Realsplitting: Begriff, Zweck und Grundprinzip
Realsplitting bezeichnet die steuerliche Behandlung von Unterhaltszahlungen zwischen dauerhaft getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten. Der zahlende Teil kann bestimmte Unterhaltsleistungen bis zu einem festgelegten Höchstbetrag als Sonderausgaben abziehen. Im Gegenzug muss der empfangende Teil diese Zahlungen als steuerpflichtiges Einkommen versteuern. Der Begriff „real“ verdeutlicht, dass es um tatsächlich geflossene Geldleistungen geht – im Unterschied zum Ehegattensplitting, das das zu versteuernde Einkommen gemeinsam ermittelt.
Voraussetzungen für das Realsplitting
Persönlicher Anwendungsbereich
Realsplitting kommt für Ehegatten in Betracht, die dauerhaft getrennt leben, sowie für geschiedene Ehegatten. Entsprechende Regeln gelten auch für aufgelöste eingetragene Partnerschaften. Unterhaltszahlungen an Kinder sind nicht Gegenstand des Realsplittings.
Zustimmung des Unterhaltsempfängers
Inhalt und Reichweite der Zustimmung
Voraussetzung ist die ausdrückliche Zustimmung der unterhaltsempfangenden Person zur steuerlichen Erfassung der erhaltenen Leistungen. Diese Zustimmung ermöglicht es dem Zahlenden, die Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben anzusetzen und führt beim Empfangenden zu entsprechender Steuerpflicht.
Bindungswirkung und Widerruf
Die Zustimmung gilt grundsätzlich für das jeweilige Veranlagungsjahr. Ein Widerruf ist für künftige Jahre möglich; eine Rücknahme für bereits bestandskräftig veranlagte Jahre ist in der Regel nicht vorgesehen. Ohne Zustimmung ist Realsplitting nicht anwendbar.
Art und Umfang der berücksichtigungsfähigen Zahlungen
Zu den typischen Leistungen zählen regelmäßige Geldunterhaltszahlungen. Sachleistungen (etwa Wohnvorteile durch unentgeltliche Nutzung) sind grundsätzlich nicht erfasst. Übernommene Beiträge zur Basis-Kranken- und Pflegeversicherung der empfangenden Person können zusätzlich zum Höchstbetrag berücksichtigt werden, sofern sie tatsächlich getragen werden.
Steuerliche Ansässigkeit und grenzüberschreitende Fälle
Realsplitting setzt eine steuerliche Erfassung der empfangenen Unterhaltsleistungen in der Steuererklärung der empfangenden Person voraus. Bei Wohnsitz in anderen Staaten sind Besonderheiten zu beachten, insbesondere bei Staaten außerhalb von EU/EWR. Entscheidend ist, dass die Zahlungen der Besteuerung beim Empfangenden unterliegen können und die erforderliche Zustimmung wirksam erteilt wird.
Steuerliche Wirkungen
Beim Zahlenden
Unterhaltszahlungen können bis zu einem gesetzlichen Höchstbetrag pro Jahr als Sonderausgaben angesetzt werden. In der Praxis beträgt dieser Höchstbetrag seit Jahren 13.805 Euro. Zusätzlich können übernommene Basisbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der empfangenden Person berücksichtigt werden. Maßgeblich ist regelmäßig das Jahr des tatsächlichen Abflusses der Zahlung. Leistungen an Kinder oder Leistungen ohne Geldfluss werden nicht erfasst.
Beim Empfangenden
Die im Rahmen des Realsplittings erhaltenen Unterhaltszahlungen stellen steuerpflichtige Einkünfte dar und sind in der Steuererklärung anzugeben. Dadurch kann sich die individuelle Steuerbelastung erhöhen. Übernommene Basisbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gelten beim Empfangenden als eigene Beiträge.
Auswirkungen in anderen Systemen
Unterhaltszahlungen können bei bedarfsabhängigen Sozialleistungen berücksichtigt werden. Steuerliche Effekte beeinflussen außerdem häufig Vorauszahlungen oder Erstattungen im Einkommensteuerverfahren.
Abgrenzungen und Sonderfälle
Abgrenzung zum Ehegattensplitting
Beim Ehegattensplitting werden die Einkommen zusammen veranlagt; Realsplitting betrifft demgegenüber die Zeit der Trennung oder die Phase nach der Scheidung und behandelt Unterhalt als abzugsfähige Zahlung beim Zahlenden und als steuerpflichtige Einnahme beim Empfangenden.
Verhältnis zu Unterhalt als außergewöhnliche Belastung
Unterhaltszahlungen können entweder im Rahmen des Realsplittings als Sonderausgaben oder – unter anderen Voraussetzungen – als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Beide Wege sind nicht gleichzeitig für dieselben Zahlungen möglich. Das Wahlrecht besteht grundsätzlich jährlich und richtet sich nach den jeweiligen Voraussetzungen.
Rückständiger Unterhalt und Einmalzahlungen
Auch Nachzahlungen können erfasst sein, wenn sie der Erfüllung von Unterhalt dienen. Die Zuordnung erfolgt in der Regel nach dem Zahlungsjahr. Eine zeitliche Verteilung auf mehrere Jahre sieht das Steuerrecht grundsätzlich nicht vor.
