Rechtswidrige Tat: Begriff, Bedeutung und Einordnung
Eine rechtswidrige Tat ist eine Handlung oder ein Unterlassen, das gegen die Rechtsordnung verstößt und nicht durch besondere Gründe erlaubt ist. Der Begriff beschreibt das Unrecht einer Tat: Wer den gesetzlichen Tatbestand erfüllt und hierfür kein Rechtfertigungsmoment vorweisen kann, handelt rechtswidrig. Ob eine rechtswidrige Tat auch zu einer Strafe oder einem Bußgeld führt, hängt zusätzlich davon ab, ob die handelnde Person individuell vorwerfbar gehandelt hat (Schuld) und ob die jeweiligen Verfahrensvoraussetzungen erfüllt sind.
Abgrenzung: Rechtswidrig vs. strafbar
Rechtswidrig ist eine Tat, wenn sie das rechtliche Verbot verletzt und nicht gerechtfertigt ist. Strafbar ist sie erst, wenn zur Rechtswidrigkeit auch persönliche Vorwerfbarkeit hinzukommt und die Tat im Strafverfahren verfolgt werden kann. Es gibt daher Konstellationen, in denen eine Tat rechtswidrig ist, aber nicht bestraft wird, etwa wenn die handelnde Person nicht schuldfähig ist.
Mehrere Rechtsbereiche
Der Begriff rechtswidrige Tat begegnet in verschiedenen Bereichen:
- Strafrecht: rechtswidrige Straftaten unterliegen staatlicher Ahndung mit Strafen und Maßnahmen.
- Ordnungswidrigkeitenrecht: rechtswidrige Ordnungswidrigkeiten werden mit Bußgeldern geahndet.
- Zivilrecht: rechtswidrige Eingriffe können Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche auslösen.
Voraussetzungen und Struktur der Tat
Die rechtliche Beurteilung einer Tat folgt einem dreistufigen Aufbau: Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld. Diese Reihenfolge hilft, das Geschehen systematisch zu prüfen.
Tatbestand
Der Tatbestand umschreibt, welche Merkmale ein Verhalten aufweisen muss, um als tatbestandsmäßig zu gelten. Dazu zählen je nach Delikt:
- eine Handlung oder ein Unterlassen,
- ein tatbezogener Erfolg (sofern vorgesehen),
- Kausalität und Zurechnung zwischen Verhalten und Erfolg,
- die innere Haltung (Vorsatz oder Fahrlässigkeit),
- weitere besondere Merkmale (zum Beispiel die Verwendung bestimmter Mittel oder das Handeln in bestimmten Situationen).
Begehen durch Unterlassen
Rechtswidrigkeit kann auch durch Unterlassen eintreten, wenn eine rechtliche Pflicht zum Handeln besteht. In solchen Fällen wird das Ausbleiben einer gebotenen Handlung wie ein aktives Tun bewertet, wenn die Person für das Ausbleiben verantwortlich ist und der Erfolg dadurch vermeidbar gewesen wäre.
Beteiligung mehrerer Personen
Wer eine rechtswidrige Tat anstiftet oder fördert, kann ebenfalls verantwortlich sein. Häufig setzt eine solche Beteiligung voraus, dass eine rechtswidrige Haupttat vorliegt oder angestrebt wird. Art und Umfang der Zurechnung richten sich nach der jeweiligen Beteiligungsform.
Rechtswidrigkeit
Erfüllt ein Verhalten den Tatbestand, spricht eine Vermutung für seine Rechtswidrigkeit. Sie entfällt nur, wenn ein anerkannter Rechtfertigungsgrund vorliegt. Ohne Rechtfertigung bleibt die Tat rechtswidrig, unabhängig davon, ob die handelnde Person das Verbot kannte oder nicht.
Schuld
Schuld bedeutet persönliche Vorwerfbarkeit. Sie setzt in der Regel Schuldfähigkeit, Einsichtsfähigkeit und das Fehlen entschuldigender Umstände voraus. Ist die Schuld ausgeschlossen, kann eine rechtswidrige Tat ohne Strafe bleiben; das Unrecht der Tat als solches wird dadurch nicht aufgehoben.
Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe
Rechtfertigung und Entschuldigung sind unterschiedliche Antworten der Rechtsordnung auf ein verbotenes Verhalten.
Rechtfertigungsgründe
Rechtfertigungsgründe erlauben ausnahmsweise ein Verhalten, das sonst verboten wäre. Zu den typischen Konstellationen zählen die Abwehr eines gegenwärtigen Angriffs, eine Notlage, die wirksame Einwilligung in einen Eingriff, die Ausführung einer rechtmäßigen Amtsbefugnis sowie unauflösliche Pflichtenkollisionen. Liegt ein Rechtfertigungsgrund vor, entfällt die Rechtswidrigkeit vollständig: Die Tat ist dann rechtlich erlaubt.
Entschuldigungsgründe
Entschuldigungsgründe lassen das Unrecht der Tat bestehen, nehmen der handelnden Person aber den persönlichen Vorwurf. Klassische Fälle sind schwerwiegende Zwangslagen oder Situationen, in denen ein anderes Verhalten nicht zumutbar war. Die Tat bleibt rechtswidrig, wird jedoch nicht bestraft.
Irrtümer über Rechtfertigung
Wer irrig von einer rechtfertigenden Lage ausgeht, kann je nach Fallkonstellation entschuldigt sein. Der Irrtum beseitigt dann nicht die Rechtswidrigkeit, kann aber die Schuld entfallen lassen. Umgekehrt kann der Irrtum über bloße rechtliche Bewertung anders zu behandeln sein als ein Irrtum über tatsächliche Umstände.
Besondere Konstellationen
Versuch
Der Versuch liegt vor, wenn eine Person nach ihrer Vorstellung zur Tat ansetzt, der tatbestandliche Erfolg aber ausbleibt oder die Tat nicht vollendet wird. Ob und wie ein Versuch sanktioniert wird, hängt von der Art der Tat und den weiteren Voraussetzungen ab. Das Unrecht kann bereits beim Versuch beginnen, wenn objektiv kein Rechtfertigungsgrund eingreift.
Mehrere Beteiligte und Zurechnung
Bei mehreren Beteiligten ist zu unterscheiden zwischen Täterinnen und Tätern, Mittäterschaft, Anstiftung und Beihilfe. Meist setzt die strafrechtliche Beteiligung eine rechtswidrige Haupttat voraus. Die Verantwortung richtet sich danach, welcher Beitrag geleistet wurde und welche innere Haltung vorlag.
Zusammentreffen mit zivilrechtlichen Ansprüchen
Eine rechtswidrige Tat kann zugleich zivilrechtliche Folgen auslösen, etwa Schadensersatz oder Unterlassung. Strafrechtliche Ahndung und zivilrechtliche Haftung sind dabei voneinander unabhängig; beide setzen jedoch Rechtswidrigkeit des Eingriffs voraus, wenn auch nach unterschiedlichen Maßstäben.
Amtliches Handeln
Wer im Rahmen einer rechtlich eingeräumten Befugnis handelt, kann gerechtfertigt sein. Überschreitet eine Person die Grenzen dieser Befugnis, kann das Verhalten rechtswidrig werden. Maßgeblich ist, ob das Handeln sich im zulässigen Rahmen bewegte.
Rechtsfolgen rechtswidriger Taten
Strafen und Maßnahmen
Bei rechtswidrigen Straftaten kommen Strafen (zum Beispiel Geld- oder Freiheitsstrafe) in Betracht. Darüber hinaus sind auch Maßregeln möglich, die der Sicherung oder Besserung dienen. Deren Anordnung richtet sich nach dem individuellen Fall und den gesetzlichen Vorgaben.
Bußgelder
Rechtswidrige Ordnungswidrigkeiten werden mit Bußgeldern geahndet. Begleitend können Nebenfolgen wie Verwarnungen oder Auflagen hinzukommen.
Zivilrechtliche Folgen
Aus einer rechtswidrigen Verletzung können Ansprüche auf Schadensersatz, Schmerzensgeld oder Unterlassung entstehen. Diese Ansprüche verfolgen den Ausgleich oder die Verhinderung weiterer Beeinträchtigungen.
