen (§ 1 Abs. 4 BauGB).
- Abwägungs- und Beachtenspflicht: Die Grundsätze des Regionalplans sind bei der Planung und Entscheidung beachtlich und in Zuständigkeitsabwägungen einzustellen.
- Verwirklichungs- und Sicherungsgebote: Behörden müssen Maßnahmen ergreifen, die der Umsetzung der Planziele dienen.
Privaten kommt grundsätzlich keine unmittelbare Rechtswirkung zu, sondern lediglich eine mittelbare Wirkung aufgrund der Bindung der Verwaltung.
Verfahren der Aufstellung, Änderung und Fortschreibung
Planaufstellungsverfahren
Die Aufstellung eines Regionalplans erfolgt in einem förmlichen Verfahren, das im Landesrecht geregelt ist. Zentrale Verfahrensschritte sind:
- Vorbereitung und Planungsvorschlag durch den Träger der Regionalplanung.
- Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der betroffenen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange.
- Abwägung und Prüfung der vorgebrachten Stellungsnahmen.
- Beschlussfassung über den Regionalplan durch die zuständigen Organe.
- Genehmigung des Regionalplans durch die höhere Landesplanungsbehörde.
- Amtliche Bekanntmachung und Inkrafttreten des Plans.
Änderung und Fortschreibung
Regionalpläne sind periodisch fortzuschreiben, um aktuellen Entwicklungen und geänderten Zielsetzungen angepasst zu werden. Jede Änderung unterliegt dem gleichen Verfahren wie die erstmalige Aufstellung.
Rechtsschutz
Gegen die Festlegungen eines Regionalplans ist der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten eröffnet. Klagebefugt sind in der Regel nur Gemeinden oder Private, wenn ihnen ein schutzwürdiges Interesse bzw. ein eigenes Recht aus dem Plan erwächst (z.B. Verletzung abwägungserheblicher Interessen im Aufstellungsverfahren).
Träger der Regionalplanung
Zuständige Stellen
Träger der Regionalplanung können je nach Bundesland sein:
- Landesplanungsbehörden (oft zentral für das gesamte Land)
- Regionale Planungsverbände oder Planungsgemeinschaften
- Zweckverbände oder Regionalbeiräte
Die Organisationsstruktur richtet sich nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben. In einigen Ländern werden die Planungen dezentral durchgeführt, in anderen zentral durch die Landesbehörden.
Aufgaben und Zuständigkeiten
Die Träger der Regionalplanung sind verantwortlich für
- die Erstellung, Änderung und Fortschreibung des Regionalplans,
- die Koordinierung mit anderen Planungsträgern, insbesondere mit den Kommunen,
- die Überwachung der Einhaltung der Regionalplanvorgaben,
- die Mitwirkung an verwandten raumordnerischen Vorhaben (z.B. Raumordnungsverfahren).
Abgrenzung zu weiteren planerischen Instrumenten
Unterschied zum Flächennutzungsplan und Landesentwicklungsplan
Regionalpläne stehen hierarchisch oberhalb der Flächennutzungspläne und regeln den räumlichen Ordnungsrahmen für mehrere Gemeinden, während Flächennutzungspläne die künftige Bodennutzung einer einzelnen Kommune darstellen. Oberhalb der Regionalpläne steht der Landesentwicklungsplan mit landesweiten Zielsetzungen.
Verhältnis zu überörtlichen Fachplanungen
Regionalpläne müssen mit anderen Fachplanungen (wie Verkehrswege-, Naturschutz-, Wasserwirtschafts- und Energieplanungen) abgestimmt werden. Diese Abstimmung erfolgt im Rahmen der Planaufstellung durch die Beteiligung der Fachbehörden.