Naturalunterhalt und Wohnvorteil
Leistungen in Form der Überlassung von Wohnraum oder anderer Sachleistungen sind in der Regel kein Realsplitting. Eine Berücksichtigung kommt vor allem für Geldleistungen oder für Zahlungen an Dritte zugunsten der empfangenden Person in Betracht, wenn ein Geldunterhalt ersetzt wird.
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
Trägt der zahlende Teil die Basisbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der empfangenden Person, können diese zusätzlich zum Höchstbetrag berücksichtigt werden. Beim Empfangenden gelten sie als eigene Beiträge, die entsprechend im Rahmen der Veranlagung zugeordnet werden.
Praktische Durchführung und Nachweise
Zustimmungserklärung und Erklärungspflichten
Die Zustimmung der empfangenden Person erfolgt regelmäßig über eine gesonderte Erklärung, die der Steuererklärung zugeordnet wird (in der Praxis häufig über die sogenannte Anlage U). Die Zustimmung ermöglicht die spiegelbildliche Erfassung der Zahlungen beim Zahlenden und beim Empfangenden.
Zahlungsnachweise und Dokumentation
Für die steuerliche Anerkennung sind klare Nachweise über Höhe, Zeitpunkt und Empfänger der Zahlungen erforderlich. Zweckgebundene Zahlungen an Dritte zugunsten der empfangenden Person sollten nachvollziehbar dokumentiert sein.
Zeitliche Zuordnung
Maßgeblich ist in der Regel der Zeitpunkt des tatsächlichen Geldabflusses. Zu- und Abflüsse in unterschiedlichen Jahren führen zu entsprechenden Wirkungen in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen.
Rechtsfolgen bei Fehlern und Änderungen
Fehlende Zustimmung
Ohne wirksame Zustimmung der empfangenden Person ist Realsplitting nicht möglich. Zahlungen können dann nicht als Sonderausgaben im Rahmen des Realsplittings berücksichtigt werden.
Nachträgliche Korrekturen
Änderungen sind nur im Rahmen der allgemeinen Korrekturvorschriften und Fristen möglich. Eine rückwirkende Zustimmung für bereits bestandskräftig veranlagte Jahre ist regelmäßig ausgeschlossen.
Zivilrechtliche Unterhaltsabreden und Steuer
Vereinbarungen über Unterhalt entfalten ihre steuerliche Wirkung nicht automatisch. Entscheidend sind die steuerlichen Voraussetzungen, insbesondere der Charakter als Geldunterhalt, die wirksame Zustimmung und die Nachweisbarkeit der Zahlungen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Realsplitting in einfachen Worten?
Realsplitting ist ein steuerlicher Mechanismus für Unterhalt zwischen getrennten oder geschiedenen Ehegatten: Der Zahlende kann Unterhalt bis zu einem festgelegten Höchstbetrag abziehen, während der Empfangende diese Beträge als Einkommen versteuert.
Wer kann Realsplitting nutzen?
Es gilt für dauerhaft getrennt lebende oder geschiedene Ehegatten sowie für vergleichbare Konstellationen nach Auflösung eingetragener Partnerschaften. Unterhalt an Kinder fällt nicht darunter.
Welche Zustimmung ist erforderlich und wie lange gilt sie?
Die empfangende Person muss der steuerlichen Erfassung der Unterhaltszahlungen zustimmen, üblicherweise mittels gesonderter Erklärung. Die Zustimmung bezieht sich auf das jeweilige Jahr und kann für die Zukunft widerrufen werden.
Welche Zahlungen sind erfasst und gibt es Höchstbeträge?
Erfasst sind vor allem Geldleistungen. Der jährlich abzugsfähige Betrag ist begrenzt; in der Praxis beträgt der Höchstbetrag seit Jahren 13.805 Euro. Zusätzlich können übernommene Basisbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt werden.
Wie wirkt sich Realsplitting beim Empfänger steuerlich aus?
Die erhaltenen Unterhaltszahlungen sind steuerpflichtig und in der Steuererklärung anzugeben. Dadurch kann sich die Steuerlast der empfangenden Person erhöhen.
Ist Realsplitting auch möglich, wenn der Empfänger im Ausland lebt?
Grundsätzlich ist Realsplitting nur sinnvoll umsetzbar, wenn die Besteuerung der erhaltenen Zahlungen beim Empfänger gewährleistet ist und eine wirksame Zustimmung vorliegt. Bei Wohnsitz in Staaten außerhalb von EU/EWR bestehen zusätzliche Hürden.
Können Realsplitting und außergewöhnliche Belastungen gleichzeitig genutzt werden?
Für dieselben Unterhaltszahlungen ist eine parallele Berücksichtigung ausgeschlossen. Es besteht ein jährliches Wahlrecht zwischen den Systemen, jeweils abhängig von den Voraussetzungen.
Was passiert, wenn die Zustimmung fehlt oder fehlerhaft ist?
Ohne wirksame Zustimmung kann der Zahlende die Unterhaltsleistungen nicht im Realsplitting abziehen. Bereits erfolgte Ansätze sind zu korrigieren, soweit Veranlagungen noch änderbar sind.