Nebenfolgen
Neben der Hauptahndung sind weitere Folgen möglich, etwa Einziehung von Taterträgen, Fahrverbote oder berufsbezogene Konsequenzen. Ob und welche Nebenfolgen eintreten, hängt von Art und Schwere des Verhaltens ab.
Verfahren und Nachweis
Beweisgrundsätze
Im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren gilt die Unschuldsvermutung. Die maßgeblichen Umstände, insbesondere Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld, sind festzustellen. Zweifel gehen im Ergebnis zu Gunsten der betroffenen Person.
Rolle der Rechtswidrigkeit im Verfahren
Die Feststellung der Rechtswidrigkeit setzt voraus, dass kein Rechtfertigungsgrund greift. Entsprechende Umstände können sich aus dem Sachverhalt selbst ergeben oder müssen ermittelt werden. Bestimmte Rechtfertigungsfragen (zum Beispiel Notwehr- oder Notstandsprüfungen) betreffen regelmäßig Tatsachen- und Bewertungsfragen.
Verjährung
Rechtswidrige Taten können nach einer gewissen Zeit nicht mehr geahndet werden. Fristen und Beginn der Verjährung richten sich nach Art und Schwere des Verhaltens sowie nach verfahrensbezogenen Umständen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur rechtswidrigen Tat
Was bedeutet „rechtswidrige Tat“ einfach erklärt?
Eine rechtswidrige Tat ist ein Verhalten, das gegen ein Verbot verstößt und für das es keinen rechtlichen Rechtfertigungsgrund gibt. Sie beschreibt das Unrecht der Handlung, unabhängig davon, ob am Ende eine Strafe verhängt wird.
Worin liegt der Unterschied zwischen rechtswidrig und strafbar?
Rechtswidrig ist eine Tat, wenn sie verboten und nicht gerechtfertigt ist. Strafbar ist sie erst dann, wenn zusätzlich persönliche Vorwerfbarkeit vorliegt und die weiteren Voraussetzungen einer Ahndung erfüllt sind. Es gibt also rechtswidrige Taten, die mangels Schuld nicht bestraft werden.
Welche Rolle spielen Rechtfertigungsgründe?
Rechtfertigungsgründe erlauben ausnahmsweise ein Verhalten, das sonst verboten wäre. Liegt ein solcher Grund vor, entfällt die Rechtswidrigkeit vollständig; die Tat gilt dann als erlaubt.
Kann ein Kind eine rechtswidrige Tat begehen?
Ein Kind kann den objektiven Unrechtsgehalt einer Tat verwirklichen. Ob eine Ahndung erfolgt, hängt von der individuellen Schuldfähigkeit und den Vorgaben zur Verantwortlichkeit ab. Fehlt die Schuld, bleibt es bei der Rechtswidrigkeit ohne Strafe.
Ist der Versuch einer Tat rechtswidrig?
Der Versuch kann bereits Unrecht aufweisen, wenn die Person zur Tat ansetzt und kein Rechtfertigungsgrund greift. Ob und in welchem Umfang ein Versuch geahndet wird, hängt von der Art des Delikts und weiteren Voraussetzungen ab.
Wie unterscheidet sich eine Ordnungswidrigkeit von einer Straftat in Bezug auf die Rechtswidrigkeit?
In beiden Bereichen ist Rechtswidrigkeit das zentrale Unrechtselement. Der Unterschied liegt in der Art der Ahndung: Ordnungswidrigkeiten werden mit Bußgeldern geahndet, Straftaten mit Strafen und gegebenenfalls Maßnahmen.
Welche zivilrechtlichen Folgen kann eine rechtswidrige Tat haben?
Rechtswidrige Eingriffe können Ansprüche auf Schadensersatz, Schmerzensgeld oder Unterlassung auslösen. Ziel ist der Ausgleich entstandener Schäden und die Verhinderung weiterer Beeinträchtigungen.
Können Unternehmen für rechtswidrige Taten verantwortlich sein?
Rechtliche Folgen können auch Unternehmen treffen, etwa in Form von Bußgeldern oder Vermögensabschöpfung, wenn Leitungs- oder Organisationspflichten verletzt wurden oder Verantwortliche rechtswidrig gehandelt haben. Zivilrechtlich kommen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche in Betracht.