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Recht der öffentlichen Zugänglichmachung

Recht der öffentlichen Zugänglichmachung: Begriff, Reichweite und Bedeutung

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist ein zentrales Ausschließlichkeitsrecht im Urheber- und Leistungsschutzrecht. Es verleiht den Rechteinhabern die Befugnis zu bestimmen, ob und wie ihre geschützten Inhalte im Internet oder in anderen digitalen Netzen so bereitgestellt werden, dass Mitglieder der Öffentlichkeit darauf zugreifen können – zeit- und ortsunabhängig, auf Abruf.

Was bedeutet „öffentliche Zugänglichmachung“?

Öffentliche Zugänglichmachung liegt vor, wenn ein geschütztes Werk oder eine geschützte Leistung in einer Weise bereitgestellt wird, dass Personen außerhalb des rein privaten Umfelds darauf zugreifen können, und zwar zu einem Zeitpunkt und an einem Ort ihrer Wahl. Typisch ist die Bereitstellung über Websites, Plattformen, Mediatheken, Clouds oder Streams.

Abgrenzung zu anderen Nutzungsarten

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist von anderen Nutzungsrechten abzugrenzen. Es unterscheidet sich insbesondere von der Vervielfältigung (Kopieren), der Verbreitung (Weitergabe körperlicher Exemplare), der öffentlichen Wiedergabe (z. B. Live-Aufführung im Raum) sowie der Sendung (lineare Übertragung). In der Praxis greifen diese Rechte häufig ineinander, etwa wenn für das Zugänglichmachen auch Vervielfältigungen auf Servern erforderlich sind.

Schutzgegenstand und Rechtsinhaber

Welche Inhalte sind umfasst?

Geschützt sind Werke und verwandte Leistungen. Dazu gehören unter anderem Texte, Fotos, Grafiken, Musik, Filme, Software, Datenbanken sowie Leistungen von ausübenden Künstlern, Tonträger- und Filmherstellern, Sendeunternehmen und Presseverlagen. Der Schutz setzt regelmäßig eine persönliche geistige Schöpfung oder eine geschützte Leistung voraus.

Wer hat das Recht?

Inhaber sind die Urheberinnen und Urheber sowie, je nach Inhalt, die Inhaber verwandter Schutzrechte. Das Recht ist grundsätzlich exklusiv, kann übertragen oder lizenziert werden und steht bei gemeinsamer Schöpfung mehreren Personen gemeinsam zu. Bei angestellten Schöpfungen und Auftragsproduktionen richten sich Rechte und Befugnisse nach vertraglichen Regelungen.

Voraussetzungen der Öffentlichkeit

Öffentlichkeit versus privater Kreis

„Öffentlich“ ist eine Nutzung, wenn sie sich an eine Mehrzahl von Personen außerhalb eines abgrenzbaren privaten Kreises richtet. Der private Kreis umfasst typischerweise Familie und enge persönliche Freundschaften. Große, wechselnde oder anonyme Nutzergruppen gelten als Öffentlichkeit, auch wenn ein Zugang registrierungspflichtig ist.

On-Demand-Charakter

Prägend ist die Abrufbarkeit zu einem Zeitpunkt und an einem Ort nach Wahl der Nutzer. Darunter fallen Downloads, Streaming-on-Demand und das Bereithalten in Mediatheken. Lineare Live-Übertragungen sind eher Sendung oder öffentliche Wiedergabe; die Bereitstellung von Aufzeichnungen zum Abruf ist öffentliche Zugänglichmachung.

Typische Konstellationen in der Praxis

Websites, Blogs und soziale Netzwerke

Das Hochladen von Fotos, Texten, Videos oder Musik auf öffentlich erreichbare Seiten oder Profile stellt regelmäßig eine öffentliche Zugänglichmachung dar. Gleiches gilt für das Betreiben von Archiven, Galerien oder Portfolios im Netz.

Streaming, Podcasts und Webangebote

Bereitstellung von Audio- oder Videoinhalten zum Abruf, Podcasts mit Downloadoption oder Streaming-Mediatheken betreffen das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung. Auch „nicht gelistete“ Inhalte können öffentlich sein, wenn der Kreis der potenziellen Empfänger nicht auf persönliche Beziehungen beschränkt ist.

