Definition und rechtliche Einordnung des Regierungsbezirks
Ein Regierungsbezirk ist eine regionale Verwaltungseinheit Deutschlands, die als Mittelinstanz zwischen Landesregierung und unteren Verwaltungsbehörden (Landkreise, kreisfreie Städte) fungiert. Seine rechtliche und organisatorische Ausgestaltung ist im jeweiligen Landesrecht geregelt und unterscheidet sich daher in Struktur und Aufgabenbereich zwischen den deutschen Bundesländern.
Ursprung und Rechtsgrundlage
Der Regierungsbezirk wurde als Mittelbehörde erstmals zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingeführt. In Preußen entstanden sie 1815 als Folge von Verwaltungsreformen und dienten der dezentralen Ausübung von Landesaufgaben. Heute basieren Regierungsbezirke im Wesentlichen auf landeseigenen Verwaltungsstrukturen:
- Die Verfassung des jeweiligen Bundeslandes ermöglicht den Zuschnitt und die Organisation von Regierungsbezirken durch simple oder qualifizierte Gesetzgebung.
- Ausführungsgesetze, insbesondere Landesverwaltungsgesetze, präzisieren den Aufgabenbereich und die Stellung der Bezirksregierungen beziehungsweise der Regierungspräsidien.
Obwohl es sich beim Regierungsbezirk um keine kommunale Gliederungsebene im Sinne der Kommunalverfassung handelt, besitzt er eine zentrale Rolle innerhalb der staatlichen Verwaltungshierarchie.
Rechtsstellung
Regierungsbezirke sind keine eigenständigen Gebietskörperschaften, sondern staatliche Verwaltungseinheiten. Sie vertreten das jeweilige Bundesland im Verwaltungsaufbau. Ihre Behörden verfügen lediglich über die ihnen gesetzlich zugewiesenen Befugnisse, mit denen sie staatliche Aufgaben vollziehen.
Struktur und Organisation
Behördenbezeichnung und Leitung
Die Verwaltung eines Regierungsbezirks erfolgt durch eine Bezirksregierung oder ein Regierungspräsidium. Die Behördenleitung obliegt dem sogenannten Regierungspräsidenten beziehungsweise der Regierungspräsidentin. Diese werden auf Vorschlag der Landesregierung bestellt.
Begrifflichkeiten:
- In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen heißen die Mittelbehörden „Bezirksregierung“.
- In Baden-Württemberg, Hessen und früher in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen „Regierungspräsidium“.
- Die Bezeichnung und Aufgabenbereiche können landesspezifisch abweichen.
Aufgabenbereiche und Zuständigkeiten
Die Bezirksregierungen nehmen eine Vielzahl von Aufgaben wahr, die zumeist nach dem Prinzip der mittelbaren Landesverwaltung ausgestaltet sind:
Hoheitliche Aufgaben:
- Aufsicht über die unteren Verwaltungsbehörden, wie Landkreise und kreisfreie Städte (Kommunalaufsicht)
- Koordinierung und Vollzug fachspezifischer Gesetze (zum Beispiel Bau- und Umweltrecht, Schulwesen, Gesundheitswesen, öffentliche Sicherheit und Ordnung)
- Überwachung der Einhaltung von Landesgesetzen und Umsetzung bundesrechtlicher Vorgaben im Zuständigkeitsbereich des Landes
Genehmigungs- und Kontrollfunktionen:
- Erteilung von Genehmigungen, Bewilligungen und Ausführungszustimmungen im Rahmen spezialgesetzlicher Aufgaben (z. B. Großprojekte, Raumordnungs- und Planungsverfahren)
- Durchführung von Widerspruchsverfahren gegen Verwaltungsakte nach Fachgesetzen der jeweiligen Landesressorts
Koordinierungsfunktion
Der Regierungsbezirk agiert häufig als Schnittstelle zwischen den Ressorts auf Landesebene und den nachgeordneten Verwaltungsbehörden, insbesondere zur Umsetzung bereichsübergreifender Aufgaben.
Bedeutung im föderalen Verwaltungssystem
Weitere Aufgaben der Regierungsbezirke ergeben sich durch die föderale Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Während der Ausgestaltung und Anzahl der Regierungsbezirke dem jeweiligen Landesgesetzgeber obliegt, regelt das Grundgesetz (§ 83 ff. GG) lediglich die Zuständigkeiten der Länder für den Vollzug von Bundesgesetzen, nicht jedoch einzelne Verwaltungsebenen.
Regelungsbefugnis der Länder
Die Abschaffung, Zusammenlegung oder Schaffung von Regierungsbezirken bleibt den Ländern überlassen. Dies führte in den vergangenen Jahrzehnten zu unterschiedlichen Entwicklungen:
- In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und seit 2005 auch in Niedersachsen wurden Regierungsbezirke abgeschafft.