Besondere Themen und Entwicklungstendenzen
Fachliche Schwerpunkte
Regionalpläne enthalten zunehmend Festlegungen zu aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie:
- Klimaschutzmaßnahmen (z.B. Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie)
- Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel
- Stärkung des ländlichen Raums
- Flächenmanagement zur Reduktion des Flächenverbrauchs
Digitalisierung und Transparenz
Das Regionalplanungsverfahren wird durch digitale Beteiligungs- und Auslegungsverfahren zunehmend transparenter. Viele Regionalpläne werden heute digital veröffentlich und aktualisiert, was den Zugang und die Mitwirkung erleichtert.
Literatur und weiterführende Quellen
- Raumordnungsgesetz (ROG)
- Baugesetzbuch (BauGB)
- Landesplanungsgesetze der Bundesländer (jeweils spezifisch)
- BeckOK Raumordnungsrecht, Loseblatt; Nomos Kommentar Raumordnungsrecht
- Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR): www.bbsr.bund.de
Hinweis: Dieser Artikel gibt einen umfassenden und rechtlich fundierten Überblick zur Thematik des Regionalplans in Deutschland und dessen Bedeutung innerhalb des Systems der Raumordnung. Bei Änderungen der bundes- oder landesrechtlichen Vorgaben kann eine Aktualisierung geboten sein.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist für die Aufstellung des Regionalplans verantwortlich und wie erfolgt das Verfahren rechtlich?
Die Zuständigkeit für die Aufstellung von Regionalplänen liegt in Deutschland bei den Regionalen Planungsträgern, die je nach Bundesland unterschiedlich organisiert sind (z.B. Bezirksregierungen, Regionalverbände oder spezielle Planungsgemeinschaften). Das Verfahren zur Aufstellung eines Regionalplans ist rechtlich im jeweiligen Landesplanungsgesetz sowie im Raumordnungsgesetz (ROG) geregelt. Dabei sind die gesetzlichen Schritte wie die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit (§ 9 ROG), Anhörungs- und Auslegungsfristen, Umweltprüfung gemäß § 8 ROG sowie das Abwägungsgebot umfassend zu berücksichtigen. Der Planungsprozess beinhaltet das Beteiligungsverfahren der Träger öffentlicher Belange, Nachbargemeinden sowie betroffener Behörden, wobei alle Einwendungen und Stellungnahmen rechtlich geprüft und abgewogen werden müssen. Nach Abschluss der Beteiligung wird der Regionalplan von der zuständigen Regionalplanungsbehörde beschlossen und durch die jeweilige Oberbehörde genehmigt sowie öffentlich bekannt gemacht, wodurch er Rechtskraft erlangt.
Welche rechtliche Bindungswirkung hat ein Regionalplan gegenüber Gemeinden und Privaten?
Ein Regionalplan entfaltet unterschiedliche rechtliche Bindungswirkungen: Er ist für die Landes- und Regionalplanungsbehörden unmittelbar verbindlich (sog. Zielbindung). Für Gemeinden hat er bindende Wirkung hinsichtlich der in ihm definierten Raumordnungsziele (§ 4 ROG): Sie müssen ihre Bauleitpläne (Flächennutzungspläne und Bebauungspläne) mit den Zielen des Regionalplans in Einklang bringen. Für Privatpersonen entfaltet der Regionalplan dagegen keine unmittelbare Rechtswirkung, er kann sie jedoch mittelbar betreffen, wenn zum Beispiel Bauanträge abgelehnt werden, weil sie den Vorgaben des Regionalplans widersprechen. Neben den Zielen kennt das Raumordnungsrecht auch Grundsätze, die für die Abwägung heranzuziehen sind, jedoch nicht unmittelbar bindend sind.
Inwieweit ist der Regionalplan an übergeordnete Rechtsnormen gebunden?
