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Regelungsabrede


Begriff und Begriffsentstehung der Regelungsabrede

Die Regelungsabrede ist ein zentraler Begriff im deutschen Zivilrecht, insbesondere im Zusammenhang mit privatrechtlichen Einigungen im Rahmen streitiger oder unklarer Rechtsverhältnisse. Sie beschreibt eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen mindestens zwei Parteien, die das Ziel verfolgt, eine bestehende Unsicherheit, Meinungsverschiedenheit oder Unklarheit über ein Rechtsverhältnis verbindlich zu regeln.

Anders als bei klassischen Verträgen, die meist auf die Begründung, Änderung oder Aufhebung eines Schuldverhältnisses gerichtet sind, liegt der Fokus bei der Regelungsabrede auf der deklaratorischen Festlegung von Rechtsfolgen im Einzelfall. Damit grenzt sich die Regelungsabrede juristisch von vergleichbaren Konstruktionen wie dem Anerkenntnis oder dem Vergleich ab.


Aufbau und Wesen einer Regelungsabrede

Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten

1. Regelungsabrede vs. Vergleich

Ein Vergleich nach § 779 BGB setzt voraus, dass die Parteien zur Beilegung eines Streits durch gegenseitiges Nachgeben eine Einigung erzielen und damit ein bestehendes Rechtsverhältnis abschließend klären. Die Regelungsabrede hingegen kann bereits getroffen werden, wenn lediglich eine Unsicherheit über die Rechtslage besteht, ohne dass unbedingt eine umfassende Streitbeilegung notwendig wäre. Sie bindet die Parteien hinsichtlich der vereinbarten Regelung, ohne dass zwingend ein gegenseitiges Nachgeben Voraussetzung ist.

2. Regelungsabrede vs. Anerkenntnis

Das Anerkenntnis (§ 781 BGB) betrifft einseitige Willenserklärungen zur Feststellung eines bestehenden Schuldverhältnisses. Die Regelungsabrede hingegen ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft mit Bezug auf das strittige oder unklare Verhältnis. Ziel ist nicht bloß die Bestätigung, sondern eine den Parteien bindende Regelung – beispielsweise zur Auslegung einer Vertragsklausel oder zur Bestimmung bestimmter Rechte und Pflichten.

Funktion und Zweck

Der Hauptzweck der Regelungsabrede liegt in der bewusst von den Parteien erzielten Verbindlichkeit hinsichtlich der Auslegung, Anwendung oder Fortgeltung bestimmter Rechtspositionen. So dient sie häufig der Praxis als flexibles Instrument zur effektiven Streitvermeidung, zur pragmatischen Anpassung laufender Vertragsverhältnisse oder zur Risikoverminderung im Vorfeld möglicher Rechtsstreitigkeiten.


Voraussetzungen und Wirksamkeit

1. Parteien und Form

Regelungsabreden werden grundsätzlich formlos geschlossen, sofern nicht für das zugrunde liegende Rechtsverhältnis eine bestimmte Form zwingend vorgeschrieben ist. Insbesondere im Arbeitsrecht, bei Mietverhältnissen oder in gesellschaftsrechtlichen Zusammenhängen werden derartige Abreden regelmäßig mündlich oder schriftlich fixiert.

2. Konsens und Inhalt

Die Wirksamkeit der Regelungsabrede setzt voraus, dass sich die Parteien über wesentliche Regelungselemente einig sind. Der Inhalt kann sich beispielsweise auf die Ausgestaltung einer Vertragsklausel, auf die Anpassung von Terminen oder Leistungen oder auf die vorübergehende Abänderung bestimmter Pflichten beziehen.

3. Grenzen und Sittenwidrigkeit

Regelungsabreden unterliegen wie alle schuldrechtlichen Vereinbarungen den allgemeinen Schranken. Eine Unwirksamkeit kann insbesondere bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote, die guten Sitten (§ 138 BGB) oder zwingende Schutzvorschriften eintreten.


Rechtliche Wirkungen der Regelungsabrede

1. Bindungswirkung

Die Regelungsabrede entfaltet grundsätzlich nur inter partes Wirkung; das heißt, sie bindet ausschließlich die beteiligten Parteien. Dritten gegenüber wirkt sie in der Regel nicht unmittelbar, es sei denn, eine gesetzliche Ausnahme (z.B. in Gesellschaftsverhältnissen) sieht ausdrücklich etwas anderes vor.

2. Anpassung und Kündigung

Sofern die Regelungsabrede nicht auf Dauer, sondern nur zur vorübergehenden Regelung einer Situation abgeschlossen ist, kann sie nach allgemeinen Grundsätzen bei geänderten Umständen angepasst oder gekündigt werden. Weitreichende Änderungen oder Aufhebungen bedürfen jedoch der Zustimmung beider Parteien.

