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Rechtsextremismus-Datei


Rechtsextremismus-Datei

Die Rechtsextremismus-Datei ist eine zentrale Informationssammlung der deutschen Sicherheitsbehörden, die als behördenübergreifende Verbunddatei zur Bekämpfung und Aufklärung rechtsextremistischer Straftaten und Aktivitäten dient. Sie wurde auf Grundlage spezifischer gesetzlicher Regelungen geschaffen, um den Datenaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendiensten über Personen, Gruppen und Organisationen mit rechtsextremistischem Hintergrund zu verbessern und strafbare Handlungen sowie Gefährdungspotenziale effektiver zu erkennen und zu bekämpfen.

Gesetzliche Grundlagen und Einrichtung

Einführung der Rechtsextremismus-Datei

Die rechtliche Basis für die Errichtung und den Betrieb der Rechtsextremismus-Datei bildet das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes, des Militärischen Abschirmdienstes und der Polizei bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus (Rechtsextremismus-Datei-Gesetz – RED-G). Das Gesetz trat am 24. August 2012 in Kraft und regelt umfassend die Errichtung, den Betrieb, die Nutzung sowie den Datenschutz der Datei.

Zielsetzung und Zweck

Ziel der Rechtsextremismus-Datei ist es, die zur vorbeugenden Verhinderung und effektiveren Bekämpfung des Rechtsextremismus notwendigen Informationen zwischen den beteiligten Behörden schneller, rechtssicher und umfassend auszutauschen und zu verarbeiten. Sie ermöglicht die behördenübergreifende Recherche und Auswertung relevanter Daten mit Bezug auf rechtsextremistische Tätigkeiten und Strukturen.

Beteiligte Behörden und Trägerschaft

Die Rechtsextremismus-Datei ist als Verbunddatei gemäß § 1 RED-G ausgestaltet. Zu den beteiligten Behörden zählen insbesondere:

  • Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)
  • Das Bundeskriminalamt (BKA)
  • Der Militärische Abschirmdienst (MAD)
  • Die Landesbehörden für Verfassungsschutz
  • Die Landeskriminalämter (LKA)
  • Die Polizeidienststellen der Länder

Diese Behörden sind zur fortlaufenden Pflege, Aktualisierung sowie zum Zugriff auf die Datei berechtigt.

Inhalt und erfasste Daten

Kategorien personenbezogener Daten

Rechtsgrundlage für die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten bildet §§ 2 ff. RED-G. In der Rechtsextremismus-Datei dürfen insbesondere folgende Datenkategorien gespeichert werden:

  • Angaben zur Identität: Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Anschrift
  • Kontakt- und Kommunikationsdaten
  • Lichtbilder und andere biometrische Daten
  • Zugehörigkeit und Funktion in rechtsextremistischen Gruppen oder Organisationen
  • Angaben zu Handlungs- und Aktionsformen (wie Versammlungen, Straftaten, gewalttätige Aktionen)
  • Verbindungen zu weiteren Gruppierungen oder Personen im rechtsextremen Spektrum
  • Erkenntnisse aus offen zugänglichen Quellen (Open Source Intelligence)

Für die Speicherung in der Datei ist ein konkreter Zusammenhang mit rechtsextremistischen Bestrebungen Voraussetzung.

Betroffenengruppen

Die Datei erfasst insbesondere:

  • Verdächtige, Beschuldigte oder verurteilte Personen im Zusammenhang mit rechtsextremistischer Kriminalität
  • Angehörige und Unterstützer rechtsextremistischer Gruppierungen
  • Personen, die Veranstaltungen oder Strukturen des Rechtsextremismus fördern oder hierzu in Verbindung stehen

Zugriffsrechte und Datenübermittlung

Der Zugriff auf die Rechtsextremismus-Datei ist streng reglementiert. Zugriffsberechtigt sind ausschließlich dazu autorisierte Mitarbeitende der genannten Sicherheitsbehörden. Abrufe erfolgen im Rahmen klar definierter Zweckbindungen, etwa zur Gefahrenabwehr, Strafverfolgung oder Aufklärung rechtsextremistischer Aktivitäten.

Die Übermittlung von Daten an andere Behörden oder Dritte ist an enge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft (§§ 6, 7 RED-G), insbesondere an das Vorliegen eines berechtigten Interesses sowie die Einhaltung strenger Datenschutzvorgaben.

