Begriff und Definition des Regelentgelts
Das Regelentgelt ist ein zentraler Begriff im deutschen Arbeitsrecht und bezeichnet das regelmäßige, laufend gezahlte Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zusteht. Es stellt die Basis für zahlreiche arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Berechnungen und Ansprüche dar. Das Regelentgelt ist insbesondere für die Bemessung von Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall, im Urlaub oder bei Feiertagen sowie für Beitragsberechnungen zur Sozialversicherung und zur Berechnung von Rentenanwartschaften von entscheidender Bedeutung.
Rechtsgrundlagen
Arbeitsrechtliche Vorschriften
Im Kontext des Arbeitsrechts wird das Regelentgelt häufig im Zusammenhang mit dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sowie spezialgesetzlichen Regelungen im Bereich des Tarifvertrags- und Beamtenrechts verwendet.
§ 4 EFZG regelt die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts im Krankheitsfall und definiert das fortzuzahlende Arbeitsentgelt ausdrücklich als das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt.
Im Bundesurlaubsgesetz (§ 11 BUrlG) findet sich eine entsprechende Regelung zur Berechnung des Urlaubsentgelts auf Basis des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten dreizehn Wochen vor dem Urlaubsantritt.
Tarifrechtliche Regelungen
In zahlreichen Tarifverträgen, etwa im öffentlichen Dienst (TVöD/TV-L), öffentlichen und privaten Sektoren, werden nähere Bestimmungen zum Regelentgelt getroffen. Diese regeln etwa den Umfang, die Zusammensetzung und die Fälligkeit des Entgelts und können bestimmte Lohnbestandteile ausdrücklich ein- oder ausschließen.
Sozialversicherungsrechtliche Bedeutung
Das Regelentgelt stellt zudem eine zentrale Größe in der Sozialversicherung dar. Hier wird es beispielsweise als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Festlegung von Entgeltersatzleistungen (wie dem Krankengeld oder dem Elterngeld) herangezogen.
Zusammensetzung des Regelentgelts
Grundsatz: Regelmäßiges Arbeitsentgelt
Das Regelentgelt umfasst grundsätzlich alle laufenden, dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließenden Entgeltbestandteile für geleistete Arbeit. Dazu zählen insbesondere:
Monetäres Grundgehalt / Grundlohn
Lohnzuschläge (z. B. Zulagen für Schichtarbeit, Gefahrenzulagen, Erschwerniszuschläge)
Persönliche Zulagen, soweit sie regelmäßig gezahlt werden
Keine Bestandteile des Regelentgelts
Vom Regelentgelt nicht umfasst sind unregelmäßige, von bestimmten Bedingungen abhängige oder nur gelegentlich gezahlte Leistungen wie:
Einmalzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien, Tantiemen)
Aufwandsentschädigungen
Überstundenvergütungen, soweit sie nicht regelmäßig anfallen
Sachbezüge, soweit sie keine laufenden Bezüge darstellen
Ob ein bestimmter Entgeltbestandteil zum Regelentgelt zählt, ist regelmäßig anhand der Kriterien der Regelmäßigkeit, Vorhersehbarkeit und Verbindlichkeit zu prüfen.
Anwendungsbereiche des Regelentgelts
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Das Entgeltfortzahlungsgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen das Regelentgelt weiterzuzahlen. Bemessungsgrundlage ist das Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer ohne Arbeitsunfähigkeit zugestanden hätte, einschließlich der regelmäßig gezahlten Zulagen.
Urlaubsentgelt
Für den gesetzlich gewährten Urlaub ist nach § 11 BUrlG das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten dreizehn Wochen zu zahlen. Auch hier werden nur die regelmäßig gezahlten und verdienten Entgeltbestandteile berücksichtigt.
Feiertagsvergütung
Arbeitnehmer, die infolge eines gesetzlichen Feiertages nicht arbeiten müssen, haben nach § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das sie ohne den Arbeitsausfall erhalten hätten – also das Regelentgelt.
Sozialversicherung und Lohnersatzleistungen
Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnersatzleistungen (wie Krankengeld, Elterngeld oder Kurzarbeitergeld) wird das regelmäßige Arbeitsentgelt herangezogen, oft mit besonderen Berechnungsvorschriften zur Abgrenzung und Ermittlung des maßgeblichen Regelentgelts.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
Das Regelentgelt ist abzugrenzen von anderen arbeitsrechtlichen Entgeltbegriffen wie dem Entgelt im Sinne der Sozialversicherung, dem Gesamtbruttoarbeitsentgelt, der vergüteten Arbeitszeit oder dem Ausfallentgelt. Während das Regelentgelt in der Regel nur die laufenden, regelmäßig gezahlten Beträge umfasst, können in anderen Zusammenhängen auch Einmalzahlungen, Sonderzahlungen oder bestimmte Sachbezüge berücksichtigt werden.