3. Auswirkungen auf das Grundverhältnis

Die Regelungsabrede wirkt sich regelmäßig auf das zugrunde liegende Rechtsverhältnis aus und konkretisiert oder ändert dieses. Sie kann auch deklaratorisch bestätigende Wirkung entfalten, wodurch die bereits bestehenden Rechte und Pflichten ausdrücklich klargestellt und gefestigt werden.


Anwendungsbereiche der Regelungsabrede

Zivilrechtliche Vertragsverhältnisse

Regelungsabreden finden sich häufig in laufenden Vertragsbeziehungen, etwa bei Miet- oder Arbeitsverhältnissen, aber auch in langfristigen Projekt- oder Dienstleistungsverträgen. Sie dienen etwa der praktischen Anpassung einzelner Vertragspunkte, ohne den Grundvertrag umfassend zu ändern.

Arbeitsrecht

Insbesondere im Arbeitsrecht werden Regelungsabreden als flexible Instrumente genutzt, um kurzfristig auf veränderte Umstände zu reagieren, zum Beispiel bei der temporären Versetzung eines Arbeitnehmers oder der Anpassung der Arbeitszeit.

Gesellschaftsrecht und Unternehmenspraxis

In Unternehmensverträgen und gesellschaftsrechtlichen Beziehungen ermöglichen Regelungsabreden die effiziente Lösung von Meinungsverschiedenheiten im Gesellschafterkreis, etwa zur Handhabung von Geschäftsführeranweisungen oder Dividendenpolitik.


Abgrenzung zur „punktuellen Vertragsänderung“ und zur „überholenden Vereinbarung“

Während die Regelungsabrede auf eine verbindliche Regelung einer bestimmten Unsicherheit zielt, stellt die punktuelle Vertragsänderung eine tatsächliche Modifikation des bestehenden Vertrages dar. Im Unterschied dazu kommt der Regelungsabrede häufig keine eigenständige vertragsschaffende Wirkung insoweit zu, als nicht das gesamte Vertragswerk, sondern lediglich einzelne Aspekte geregelt werden.


Bedeutung und Praxisrelevanz der Regelungsabrede

Die Regelungsabrede stellt ein in der Praxis weit verbreitetes Instrument zur Vermeidung und Lösung potenzieller Konflikte dar. Sie ermöglicht es, spezifische Fragen und Unsicherheiten im Rechtsverhältnis effizient, rechtssicher und flexibel zu klären. Aufgrund ihrer Vielseitigkeit ist sie in sämtlichen Bereichen des Privatrechts und in unterschiedlichen vertraglichen Kontexten von großer praktischer Bedeutung.


Literaturhinweise

  • Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, aktuelle Auflage
  • Münchener Kommentar zum BGB, aktuelle Auflage
  • Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch
  • Langenfeld, „Regelungsabrede im Zivilrecht“, NJW 2011, 2562

Fazit

Die Regelungsabrede ist ein bedeutendes zivilrechtliches Gestaltungsinstrument zur Regelung unsicherer oder strittiger Sachverhalte innerhalb bestehender Rechtsverhältnisse. Ihre Flexibilität und rechtliche Verbindlichkeit ermöglichen eine effiziente und rechtssichere Handhabung von Anpassungen und Klärungen, ohne grundlegende Vertragswerke umfassend zu ändern. Durch ihre strikte Bindungswirkung im Verhältnis der Parteien trägt die Regelungsabrede maßgeblich zur Konfliktprävention und -lösung im Zivilrecht bei.

Häufig gestellte Fragen

Wie ist die Wirksamkeit einer Regelungsabrede im rechtlichen Kontext zu beurteilen?

Im rechtlichen Kontext ist die Wirksamkeit einer Regelungsabrede grundsätzlich daran zu messen, ob sie den gesetzlichen Vorgaben entspricht und keine gesetzlichen Verbote oder die guten Sitten verletzt (§ 134, § 138 BGB). Es ist zudem zu überprüfen, ob die Parteien geschäftsfähig waren und ein wirksamer Konsens über die zu regelnden Inhalte erzielt wurde. Die Regelung muss dabei hinreichend bestimmt und klar formuliert sein, damit ihre Reichweite und Bedeutung auslegbar bleibt. Werden durch die Regelungsabrede zwingende Vorschriften, etwa im Arbeitsrecht oder im Verbraucherschutz, umgangen, ist sie insoweit nichtig. Tarifrechtliche, familienrechtliche oder mietrechtliche Spezialvorschriften können ebenfalls Einschränkungen vorsehen, die die Gültigkeit einer Regelungsabrede beeinflussen. Darüber hinaus kann eine Formerfordernis bestehen, etwa bei Grundstücksgeschäften oder Eheverträgen, die ebenfalls die Wirksamkeit bedingt.

Welche rechtlichen Folgen ergeben sich bei der Verletzung einer Regelungsabrede?