Datenschutz und Kontrolle

Datensicherheit und Speicherungsdauer

Die Sicherheit der gespeicherten Daten wird durch technische und organisatorische Maßnahmen gewährleistet (§ 8 RED-G). Die Speicherungsdauer ist auf den zur Zweckerreichung notwendigen Zeitraum beschränkt. Nach Wegfall des Speichergrundes erfolgt die unverzügliche Löschung der Daten.

Rechte der betroffenen Personen

Betroffene Personen haben nach Maßgabe der §§ 10, 11 RED-G das Recht auf Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten, soweit dies den Ermittlungszweck nicht gefährdet. Ergänzend bestehen Korrektur-, Löschungs- und Widerspruchsmöglichkeiten.

Kontrolle durch Datenschutzbeauftragte

Die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften unterliegt der Kontrolle der behördlichen Datenschutzbeauftragten sowie unabhängigen Kontrollgremien. Hierzu zählt insbesondere die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI).

Rechtliche Einordnung und Bedeutung

Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht

Die Einrichtung und der Betrieb der Rechtsextremismus-Datei stehen unter dem Vorbehalt der Beachtung der Grundrechte, insbesondere des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie des Datenschutzrechts. Die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgen stets auf gesetzlicher Grundlage unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Rechtsprechung und Kritik

Die Rechtsextremismus-Datei wurde wiederholt Gegenstand rechtlicher Überprüfung. Insbesondere wurden der Umfang der Speicherung sowie die Einbindung mehrerer Behörden datenschutzrechtlich diskutiert. Das Bundesverfassungsgericht betonte die Notwendigkeit klarer rechtlicher Regelungen und ausreichender Kontrollmechanismen, um einem Missbrauch entgegenzuwirken.

Bedeutung für die Sicherheitsarchitektur

Die Rechtsextremismus-Datei stellt ein zentrales Instrument der koordinierten Bekämpfung des Rechtsextremismus in Deutschland dar. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag zur schnelleren Aufklärung, Verhinderung und Verfolgung entsprechender Straftaten, indem vorhandene Informationen behördenübergreifend vernetzt und genutzt werden.


Zusammenfassung
Die Rechtsextremismus-Datei ist ein nach klaren gesetzlichen Vorgaben geführtes, zentrales Informationssystem deutscher Sicherheitsbehörden zur Erfassung und Auswertung rechtsextremistischer Bestrebungen und Straftaten. Mit strengen Vorgaben zum Datenschutz, Zugriff und Kontrolle sorgt sie für einen verbesserten und rechtskonformen Austausch aller relevanten Strafverfolgungs- und Präventionsdaten im Kampf gegen den Rechtsextremismus.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist zur Einsicht in die Rechtsextremismus-Datei berechtigt?

Zur Einsicht in die Rechtsextremismus-Datei sind grundsätzlich nur bestimmte nationale Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden berechtigt. Dies umfasst insbesondere die Polizeibehörden der Länder, das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz sowie die Landesämter für Verfassungsschutz. Auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für den Schutz der Verfassung (BfV) gehören dazu. Voraussetzung für die Datenabfrage ist jeweils, dass ein konkreter dienstlicher Anlass vorliegt, etwa im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen oder zur Gefahrenabwehr. Privatpersonen und nicht befugte Organisationen erhalten keinen Zugriff. Zudem erfolgt die Nutzung der Datei nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit, sodass personenbezogene Daten nur dann abgerufen werden dürfen, wenn dies zur Erfüllung der jeweiligen gesetzlichen Aufgaben notwendig ist.

Wie ist die rechtliche Grundlage für die Rechtsextremismus-Datei geregelt?

Die rechtliche Grundlage für die Rechtsextremismus-Datei bildet das Rechtsextremismus-Datei-Gesetz (RED-G), das seit 2012 in Kraft ist. Das Gesetz regelt im Einzelnen, welche Behörden am Datenaustausch teilnehmen, welche Daten erfasst, gespeichert und abgerufen werden dürfen und welche datenschutzrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen sind. Das RED-G sieht strenge Kontrollmechanismen und Regelungen hinsichtlich der Datenqualität und -sicherheit vor. Auch der Zugriff auf die Datei, Protokollierung der Abfragen sowie Löschungsfristen und -verfahren sind im Gesetz detailliert ausgestaltet. Ergänzend finden auch die allgemeinen Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) Anwendung.

Welche Daten werden in der Rechtsextremismus-Datei gespeichert?