Besonderheiten und Abweichungen
Tarifvertragliche und betriebliche Regelungen
Je nach Branche und Geltung von Tarifverträgen können Definition und Zusammensetzung des Regelentgelts von den allgemeinen gesetzlichen Vorgaben abweichen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen die jeweils einschlägigen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen prüfen, um die richtige Berechnung des Regelentgelts sicherzustellen.
Sonderfälle
Sonderregelungen existieren etwa im Rahmen von Altersteilzeit, Kurzarbeit, geringfügiger Beschäftigung oder im Falle von Mutterschutz und Elternzeit. Hier gelten zum Teil besondere Berechnungsmethoden, die sich an gesetzlichen oder tarifvertraglichen Besonderheiten orientieren.
Rechtsprechung zum Regelentgelt
Die Arbeitsgerichte haben zahlreiche Entscheidungen zum Regelentgelt und seinen Bestandteilen gefällt. Streitpunkte ergeben sich häufig hinsichtlich der Zuordnung einzelner Lohnbestandteile sowie in Bezug auf die Auslegung der „Regelmäßigkeit“. Die Rechtsprechung betont hierbei, dass allein das tatsächliche, verhältnismäßig regelmäßige Zufließen des Entgelts maßgeblich sei und nicht allein die arbeitsvertragliche Bezeichnung. Einmalige Zuwendungen gehören demnach nicht zum Regelentgelt, während beständig gezahlte Zuschläge regelmäßig einzubeziehen sind.
Bedeutung des Regelentgelts in der Praxis
Das Regelentgelt hat im Arbeitsverhältnis erhebliche Bedeutung für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber und ist für die ordnungsgemäße Abwicklung von Entgeltfortzahlungen und für die Ermittlung von Beitrags- und Leistungsansprüchen in der Sozialversicherung unerlässlich. Fehler bei der Bestimmung des Regelentgelts können zu erheblichen Nachforderungen, Zahlungsklagen oder Beitragsnachzahlungen führen und bergen das Risiko arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen.
Literatur und weiterführende Informationen
Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)
Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
Tarifverträge, insbesondere TVöD, TV-L, TV-V
Sozialgesetzbuch IV (SGB IV), SGB V, SGB VI
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Regelentgelt
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Vorschriften regeln das Regelentgelt in Deutschland?
Das Regelentgelt wird in verschiedenen Rechtsgebieten durch unterschiedliche Vorschriften geregelt. Im Sozialversicherungsrecht ist insbesondere § 21 SGB IV einschlägig, der das Regelentgelt im Zusammenhang mit dem Entgeltausfallprinzip und der Berechnung von Entgeltersatzleistungen (wie Krankheit, Mutterschaft oder Kurzarbeitergeld) definiert. Daneben existieren in Spezialgesetzen, etwa im Mutterschutzgesetz oder im Bundesurlaubsgesetz, ergänzende Regelungen zur Berechnung des regelmäßigen Arbeitsentgelts. Im arbeitsrechtlichen Kontext ist zudem auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu achten, in denen oftmals konkretisierende Bestimmungen zum Umfang und zur Berechnungsweise des Regelentgelts enthalten sind. Die jeweiligen Regelungen können sich insbesondere darauf auswirken, welche Entgeltbestandteile zu berücksichtigen sind und zu welchem Zeitpunkt das Regelentgelt zu bestimmen ist.
Fallen auch einmalige Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld unter das Regelentgelt?
Im rechtlichen Kontext ist zwischen laufendem Arbeitsentgelt und einmaligen Sonderzahlungen zu unterscheiden. Für die Berechnung des Regelentgelts gemäß § 21 SGB IV sind grundsätzlich nur die laufenden Bezüge, die dem Arbeitnehmer regelmäßig zustehen und ausgezahlt werden (z. B. Grundlohn, Zulagen, tarifliche Zuschläge), zu berücksichtigen. Einmalige Zahlungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Jubiläumszuwendungen oder andere Sonderprämien zählen nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis nicht zum Regelentgelt. Sie werden also bei der Berechnung von Entgeltersatzleistungen explizit nicht miteinbezogen, es sei denn, eine spezielle gesetzliche Regelung oder ein geltender Tarifvertrag sieht eine andere Handhabung vor.
In welchem Zeitraum muss das Regelentgelt für die Berechnung von Entgeltersatzleistungen herangezogen werden?
Rechtlich maßgeblich ist der sogenannte Referenzzeitraum, der je nach Art der Entgeltersatzleistung variiert. Im Allgemeinen ist nach § 21 Abs. 1 SGB IV das im letzten abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum vor dem Ereignis bezogene Arbeitsentgelt heranzuziehen. Bei einer monatlichen Lohnabrechnung wäre dies der Kalendermonat vor Beginn z. B. der Arbeitsunfähigkeit. Für spezielle Entgeltersatzleistungen, wie z. B. das Kurzarbeitergeld oder das Mutterschaftsgeld, sind ggf. andere Stichtagsregelungen gesetzlich fixiert. Die Einhaltung dieses Referenzzeitraums ist insbesondere deshalb rechtlich bedeutsam, weil nur das in diesem Zeitraum tatsächlich gezahlte, laufende Arbeitsentgelt berücksichtigt werden darf.