Cloud-Dienste, Links und Einbettungen

Das Freigeben von Dateien in Cloud-Ordnern für einen größeren oder unbestimmten Personenkreis kann eine öffentliche Zugänglichmachung sein. Das Setzen von Hyperlinks verweist grundsätzlich nur auf bereits vorhandene Inhalte; die rechtliche Bewertung hängt jedoch davon ab, ob die verlinkten Inhalte rechtmäßig bereitstehen und ob Zugangsbeschränkungen umgangen werden. Beim Einbetten (Embedding) fremder Inhalte auf eigenen Seiten kommt es darauf an, ob dadurch ein neues Publikum erreicht oder technische Schutzmaßnahmen unterlaufen werden.

Gestattung und Lizenzen

Nutzungsrechte

Für die öffentliche Zugänglichmachung bedarf es regelmäßig einer vertraglichen Erlaubnis. Möglich sind einfache oder ausschließliche Nutzungsrechte, befristet oder unbefristet, vergütet oder unentgeltlich. Der Umfang (Werkarten, Territorien, Medien, Laufzeit) ergibt sich aus der konkreten Vereinbarung.

Rechteketten und Kollektivwahrnehmung

In der Praxis bestehen oft Rechteketten: Rechte gehen von Urheberinnen und Urhebern auf Produzenten, Verlage oder Plattformen über. Für bestimmte Nutzungen wahren Verwertungsgesellschaften kollektive Rechte. Ob eine kollektive Lizenz ausreicht, hängt von Werkart und Nutzung ab.

Plattformbedingungen

Viele Plattformen sehen in ihren Nutzungsbedingungen Lizenzen für das Hochladen vor. Solche Lizenzen betreffen meist nur die Plattformnutzung und ersetzen nicht notwendigerweise weitere Rechte, die für die Veröffentlichung erforderlich sind.

Schranken und erlaubte Nutzungen

Zitate, Berichterstattung, Unterricht und Forschung

Das Urheberrecht kennt gesetzliche Erlaubnisse mit engen Voraussetzungen, etwa für Zitate, Berichterstattung über Tagesereignisse oder bestimmte Nutzungen in Bildung und Wissenschaft. Diese Schranken erlauben eine Nutzung ohne Zustimmung, sofern die jeweiligen Anforderungen eingehalten werden.

Privatkopie und Zugangsbeschränkungen

Privatkopien betreffen die Vervielfältigung für den persönlichen Gebrauch, nicht die öffentliche Zugänglichmachung. Zugangsbeschränkungen oder technische Schutzmaßnahmen können die Reichweite von Schranken begrenzen.

Flüchtige und begleitende Kopien

Technisch bedingte, kurzzeitige Zwischenspeicherungen, die integraler Teil eines Übertragungsvorgangs sind, werden rechtlich gesondert bewertet. Entscheidend ist, ob sie eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben oder nur den Abruf ermöglichen.

Verantwortlichkeit und Haftung

Nutzerinnen und Nutzer

Wer Inhalte öffentlich zugänglich macht, ist grundsätzlich verantwortlich für die Klärung der erforderlichen Rechte. Das betrifft sowohl eigene Werke als auch fremde Inhalte, die genutzt oder kombiniert werden.

Diensteanbieter und Plattformen

Plattformen, Hostprovider und Dienste zum Teilen von Inhalten haben eigene Pflichten. Dazu gehören unter anderem Mechanismen zur Reaktion auf Hinweise, vorbeugende Maßnahmen in bestimmten Konstellationen sowie Regelungen zur Sperrung und Entfernung rechtsverletzender Inhalte. Die genaue Verantwortlichkeit richtet sich nach dem jeweiligen Dienstmodell und geltenden Vorgaben.

Durchsetzung und Rechtsfolgen

Unterlassung, Beseitigung, Ersatzansprüche

Bei unbefugter öffentlicher Zugänglichmachung kommen Ansprüche auf Unterlassung, Entfernung der Inhalte und Ersatz von Vermögensschäden in Betracht. Hinzu treten Auskunftsansprüche, um Reichweite und Umfang der Nutzung festzustellen.

Beweissicherung

Für die rechtliche Einordnung sind Belege zum Werk, zur Rechtekette, zum Zeitpunkt der Bereitstellung und zur Reichweite der Nutzung bedeutsam. Dokumentation und Versionierung erleichtern die Klärung im Streitfall.