- In den Ländern Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Sachsen existieren Regierungsbezirke weiterhin.
- Rheinland-Pfalz löste 2000 die Bezirksregierungen auf und übertrug deren Aufgaben an „Aufsichts- und Dienstleistungsdirektionen“.
Auswirkungen auf kommunale Selbstverwaltung
Die Einbindung der Regierungsbezirke in den Verwaltungsaufbau der Länder dient der effizienten Steuerung des Verwaltungshandelns. Sie stellen dabei eine Aufsichtsstufe dar, ohne die kommunale Selbstverwaltung gem. Art. 28 Abs. 2 GG zu beeinträchtigen. Die Aufgaben der Kommunalaufsicht, beispielsweise, sind als staatliche Aufgaben ausgestaltet und werden von den Regierungsbezirken oder deren Nachfolgebehörden wahrgenommen.
Verwaltungsverfahren und Rechtsmittel
Aufsicht und Rechtsaufsicht
Im Rahmen der Rechtsaufsicht kontrollieren Bezirksregierungen die Recht- und Zweckmäßigkeit der Verwaltung, insbesondere gegenüber Landkreisen, Städten, Gemeinden und weiteren unteren Behörden.
Widerspruchsverfahren
Im deutschen Verwaltungssystem stellen Regierungsbezirke regelmäßig die Widerspruchsbehörde bei Verwaltungsentscheidungen der unteren Ebenen dar. Sie überprüfen die Sach- und Rechtslage als Mittelinstanz vor einer eventuellen gerichtlichen Auseinandersetzung.
Mitwirkung bei Verwaltungsgerichtsverfahren
Sofern gegen eine Entscheidung der Bezirksregierung Klage beim Verwaltungsgericht erhoben wird, ist diese als beklagte Behörde beteiligt. Die verwaltungsgerichtlichen Grundsätze, etwa § 20 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), regeln insoweit die Prozessbeteiligung.
Zusammenfassung und aktuelle Entwicklung
Der Regierungsbezirk ist eine spezifische Verwaltungsebene, deren rechtlicher Status, Aufgabenbereich und Zuständigkeit durch das jeweilige Landesrecht konkret bestimmt wird. Im föderalen System bildet er eine Mittelinstanz, die den Verwaltungsvollzug, die Rechtsaufsicht und fachspezifische Koordination unterstützt. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass die Existenz und Ausgestaltung von Regierungsbezirken einem stetigen Wandel unterliegt, abhängig von politischen und verwaltungsorganisatorischen Entscheidungen der Bundesländer. In der Gesamtschau bleibt der Regierungsbezirk ein Schlüsselinstrument staatlicher Steuerungsebene in der deutschen Landesverwaltung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtliche Grundlage besteht für die Errichtung und Auflösung von Regierungsbezirken?
Regierungsbezirke werden in Deutschland auf Grundlage der jeweiligen Landesverfassungen sowie Landesgesetze errichtet und geregelt. Die Bundesländer haben gemäß ihrer verfassungsrechtlich garantierten Organisationshoheit die Befugnis, Aufbau, Zuschnitt und Aufgaben ihrer mittleren Verwaltungsebene – einschließlich der Regierungsbezirke – selbst festzulegen. Wichtige Rechtsgrundlagen sind beispielsweise das Gesetz über die Bildung der Regierungsbezirke und die Geschäftsordnung für die Bezirksregierungen, die von den Landesparlamenten verabschiedet werden. Änderungen, einschließlich der Auflösung oder Gebietsreformen, können somit durch Landesgesetz erfolgen; dies unterliegt jedoch häufig Beteiligungsverfahren und ggf. Mitbestimmungsrechten kommunaler Organe. Bundesrechtliche Vorgaben bestehen nicht unmittelbar, außer in spezifischen Fachgesetzen, die Verwaltungszuständigkeiten vorsehen.
Welche Bedeutung haben Regierungsbezirke hinsichtlich der Landesverwaltung?
Regierungsbezirke stellen eine sogenannte Mittelbehörde in der Verwaltungshierarchie der Länder dar und dienen als Bindeglied zwischen Landesministerien und den Kommunalverwaltungen. Aus rechtlicher Sicht sind sie insbesondere für die Umsetzung und Überwachung von Landesgesetzen, aber auch für die Ausführung von Bundesrecht im übertragenen Wirkungskreis zuständig. Sie agieren dabei meist als Aufsichtsbehörde über Landkreise und kreisfreie Städte, verfügen aber auch über eigene Entscheidungsbefugnisse in Angelegenheiten wie Raumordnung, Umweltschutz, Schulaufsicht und Gefahrenabwehr. Die rechtlichen Aufgaben und Zuständigkeiten ergeben sich jeweils aus dem einschlägigen Landesrecht, insbesondere aus den sogenannten Zuständigkeits- und Ausführungsgesetzen sowie spezifischen Fachgesetzen.