Müssen Arbeitgeber das Regelentgelt bescheinigen und welche rechtlichen Pflichten bestehen dabei?
Arbeitgeber trifft eine gesetzliche Mitwirkungspflicht bei der Bescheinigung des Regelentgelts. Nach § 108 Abs. 3 GewO sowie spezifischen Vorschriften der Sozialgesetzbücher muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers oder einer antragsberechtigten Stelle (z. B. Krankenkasse, Agentur für Arbeit) umfassend und wahrheitsgetreu Auskunft über die Höhe und Zusammensetzung des Regelentgelts erteilen. Die Verletzung dieser Auskunftspflicht kann zu sozial- oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen, etwa zur Verzögerung oder zur Falschberechnung von Entgeltersatzleistungen, unter Umständen auch zu Schadensersatzansprüchen gegen den Arbeitgeber. Die gesetzlich vorgeschriebenen Formulare (z. B. Leistungsantrag auf Krankengeld, Arbeitsbescheinigung für die Agentur für Arbeit) müssen vollständig und korrekt ausgefüllt werden.
Gibt es Rechtsmittel bei Streitigkeiten über die Höhe des Regelentgelts?
Im Falle von Streitigkeiten über die Höhe des Regelentgelts steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich der arbeitsrechtliche Weg offen. Hierzu zählt die Möglichkeit, eine Klage beim zuständigen Arbeitsgericht zu erheben, etwa wenn der Arbeitnehmer Zweifel an der Berechnung durch den Arbeitgeber hat oder ihm eine zu niedrige Entgeltersatzleistung bewilligt wurde. Häufig ist zudem eine vorherige außergerichtliche Klärung durch Einlegung eines Widerspruchs bei der zuständigen Behörde (z. B. Krankenkasse, Agentur für Arbeit) erforderlich. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens sind Arbeitgeber verpflichtet, Auskunft über die relevanten Entgeltdaten zu geben. Das Gericht entscheidet sodann anhand der einschlägigen gesetzlichen und tariflichen Vorschriften.
Werden geldwerte Vorteile (z. B. Dienstwagen, Essenszuschüsse) beim Regelentgelt berücksichtigt?
Der rechtliche Maßstab zur Einbeziehung geldwerter Vorteile orientiert sich an der Frage, ob es sich um laufende und regelmäßig gewährte Leistungen handelt. Soweit geldwerte Vorteile – etwa die Privatnutzung eines Firmenwagens, Essenszuschüsse oder andere Sachbezüge – regelmäßig erbracht und dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließen, sind sie gemäß § 14 SGB IV als Arbeitsentgelt zu werten und somit auch bei der Berechnung des Regelentgelts zu berücksichtigen. Einmalige oder unregelmäßige Sachzuwendungen bleiben hingegen unberücksichtigt. Die genaue Bewertung dieser Vorteile erfolgt nach den jeweils geltenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bewertungsmaßstäben.
Wie wirken sich Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen auf das Regelentgelt aus?
Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können das Regelentgelt sowohl hinsichtlich seiner Zusammensetzung als auch der Berechnung konkretisieren oder erweitern. Insbesondere tarifliche Zuschläge, Sonderregelungen zu Schichtarbeit, Bereitschaftsdienst oder Zuschläge für Feiertagsarbeit können im Rahmen tariflicher Bestimmungen explizit als Bestandteil des Regelentgelts definiert werden. Ebenso können Betriebsvereinbarungen weitere Entgeltbestandteile oder Berechnungszeiträume vorsehen, sofern sie dabei nicht gegen zwingendes gesetzliches Recht verstoßen. Im Zweifelsfall sind die jeweiligen tariflichen oder betrieblichen Normen vorrangig zu prüfen, da sie im Verhältnis zu den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen oft abschließend wirken.
Welche Konsequenzen hat eine fehlerhafte Berechnung des Regelentgelts aus rechtlicher Sicht?
Eine fehlerhafte Berechnung des Regelentgelts kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zum einen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die korrekte Höhe der Entgeltersatzleistung; eine zu niedrige Festsetzung muss berichtigt werden. Zum anderen drohen dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer, den Sozialversicherungsträgern oder anderen Behörden Nachforderungen, ggf. auch Bußgeld- oder strafrechtliche Konsequenzen, falls fahrlässig oder vorsätzlich falsche Angaben gemacht wurden. Im Falle gezahlter Sozialleistungen auf Basis eines zu niedrigen Regelentgelts besteht zudem die Möglichkeit von Leistungsverzögerungen oder Rückforderungen. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Bestimmung und Bescheinigung des Regelentgelts ist daher für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer entscheidend.