Internationale Bezüge und Territorialität

Anwendbares Recht und Ort der Nutzung

Digitale Zugänglichmachung überschreitet häufig Grenzen. Maßgeblich sind in der Regel die Rechtsordnungen der Staaten, in denen die Inhalte abgerufen werden können oder in denen wesentliche Handlungen erfolgen. Lizenzmodelle berücksichtigen daher oft territoriale Reichweiten.

Dauer und Übergang des Rechts

Schutzfristen

Die Schutzdauer richtet sich nach Werkart und verwandtem Schutzrecht. Üblich sind lange Fristen, die sich an Lebenszeit der Urheberin oder des Urhebers oder an Veröffentlichungszeitpunkten orientieren. Nach Ablauf erlischt das ausschließliche Recht; Nutzungen sind dann frei, soweit keine weiteren Rechte entgegenstehen.

Rechtsnachfolge und Miturheberschaft

Rechte können vererbt oder vertraglich übertragen werden. Bei gemeinschaftlichen Werken stehen Rechte den Miturheberinnen und Miturhebern gemeinsam zu; die Ausübung richtet sich nach Vereinbarungen oder gesetzlichen Regeln zur gemeinsamen Verwaltung.

Häufig gestellte Fragen

Ist das Hochladen eigener Fotos auf einer öffentlichen Profilseite eine öffentliche Zugänglichmachung?

Ja. Werden Inhalte auf einer öffentlich erreichbaren Seite bereitgestellt, können unbestimmt viele Personen darauf zugreifen. Das erfüllt regelmäßig die Merkmale der öffentlichen Zugänglichmachung, unabhängig davon, ob tatsächlich viele Personen zugreifen.

Gilt ein geschlossener Online-Kursraum als öffentlich?

Das hängt von der Abgrenzung des Teilnehmendenkreises ab. Ein kleiner, persönlicher Kreis kann nicht-öffentlich sein. Größere, wechselnde oder anonym zusammengestellte Gruppen gelten in der Regel als Öffentlichkeit, auch wenn ein Login erforderlich ist.

Ist das bloße Verlinken auf fremde Inhalte eine öffentliche Zugänglichmachung?

Ein Hyperlink verweist grundsätzlich auf bereits vorhandene Inhalte. Die rechtliche Einordnung hängt davon ab, ob die verlinkten Inhalte rechtmäßig bereitgestellt wurden und ob der Link Zugangsbeschränkungen umgeht. In bestimmten Konstellationen kann ein Link rechtlich neutral sein; in anderen kann er eine Mitverantwortung begründen.

Ist das Einbetten eines Videos von einer externen Plattform eine öffentliche Zugänglichmachung?

Beim Einbetten wird fremder Inhalt in eine eigene Seite integriert. Entscheidend ist, ob dadurch ein neues Publikum erreicht wird oder technische Schutzmaßnahmen umgangen werden. Je nach Gestaltung kann Einbetten der öffentlichen Zugänglichmachung gleichkommen oder als Nutzung der ursprünglichen Bereitstellung gewertet werden.

Welche Rolle spielen Plattformen, wenn Nutzende Inhalte hochladen?

Plattformen stellen Infrastruktur bereit und unterliegen eigenen Pflichten, etwa zur Entfernung rechtsverletzender Inhalte nach Hinweisen. Je nach Dienstart können weitergehende Verantwortlichkeiten bestehen, etwa präventive Maßnahmen oder Lizenzierungsmodelle für nutzergenerierte Inhalte.

Welche Nutzungen sind ohne Erlaubnis zulässig?

Gesetzliche Erlaubnisse sehen begrenzte Ausnahmen vor, beispielsweise für Zitate, Unterricht, Forschung oder Berichterstattung über Tagesereignisse. Sie gelten nur unter engen Voraussetzungen und ersetzen nicht die Einholung von Erlaubnissen außerhalb ihres Anwendungsbereichs.

Wie lange gilt das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung?

Die Dauer richtet sich nach der jeweiligen Schutzart. Bei Werken ist die Schutzfrist an langfristige Zeiträume gekoppelt; bei verwandten Schutzrechten bestehen eigene Fristen. Nach Ablauf sind Nutzungen grundsätzlich frei, sofern keine anderen Rechte entgegenstehen.