Wie ist die rechtliche Stellung des Regierungspräsidenten geregelt?
Der Regierungspräsident ist Oberhaupt der Bezirksregierung und wird in der Regel durch das jeweilige Landesministerium berufen. Rechtlich gesehen handelt es sich um eine Beamtenstellung auf Zeit, gegebenenfalls auch mit politischem Charakter, je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Innenministerium oder anderen jeweils zuständigen Landesressorts. Der Aufgabenbereich, die Rechte und Pflichten des Regierungspräsidenten sind in den Verwaltungsgesetzen der Länder, teilweise ergänzend durch Geschäftsordnungen, bestimmt. Besondere Vorschriften gibt es hinsichtlich Unvereinbarkeitsregelungen, dienstrechtlicher Weisungsbindung und Zuständigkeitsabgrenzungen.
Welche Rechtsmittel stehen gegen Entscheidungen einer Bezirksregierung zur Verfügung?
Entscheidungen der Bezirksregierung als Verwaltungsbehörde können in der Regel mit dem Widerspruch gemäß den landesrechtlichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) oder den jeweiligen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen angefochten werden, sofern kein anderes Rechtsmittel vorgesehen ist. Nach Ablehnung des Widerspruchs steht der Verwaltungsrechtsweg offen, der vor den Verwaltungsgerichten geführt wird. Die genaue Ausgestaltung der Rechtsmittelsystematik sowie die Zuständigkeit richtet sich nach Bundes- und Landesrecht, insbesondere nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und dem jeweiligen Landesrecht. In bestimmten Fachbereichen, z. B. im Baurecht oder Umweltrecht, gibt es zudem Sonderregelungen, etwa hinsichtlich der Klagebefugnis oder des Sofortvollzugs.
Gibt es eine Verpflichtung zur Errichtung von Regierungsbezirken in allen Bundesländern?
Rechtlich besteht keine bundesweite Verpflichtung zur Errichtung von Regierungsbezirken. Die föderale Struktur des Grundgesetzes erlaubt es den Bundesländern, ihre Verwaltungsaufbauorganisation einschließlich der Zwischeninstanzen zwischen Landes- und Kommunalebene eigenständig festzulegen. So haben beispielsweise einige Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen Regierungsbezirke eingerichtet, während andere, wie Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen oder seit 2004 auch Sachsen-Anhalt, diesen Verwaltungszweig abgeschafft oder nie eingeführt haben. Dies kann lediglich durch Landesrecht beeinflusst werden, eine direkte Vorgabe aus Bundesrecht besteht nicht.
Welche Funktion erfüllt die Bezirksregierung im Rahmen der Rechtsaufsicht?
Die Rechtsaufsicht der Bezirksregierungen erstreckt sich vor allem auf die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit nachgeordneter Kommunen und sonstiger Gebietskörperschaften. Die Bezirksregierungen sind befugt, Anordnungen zu erlassen, Beanstandungen vorzunehmen und ggf. Ersatzvornahmen zu veranlassen, wenn die Rechtsvorschriften nicht eingehalten werden. Ihre Eingriffsrechte leiten sich aus den Kommunalverfassungen der Länder bzw. aus den Gesetzen zur Ausführung des Kommunalrechts ab. Die Aufgaben der Bezirksregierung enden jedoch in der Regel bei der Überprüfung von Gesetzmäßigkeit, nicht der Zweckmäßigkeit („Rechtsaufsicht“ gegenüber „Fachaufsicht“).
Wie werden Kompetenzen zwischen Landesministerien und Bezirksregierungen rechtlich zugewiesen?
Die Zuweisung von Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen Landesministerien und Bezirksregierungen erfolgt überwiegend durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Landesebene. In der Regel bestimmen sogenannte Zuständigkeitsverordnungen und Ausführungsgesetze, welche Aufgaben den Bezirksregierungen zur eigenständigen Verwaltung oder zur bloßen Ausführung übertragen werden. Typisch ist die Übertragung von Vollzugs- und Aufsichtsaufgaben auf die Bezirksregierungen, während strategische, planende und Gesetzes vorbereitende Aufgaben den Ministerien verbleiben. Die rechtliche Grundlage hierfür sind die Landesverfassungen, Verwaltungsorganisationsgesetze und die jeweiligen Fachgesetze in Verbindung mit dem jeweiligen Geschäftsverteilungsplan.