Der Regionalplan steht im rechtlichen Rang unter der Landesplanung und dem Bundesrecht. Er muss zwingend mit den Zielen der Raumordnung auf Bundesebene (Raumordnungsgesetz, ROG) sowie mit den Vorgaben der jeweiligen Landesplanung übereinstimmen. Zudem sind einschlägige Fachgesetze einzuhalten, u. a. Naturschutzrecht (Bundesnaturschutzgesetz, BNatSchG), Fachpläne (z.B. Verkehrswege- oder Wasserschutzgebiete) und europarechtliche Vorgaben (FFH- oder Vogelschutzrichtlinie). Ein Regionalplan, der gegen höherrangiges Recht verstößt, ist anfechtbar oder im schlimmsten Fall nichtig.
Wie kann der Regionalplan rechtlich überprüft oder angefochten werden?
Gegen den Regionalplan kann rechtlich vorgegangen werden, insbesondere durch Normenkontrollklage nach § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), sofern eine solche Klage im jeweiligen Bundesland eröffnet ist. Klageberechtigt sind in der Regel Gemeinden, Vereinigungen oder unter bestimmten Voraussetzungen auch betroffene Einzelpersonen, sofern sie geltend machen können, durch den Regionalplan in eigenen Rechten verletzt zu sein oder im Rahmen der Verbandsklage legitimiert sind (z.B. nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz – UmwRG). Die gerichtliche Überprüfung erstreckt sich insbesondere auf Verfahrensfehler, Verstöße gegen höherrangiges Recht sowie Abwägungsfehler im Planungsprozess.
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Öffentlichkeitsbeteiligung?
Die Öffentlichkeitsbeteiligung gehört zu den grundlegenden rechtlichen Anforderungen im Regionalplanverfahren und ist in § 9 ROG und gegebenenfalls im jeweiligen Landesplanungsgesetz detailliert geregelt. Es besteht eine Verpflichtung zu einer frühzeitigen Beteiligung, bei der Entwürfe offengelegt werden und jedermann die Möglichkeit hat, Bedenken und Anregungen schriftlich oder mündlich vorzutragen. Über alle fristgerecht eingereichten Stellungnahmen muss die Regionalplanungsbehörde entscheiden und diese Abwägung dokumentieren. Unterbleibt eine ordnungsgemäße Öffentlichkeitsbeteiligung, kann dies zur Rechtswidrigkeit des Regionalplans führen.
Wie lange gilt ein Regionalplan rechtlich und wie wird er geändert oder aufgehoben?
Ein Regionalplan gilt rechtlich unbefristet, solange er nicht geändert, ergänzt oder aufgehoben wird. Änderungen und Aufhebungen unterliegen den gleichen formalgesetzlichen und verfahrensrechtlichen Anforderungen wie die erstmalige Aufstellung: Dazu gehören insbesondere die Öffentlichkeitsbeteiligung, die Beteiligung öffentlicher Stellen sowie die Umweltprüfung. Änderungen treten in Kraft, sobald sie von der zuständigen Behörde genehmigt und öffentlich bekannt gemacht werden. Die Anpassungspflicht nach § 8 Abs. 2 ROG verpflichtet die Planungsträger zur Überprüfung und gegebenenfalls Fortschreibung des Regionalplans bei grundlegenden Veränderungen der Rahmenbedingungen oder bei Anpassungsbedarf an neue Ziele der übergeordneten Planung.
Welche Rechtsfolgen hat ein Verstoß gegen Ziele des Regionalplans in der Bauleitplanung?
Ein bewusster Verstoß einer Gemeinde gegen Ziele des Regionalplans bei der Aufstellung von Bauleitplänen kann zur Rechtswidrigkeit des entsprechenden Flächennutzungs- oder Bebauungsplans führen. Aufsichtliche Maßnahmen durch die zuständige Fachaufsichtsbehörde (z.B. Untersagung der Genehmigung, Beanstandung des Plans) sind in solchen Fällen möglich. Darüber hinaus besteht das Risiko einer gerichtlichen Überprüfung im Rahmen einer Normenkontrollklage nach § 47 VwGO. Bei festgestellter Unvereinbarkeit sind die bauleitplanerischen Festsetzungen zu korrigieren oder der widersprechende Plan ganz oder teilweise aufzuheben.