In der Rechtsextremismus-Datei werden sowohl personenbezogene als auch sachbezogene Daten gespeichert, soweit diese im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Aktivitäten oder Gruppierungen stehen. Zu den gespeicherten personenbezogenen Daten zählen beispielsweise Name, Geburtsdatum, Wohnanschriften, aktenkundig bekannte Aliasnamen sowie gegebenenfalls bekannte Kontakt- und Kommunikationsdaten. Ferner werden Informationen zu Tatvorwürfen, Ermittlungsverfahren, Zugehörigkeiten zu Organisationen oder Netzwerken sowie daraus resultierende Erkenntnisse über gegenwärtige oder frühere Aktivitäten erfasst. Auch Verbindungen zu anderen Personen und Gruppen können, sofern sie für die Zwecke der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung relevant sind, dokumentiert werden. Nicht gespeichert werden besonders sensible Daten wie etwa zur politischen Betätigung außerhalb des thematischen Zusammenhangs Rechtsextremismus, sofern diese nicht unmittelbar relevant sind.

Wie erfolgt der Schutz der erfassten Daten gegenüber Missbrauch?

Der Schutz der in der Rechtsextremismus-Datei verarbeiteten Daten wird durch umfangreiche organisatorische, technische und rechtliche Maßnahmen gewährleistet. Alle Datenzugriffe werden protokolliert und sind nachträglich überprüfbar. Die Nutzung erfolgt ausschließlich durch speziell autorisiertes Personal und unterliegt der regelmäßigen Kontrolle durch unabhängige Datenschutzbeauftragte des Bundes und der Länder. Daten dürfen nur zweckgebunden und im Rahmen klar umrissener Aufgabenbereiche genutzt oder weitergegeben werden. Verstöße gegen die datenschutzrechtlichen Vorgaben werden dienstrechtlich und ggf. strafrechtlich verfolgt. Zudem bestehen gesetzlich verankerte Löschungs- und Berichtigungsverpflichtungen, um eine dauerhafte Speicherung unrichtiger oder nicht mehr erforderlicher Daten zu verhindern.

Gibt es Informations- und Auskunftsrechte für Betroffene?

Betroffene Personen können nach den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes und des RED-G grundsätzlich einen Antrag auf Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten stellen. Die Auskunft kann jedoch eingeschränkt oder verweigert werden, sofern durch die Offenlegung der Daten laufende Ermittlungen oder andere öffentliche Sicherheitsinteressen gefährdet würden. In einem solchen Fall wird dem Antragsteller die Auskunft unter Angabe rechtlicher Gründe verweigert oder aufgeschoben. Unrichtige oder unzulässig gespeicherte Daten sind von Amts wegen oder auf Antrag der betroffenen Person zu berichtigen oder zu löschen. Auch haben Betroffene das Recht, sich bei Datenschutzverstößen an die zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden zu wenden.

Wie lange werden Daten in der Rechtsextremismus-Datei gespeichert?

Die Speicherdauer der Daten in der Rechtsextremismus-Datei ist gesetzlich geregelt und richtet sich nach Zweckbindung und Erforderlichkeit. Grundsätzlich dürfen Daten nicht länger gespeichert werden, als dies für die Erfüllung der Aufgaben der berechtigten Behörden notwendig ist. Wird festgestellt, dass erhobene Daten unzutreffend sind oder der Speicherungszweck entfallen ist, sind sie unverzüglich zu löschen oder zu sperren. Die maximale Speicherfrist variiert je nach Art der Daten und kann zwischen mehreren Jahren liegen, wobei eine regelmäßige Überprüfung und gegebenenfalls Löschung vorgeschrieben ist.

Unterliegen die gespeicherten Daten einer regelmäßigen Kontrolle?

Die Rechtsextremismus-Datei und deren gespeicherte Daten unterliegen einer kontinuierlichen Überprüfung. Gesetzlich vorgesehen sind regelmäßige Prüfungen durch die datenschutzrechtlich verantwortlichen Stellen, um sowohl die Zulässigkeit der Speicherung als auch die Aktualität der Daten zu gewährleisten. Ergänzend finden routinemäßige Kontrollbesuche durch die Beauftragten für Datenschutz statt, die stichprobenartig die Einhaltung aller datenschutzrechtlichen Vorgaben untersuchen. Entdeckte Mängel müssen umgehend behoben werden. Auch das Bundesamt für Justiz überwacht die Einhaltung der Vorschriften, wobei gravierende Verstöße sanktioniert werden können.