Eine Verletzung der Regelungsabrede führt im Regelfall zu zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere Schadensersatz- oder Erfüllungsansprüchen (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 1 BGB). Voraussetzung ist das Vorliegen eines wirksamen Vertrags und das Verschulden der verletzenden Partei. Ist die Regelungsabrede Teil eines Vergleichs, kann unter bestimmten Bedingungen auch eine Vollstreckung gemäß § 794 ZPO erfolgen. In einzelnen Rechtsgebieten können spezielle Rechtsmittel folgen, etwa das Recht zur Kündigung im Arbeitsrecht oder Gestaltungsrechte im Mietrecht. Bei gravierenden Verstößen kann auch eine Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB) oder arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) in Betracht kommen.

Welche Formvorschriften müssen bei einer Regelungsabrede beachtet werden?

Eine Regelungsabrede unterliegt im deutschen Recht grundsätzlich dem Grundsatz der Formfreiheit (§ 125 BGB). Es gibt jedoch vielfältige Ausnahmen: Beispielsweise verlangt das Gesetz bei bestimmten Geschäften (z.B. im Grundstücksrecht, § 311b BGB, oder bei Eheverträgen, § 1410 BGB) die notarielle Beurkundung. Im Arbeitsrecht können tarifvertragliche Bestimmungen Schriftform vorschreiben. Fehlt die vorgeschriebene Form, ist die Regelungsabrede nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Auch elektronische Formen gemäß § 126a BGB sind nur dann ausreichend, wenn das Gesetz dies ausdrücklich zulässt. Im Mietrecht sind formelle Anforderungen oft im Mietvertrag explizit geregelt.

Sind Regelungsabreden gegenüber Dritten wirksam oder entfalten sie lediglich Wirkung zwischen den Parteien?

Regelungsabreden wirken grundsätzlich nur inter partes, das heißt, sie entfalten ihre Wirksamkeit ausschließlich zwischen den unmittelbar beteiligten Parteien. Dritte sind weder berechtigt noch verpflichtet, aus der Regelungsabrede Ansprüche herzuleiten oder Pflichten zu erfüllen. Eine Ausnahme bildet der Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), bei dem ausnahmsweise Dritte berechtigt werden können, sowie im Bereich des Schuldbeitritts oder der Abtretung (§§ 398 ff. BGB). Öffentlich-rechtliche Geltung erlangt die Regelungsabrede nur, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht.

Wie verhält sich eine Regelungsabrede zu bestehenden gesetzlichen Regelungen?

Eine Regelungsabrede kann dispositives Gesetzesrecht grundsätzlich abändern oder ergänzen, soweit dies gesetzlich nicht ausgeschlossen ist. Greift jedoch zwingendes Recht, wie etwa im Arbeitsrecht (Mindestlohngesetz), Mietrecht (Mietpreisbremse), Familienrecht oder Verbraucherschutz, so sind abweichende Regelungen unwirksam. Die Regelungsabrede ist stets am Maßstab der gesetzlichen Regelungen zu messen und kann diese nur dann rechtswirksam modifizieren, wenn der Gesetzgeber dies im Sinne der Vertragsfreiheit zulässt. Eine weitergehende Abweichung kann andernfalls teilweise zur Nichtigkeit der Vereinbarung führen oder einzelne Klauseln unwirksam machen.

Welche Unterschiede bestehen zwischen Regelungsabrede, Vergleich und Vertrag aus rechtlicher Sicht?

Der Vertrag ist der weiteste Begriff und umfasst jede Einigung, durch die sich zwei Parteien zu bestimmten Leistungen und Gegenleistungen verpflichten. Die Regelungsabrede ist ein Spezialfall des Vertrags, der sich auf die Ordnung bestimmter, oft strittiger Verhältnisse bezieht, aber keinen abschließenden Streit beenden muss. Der Vergleich (§ 779 BGB) hingegen ist ein Vertrag, bei dem die Parteien einen Streit oder eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis durch gegenseitiges Nachgeben dauerhaft beseitigen wollen. Während jede Vergleichsvereinbarung eine Regelungsabrede darstellt, ist nicht jede Regelungsabrede ein Vergleich. Die Unterscheidung ist insbesondere für die Anwendung von Rechtsfolgen, wie die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung, relevant.

Welche Rolle spielt die Auslegung bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungsabreden?

Unklare oder mehrdeutige Regelungsabreden sind nach §§ 133, 157 BGB auszulegen. Maßgeblich ist dabei der wirkliche Wille der Parteien sowie Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte. Sind einzelne Bestimmungen auslegungsbedürftig, werden ergänzende Vertragsauslegungen vorgenommen, gegebenenfalls auch durch Rückgriff auf dispositive gesetzliche Regelungen. Bei nicht behebbaren Unklarheiten kann sich eine Vertragslücke ergeben, die je nach Einzelfall durch ergänzende Vertragsauslegung oder gegebenenfalls durch Nichtigkeit einzelner Klauseln zu lösen ist. Bei AGB findet die sogenannte Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB Anwendung, nach der Zweifel zu Lasten des Verwenders gehen.